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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0384

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Donnerstag, 27. Fevrnar 1902.

Zweites Blatt.

44. Jahrgang. — Zir. 49.

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rscheint täglich, Sonntags ausgenommen. — PreiS mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition uud den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post bc-

^ zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

»zeigenprci s: 20 Pfg. für die Ispaltige Prtitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiefige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimm
borgeschriebenen Tagen wird kcine Verantwortlichkeit übernommen- — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. Fernsprech-Anschlutz Nr. 82.

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^Ur Arage der Werleihung der Meamten-
"genschast an die Ieuerschauer und Aezirks-
öauschätzer.

> Dieser Frage wird im Publikum ein viel größeres
Mteresse entgegengebracht, als es infolge der Stille der
^gesblätter über diesen Gegenstand scheinen mag. Man
Mt, namentlich auf dem Lande, daß durch die Bespre-
Mng dieser Angelegenheit im Landtage in verschiedener
Msicht Wandel geschafsen werde, denn es ist unleugbar,
Mitzstände vorhanden sind, deren Abbestellung drin-
^nd nötig ist.

^ Vor allem müssen die privaten Nebenbeschäftigungen
Feuerschauer, insbesondere das Ansertigen von Bau-
hMen für Private und die damit zusammenhängenden
v^beiten völlig untersagt werden. Wer baut und den
gkuerschauer dabei nicht beschäftigt und nachher >be-
^ksamtliche Auslagen in Bezug auf die Feuerschau er-
ist leicht geneigt, dieser Nichtbeschäftigung des Feuer-
Muers, selbstverständlich oft mit Unrecht, die Ursache der
^chfolgenden Auflagen zuzuschieben. Es mag die Be-
^teilung erfahrener Menschenkenner überlassen bleiben,
untcrsuchen, ob nicht die Behandlung eines Privat-
chhden und eines solchen, der private Aufträge ander-
Mtig besorgen lätzt, seitens des Feuerschauers eine vsr-
Medene auch oft dann sein wird, wenn dieser gar nicht
"'k Absicht hat, einen vor dem anderen zu bevorzugen.

. Was die Vorbildung des Feuerschauers betrifft, so
psbin ruhig behauptet werden, datz das Hereinnehmen
Macher Handwerker in solche verantwortungsreiche
f-Iellen sich nicht bewährt hat. Wenn sich diese Thatsache
den matzgebenden aintlichen Stellen vielleicht noch
^niger bemerkbar gemacht haben sollte dadnrch, datz
>"chältnismätzig selten gegen die durch den Feuerschauer
^anlatzten Auflagen des Bezirksamtes Beschwerde er-
Men wird, so liegt dies in der Umständlichkeit des Be-
Nwerdeweges und insbesondere darin, daß man im
^Ublikum eventuell lieber eine Summe für Reparatur
chsgiebt, als daß man das Risiko einer Besichtigung durch
che Bauinspeknon auf sich nimmt. Man urteilt im Pub-
sehr skeptisch über den Wert solcher Beschwerden und
rcht lieber — zu einem Spezialisten des Bauhandwerks,
mit wenig Kosten die Sache so repariert, datz der
'EUerschauer zufrieden ist.

Man lacht im Pnblikum über die Art, mit der oft
Ferierschauer alles „gewissenhaft" besichtigt, lacht
über das, was notiert und wundert sich über das,
"us nicht notiert wird.

Wo sind die zahlreichen Fälle, in denen durch die
^Uflagen des Feuerschauers Brände verhindert wur-
,"U? Wir beabsichtigen nicht, die Feuerschau für unnötig
s" erklären, aber die Wichtigkeit, die man ihr beilegt,
sie namentlich in ihrer heutigcn Form nicht. Durch
Fehlen eines Bleches vor einem Ofcn, durch einen
/"inen Riß am Feuerthürchen sind ganz selten Brände
s^gehrochen, schadhafte Kamine, die wirklich feuerge-
ikUrlich sind, werden schon durch den Kaminfeger zur
^"daratur gebracht, zudem lassen gewöhnlich die Eigen-
?Uier diese Sachen schon von selbst machen, weil sie
"Ust sich selber schädigen.

dr Man ft'he die zahllosen Auflagen durch, die nach der
xchtvesenheit des Feuerschauers beim Bürgermeisteramt
.'Ulaufen und man höre die Eigentümer der Häuser und
die Bürgermeister darüber.

Das alljährliche Erscheinen des Feuerschauers im
Dorfe gleicht dem des Steuerkommissärs, jedoch mit dem
Unterschied, daß von der Steuer, die der Feuerschauer
ausgiebt, der geringer Bemittelte stets mehr aufgeladen
erhält, als der Wohlhabende, weil dem ersteren häufig die
Mittel zur Reparatur fehlen, die, wenn nicht dringend,
im Hinblick auf die Kosten immer noch verschoben wird.

Die Häuser und Scheunen der Landorte können nicht
aussehen, wie städtische Paläste. Wie oft hört man in
Bezug auf eine Auflage des Feuerschauers: Das iväre
noch hundert Jahre gut gewesen", von sachverständigen
Handwerkern äutzern.

Es kann zum mindesten gefordert werden, datz diese
Feuerschauer nur wirklich notwendige Mnge aufnehmen.
Das Publikum aber mit Auflagen verschonen, die unnötig
sind und nur Zeit und Geld kosten. Es wäre endlich an
der Zeit, daß man im Landtag das veraltete System
einer gründlichen Beleuchtung unterzöge und die llnzu-
friedenheit beseitigte, die allerorts über dasselbe herrscht.
Jedem kann man nicht recht thun, aber auch nicht alles
„iiber einen Kamin scheren."

Aur Ministerkrise in Itakien.

Ein ganz unerwarteter Szenenwechsel hat
sich im italienischen Parlament vollzogen: das Mi-
nisterium Zanardelli hat seine Entlassung gegeben,
weil der von ihm begünstigte Kandidat für den Präsiden-
tenposten in der Kammer, der Abg. Mlla, bei der Wahl
nicht die absolute Stimmenzahl erhielt. Und das lag
wieder daran, daß 130 Abgeordnete, darunter viele nicht
oppositionelle, durch Abgabe weitzer Zettel gegen Villa
und damit auch gegen das Ministerium Zanardelli de-
monstrierten. Die Ursache dieser Demonstration darf
man nach der „Köln. Ztg." wohl dem von den Klerikalen
eifrig geschürten Widerstande gegen die Eheschei-
dung aufs Konto setzen, die in der Thronrede ange-
kündigt wurde. Ein ministerielles Opfer hat dieser
Entwurf schon gekostet: den Bautenminister Giusso, der
mit der Einbringung der Vorlage nicht einverstanden
war und daher seine Entlassung nahnr; jetzt stürzt das
Gesamtministerium über die bloße Ankündigung des
Entwurfs!

Das ist ein Triumph des Klerikalismus. Als vor
Jahrzehnten die Zivilehe in Jtalien eingesührt wurde,
wurde der Kirche das Zrlgeständnis gemacht, datz man
ihreu Grundsatz von der irdischen Unlösbarkeit der Ehe
gelten lütz. Das liberale Kabinet Zanardelli hat den
Zeitpunkt für gekommen erachtet, diese Unebenheit aus-
zugleichen. Vom Augenblick nn aber, da seine Absicht
bekannt geworden ist, hat der Klerus im ganzen Lande
eine unerhörte Agitation gegen den gottlosen Plan ins
Werk gesetzt. Wahrscheinlich ist auch die vor kurzem er-
wähnte Kundgebung des päpstlichen Staatssekretärs
Rampolla an die C h r i st l i ch s o z i a l e n Jtaliens
hauptsächlich zu dem Zweck erlassen, um die christlich-
sozialen Vereine, deren Leitung dem Vatikan zu entgehen
drohte, für den Kanipf gegen die Ehescheidung anzu-
spannen. Aehnlich wie in Deutschland und anderswo
hatte die vom Vatikan zur Ordnung gerufene Partei
begonnen, am sozialen Leben in Wort und Schri/r tcil-
zunehmen, auch die Geistlichen gaben mehr und mehr
ihre Zurückhaltung auf und erschienen in der politischen
> Arena, um sich mit den Sozialisten zu messen. Das war


Sneewittchen.

Roman von A. I. Mordtmann.

(Fortsetzung.l

tz,. Ahren eindringlichen Pittcn und mehr noch dem ernsten
dieser tiefen Augen konntc Rihan nicht widerstehen. Er
txstprach also, mit Tante Cäcilie auch über Juanita

Er

I°>wrach also, mu Lame Lacuie aua) uoer zzuumra zu

Damit schlotz dicse Unterhaltung ab. Ritzau ward nun
gxsi. seiner neuen Freundin in das Haus und in das Zimmer
s/^hrt, wo Cäcilie, mit einer feinen Handarbeit beschäftigt,
Knem amerikanischen Schankelstuhl satz.
nls die junge Dame aufstand, um ihrcn Gast zu empfangen,
i>r" Auanita hinausgehen hietz, warf sie auf diese einen Blick,
(^lür Ritzau genügte: er wuszte jetzt, datz das Kind Recht

is^i'-Sie entschuldigen wohl meinen späten Besuch, Fräulein
H.'urichsen," begann Ritzau, nachdcm er in cinem Sesscl, der
iZT^e gegenüber Platz gcnommen hatte. „Jch bin ein alter
und Schulkollege des Herrn Gerard, und durfte mir da-
sjx:,"ie Freiheit nehmen, zu ungewohnter und ungebräuchlichcr

... . .

einen Besuch abzustatten.
st ich bitte, Herr Pastor," antwortete Cäcilie. „Bedarf
noch ciner Entschuldigung? Mir thut es nur leid, datz
>tys?rd noch nicht daheim ist. Wenn Sie ein wenig verweilen

^L'?fein Besuch galt weniger Herrn Gerard, als Jhnen, liebes
s sn. Sie wissen, datz mcin alter Freund mich gebeten
wine Trauung zu vollziehen. Jch war, offen gestanden,
als einem Grunde schr überrascht, als er mir seine
bstng mitteilte."

^vcilie errötete vor Unwillen.

U "^ch hatte nicht geglaubt," sagte sie, „datz Bedenken, die
'"iyjsrdankenlosen Leuten bcgreiflich sind, auch bei einem ernsten
aufsteigen könnten; und autzerdem ..."

„Jst es nicht meines Amtcs", ergänzte Ritzau den unvollen-
det gcbliebcnen Satz, „mich um diese Dinge zu bekümmern.
Das ist unleugbar und unbestritten. Allein die Bedenken, die
Sie im Auge haben, Ungleichheit des Alters und dergleichen
Gründe sind nicht die meinigcn. Jch habe manche Ehe zwischcn
älteren Männern und jüngcren Frauen eingesegnet und gefun-
den, dah sic genau so viel Aussicht haben, glücklich zu werden,
wie die zwischen gleichaltrigen Brautleuten. Mich führt ein
anderes Bcdenken her. Jch bin es meinem Freunde Gerard
schuldig, nicht zu einer Ehe Beihülfe zu leisten, von der ich
einigermatzen ungewitz bin, ob sie zu seinem Segen ausschlagen
wird."

„Herr Pastorl"

„Bitte, mein Kind, zürnen Sie nnr nicht, wenigstens nicht
eher, als bis Sie mich ans und zu Ende gehört haben. Die
Sache ist nämlich die: Jch kcnne cinen sehr braven, wackeren
jungen Mann, dessen Lob aus meinem Munde um so unver-
dächtiger ist, als er in vielen wichtigen Dingen meine Ansichten
und Ueberzeugungen nicht teilt, und er aus Eigensinn und
Hartnäckigkcit lieber auf und davongegangen ist, ehe er sich
mir ein ganz klein wenig fügte. Ah -— ich sehe es Jhnen
an, datz Sie wissen, von wem ich rede: Dr. Fritz Zarnow."

War Cäcilie vorhin vor Unwillen errötet, so war sie jetzt
dunkelrot vor Verlegenheit. Sie wollte etwas erwidern, aber
sie fand die richtigen Worte nicht. Sic verstummte und mutzte
dic Augen, die sie fragcnd und unwillig auf den unberufenen
Mahncr richten wollte, vor dem scharfen, forschenden Blick des
alten Herrn niederschlagen.

„Sie waren, wenn ich nicht irre, Zarnows Braut?"

„Nicht offiziell —, nur ..."

Sie verstummte abermals bor dcm leichten Druck der Hand,
die sich auf die ihrige gelegt hatte.

„Bitte, nicht weiter," sagte Ritzau. „Solche Wortc höre
ich ungern. Was heitzt da offizicll? Sie hatten Zarnow ver-
sprochen, sein Weib zu werden. Das ist für jeden guten
Menschen ein so feierliches Gelöbnis, als ob es vor hundert

nicht nach dem Geschmack Rampollas, der diese „unge-
sunde Neuerung" verdammt und den Christlichsozialen
einschärft, sich jeder politischen Thätigkeit zu enthalten.
Einzig der im Volke stets zu wiederholende Hinweis auf
die „unerträgliche Lage des heiligen Stuhles" durch den
Verlust der weltlichen Herrschast wird ihnen als poli-
tische Thätigkeit gestattst, neuerdings wahrscheinlich auch
der Kanipf gegen die Ehescheidung. Die Thronrede
König Viktor Emanuels hatte mit vieler Umschreibung
eine Vorlage angekündigt, dahingehend:

Jn Uebereinstimmung mit dem gemcinen Rechte anderer
Völker den ideellen Grundsatz von der Unauflöslichkeit der Ehe
einzuschränken nnd zngleich die gegen die außerehelichen
Kinder gerichteten Bestimmuiigen dnrch gerechtere Vorschristen zn
ersetzen Jn den Beziehnngen zwischen Staat und Kirche sei die
Regierung bcstrebt, streng die Trennung der staatlichen und kirch-
lichen Ordnung aufrechtznerhalten, dem Klerns die ihm zu-
kommende Ehre zn crweisen, ihn aber innerhalb der kirchlichen
Grenzen zu halten, der Religions- und Gewissensfrciheit un-
beschränkteste Achtnng entgegenznbringen, aber unbeugsam die Vor-
rechte der Staatsgewalt aufrechtznerhalten und die Rechte der
nationalen Sonveränität nicht antasten zu lassen-

Die letzten Sätze bilden eine deutliche Antwort auf
die klerikale Agitation der letzten Zeit. Leider ist es
dieser aber bereits gelungen, denRiß, der die Bevölkerung
iu der Frage der Ehescheidung trennt, zu vertiesen, selbst
liberale Vereine in Süditalien haben sich gegen die Ehe-
scheidung erklärt, und der Ersolg ist die Demonstration
in der Kammer, der Rücktritt des liberalen Ministeriums.
Ob es klug von dem letzteren war, den König selber für
das angekiindigte Gesetz eintreten zu lassen, und vor
allem: gerade am Tage des beginnenden Papstjubiläums
(das Parlameut wurde am 20. Februar eröffuet) dem
Klerikalismus den Fehdehandschuh hinzuwerfen, das fra-
gen sich diejenigen, die die Grundlagen des jungen Kö-
nigreichs noch nicht sür so fest halten, um ihnen schwere
Bclastungsproben zuzutrauen. Denn man darf nicht
vergessen, daß die wirtschaftlichen Zustände durchaüs
noch keine rosigcn sind, es gärt im Lande, wie Flämm-
chen aus vulkanischem Bodcn züngelt hier und dort ein
Zlusstand hervor. Die Klerikalen mützten nicht die-
jenigen sein, als die man sie längst kennt, weun sie sich
diese Verhältnisse nicht zu nutze machten!

Daß der König die Demission des Kabinets nicht an-
genommen hat und daß dieses sich in seiner bisherigen
Zusammensetzung der Kammer wieder vorstellen wird,
wurde schon berichtet. Wie lange-es sich in dieser zweiten
unveränderten Anflage crhalten wird, das muß dahin-
gestellt bleiben.

Deutsches Reich.

d— Aus der letzten Nachweisnng der Einnahmcn des
Reichs geht hervor, datz die Zölle im Gegensatze zu ihrer
am Anfange des Finanzjahres innegehaltenen Tendenz
am Schlnsse doch noch ein Mehr gegenüber den gleichen
Zeitränmen des Vorjahres abwerfen, welches selbst auf
eine lleberschreitnng der vollständigen Jsteinnahme über
den Etatsansatz für 1901 fchlietzen läßt. Jm Monat
Januar 1902 hat die Jsteinnahme an Zöllen gegenüber
dem Januar 1901 nicht weniger als 7,2 Millionen M.
betragen. Legt man einer Schätzung der Jahreseinnahme
nur die Durchfchnittsbercchnung der ersten zehn Monate
zn Grnnde, so würde anf einen Ertrag aus den Zöllen
in Höhe von rund 497 Millionen zu rechnen sein, wäh-

Zengen nilsgcsprochen wäre. Odcr sollen Sie anderer Mei-
mmg sein?"

„Das nicht, Herr Pastor, aber . . . ."

„Jch will Jhnen zu Hilfe kommen, mein Kind. Denn
wahrlich, nicht um Sie zu beschämen oder zu demütigen, bin
ich hier. Nnr eins möchte ich von Jhnen wissen, aber dies eine
unbedingt. Für dcn Abbruch eines Verlöbnisses kenne ich nur
cine Entschuldigung: Das Erlöschen und Aufhörcn der Liebe,
die es geschlossen hat. Können Sie diese Entschuldigung für
sich geltend machen? Oder hat Zarnow Sie freigegeben?"

Mit glühenden Wangcn und klopfendem Herzen saß Cäcilie
da. Aber kein Wort kam über ihre zuckende» Lippen. Sie
war zu stolz, um zu lügen, und der Wahrheit schämte sie
sich.

„Lieben Sie Hcrrn Gerard mchr als den armen Zarnow?"

Jetzt fand Cäcilie die Sprachc wicder:

„Herr Gerard besitzt mcine höchste Achtung und meine auf-
richtigste Zuneigung," beteucrte sie lebhaft.

„Gewiß — gewitz — abcr das ist nicht eigentlich eine Ant-
wort anf meine Frage. Können Sie die nicht ehrlich und
geradez» bcantworten?"

„Jch weitz nicht, Mit welchcm Rechte ..."

Ritzau erhob die Hand, wie zur Abwehr. Er wußte jetzt
genug, und in warmen, eindringlichen Worten redete er dem
jungen Mädchcn zu, sich noch einmal ernstlich selbst zu prüfen,
und zn-Ü.üerlegen, ob sie den Schritt, dcn sie zu thun tm Bcgriff
sei, vor Gerard und vor Zarnow verantworten könne. Er war
fehr beredt, der Herr Hauptpastor, nnd selten war er beredter
gewcsen, als heute — trotzdcm fühlte er mit einer Empfindung
der Entmutigung, datz er tauben Ohren predige.

Cäcilie hörte ihm mit eincm Schweigen zu, das ihn gründ-
licher enrwaffnete, als dic entschlosscnste Widerrcde hätte thun
können. Er muhte den Versuch, Cäcilie nmzustimmen, auf-
geben.

„Lassen Sie uns jetzt von ctwas andcrem sprechen", sagte er
endlich. „Sie dürfen es einem alten Manne nicht verübeln,
wenn cr sich die Frerheit nimmt, die er nun einmal für eilz
 
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