Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

DOI chapter:
Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0528

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Mittwoch, 19. Mörz 1902.

Jweites Blatt.

44. Mrgong. — 66.

-'schci nr lä«!ich, Sonniaas ausgrnonimen. — Prcis mil FamUicnblattern monattich btt Pfg. in'L Haus gebrachl, bei der Expedition und den ZweigstcLen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post oc-
^ n o ^ zoge„ vicrleljährlich 1.8ü Att. ausschließlich Husteügebühr.

^-eigenprciS: 2V Pfg. die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Gcschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Ausnahme von Anzcigen an bestimml
°°rgeschriebenen Tagcn wird keine Verantwortlichkeit üdernommen. — Anschlag oer Jnserate aus dcn Plakattafcln der Heidelberger Zeilung und den städt. Anschlagstellen. Fcrnsprech-Anschluß Nr. 82.

Cin österreichischer ^rofessor des Kirchenrechts
üöer die kirchtiche und die moderne Wett-
anschauungi

ii.

^ Die Rede des Redattcnrs Hehli) gipsclt in dcm Passus
."Der Papst ist der oberste Gesetzgeber der Welt, sür unS
sein Wort nnd sein Wink umsomehr maßgebend, als
Mr nns unter seine Fnhrung gesteüt haben. Er ist der
'lochsre Richter, üessen Urteil wir nns alle unterwerfen"
1- w. Mcine Herren! In diesen «ätzen, wdlche, wie
^ heißt, von einem zahlreichen Pnblikum „stnrmisch be-
'nuscht" wurden, wird der Bischos von Rom im Iahre
'chs Heils 1902 als der oberste, durch seine kirchliche Auto-
sllät beschränkter Hcrr, als der absolute Tospot der ge°
chintcn Welt hingeistellt. Zcie haben sich die geistige Be-
Ichränktheit und blinder Fanatisnms zn einer ungeheuer-
"cheren Lüge verssiegen, als diese ist. Ignoranz könnte
chnn dem Banern-Agitator leicht verzeihen. Doch da-
^Um handelt es sich hier nicht. Es handelt sich vielmehr
Uw einen Akt bewußter und demonstrativer Nichtachtung
"rr gesamten anßerkatholischen Blenschheit, es handelt sich
'»n den «atz „Ertra eeelcsiam non est mundus", es han-
^elt sich nm die klarste Bethätigung jenes religiösen Fa-
Uatismus, jener surchlbaren Jntoleranz, welche die ka-
sllolische Kirche als nnseliges Erbstück des mütterlichen
>)Udentums den arischen Völkern des Abendlandes
Uberliefert hat, denen zuvor Fanatismus nnd Jntoleranz
lo vollkommen unbekannt waren. Darf, meine Herren,
bprartiges heutzntage, sei es auch in einem gut katholischen
^nnde, gesagt werden, ohne von dem geistigen Centrnm
bieses Landes gerügt zn werden? llnd welches ist die
ilntwort, die die Alma mater hierans ertcilt? tNit
buminem Ernst erhebt sie dcn Arm und weist hin aus
He unvcrgänglichen Taseln der Geschichte. Jch lvill
e>hnen diese Gebärde auslegcn; sie besagt solgendes:
ltläbe 'es teine Geschichte, so wäret Ihr entschuldbar,
lalls Ihr den wahren Sinn jener Worte nicht verständet.
To aber seiü Jhr's nicht, denn nsit unwiderstehlicher,
leden Zweifel ausschließender Deutlichkeit lehren euch die
Creignisse der Vorzeit, die ungeheure Tragweite jener
Barte verstehen. Was diese Worte behanpten, genan
basselbe behauptete hentc vor scchshundert Iahren Papst
Voisifaz VIII. in seiner Bulle „llnam sanctam" vom
>mhre 1302. llnd dieser Standpunkt war es, welcher
bas weltliche Imperium bloß zum Lehen des Papstes,
ben dentschen Äaiser zn seinem Steigbügelhalter degra-
bierte. Dieser Standpunkt war es, auf Grund dessen
ber Bischof von Rom Könige ein- und absetzte, Krieg
u»d Frieden verkündete, Länder und Meere verschenkte.
Tieser Standpuntt war es, auf Grund dessen der Bischof
Uo„ Rom eingriff in daS innerste Leben der Völker,
bas Weib entzweite mit dem Maune, die Söhne em-
börte wider das Haupt des Vaters, niederhielt mit ge-
ihaltiger Hand jede selbständigc Regung des mensch-
bchen Geistes, die wilde Verzweislung der geknechleten
Aienschenseelen im Blut der Religionskriege erstickte.
Dieser Standpuukt endlich war es, auf Grund dessen der
Popst sogar hinausgrisf über die Grenzen unseres Erch
balls, die Skaturgesetze meisterte, die Sonne sich be-
chegen ließ und mit Inder nnd Jnquisition diejenigcn
berfolgte, die von ccht wissenschaftlicher Forschung zu
"iesultaten gesührt wurden, die mit dem Dogma der
^atholischen Kirche nicht völlig im Einklang standen.

Sneewittchen.

b'O Roman von A. I. Mordtmann.

(Fortsetzung.)

Als auch der uächste Tag den fälligcn Brief nicht brachtc,
, ^gatz Zarnow dic Verabredung, die er mit einigen ihm bc-
Pnnten Künstlern getroffen hattc, bei Jacobini eine Flasche
^enzano zu trinkcn, und lief in der Ttadt ziellos nmher,
»Nrner mit dem Gedanken beschäftigt, datz Juanita etivas
^»gestotzcn sein könnc. Das !var ein quälerrder Gedanke,
i'ber iroch „rehr quälte ihn cine andere Jdee, die ganz uner-
?artet in ihm cruftauchie, als er eins der jungen deutschen
z-hepaare erblickte, die Jtalicn mit Vorliebe unsicher rnachen.

wenn Juanita sich verlobt hätte? Es war ja cigentlrch
Pidenkbar. Abcr ivie viel ltndenkbares passierte doch alle
>age! Wenn es so wärc, wie würde er sich dazu freuenl
wie grotz seine Freude sein würde, konntc man an der
A'nnnrigen Leiidenschaft erkennen, ivomit er eine am Wegc
- rhende Distel kurz nnd klein schlug. Dann lachte er Lber sich
^wst, mie er denn überhaupt an diescm Tagc cincm Wechsel
Laune unterworfen war, der einem bewährten Schul-
»anne doch recht übel zu Gesichte stand.

. Am Tiber bemerkte er unter den Wäscherinnen cine, die
-!.»e entfernte Aehnlichkeit mit Juanita hattc. Es gab ihm
Ittnlich einen Ssich, und in diesem Augenblick kam ihm etwas
Beivutztsein, was ihn ganz heitz rmd beklommcn machte.
Mr es wrrklich möglich? Erwartete er nicht Briefe von seinem
^cundel Jnanrta, sondcrn am Ettde gar von eincm Mädchen,
er nrit ganz andercr als väterlichcr Neigung ansah?

Während cr wciter schritt, machtc ihm dieser Gedanke so
Zsi o» schaffen, datz er gar nicht bcmersic, wie ein arges Un-
^ s'tter heranfzog. Plötzlich brach es los, und Zarnow, von
est» strömcnden Regcn überfallen, rettete sich in cine prrmitive
^lsiria, dic wenige Schritte von ihm ihre gastlichen, wenn

Wohl wciß ich und lehre es stets, daß all dies histvrische
Erscheinungen sind, welche nur im Zusammenhange
niil ihrer gesamlcn zeitlichen nnd örtlichen llmgebung
richtig und gerecht gewürdigt werden können, ich weiß
und 'lehre, daß der inzwischen stattgehabte, tiesgehende
Wandel der Weltanschauung uns hente manches von dem
Damaligen überhart beurteilen läßt. Aber das ists ja
gerade, daß dieser gcwaltige Nmschwung sich großen-
teils obne, ja sogar gegen die tatholische Kirck)e vollzogen
hat und in der Hauptsache eigentlich gar nichts anderes
bedeutet, als eine Emancipation öer abendländischen
Welt von der Omnipotenz des römischen Papstes.
Aktionen, wie jene von Briren, haben bloß den einzigen
wahren Ersolg, die Los von Rom-Bewegung in Tirol
neuerlich emporlodern zn lassen. Es handelt sich häusig
um Leute, die gcradezu ans der katholischen Kirche hi-
uausgeekelt werden. Die Los von Roni-Bewegung ist
eigentlich ein Desperationsatt ,und man braucht an der
katholischen sKirche noch nicht ßu verzweifeln. k Was
man braucht, das ist bloß cine möglichst große Zahl
hochgebildeter, fortschrittlicher, ehrlicher und mutiger
Katholikcn, die ihrcr tief innerlichen Ueberzeugnng: „so
kanu es nicht weiter gehen", ossen und standhaft Aus-
druck verleiheu. Ich halte es nicht für ausgeschlossen,
daß auch die katholischc Hierarchie sich endlich zu dieser
Ansicht bekehrt, abcr sie lvird es auf alle Fälle erst thuu
nach langem, langem Kampfe. Dieser Kampf in der
Kirche selbst aber hat bereits Legonnen und er wird bald
immer größere Dimensionen anuehmen. Eine Periode
tiefgehender kirchlicher Bewegung steht uns bevor! Wer
Mut und Ucberzcugung hat, der stehe auf seinem Posten!
Welche Phasen er aber auch durchmachen, welche Zeit-
räume er auch aussüllen mag, eines ist vollkommen
sicher: Die vergangenen Iahrhunderte kehren nicht zu-
rück, die Weltgeschichte wiederholt sich nicht. Sie ist
zwar ein ewiger Kreislauf, abcr auch in ewig neucn
Formen. Verbrauchte Forme« versinken für immer iu
den Staub. Tie katholische Kirche hat nur die Wahl,
sich der Kiiltur, der Auflärung, dem Zeitgeist zu accom-
modieren oder rettungslos unterzugehen. Wer immer
ihr günstig gesinnt ist, der helfe ihr, der unterstütze sie
iu dem inueren Wandlungsprozesse, Er helfe ihr keines-
wegs ctwa durch direkte, feindliche Angrifse auf die
bestehende Kirchenordnnng, sondern vielmehr durch die
Politik der vollkommenen Passivität und Nbssinenz
allen und jeden tirchlicheu Aktionen gegenüber, wclche
mittelalterlichen Charakter an sich tragen, welche isicht
vom Geiste der religiösen Aufklärung und des ideellen
Fortschrittes, und von dem großen unsterblichen Grund-
gesetze des Christentnms, dem Gebote der Nächstenliebe,
geleitet werden. Ilnd ich versichere Sie, meine Herren,
diese ungeheure, tötliche Gleichgültigkeit der Gebildeten
wird am Eude der Hicrarchie tausendmal furchtbarer
werden, als die nllerheftigsten Augriffe. llnd sie wird
sich schließlich zu Konzessionen herbeilassen, sie wird re-
formiercn, nni wieder jung zu werden. Verharrt hin-
gegen die katholische Hierarchie auf dem Standpunkte
der starren, uubedingten Negation der modernen Welt,
dann werden Zeiten komincn, wo die Kirche Gesetze giebt,
die n»r mehr auf dem Papiere stehen, wo sie Rcden
hält, die Niemand mehr anhört, Proteste erhebt, die
keiner mehr beachtet, wo sie sich als Paganenreligion in
dic cntlegenen Alpenthäler zurückziehen muß, um dort,
vergessen von der Welt, an Nltersfchwäche zu ent-
schlummern. Jahrhunderte, viele Jahrhunderte freilich

werden bis dahin zu verstreichen haben, das aber wage
ich, Ihiieu heute vorauszusagen: Schon im 20. Jayr-
hundert wird die große Frage definitiv entschieden wer-
den, ob die katholische Kirche nochmals eiue geissige
Führerin der Menschheit zu werden vermag oder vb ihr
llntergang besiegelt ist. llnd nun, meine Herren, gestat-
ten Sie mir noch zum Schlusse, eineu aus tiefster Seele
tominenden Appell an Sie alle. Kann es denn über-
haupt auch nur zweiselhaft sein, welche Rolle in der qe-
schilderten Bewegung den echten Söhnen der Alma mater,
den Iüngeru der Wissenschaft, der Hoffnung und gei-
stigen Blüte des deutschen Volkes einzig und allein
austeht! Sie werden, was auch sonst immer Jhre Farbe
und Richtung seiu mag, als Gegner der katholischen
Klrche Großherzigkeit und Geistesbildung genug be-
sitzeu, um eine wahrhaste RegenLrationsströmung in der-
selben anzuerkennLN und nicht zu schädigen, sie werden
als Freunde der Kirche jene Strömung aus allen Jhren
Kräften zu fördern- suchen. Auf gar keinen Fall aber
werden Sie als gcdankenloses Herdengetier am Leitseil
klerikal-reaktionärer Bauernfünger den geistigen Lebens-
nerv der katholischen Klrche systematisch zerstören helfen.
Sie werden dabei eingedenk sein, daß in der Wortver-
bindung „katholischer Student" — der student das
Hauptwort ist nnd auch bleiben soll.

Zum AüL Grimm in Warschan

werdeu dem „iPeucn Wiener Tageblatt" aus 5lrakau
uuterm 11. d. Mts. noch solgende Einzelheiten mitgeteilt

O b e r st l e u t n a n t v. Gri m m wohnte im Pa-
lais Zainojski in der Krakauer Vorstadt, wo sich die
Bureaus ües Generalstabes für den Warschauer Militär-
bezirk befinden. Durch einen Brief wurde er in das „Hotel
Anglais" gelockt, und während seiner Abwesenheit eine
Durchsuchung seiuer Papiere vorgenommen. Gleichzeitig
wurde das Hotel von Geudarmen umstellt und der Oberst
verhaftet. Die Sektioii des Generalstabes, welche Grimm
leitete, umfaßt die M o b i l i s i e r u u g s P l ä n e, die
Pläne der Festungen Warschau, SA'odlin und Tebbin,
sowie des befestigten Lagers in Brzesc, endlich die R ü ck-
w ä r t s k o n z e n t r i e ru ngsplä n e. Alle diese
Pläne, welche der strengsten Geheimhaltung nnterliegen,
soll Grinnn verkauft haben. Nach den neuesten Miitei-
lnngen soll der Oberst von seiner eigenen Regierung
häufig zu „dclikaten Missionen" im Äuslande benützt
worden sein, und aus diesmn Grunde fiel sein Verkehr
mit verdächtigen Personen nicht auf. Der Oberst konnte
daher lange ein doppeltes Spiel treiben, ohne befürchten
zu inüsseu, ertappt zu werden. Der „Slowo Polski" be-
richtet ferner über die Art der unter solchen llmständen
schwierigen Entdeckung, daß Grimm von einer der
Aristükratie angehörenden Dame, die
sich zeitweise in Wien aufhält, denunziert wurde, weil er
ihr eine «unnne> von einigen tausend Nubel, die er ihr
für die Vermittlung einer für ihn sehr wichtigen Verbin-
dnng mit einer hervorragenden Persönlichkeit versprocheu
hatte, trotz der Mahnungen vorenthielt. Nach Pariser
Meldungcn aus Warschau sollen in den Fall z w anzig
Offiziere verwickelt sein, die wegen ihrer Verbin-
diing mit Grimm zu langjährigen Gefängnisstrafen vcr-
urteilt worden seien.

Weiter verlantet:

Es wurde auch General P u zhre w skis Wohnung
im Generalstabsgebäude durchsucht, weil dieser sie zeit-

anch cin Ivcuig räucherigen Pforlcn öffncte. Einige Männer
und Fraucn aus dcm Volke satzen drinnen an rohen Tischen,
cr Ivünschte ihnen gutcn Tag nird sctzte sich. Jndcm die ge-
schäftigc Wirtin eine Flasche Nino nostrale vor ihn hinstelltc,
»nd cr in die Fluten des herabstnrzcnden Regens hinaus-
sah, ficl ihm jcner andere iropischc Regentag in Brasilien
cin, da er Juanitas Brief mit der Kunde von Cäciliens Un-
trene erhielt. Seine Gemütsssimmung Ivar ähnlich wie damals,
nur datz ihn nicht so vcrzweifclte Hoffnungslosigkeit nieder-
drückte. Dcnn damals hatte er Geivttzheit und heute peinigte
ihn am Enide ja nur cine ganz willkürliche Hypothese.

Er bemühte sich, den Gcdanken an Cäcilie fcstznhaltcn
nnd sich einzureden, datz der .Kummer um die Jugeudgelicbte
noch die erste Stelle in scinem Hcrzen einnehme. Aber das
gclang ihm nicht; er wollte cin Glas des dunkelroten starken
Weincs auf das Andenken Cäciliens leercn, lieh es jedoch halb-
Ivegs zwsichen Tisch und Lippen wieder sinken, weil er sich der
heuchlcrischen Sentimcntalität schämte, Das nächste Glas
lecrtc cr auf Juanitas Wohl, und das folgcnde ebenfalls.
Und da er zu dcn Lenten gehörte, die vom Weine wcder me-
lancholisch noch streitsüchtig, sondern heiter tverden, so ver-
besserte sich seinc Laune mit jcdcm Glase, das er trank.

Die Flasche Ivar leer. Das Univettcr, nunmehr von Blitz
und Donner begleitct, dauerte noch immer fort. Er lieh
sich noch cine Flasche gebcn, nnd das crste Glas schwenkte er,
ivie von fröhlichcm Ucbcrmut erfüllt, gegen das Fenster, das
eben von einem hallenben Donner erzitterte und ricf: „Auf
Dein Wohl, holdsclige Juanita!"

„Evvlva Iuanital" tönte es ihm zur Seite. Eine kccke
glutäugige Trastcvcrinerin, deren elfcnbeinweihe Zähne aus
dcm lachendcn üppigen Munde herborblitztcn, staird neben ihm
und trank ihm zu. Zarnow gab fröhlich Bescheid, nun traten
noch zwsi Männer in Volkstracht hinzn nnd ssießcn mit ihm an.
Auch hicr wirkte der alte Zauber von Zaruows Persönlichkeit,
die fich überall, bci Menschen und bci Tieren, bcwährte. Die
naiven Nachkommen der wcltbehcrrschenden Römer hatten Ge-

fallcn an der krafwollcn Männergestalt, die da so einsam
eine Flasche nach der anderen auskneipte und in das tobende
Unwetter hinein der Geliebten zutrank.

Zarnow lietz für die harmlosen Leute Wein Iommcn und
ergötzte sich an der drolligen Unterhaltung mit ihnen, sodatz
er darüber scine Sorgen bcrgatz. Als er zwei Stunden später
scinen Zechgenossen die Hände schüttelie und auf die nun wieder
in hellem Sonnenschcin daliegcnde Stratze hinaustrat, fichlte
er, dah der starke Wein ihm zu Kopfe gessiegen war. Er
segelte nicht ohne mannigfache bedenkliche Abweichung von der
geradcn Linie eilfertig seinem Heim zu und warf sich aufs
Lager, um den Rest des Tages zu verschlafen.

Am nächsten Morgen warcn die kecken Geister des Wein-
dunstes verflogcn und die Dämonen der Sorge an ihre Stelle
getreten. Zarnow war wieder geneigt, die Welt als eine
trübselige Studie in Grau und Grau anznsehen. Wenn er
heute von Juanita kcincn Brief crhielt, wollte er telegraphiercn,
ihm graute vor der Aussicht, sich noch länger mit der tötcn-
den Ungewitzheit zu plagen.

„Würe sie nnr nicht so reich!" seufzte er, indem er dicsen
Entschluh fahte. Er gab cs auf, den wahren Zustand seiner
Gefühle länger bor sich selbst zn verheimlichen.

Sobald dic Post ihrc^ Schaltcr öffnete, war Zarnow da.
Und als er auf dcm Briefc, dcn der Beamte ihm übergab, die
von der wohlbekanntcn Hand geschricbene Adrcsse erkannte,
hätte er aufjubeln und den braven Mann an seine Brust drücken
mögen. Ungestüm rih er das Konbcrt anf nnd überflog mit
gierigen Augen die crsten Zeilen . . .

„Gott sci dank!"

Das Ivar eitt recht absonderlicher Ausrnf des Herirn
Dr. Zarnow, wenn man bedenkt, datz er durch die nsit nichten
erfreuliche Mitteilung beranlaht Ivar, Juanita habe infolge
einer heftigen Erkälsimg drei Tage lang das Bett hüten müsfcn
nnd darum nicht an ihn schreibcn kömien. Dann drückte Zarnow
seinen Mnnd auf die letzten Zeileii des Briefes, wo es hietz: '

„Jch habc mich lm Bette nicht gelangwcilt, denn es war so
 
Annotationen