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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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schenk des .Kaisers, eine prächtigo Wanduhr aus Gold.
Die Audieuz verlief in sehr herzlichen Fornien. Der
Papst drnckte seinen lebhaften Dant' für die Anfmerk-
samt'eit des Kaisers aus und bat. seine heihen Wnnsche
für das WohlergelMi der t'aiserlichen Fmnitie zn übcr-
mitteln.

Asrika.

— Der K rieg i in Inni beendigt ! —
überjchreibt die „Patt Matt Gazette" den Brief eines im
Felde stehendcn britischen Ofsiziers, den sie iin Aus-
zuge zuni Abdruck' bringt. Es heitzt darin: „Wir sehen
hier. das; einige Zeitungen dahcim davon redcn, daß
dcr Krieg sich gnt noch mehrere Jahre hinziehen tann.
Warum sie so Pessimistisch sind. verstehen wir nicht recht.
Adit der Fertigstettung der Blockhaus- und dem Ausban
dcr Treibc-Liiiien werden wir Kommando nach Kom-
mando aufbeben und dem Widerstande das Rückgrat
brechen. noch ehe dic Alitte deS SommerS hereingebrochen
ist. Wir können nicht daran dcnken. das Land zn ,.rei-
nigen". ohne nicht hin und wieder selbst kleinen schaden
zu erleiden. Wie die Dingc jetzt liegen, heben wir ge-
legentlich hicr und einige hundert Mann auf und ein
jedes Gefecht schwächt den Feind. Das wird cr anf
die D-auer nicht auslialten können." Abwarten!

Bittschrift des Gemeimnitzigcn Bereins Heidelberg be-
trestend dic direkte Fortführung der Main-Neckar-Bahn
von Weinhcim bis Heidelbcrg.

Der gcmciimiltzige Bercin hat an beide Kammcrii des Land-
tagcs folgende Bittschrift gcrichtet:

Als nnser ans ca. 850 Mitglicdern sämtlicher hiesigcr
Bcrufs un!d Gesellschafisklassen zusammengesetzter Vereiu uor
Kurzem sciue diesjährige ordentliche Geueralversammlung ab-
hielt, wurde aus der Versammlung hcraus, ohue das; dieser
Gegensiand auf dcr Tagesorduuug stand, die gegenwärtig
unsere Stadt nuss lebhafteste bcwegcude Frage der direkten
Weitcrfnhrung der Main-Neckar-Bahn von Weinhcim nach
Heidelberg zur Sprache gcbracht und durch cinstimmigen Be-
schlust idcm ergebcnst uuterzcichiietcu dlusschusz dcr Auftrag
erteilr, auch seiucrseits uach Kräftcu bci dcu gcsctzgebcnden
Fakroreu dcs Laudes dahiu zu wirkeu, das; dic benanuute Linic,
dcren Erbaung sich fast zn eincr Lebensfrage fiir Heidckberg
gestalrer, znr Ausführung gclange.

Nun sind ja bcrcits in Eingabcn, ivclche die hiesigc Handcls-
kammer nnd intercssiertcn Städtc nnd Ortschaftcn in diescm
Bctreff an daS Grostherzogliche Ministerinm dcs Grosthcrzog-
lichen Hanses und der auswärtigcn Angelegenheitcn und an
die hohen Kammern richteten, dic grostcn Nachteilc in cingchen-
der Weise gcschildcrt, welche nnser Platz und die an der Linic
bclegenen 'bedcutenden Orte dnrch den Nichtansbau diescr
Strecke erleiden und für dic Folgc uoch iu erhöhtem Maste
crlcideu wcrdcii: cs ist ferner der Gaug der frühercu Laud-
tagsverhaudluugen geschildcrt, wclcher als cin dem Projekt
durchaus güustiger bezeichnct werdcn kami, Wir kömitcu uns
daher darauf beschränken, uus -diesen AuSführimgen, welche
wir als durchaus zutrcffciid anerkenncn, aiizuschlietzen, wcim
wlr nicht befürchteten, cincn frühcren Einwand gcgcn die
Erbauung der Strecke neucrdings auftauchcn zu schcn, uämlich
den, Heidelberg besitze in seiner Lage imd in seincm alten
Sebloh genügendc Anziehungskraft, um auch bei wcuigcr gi'm-
stigeu VerkehrSverhältnisseu den Fremdenverkehr nuf sich zu
lenken. Einer solchen icknffassimg müssen wir aufs ent-
schiedcnste entqegentretcn. An schön gelegencn Orten ist, je
wciter man skch dcm Süden nähcrt, kein Mangel; auch die
eutfermeren dersclben sind heutzutage mittcls der Expretz-
und D-Ziige in verhältnismästig knrzcr Zeit bcqnem zu er-
reichen, was bcwirkt, das; sich der Reiscvcrkeyr immcr weitere
Ziele sieckt und hauptsächlich uur noch diejcuigen an der
Rouie bclegeueu Plätze von Bedeutnng aufsucht, Ivelchc mittels
der dirckten durchgchendcn Züge crreichi wcrdcn kömien. Schou
bei den Verhandlimgen der zweiten Kammcr der Landstände
über die Erbammg der Linie Friedrichsfcld-Schwetzingcn am
12. Febrnar 1874 habcn sich die damaligen Abgcovdnelen
Bürkün und Matis in diesem Sinnc ausgcsprochen: namcntlich
die Ansführungcn des lctztcren sind anch hente noch bon
hohem Fnteresse, weshalb wir nns erlanbcn, dicsclben hier
dem stenographisckicn Protokollc entsprechend folgen zu lassen.

Tic vorgeschlagenc Bahn Schwetzingcn-Fricdrichsfcld
steht, wie der Ahgcordncte Bürklin erivähnt hat, mit einem
andercnBahnprojckte in cinem natürlichcn intd innercn nnd
unrrcnnbarcn Znsammcnhang, nämlich mit der Erbauung
der Bahn Heidelbcrg-Weinheim. Ohne gcradc eigentlich eine
Parallelbahn zu scin, übt die eiuc Bahn auf dic audere
und deren Frequcnz vermöge ihrer Lage und Verbindimg
eineu wesentlichen Eiufluh aus. Jn dicsem Sinne ist die
Sachc auch auf dem vorigcu Landtagc behandclt worlden
und ich will zu dcm, ivas dcr Nbgcorduetc Bürkün in Be-
ziehung auf das Sckncksal dcr betrcffcudcu Petitionen mitge-
reilt hät, nur bcifügeu, dast währeud die Bahn Heidelberg-
Weiuheim bon der ersten Kammer jempfehlcnd Van hie
Staatsrcgicrung übcrwiescn wubde, im Gegeusatz dazu die

abgeüostcnen Boote zu, mn ihm den richtigen Weg zu zcigen.
Er wnrde bcrstanden, die Schiffbrüchigen stcucrtcn in den
Rcitung'bietenden Kanal hinein; ein zweites Boot folgte, nach-
dem der Tampfer festgelaufen war und beide schicncn gerettet,
da cs ibnen gelang, in das ruhigcre Wasser zwischen den Abrol-
Los und dem Lande zu gelangeu.

Nichr so gut erging es dem dritten. Dic eben hcranziehende
Vöe brach mit vollcr Gewalt los, als es in der Mitte zwischen^
dem „Caledonian" und dcn Kkippen Ivar, 'eine Wette fo
cs seitwärts und trug es unausharciam au; den Fel>en zu, wo
cs fast immittclbar zu Jürgcns Füstcn nu dcn Leuchtturm ge-
worfen uud zcrsckunettert wurde.

Jürgen warf dcn mit den Wellen Kämpfenden Leinen und
Rettungsringe zu, andere hicltcn sich an dcn Bruchstücken des
Bootcs fest, und so trieben sie landemwärts an die Stufen
hin, die zur Thür des Leuchtturms hinaufführten. Dorthin
eilte auch Clausscn und ivar mit eigencr Lebensgefahr bemüht,
die Leute zu rettcu. Es gelang wirklich nach unerhörten An-
strenguugeu alle Gestrandeten — es warcn sechs Matrosen, cin
Passagier uud dcr Kapitäu, dcr als letzter das Schiff verlassen
hatte — dic schlüpfrigen und unaufhörlich von der Brandung
überflnteten Stnfen hinauf bis zur Thüre des Turmes zu
sckiaffcn uud dann ganz in Sicherheit zu bringen. Sie warcn
attc stark geschundeu, zerschlagen und crmattct, aber keiner hatte
eine iötlichc Vcrlctzung davongctragcn.

Die andcren Boote errcichten unbeschädigt die Küste und
uoch an dcmselbcn Tage kam cin kleiner Dampfcr nach den
Abrolhos hinaus, um die Schiffbrüchigcn abzuholcu und bei
dem „Caledonian" Abbringungsversuche zu machen. Der Wind
hatte sich gelcgt und dic Einschiffung der an der Leuchtturms-
klippc Angctriebcucn gelang ohne besondere Schwierigkeiten.
Rur der Passagier mustte zurückgelassen werden, weil er in
cinem heftigen Fieberanfall auf dem Bettc des Wärters lag
uud der Trausport sein Leben gefährdet haben würde. Jürgcn
verspracki dem 5lapitän, für seinen erkrankten Landsmann
dcn Tr. Zarnow allc erdenkliche Sorgc zu tragen.

Die Passagicreffckleu und cin grotzer Teil dcr Ladimg des
„Caledouian" kounteu geborgcn ivepde», abcr den gestrandeten

jetzt vorgeschlagene Bahn Fricdrichsfeld-Schlvetzingcn nur
zur jüeuutnisnahmc mitgetrilt wurde, tvoraus hervorgeht, datz
man jene Bahn für berechtigter erkannt hat, als die Bckhn
Schwetzingen Friedrichsfeld. Die Beschlutzfassung der zwei-
ten Kammer war keine wörtliche Empfehlung, aber die Art
der lleberweisung an das Staatsministcrium, welche die
Kommission vorschlug und die Kammer geuehmigte, sogar
noch viel bedeutender als eine gewöhnliche Empfehlung. Jn
der That büdroht die Bahn Schwetzingen-Friedrichsfeld,
ohne daß zugleich die Linie Weinheim-Heidelberg gebaut
wird, die Jnteressen der Stadt Heidelberg in ganz ungewöhn-
licher Weise und insofern ist für dicse Stadt, die eine der
bedeutendsten Städte des Landes ist, aber auch nebeubci
für die Odcnwaldbahn, die Erbauung einer Bahn vou
Heidelberg uach Weinheim von der grötzteu Wichtigkeit. Sie
wissen alle, die Hauptgrundlage des Nahrungsstandes bon
Heidelberg ist der Frcmdenverkehr und es droht der Stadt
Hcidclberg dieGefahr, daß durch die VerbindungSchwetzingen-
Friedrichsfcld, wenn nicht zugleich die Linie Heidelberg-
Weiuheim gebaüt wird, dcr Fremdenvcrkehr zwei Stunden
autzerhalb Heidelbergs vorübergeführt würde. Mau wende
nicht cin, obivohl dies auch schon hie und da geschehen
ist, wer nach Hcidclberg wolle, gche doch dahin. Das ist
in gewisser Beziehung vollkommen richtig; wer durchaus
»ach Heidelberg will, kommt hin, selbst wenn diese Stadt
auf den Hornisgründen läge. Etlvas auderes ist es aber,
wenn man die Verhältnisse des hentigen Fremdenverkehrs
ldes Touristenverkchrs genauer ins Auge fatzt. Da wer-
den Sic sofort sehen, datz derselbe auch an einer der Eigen-
tumlichkeiten uuserer Zeit leidet, nämlich daran, dah bei
der Bewegung in die entfernten Länder, des Vergnügens
oder anderer Ztvccke halber, allcs mit Dampfgeschwindigkeit
gehen mutz, und alles daran gesetzt wivd, so schnell und
so weit als möglich fortzukommen. Während frühcr eine
Reise durch die Schweiz eine grotze Sache war, ist heute eine
Reise nach Jtalieu eine sehr gelvöhnliche Sache. Heidelberg
wird es nun sehr schwer empfinden, wcnn die Bahn Schweh-
ingen-Friedrichsfeld gebaut wird. Die Reisenden — urkd
ich habe hicr hauptsächlich solche aus Norddeutschland, Eng-
land und Ruhland im Auge — würden vielleicht den Wunsch
vaben, Heidelberg zu sehen; wenn sie über erfahren, nameut-
lich auf der Hinfahrt, datz sieVhier auf einem kürzerem Wege
nach dem Süden kommen, als über Heidelberg, werden sich
viele dcn Anfenthalt in Heidelberg für die Rückkehr vorbe-
halten, dersclbe wird aber dann sehr häufig gänzlich untcr-
bleiben. Es ist also für den Nahrungsstand einer solchen
Stadt, dcr wesentlich neben dcr Universität auf den Fremdcn-
verkchr gestüht ist, von der grötztcn Bedeiüung, datz cs bei
dem bisherigen Zustande bleibt. Dixse drohende Gcfahr
infolge einer Bahnverbindung, die^wei Stunden von Hcidel-
berg vorüberzieht und Heidelberg auf zwei Stundcn von der
Babn bei Seite liegen lätzt, beruht uicht auf der subjek-
tivcn Anschauung der Bewohner Heidelbergs, die darni
möglicherweise zu ängstlich sein könnten, sonderu die kompe-
tentesten Autorttäien haben sich in diesem Sinne ausge-
sprochen und haben gesagt, es wäre eine schwere Schädi-
gung für Heidelberg, wenn man es auf diese Wcise bei «eite
schiebe, datz man die Linie Friedrichsfeld-Schwctzingen baut,
ehe die Linie Heidelberg-Weinhcim nicht blotz gebaut, sondern
auch befahreu ist. Jene Beschlutzfassimg der zweiten Kam-
mer hat meine Vaterstadt mit Dank anerkaunt und hat sich
dabei bernhigt, indem sie den weiteren Berlauf der Dmgc
abivartcn zn müssen glaubtc. Fctzt auf eiumal ist eine
furckstbare Enttäuschuug wie cin Blitz aus heiterer Luft über
uuS gekommeu, nachdcm wir crfahren haben, was dix Re-
gierungsvorlage enthält, datz Schwetzingen-Fricdrichsfold
gebaut' werdcn soll, ohne datz von Heidelberg-Wcinheim
die Rede ist. Man will also die schivere Schädigung,
die man durch den Beschlutz auf dem vorigen Laudtage an-
crkaimt hat, auf diesem Laudtagc uus zusügeu. Mau sagt
dabei, es seieu andcre Berbältuisse hervorgctreten, die den
möglichst schleunigcu Bau der Schwetziugen-Fricdrichsfelder
Liiiie zu einem dringcudeu Bedürfnisse machen für die Fre-
quenz und die Rentabilität der badischcn Bahn im allge-
meinen. Nleine Herrcn, dic Bewohner Hcidclbergs bedaucrn
natürlich, datz es so gekommen ist, allein, wie sie sich auf
dem vorigeu Landtagc beruhigt haben, wollen sie sich auch
bci dicser Vorlagc, die ihnen wenigstens vorübergehend
so großcn Schadcn bringt, beruhigen, Jch stelle deshalb
als Abgeordneter der Stadt Heidelbcrg keinen Gegenantrag,
abcr däs erlaube rch mir auszusprechen, datz bei der jetzi-
gen Sachlagc, nachdem alsv auf jenen Beschlutz desselben
gerade das Umgekehrte geschehen soll, es sowohl das Recht
als die Pflicht der Grotzherzoglichen. Regierung sein dürfte,
dasjenige sobald als möglich nachzuholen. was uns damals
als das Erstc, was zu gcschehen habc, in Aussicht gestellt
wurde, Dazu wird vor allen Dingeu crforderlich sein, das;
sobald als möglich erschöpfende Vorarbeiten bezüglich der
Bahnlinie Heidelberg-Weinheim vorgenommcn werdcu, Vor-
arbeiten, die nicht dazu dieueu, eiue Bahn zu schasfcn,
tvelche der Siadt Heidelberg besoudcrc Vorteile zuführt,
sondcrn eine solche, wclche dic für Heidelberg durch cinen
audercu Bahnbau eintretendcu schwcreu Nacksteilc bcseitigcn
soll, Jn dieser Beziehung haben ivrr mit Freude und
Dank vernommen, datz uns von Seiten dcr Grotzherzog-
lichen Regierung zugesichert/wurde, es sollten in der näch-
stcn Jeit dcrartige Vorarbeiten stattfinden, Wir nehmen

Dampfer selbst flott zu machen, gclaug uicht und in einem

Sturm, der in dcr nächsten Wochc ausbrach, wurdc das Wrack
vollständig zertrümmcrt, Als dic Passagierc und Maimschafteu
sich uach Bahia begabcn, blicb nur dcr frcberkrauke Dcutsche
auf dem Leuchtturm zurück,

Als Dr. Zarnow in Ria sich cingeschifft hatte, stccktcn die
,Keime der Krankheit schou in ihm, Jn der ersten Nacht,
die er an Bord zubrachtc, kam sic zum Ausbrnch, Glücklicherwcise
war es nicht, wie man zucrst befürchtct hatte, das gclbc,
soudcru ein harmloscrcs, wcuu auch langwicrigcres klimati-
sches Ficber. Als nm Morgeu uach dem Sturm der Dampser
schcitcrte, wärc Zarnow ohne die aufopfcrndeu Bemühungcn
des Kapitüns in seiner Kabine gebliebcn, wo cr, gleichgiltig
gegcn Lebeu und Tod, lag uud kaum zum Aufstehcn zu bc-
wcgen war.

So kam es, dasz er nicht iu den crstcn Booten mit den üb-
rigen Passagieren, sondern erst in dem drittcu und letzten das
Schiff verlietz und mit dessen übrigeu Jnsassen auf die .Klippe
gcschlcudcrt wurde. Jürgen räumtc dcm Krankcu ohue Wei-
teres seine einfache Lagcrstätte ein und schlief währeud dieser
Zeit auf einer übrigens nicht viel härteren Pritsche. Da er
cine kleiue tragbare Apotheke bei sich hattc, so war auch für cin-
fache Medikamente gegcn das Ficbcr gcsorgt, imd, alles m allem
Zarnow so gut aufgchoben, datz er es in Caravcllos nicht hätte
besser haben können.

Nach ciingenTageu konute Zaruow Tags übcr schon das Bett
berlasscn und einige Stunden auf der Gallerie oder, bei ruhigem
Wetter, unten auf der Klippe selbst zubringen. Jürgen leistete
ihm mitunter Gesellschaft, wenn die, Anwcsenheit cines so
finsteren uud tvortkargen Menschen Gesellschaft genaimt werdcn
kann. Zarnoiv fühlte jedoch, daß dcr Mann trotz seines ab-
stotzenden Wesens ihm freundlich gesinnt war, und da er selbst
sich auch nicht zum Sprechen aufgelegt fühlte, so kamen die bei-
den ungleichartigen Gefährten ganz vortrefflich miteinander
aus.

Dazu kam, datz dies einsame Leben auf dem wogenumbrau-
deten Eiland für Zarnow's gegenwärtige Gemütsstimmung
einen unbeschreiblichen Reiz hatte, und zur Heilung seines tief

diese Zusicherung mit aufrichtigem Danke an und wolle"
uns, wie gesggt, einstweilen dabei beruhigen."

Den hier abgedruckten Ausführungen des Abgeordnetest
Mahs ist aber weiter zu entnehmen, daß die Erbauung der
Linie Weinheim-Heidelberg unserer Stadt und den übrige''
beteiligten Gemeinden bereits im Jahre 1872 in sichcre Aus-
sicht gcstellt wurde und datz damals seitens der Grotzher'zog^
lichen Regieruug die Zusicherung erfolgte, es solle in der näch°j
sten Zeit mit derartigen Vorarbciten begonnen werden. W>r
sind in der Lagc, hierüber aus dem Protokoll der Kammem
verhandlungen — Kommissionsberichte vom 12. März 187»
—- folgende näheren Angaben zu machen:

„Der Berichterstatter Gerwig erklärt, die Kom«isii»>>
mutz entschieden betonen, dah die Bahnverbindung FriedriE
feld-Schwetzingen nicht früher zur Ausführuug gebracm
werden könne, als die direkie Bahn von Weiuheim naw
Heidelberg in Betrieb ist. Dadurch wird die einzig natur^
gemäße Liuie für die Schnellzüge zwischen Darmstadt um
Karlsruhe hergestellt, welche ohne die unglückselige Anlag»
dcr Main-Neckar-Bahn über Friedrichsfeld von Anfang a>>
hätte gcbaut werdcn müsseu."

Wiederholt wird dieser Ausspruch in dem weiteren KoM
mtssiousberichte, crstattet von demselbcn Abgeordneten >nn
den Worten:

^ „Nur das glaubt die Kommission herborheben zu soll/N'
datz der Linie Weiuheim-Heidelberg die Priorität vor jenc»
von Friedrichsfcld nach Schwctzingen gebühre."

Zum zweitcuniale wiedcrholt uud noch nachdrücklicher beta>n
wurde dieser Kardtnalpunkt in der am 12. März 1872 statt^
gehabteu Diskussion, wobei der Berichterstatter Gerwig
klärtc:

„Der Schwerpuukt liegt hauptsächlich in dem vorhc^
gegangcnen Petiiiousberichte (wegcn Schwctzingen-Fried^
richsfeld). Die Ausführungen der Kommission sind dort
sehr für die Priorität der Weinheim-Heidelberger BahN'
datz ihr einc bessere Empsehlung nicht gegebcn werd/N
kann."

Ferner äutzerte am Schluh der Vcrhandluugen der damalig»
Präsident des Grotzherzoglicheu HandclsministeriumS, Frei^
herr von Dusch:

„Tiese Linic ist eiue Zwischenlinie und kanu uur vo>g
Staat hergestcllt werden."

Darauf erlviderte der Berichterstatter Gerwig:

„Datz die Grotzherzogliche Rcgierung cine 'solche Ball"
nur auf Staatskosten erbauen kann, darüttcr sind wir am
klar."

Trotz aller dieser Erklärungcn und Zusicherungcn wurd!°
nicht die Bahn Weiuheim-Heidelbcrg, soudern diejeiiige Fried-
richsfcld-Schwetzingcn gebaut. Hierzu mag untcr andere>g
dcr Umstaud beigctragen habeu, datz bei den damals u»d
uoch jetzt bestcheudenBahnhofsvcrhältuissen iu Hcidelberg crstert
Linie eine um weuige Kilometcr längere und auch der Kopf^
station halber etwas schwierigere gcwordcn wäre. Mit det
Erbauuug dcs neuen mehr in die Ebeue gerückteu Durchgangs"
bahnhofcs in Hcidelberg aber wird auch dieser Grund hivfällig
uud wir glauben, datz cs unsere Stadt als ihr gntes Recht be'
anspruchen kann, das; ihr uuumchr dicjcnige Stcllung im Wctt^
verkchr cingcrnumt wcrdc, die ihr gebührt.

Unscre chrerbietige Bitte gcht somit dahin:

Hohe Kammer wolle die Großherzogliche StaatsregierlM
ersuckicii, glcichzeirig mit dcm bcvorstehcndcu Umbau deö
Bahnhofes in Heidelbcrg auch die Erstclluug eincr direktc"
Vollliahn bon Heidelbcrg uach Weiuheim iu Anqriff Z>>
nehmcn.

Ehrerbietiqst verharrt

Dcr A ii s s ch u ß

des Gcmeinnützigen Vereins He'idelbcrg^

Mox Klingrl.

_ Adolph Brechter-

Heidelberger Vereinsangelegenheitett.

N Berein Neunrheim. Jn der aiu 5. dss. iu dcr Rosc ab«
gehaltenen Sitzimg koustitnirtc sich dcr Vorstand des Vereii's
Neuenheim wie folgt: Als 1: Vorsitzender wnrde Herr Dr. Holck
berg, als 2. Herr A. Joerger, als 1. Schriftführer Hel-
F. Loonen, als 2. Herr Dr. Challenor und als Rechner Hckk
I. F. Sckweikert gewälstt nnd zwar sämtlich einstimmig.

tz lller Bcrein. Gestern Vormittag begab sich eine DepU^
tation, besteheud aus dem zweiten Vorstaud Herrn Haus^
meister Greiner, Steucroberaufschcr Ruder und Flaschne^
meister Walther nach Rastatt, um ihrcm Ehreumitgliede, HerU'
Obcrst und Regimcntskommaudeur von Scpdewitz eine prackj^
voll ausgeführte Ehreuurkuude zu überreicheu.

KLeine Zeitung.

— Horncburg, 2. Mnrz. Eme crgötzliche Geschictz^
bat sich iu tziesigeii Kreiseu zugetrngen. Sitzt dn ci>^
jttnge Frau und ivnrtet vergeblich nuf ihreu MaNch
Soudcrbnr, es ist doch soust nicht sciue Gewohnheit, ^
lnuge fortzubleiben. So wird es dunkel, als es plp^
lich laut an'die Thür t'lopft, „Dn bist du jn, mein Hijj'
nerk!" ruft die junge Frau uud eitt schuett zur Thü>j
iiin zu öffnen. Stürmisch fättt sic dem Eintretenden uü.

>M»»WW>»»»»»»»»W>»WWW»»»»WWM»»W»»,«W«>W»»»U>»WMWWM»W^7

verwundetcu und schwerkrankcn Jnnerittüiicht^niindcr "kräftt^

beitrug wie die rcinc, dnnstfreie Sceluft zur Stärkung sci».^
von dem erschtaffenden brasilianischen Küstenklima angegrifm
uen Körpers, Dic eintönige Musik des Wellcuschlages wio"
eiuschläferud auf Leib uud Scele, imd dcr Ausblick auf die
endliche Meersfläche, ob sie nun leise atmcnd und im Sonn0>>!
scheiu flimmernd dalag, odcr ob die Schatten sturmgetriebei^
Wolken über die unrnhig wogcnden Fluteu dahin glitten, hm:,
etwas ungcmin Berühigcudes, dcm er sich willeulos und bsj'
nahe freudig bingab. Er kam sich vor, wic das aus dem OW'',,
geschleuderte Kiud Vulkän, das in den Grotten des Thetis,
dem sanftmurmelndeu Okeanos umbraust, alle Sorgen
Drangsale vergessen durfte. . .

Wcnn die Sonne im Westen versank und bei rasch herett '
brechcnder Dunkclheit die ersten Sterne im Osten aufflammtt''
beglcitcte Zarnow seinen Gastfrcund in die Laterue des'Leuck! j
turms uud sah ihm zu, wie cr die Argand'schen Lampen
zündete, deren durch grotze Hohlspiegel zusammengefatzte Stra''
lcn ciucn weithiu sichtbaren Lichtkegel über das Meer c»
sandten. Zuweilen, uamentlich in windigen Rächten, waw,
er dort oben bei ihm uud freute sich an dem unheimlichen Ko>
zert, welches Luft und Wasser in düsterer Grotzartigkeit aM
führten. Er begriff, datz die fürchterliche Vereinsamung die!
Dascius für gewisse Charaktere wie geschaffen sei,

Und daun bcschäftigte ihn die 'Frage: war seiu GastfreM'
der Leuchtturmwärter, ein solcher Charakter? ^

Unbemerkt bon Jürgen studierte er ihn, ohne jedockl ^
einem befriedigendeu Ergcbnis zu gelangen. Der Mann ipa
von unzerstörbarer Ruhe und ebcnso unzerstörbarem Ernft,
Nie erhcllte ein Lächcln seine Züge, aber es kam auch nie
Fluch über seiue Lippen. Jhm fehlte der Humor, der dcn dc> .
schen Seemaun sonst nie verlätzt, und seine nicht unfreundlimc
aber stcts kurzen Antivortcn auf Zarnows Fragen ließen ,
ncn, daß das Bedürfnis der Unterhaltung für ihn nicht ^
handcn sei. Er selbst redete seincn Gast nur dann au, mc
es sich überhaupt nicht umgehen ließ.

(Fortsetzung folgt.)
 
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