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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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ihre Thätigkeit immer nur im Nebenamte ausüben, nicht
allzu sehr mit staatlichen Anforderungen belasten könne.

Abg. Freiherr v. Hodenberg (Welfe) wünscht ener-
gisches Eintreten für die Deutschen in Transvaal.

Abg. Dr. H a s s e (natlib.) bezeichnet die englische Krieg-
führung in Südafrika als allen Gesetzen des Völkerrechts wider-
sprechend nnd wendet sich gegen die gestrigen Ausführungen
Ledeburs.

Abg. Barth (freis. Vergg.) spricht sich gegen die Rückgabe
der astronomischen Jnstrumente aus. Man solle sie aber
nicht renommistischerweise an einem allen zugünglichen Orte
aufstellen, sondern dahin, wo sie möglichst unsichtbar sind.

Abg. Tr. Arendt (Reichsp.): Gestern habe der Reichs-
kanzler mit fast Bismarckscher Offenheit seine Ansicht über Po-
litik dargelcgt. Wenn einmal unsere Geschichte geschrieben
werde, so werde das Urteil über die Haltung der neutralen
Mächte ebenso ausfallen, wie über die englische Regierung,
aber vermöge der internarionalen Constellation sei Deutschland
nicht berufen, die Jnitiative zu ergreifen. Die Antwort
der errglischen Regierung auf die Anfrage bezüglich
des Wunsches des deutschen B u r e n h i l f s k o in it e s sei
durchaus u ix,g enügend gewesen. Redner möchte den
Staatssekretär biiten, die Bernühungen fortzusetzen, datz uns
die Ausübung. der christlichen Rächstenliebe auf dem Kriegs-
schauplatze gestattet werde.

Mg. Beckh-Koburg (fr. Volksp.) wcndet sich gegen den
alldeutschen Verband, der unsere durch Bismarck geschaffenen
guten Beziehungen zu Oesterreich nur störe.

Abg. Fürst Bi s ma rck (fraktionsl.) verweist auf die Rede,
die der erste Reichskanzler am 5. Dezember 1876 im Reichs-
tage hielt. Er sagte damals wörtlich: „Die politischen Verhält-
nisse balancieren in sich; die Bekämpfung der wirtschaftlichen
Jnteressen kann man nur auf wirtschaftlichem Gebiete suchen."
Zwischen Ruhland und uns fanden auf wirtschaftlichem Ge-
biete mancherlei Reibungen statt, wir waren trotzdem politisch
sehr intim. Bei dem Bündnisabschlutz mit Oesterreich hatten
wir keine Handelsverträge oder doch so gut wie keine. Mit
Frankrcich haben wir politisch noch immer nicht die vertrau-
lichen Bcziehungen, wie wir sie wünschen möchten; auf wirt-
schaftlichem Gebiete haben wir aber immer noch tiefsten Frie-
den. Nun hat der Abg. Barth das Lob der Handelsverträge
des Grafen Caprivi geredet. Gerade bezüglich der Handels-
verträgc sollte man meinen, würde dem Andenken dieses Herrn
besser gedient, wenn wir darüber den Mantel der christlichen
Nächstenliebe deckten. (Lärm links.) Für die jetzige
Zolltarifvorlage wird sich eine grötzere
Majorität finden, als 187 9. Damals waren es
nur L'' Stmmev mehr, die dafür stimmtcn. Jetzt glauben wir,
datz nach Beseitignng einiger kleinen Mihverständnisse 8 0 M i t-
gliedcrdesNieichstagesmehr auf demBo-
den der Borlage st e h e n.

Abg. Gradnauer (Soz.) bleibt bei seinen gestrigen
Ausführungen. Wenn die Mächte es nicht verständen, die For-
derungen der Haager Konferenz zur Durchführung zu bringen,
so sei,das ein schlechtes Zeugnis für die bestehende Gesell-
schaftsordnuug.

Abg. Liebermann v. Sonnenberg (Reformp.):
Jn der chiuesischen Frage ist thatsächlich seitens der Regierung
alles geschehen, was nur verlangt werdcn konnte. Die Reise
des Prinzen Heinrich nach Amerika wird der freundschaftlichen
Ännäherung beider Länder nurtförderlich sein. Es macht be-
sonders einen vorteilhaften Eindruck, dah er sich am Grabe
Washingtons nicht photographieren lietz und keine langen Re-
den hiclt. Die Mauserung der Sozialdernokraten in öer Bu-
renfrage ist ganz crstaunlich. . England will sich wahrscheinlich
nicht in die Karten sehen lassen, da es sich weigert, die hu-
manitären Bestrebungen zur That werden zu lassen.

Staatssekretär Frhr. v. Richthofen führt aus: Datz
das Auswärtige Amt für die Bestrebungen der sanitären Bereine
bezüglich SLdafrikas alles Mögliche gethan hat, wurde von
mehreren Seiten cmerkannt. Das Amt wird auch fortfahren,
seine Pflicht zu thun. Ein Pferdeausfuhrverbot bestehe nicht;
ein solcher Erlah könnte für die Lcmdwirtschaft Nachteile haben.
Es gibt daher auch keine Statistik, wicviel Pferde nach Süd-
afrika gegangen sind.

Das Gehalt des Staatssekretärs wird angenommen; die
sozialdemokratische Resolution betreffend Rückschafung der astro-
nomischen Jnstrumente nach Peking wurde äbgelehnt.

Eine Reihe weiterer Titel wird ohne erhebliche Debatte
erledigt. Neber den Antrag der Kommission, 30 000 M. Zu-
schutz an die Deutsche Kolonialgesellschaft zur Schaffung eines
Auskunftsbureaus für Auswanderer nicht rn
die fortdaucrnden Ausgaben, sondern in die einmaligen Aus-
gaben aufzunehmen, entspinnt sich eine längere Debatte, die
schlietzlich auf morgen vertagt wird.

so war doch stets das, was sie darin bot, eine tüchtige, an-
erkennenswerte Leistung, niemals geringwertig und inimer von
erfeulichem künstlerischem Ernste erfüllt. Jhre gestrigc Wieder-
gabe der Rose Friquet war entschieden mit das Beste, was wir
an ihr gesehen haben. Jhr muntcres, humorvolles Spiel im
ersten, dcr llebergang vom geschlechtlosen Wildfang zum lieben-
den und geliebten Weibe im zweiten Akte und der rührende
Ausdruck in öcn wechselnden Stimmungen des letzten Aktes
vercinigten sich, um ein gelungenes Gesamtbild dieser ebenso
eigen'artigen wie schwer darzustellenden Frauenfigur herzu-
stellen. Gleicherweise brachte sie den gesanglichen Teil zur
vollen Geltung, die Duettc mit Belamy und Silvain und die
Arie im dritten Akt waren vorzügliche inusikalische Leistungen.

Ein trefflicher Belamy war Hcrr v. Keller. Äuch er
- zeigte sich gestern Abend in seincm besten Lichte und dürftc wohl
Liese Partie ebenfalls gesanglich wie schauspielerisch zu seinen
besten zählen. Herr Schade konnte als Silvain den ganzen
Reiz seiner schönen Stimme entfalten, und da ihm derartige
einfache Charaktere auch im Spiele ganz gut liegen, so fügte
er sich sehr güt dem Cnsemble ein. Das Pächterehepaar war
durch Frl. Heiland und Herrn Fetdner angemesscn ver-
tretcn. Erstere sang ihre Arietten sehr hübsch; letzterer wirkte
angenehm durch musikalische Sicherheit, weniger angenehm
durch seine Komik, die nun einmal keine ist. Die Regie und
besonders auch die Jnszenierung war sehr lobenswert. Lctztere
würde im zweiten Akte noch gewinncn, wenn man auf den
fatalen Mondschein ganz verzich'ten wollte, der statt stimmungs-
voll zu wirken, nur verschiedene Schäden aufdeckt, die besser
im Dunkeln versteckt blieben. Maillarts „Dragons de Villars"
gehören zu den reizendsten Nummern aus dem Repertoire der
Opgru comigus und haben trotz ihres schon ziemlich respcktablen
Alters noch nichts an Reiz vcrloren. Beim Anhören dicscr
kostlichen Musik bedauert man nur Cines — daß'unsere west-
lichen Nachbarn allmählich aufhören, derartiges fertig zu
bringen. Wie Hans im Glück haben sie auf der Suche nach
der „wahren Kunst" ihr echtes Gold der Grazie und Liebens-
würdigkeit gegen den schwcrcn Mühlstein des „Musikdramas"
eingetauscht.

Die Aufführung gestern war portrefflich; unter Radigs
Leitung gelangten sämtliche Musiknummern lebcndig und frisch
zum Vortrag. Die Aufnahme seitens des Publikums war
sehr animiert. Man dürfte sich wohl nicht täuschen, wenn
man ein gut Teil des Enthusiasmus dem aufgeführten
Werkc selbst zuschrcibt, auch aözüglich der gehobenen Stim-
mung, welche aus Anlaß des Benefizes herrschte. Vielleicht
liegt hierin doch cin deutlicher Hinweis, auf welchem Ge-
biete der Oper auch für unsere Bühne Lorbceren zu holen sind.

O. S.

Madischer Landtag.

L.O. Karlsruhe, 4. März. 46. Sitzung der
Zweilen Kammei.

Präsident Gönner eröffmt die Sitzung um Uhr.
Eingegangen: Eine Bcschwerde aus Oppau (Pfali) gegen
die Zulassung dcr Zwangsenteiguung öer Fliesenheimer
Jnsel bei Mannheim, ferner eine Petilion tur Gemeinden
an der Bergitraße um Erbauung einer direkten
Bahn von Heidelberg nach Weinheim.

Zur Beratung steht der Etat der Hochschulen, übcr
deu Abg. Oberkircher (natl.) berichtet. Er weist auf die
hohe Blüte uuserer drei Hochschulen und auf die unvergäng-
lichcn Verdienste hin, dic sich Nokk um dieselben erworben hat
uud beantragt uamcns der Kommission, die Ausgabeu zu ge-
nehmigen. Die Wiederbesetzung des Lehrstuhs' für Land-
wirtschaft iu Heidelberg hielt dic Kommission uicht für uot-
wendig; sie erachtete vielmehr die Aushilfe durch einen Laud-
wirtschaftslehrer für ausreichcud. Redner bemerkt, dah er per-
söulich es bsklagen würde, wenu zur Einschränkung des Besuchs
ausländischer Studenteu Matzregeln ergriffeu würden. (Sehr
richtigl) Deutschland würde au Ansehen verliereu, wenn den
Ausländern die Thüren unserer Hochschulcn verschlossen wür-
den. Hiusichtlich der juristischen Vorbildung findet Redner
die Eiuführung eines Zwischenzeugnisses nach 3 Semeftern be-
dcuklich, weil dics zu einer Kontrolle der Leistungen unserer
Hochschulcn und zu einer Einschränkuug des Besuches der außer-
preutzischen Hochschulen führen würde.

Vkinisterialpräsident Frhr. v. Dus ch ist erfreut über das
Lob, das dem verdienteu früheren Leiter des Unterrichtswesens
gespendet wurde. Die Regierung wäre gerne in ihren An-
fordcrungen weiter gegaugen, sie mußte aber mit Rücksicht auf
die Finanzlage leider verschiedene Abstriche vornehmen. Für
ein Absonderungshaus iu Heidelberg werde im Nach-
tragsbudget cine Anforderung eiugestellt;' man verdauke dies
hauptsächlich dem Umstande, datz vor nicht langer Zeit 2 Lepra-
kranke im Heidelberger Kraukeuhaus aufgenommeu werden
muhten, die übrigens bereits wieder iu ihre Heimat zurückge-
kehrt sind. Ob eine laryngologische Kl'mik in Heidelberg er-
richtet wird, häuge davon ab, daß die mediziuische Fakültät
einen entsprecheudeu Antrag stellt unö die nötigen Mittel vor-
handeu sind. Für die Studiercndeu der Landwirtschaft sei
vorerst hinrcichend gesorgt. Den ausländischen Studenten
solleu die Thore uuserer Hochschulen wie bisher geöffnet bleiben.
Hinsichtlich der juristischen Vorbidvung werde die Rcgieruug
Fürsorge treffeu, um dcn preuhischeu Studenten den Besuch
unserer Hochschulen ivie bishcr zu ermöglichen. Die preußische
Regierimg habe Lbrigens nicht daran gcdacht, die Freizügigkeit
der Studierenden zu beschräuken. Von der Stiftung des Prof.
Kraus habe die Regieruug bis jetzt nur die uotdürftigsten Kennt-
uisse, sodaß er keine Erkläruug abgeben könne. Das hinler-
lasseue Vermögen sei übrigens nicht so erheblich, daß der Lehr-
stuhl sofort errichtct werden kanu. Auf alle Fälle werde öie
Regierung den Willen des Stifters thunlichst zu ersüllen suchen.

Abg. Fehrenbach (Centr.) freut sich über das Auf-
blühen der lluiversitätcn, nameutlich auch der Technischen Hoch-
schule. An dieser wirke cin Professor, dessen Name iu ueuerer
Zeit häufig genannt werde. (Gemeint ist Prof. Böhtlingkl)
Derselbe habc das Ausehen eines hochangeseheneu deutschen Ge-
lehrteu heruntergerissen und weirde in seinem Colleg eine
Sprache an, die an die Gasse erinnert. Auf die Dauer gehe das
nicht au. Das iuhaltslose Schlagwort von der Voraussetzungs-
losigkeit der Wisscnschaft sei nicht geeignet, Kräfte zu ziehen.

Abg, Fischer (Ceiitr.) tritt für bessere Bcsoldung der
außerordentlichen Proseporen und Assistenten eiu.

Abg. Dr. G o l d s ch m i t (natl.) begrützt die Volkshoch-
schulkurse, die allerdings uicht zu weit gehen dürfen, da sonst
eine Verfkachung der Wisscnschaft zu befürchten wäre. Mit
Befriediguug haöe es ihn erfüllt, daß die Regierung für den
Heidelberger Lehrstuhl dcr Geschichte eine so ausgezeichnete
Kraft gewounen hat. Befremdet habe ihn der Vorwurf (in der
„Str. Post"), 'daß die Regierung bei Besetzung des Karlsruher
Lehrstuhls für Natioualökonomie die Landeskinder nicht ge-
nügend berücksichtigt habe. Das Gastrecht ausländischer Studie-
renden iu uuscren Hochschulen sei gcwiß ein nobile officium;
wo aber Mißstäude vorliegeu, sollte man es uicht den Stu-
dierenden überlassen, Abhilfe zu schaffen. Hinsicbtlich des
Falles Böhtlingk ist Redner'der Ansicht, daß subjektive An-
schauungen, weun sic auch noch so berechtigt sind, in den Vor-
lesungen möglichst zurücktreten sollten. Die heftigstcn Angriffe
Böhtliugks auf Schultc billige er nicht. Redner wünscht schlieh-
lich, dah auf unserer Technischen Hochschule die juristischen und
volkswirtschaftlichen Vorlesungen eineu breiteren Raum ein-
uehmen sollten.

Miuisterialrat Frhr. v. Dus ch betont, daß das kostbare
Gut der akademischcn Lehrfreiheit nicht angetastet werden darf.
Auch die Regierung bedaure, wenn in den Vorlesungen die Em-
pfindungen anders Denkender verletzt werden; aber sie sei nicht
iu der Lage, gleich dienstpolizeilich eiuzuschreiteu, wenn einmal
ein Lehrer seinem Temperament freien Lauf läßt. Auf Er-
örterungen über die Voraussetzimgslosigkeit der Wissenschaft
wolle cr sich nicht einlassen, da diese Frage bei uus keine^Rolle
spiele und die Rechte der Fakultät stets gewahrt wurdeu. Bei
der Berufuug der Karlsruher Nationalökonomeu war für die
Regierung ueben dem Gutachtcn der Fakultät lediglich die
wissenschaftlicheu Bedeutung des Vorgeschlagenen maßgebend.
Eiu Unterschied zwischen Lcmdeskindern und Ausländern könne
uicht cutscheidend sein, wenn auch bei gleicher Qualifikatiou die
Landeskinder bevorzugt werden. Gegenüber den technischen
Fächern müssen die allgemeinen zurücktreten.

Ministrialrat Böhm legt die Bestimmungen dar, die für
die Aufnahme vou Geisteskrankeu in die Jrrenkliniken maß-
gebend sind. Die Besoldung der Assistenzärzte soll nur einen
Zuschuß darstelleu, um ihnen die Wartezeit zu ermöglichen.
Die Verlegung der Philosophika an der Technischen Hochschule
auf die Nachmittagsstunden habe ihren guten Grund, weik die
Haupkfächer nur bci Tageslicht gegeben werden können. Die
volkswirtschaftlichen Borlesungen rcichen bollkommen aus.

Abg. Dr. Wilckens (natl.) zollt dem Wirken Nokks An-
erkenmmg und freut sich,' daß der neue Minister mit aller Ent-
schiedenheit für die Lehrfreiheit eingetreten ist. Der Fall Böht-
lingk lag auch sicherlich keineswegs so, dah ein disziplinäres
Vorgehen gerechtfertigt wäre. Jmmerhin müßte der Vor-
gang, wenn die Aeußerimgen in der That so gelautet haben,
mißbilligt werden. Jn der Ausländerfrage teile er den Stand-
punkt des Berichterstatters. Die Erklärung des Ministers über
die Vorbildung unserer Juristen habe ihn vollkommen befrie-
digt. Die Berufungen anlangend war die Thätigkeit der Regie-
rnng in den letztcn Jahren schr glücklich; sie schreckte auch vor
bedentenden Geldopfern nicht zurück, wenn es galt, eine tüchtige
Kraft zn gewinnen oder zu halten. Redner begrüßt, daß die
freie ?lufnahme Geisteskranker in nnseren Jrrenkliniken ange-
strcb! wird, zu ivünschen wäre ferner, daß Mittel für eine la-
ryngologische Klinik in Heidclberg bereit gestellt werden. Die
Wiederherstellung des alten Marstallgebäudes in Heidelberg
habe dort große Beunrnhigung herborgerufen; man befürchte,
daß die Crrichtung eines archäologischen Jnstituts aüfgegeben
sci. Reder bermißt im Budget eine Position für die Univer-
sitätsfeier.

Staatsrat v. Dus ch bemerkt, daß im Nachtrag für diesen
Zweck 30 000 M. angefordert werden.

Abg. Zehnter (Centr.) tritt warm für die Errichtung
ciner laryngologischen Klinik in Heidelberg ein.

Ministerialrat Böhm erklärt, die Regiernng werde die

Anregung, thunlichst berücksichtigen, selbstversicindlich aber nurk
-m Eiiivernehmen mit der Fakulrär. Das Marstallgebäude sei
znnächst nur provisorisch wieder aufgebaut worden, weil die da-
mit im Zusarninenhang stehende Frage der Zollniederlage vor
Erledigung der Bahnhofangelegenheit nicht gelöst werden kann.

Abg. Fendrich (Soz.) findet es auffallend, daß man ftir
die laryngologische Klinik in Heidelberg so wenig aufwendet,
wührend andere viel jüngere Jnstitute bevorzngt werden. Den
Professor Jurasz so lange hintanznhalten, sei deswegen eine
zremlich gewagtc Sache, weil der Gelehrte schon öfters zurnck-
treten wollte, was einen großen Verlnst für die Universität be-
denten würde. An einer solchen Einrichtnng zu sparen, habe
keinen Sinn; mil anderen Dingen, die m!t dem Stndium gar
nichts zn tlmn haben, werde ja anch nicht gespart; nüher wolle
er sich nicht ansdrncken, aber er könne dentlicher werüen, wenn
nicht bald etwas geschieht.

Nach einer persönlichen Bemerknng des Abg. Goldschmidt
wird die Sitznng nm 1 Uhr abgebrochen. Fortsetziing: Donners-
tag V,10 Uhr.

L. X. Karlsruhe, 4. März. Die Budgetkommission
beantrogts beim Budget des Ministeriums des Jnnern
Titel XIV und XV der Ausgabe u. Titel VI u. Vlk der
Einnahme (Landesstatistik und Gewerbe) nach dem Vor-
anschlag für 1902 und 1903 zu genehmigen. Jm cinzel-
nen sei bemerkt: Die Beiträge zu den Krsten der 4 Hand-
werkskammern, a 5000 Mk., erscheinsn von jetzt ab im
Ordinarium, ebenso die Forderung für Unterstütznng der
Anstalten für Arbeitsnachweil, welche von 10 000 anf
12 500 Mk. erhöht wurde. Znr Zeit bcstehen 12 Arbeits-
nachweisanstalten, welche 1900 und 1901 folgende Staats-
beihilfe erhielten: Konstanz 1200 Mk., Waldshut 300 Mk.,
Freiburg 1600 Mk., Lörrach 600 Mk.. Müllheim 350 Mk.,
Schopfheim 350 Mk., Offei.barg 600 Mk., Karlsruhe
2000 Mk., Pforzheim 1000 Mk., Mannheim 1500 Mk-,
Heidelberg 800 Mk. und Lahr 650 Mk.

Hessen.

Darmstadt, 3. März. Eiue Zuschrift an die „Darm-
städter Zeitung" von informierter Seite weist auf den seit
Jahren in Hessen bestehenden außerordentlichen Zu-
drang zum Studium der Rc chts w i sse nscha ft als in
keinem richtigen Verhältnis zu der Zahl der vorhandenen
Stellen stehmd hin und schließt mit einer ernstlichen
Warnnng vor dem Studium der Rechtswissenschaft.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dew
Chef der Kohlen- nnd Rhedereistrma Haniel in Ruhrort, Amts-
gerichtsrat a. D. Carp das Ritterkreuz erster Klasse oes
Ordens vom Zäbringer Löwen, den nachgenannten Königlich
Preußischen Offizieren den Oiden vom Zähringer Löwen ver-
lichen, und z-oar dem Major und Bataillonskommaudeur Ernst
Keiler im Jnfanterie-Regiment Herzog Ferdinand von Braun-
schweig (8. Westfälischen) Nr. 57 das Ritterkreuz erster Klastb
und dem Hauptmann und Kompagniechef Walter Zechlin iw
Jnfanterie-Regiment Giaf Barfuß (4. Wcstphälischen) Nr. 1-
das Ritterkreuz zwetter Klasse mit Eichenlanb.

— Der provtsonsche Bezirkstierarzt Friedrich Meltz er iN
St. Blasien wurde etatmäßig angestellt.

Karlsruhe, 4. März. Die Königin von SachseN
hat gestern Nachmittag von 4 Uhr an mit der Großher-
zogin eine Umfahrt unternommen und dabei die Grabkapelle
im Fasanengarten besucht. Hierauf befichtigte dieselbe die
Bernharduskirche, durchfuhr dann öerschiedene Stadtteile und
nahm danach bei dem Prinzen und der Prinzessin Max dett
Thee em. Abends war Familientafel bei dem Prinzen Max-
Heute Vormittag 9 Uhr wohnte Jhre Mojestät der Messe
in der St. Stephanskirche an. Von 10 Uhr an besichtigte
dieselbe einzelne Teile d'es Schlosses, sowie die Pflanzen-
häuser im Botanischen Garten und machte dann noch eini^
Besuche. Gcgen 12 Uhr empfing Jhre Majestät die Besuche
der Prinzessin Wilhelm, des Prinzen Max und der Fürsti»
zur Lippe. Nach einem Frühstück geleiteten der GroßherzoS
und die Großherzogin mit dem Prinzen Max die Königi»
zum Bahnhof, von wo die Abreise nach Dresden erfolgte-
Heute Nachmittag empfing der Großherzog den Staatsministet
von Brauer zu längerem Vortrag. Später nahm Seilft
Königliche Hoheit die Vorträge des Gehcimen Legations'
rats Dr. Fretherrn v. Babo und des LegatiouSrats Dt'

Ausland.

Afrika.

— Der „Standard" meldet aus Klerksdorp
vom 1. März: Die Abteilung Donops, welche mit dew
Convoi gefangen genommen wurds, bestand aus 56^
Mann mit zwei Feldgeschützen, einer Pompon- und
Maximkanonen.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 5. März.

i VI. Akademischer Vortrag zu Gunsten des FraueH'
vereins. Das Thema des letzten Vortrags in diesem Wintsn
halbjahr — ihn hielt Professor Anschütz — betraf „Rei i
und E inze lstaa t", Betrachtnngen übcr die deutsche Reich^
verfassung. Jn formvollendeten Ausführnngen verbreitete
Redner über den schönen Vortragsstoff, zunächst die Bedeuti« -
der Worte Reich (Einheit) und Einzelstaat (Partiknlarismus) kim
erklärend und manche Beispiele für Unterschied zwischen beivc
einsügeich. Welche Stellnng die partikularistischen Gewalte» >
anderen' Ländern, z. B. in Frankreich, England und SpaN'
eingenommen haben und wie sie dort schon früh im Mittelan -
überwnnden wnrden, erlänterte er dann, nnd kam schließlich w
das Verhältnis zwischen Reich und Einzelstaat in Deutschland "
Parallele zn Jtalien zu sprechen. Erst die 2. Hälfte des 19.
hunderts brachte Deutschland die Verwirklichnng des ersehntQ
Einheitstranms, aber wie ganz anders als in Jtalien.
wnrde mit dem Partikularismus vollständig anfgeräumt, "
Einzelstaaten verschwanden nnd gingen einschließlich der Führe^
schaft Sardiniens auf in das Königreich Jtalien, hier dageg^
wurde Preußen nicht mediatisiert, die Einzelstaaten blieben o.s
Bnndesstaaten (25), der Partikularismus wurde nicht ganz ? x
seitigt, sondern nur eingeschränkt, sodaß sein einst so verderbuw
Einfluß gebrochen ist und er sich im wesentlichen nur zum Seg'
bethätigt. Dies ist in der Reichsverfassung zum Ausdruck S
langt, 'in der die Pflichten und Rechte der Reichsfaktoren nied°^
gelegt sind. Die Einzelstaaten sind erhalten geblieben und es
fich 'ein festes Geflige zwischen den Einzelstaaten und dem Träger"
obersten Gewalt gebildet. Dieses Verhältnis finden wir in der v .
ititution des Bundesrates und der bündischen Verfassung verkorps. ^
Auf die bnndische Verfassnng eingehend vertiefte sich Profel'
 
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