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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0529

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weise an Grimm abgctrcteir hatte, mit dem cr auf freund-
schafllichem f>us;e stand. Grimm wird nach Pstersburg
gebracht uud dert vor das iVtilitärgericht gosteüt. Ge-
neral Puzyrewski zögerte trotz telcgraphischer Berufung
noch mehrere Tage in Nizzm wo cr sich mit einer pol-
nischen Schauspielerin aufhielt. Der Unterchef im Ge-
neralstab Herzelmann hat um seinc Entlassung nachge-
sucht, __

Ausland.

Jtalicn.

-- Dem Jesuitenpater Colleoni aus Venedig
wird wegen einer Predigt auf österreichischem Boden
der Prozeß gemacht, Er soll wörtlich gesagt haben:
„Wer sich dem Papste widersetzst endet böse. Wir sehen.
daß öie Vorsedung Vietor Emanueh welcher als
Erster in Rom einzog, wie ein Schwein sterbsn ließ,
daß Humbert durch eine von Gott bewaffnete Hand
unikam, und ivir werden anch sehen, wie der jetzige
Uonig enden wird, welcher Rom behält, statt es dem
Papste zurückzuerstatten,"

Aus TLadt vnd Land.

Gnrtncrlclirlinge. Jn der Zeit, ivo. sich viele junge Leute
für die Beruftwnhl entscheideu müssen, wirs nuinchcn die Nei-
gung auch zum Gärtnerberuf hinziehen, Es ist diese Neiguug
wohl begreiflich und erklärlich, da der Gärtuerberuf, wenli auch
kciu leichter, so idvch ciu gesunder uud sehr viclseitiger Benif
ist, Allerdings hat die Ggrtnerei zur Zeit eine Krisis durch-
zumacheu, wie maucher andere Bcruf auch, es besteht jedoch die
Hoffnmig, datz für den augenblicklich schwer kämbfeudeu Beruf,
der nur durch die wirtschaftliche Lage leidet, in alleu technischeu
Einrichtuugeii aücr sich gewalrig vervollkommnet hat, auch
wicdere befscre Zeiteu kommen, Ganz vcrkehrt wäre cs, wollte
man sich dort, wo eiue Neigung zur Erlernuug des Gärtner-
berufes vorhaudeu ist, durch Warnuugen abhalten lassen, die
eiu Verei» giirtncrischer Arbeitueluuer, der allgemeine Dentsche
Gärtnervereiu iu Berlin nur zu dem Zwecke durch die Blättcr
geheu läht, um vou der Erlernuug des Gärtnerberufes abzu-
halten, damit die Arbeitnehmer nach und nach eine Gewalt
über die Arbeitgebcr, die sie mit allen Mitteln erstreben, er-
langeu uud um deu heute thatsächlich schon vorhaudenen Mangel
an tüchrigcn und leistungsfähigen Gärtuergehilfen zu verschl'ei-
eru, Mau scheut zu diesem Zweckc auf jener Seite selbst vor
den tcndeiiziöscsten Entftellungeu uicht zurück, — Der Vcrein
selbständiger Handelsgärtner Badens, dem die hervorragendsten
Gärnrer als Mitglied angehöreu, hat sich daher eutschlossen,
mit dem Verbande der Haudelsgärtner Deutschlauds Hand iu
Land zu geheu, um jeuen Uuterstcllungen deu Bodeu zu cnt-
ziehen,

ck Sterdltchkeits-Bericht. Nach den nnterm 13 ds. Mts.
hcrausgegebenen Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits-
amtes zu Berlin über die Gesamtsterblichkeit in den 278
deutschen Städten und Orten mit 15000 und mehr Einwohnern
wahrend des Monats Ionuar 1902 hat dieselbe — auf je
1000 Einwohner auf den Zeitraum eines Jahres berechnet —
betragen: s. weniger als 15,0 in 65, b, zwischen 15,0 und 20,0
in 157, o. zwischen 20,1 und 25,0 in 64, ck zwrschen 25,1 und

80.0 in 9, s, zwiichen 30,1 uud 35,0 in 4 und k mehr als

35.0 iu keinem Ort. Die geringste Sterblichkeitsziffer hatte in dem
gedachten Monate die Stadt Höchst a. M, in Heffen-Naffau
mit 5,5 nud die Höchste die Ltadt Waldcn'mrg in Scklesien
mit 32,6 zu verzeichnen, Jn bsn Städten nnd Orten dss Grotz-
herzogtnms Baden mit15000 und mehr Einwohnern sind folgende
Sterblichkeitsziffern für den Berichtsmonat — gleichfalls wie
oben auf je 1000 Einwohner auf den Zeitraum eines Jahres be-
rechnet— ermittelt worden: Jn Karlsruhe 14,8 l(obne Orts-
s -mde 12 9). Mannheim 14,8, Pforzheim 17 0, Konstanz 18,3,
Badsn-Baden 19,5. Frerburg 23,6 (ohne Ortsfremde 19,8! und
io Heidelberg 23,6 (ohne Orlsfremde 14,7). Die Säuglings-
sierblichkeit war im Monat Januar b. I. eine beträchtliche, d. h.
höher als ein Drittel der Lebendgeborenen in 3 Orten; dieselbe
dueb unter einem Zehntet derseiben in 42 Orten. Ms Todes-
ursachen der während des gedachten Monats in hiesiger Stadt
vorgekommenen 82 Sterbefälle — darunter 20 von Kindern im
Aiier bis zu einem Jahre — sind angegeben: Masecn und
Ü öthsin 1, Diphtyerie und Crouv 4, Lungenschwüldsucht 8,
a'ute Erkrankungen der Atmungsorgane 3, Brechdurchfall 2,
d.irunter 1 Kind im Atter dis zu 1 Jahre, alle übrigen Krank-
heiten 60 und gewaltftmer Tod 4, Ini ganzen scheiut sich der
Gesnndheiisznstaiid gegeuüber dew Mouat Dezkinber v. Js.
nichl wcsenrlich geöndrct zu habe». Die Zahl der in hiesiger
Stadt wäbrind des Monats Januar d. I, zur Anmcldung ge-
langien Geburten hai — aussäiliehlich der oorgekomÄenen 5
Tolgeburten — 1.2 ketrage»; siescldeha! milhin die dcr Stsrbe-
sclle (82) um 20 überstlegen.

s Weltnhr-Ausstcllung. Die in der Westendhälle ausge-
stellte Weltuhr übt immer noch grotze Anziehungskraft auf
das Publikum aus, Letzten Sonntag war der Besuch ein sehr
grotzer, datz oft viele warten mutzten, Die Weltuhr bleibt noch
diese Woche hier ausgestellt, die Erkläruugen sind tüglich vor-
mittags 10, 11 und 12 Uhr, nachmittags 3, 4, 5, 6 und 7 llhr.
Die Uhr ist ein Kunstwerk, das der Schwarzwälder Uhr-
macher August N o l l innerhalb fünf Jahren angefertigt hat.

schön, in aller Ruhe an Sie zu denken und mir auszumalen,
tvie hübsch es wäre, wenn wir wieder einmal zusammen an
jencr Stelle sätzen, wo wir uns Pfingsten so gut unterhielten,
Das ist die köstlichste Stundc meines Lebens gewesen,"

Zarnow war Philologe, Es darf daher nicht ivunder
nehmen ,wenn er diese wenigen herzlichen Zeilen einer mit gro-
tzem Scharfsinn ausgeführten Untersuchung unterivarf,

Er fragte sich, ob wohl ein liebendes Mädchen dicse Stelle
ebenso oder zärtlichcr geschrieben haben würde, und da das Er-
gebnis seiner Forschuug ihn nicht befriedigtc, so machte er eine
Gegenprobe mit der Frage, ob wahl die Zeilen wesentlich anders
lauten würden, wenn sie aus einer einfach dankbaren Gesinn-
ung ohne Beimischung wärmcrer Gefühle entsprungen wären,
Auch hier kam er nicht zu einem überzeugenden Ergcbnis, wohl
aber zu einem Entschlutz: er wollte seinen Aufenthalt in der
ewigcn Stadt abkürzen und nur noch einige Tage iu Neapcl
zubringen, um Pompeji, woran ihm am meisten lag, zu sehen,
dann aber geradcwcgs nach Hamburg zurückzureisen, Dadurch
kürzte er dic beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes in Jtalicn
um mehr als eine Woche ab.

Er iclegraphierte an Juanita seine Entschlüsse, fast hätte
er sich verleiten lassen, das ganz bestimmte Datum, an deni
er sie in Bergedorf aufsuchen würde, anzugebcn und die Bitte
htnzuzufügen, sie möchte ihn auf derselben Bank erwarten, wo
er sie damals aetroffcn hatte, Aber cr unterließ es; abcr-
gläubisch wie alle Liebenden, wollte er daraus, ob Juanita
ihn dort erwartcn würde, oder nicht, ein Omen für sich ent-
nehmcn, War sie dori, so liebte sie ihn, sonst ....

Sonstl Er scufzte tief auf; o, die Freude an erfolgreichor
Thätigkeit und erfullier Pflicht war wohl etwas Schönes, aber
sie würde ihn für eine zwcite Enttäuschung nicht entschädigen,
Ohnc Juanita war das Dasein seines schönsten Jnhalts be-
raubt, uud an eüie so vcrödcte Zukunft denken, hieß sich die
Freude an der schönen Gegenwart vergällen.

So zwang sich Zarnoiv, jeden Gedanken an die Möglichkeit
ciner anderen als der ersehnten Zukunft weit von sich zu ver-
scheuchen nnd die Gegenwart in dcm Gedanken, wäre er auch

Die 52 Zentner schwere Weltuhr stellt in einem vornehmen Auf-
bau von über 4 Meter Höhe, 4 Meter Breite und 1,5 Meter
Tiefe iu der Vorderansicht eine Käthedrale mit Portal und
Seitenhallen dar, Die Uhr-, Kalender-, Spiel-, Glocken- und
Schlagwerke sind auf 104 Jahre hinaus berechnet und das
Kunstwerk funktioniert tadellos bei jährlich einmaligem Auf-
ziehen, Es zeigt nicht nur die Sekunden, Minuten, Viertel-
stunden und Stunden, Tage, Wochen, Jahre und Schaltjähre,
sondcrn auch die beweglichcn Hauptfeste der Christenheit, näm-
li'ch Charfreitag, Ostern, Pfingsten, Wcihiiachten, uud führt zu
verschiedencn Tages- und Jahreszeiten entsprechende Handlim-
gen der künstlerisch geschnitzten Figuren, meiftens Legleitet
von Wüchtcrruf, Musikstücken, Hahnenschrei, Trompetensolo,
Kuckucksruf usw, vor, Jm Mittelbau führen Stufen zum
verschlossencn Kirchenportal empor, Punkt 9 lihr früh öffneii
sich die Pfvrten, und man sieht in das Jnnere einer grotzen,
schön geschmücktcn Kirche, Andächtige bewegen sich, und es
ertönt ein feierlicher Choral, nach dessen Schlutz sich das
Portal schlietzt. Jn der Christnacht, Shlvesternacht, am Char-
frcitag, Ostern uud Pfingsten erscheinen darauf bezügliche
bildliche Darstellungen, Von besonderem Reiz ist eine Gruppe
Kapuzincrmönche, die morgens und abends mit dcm scchsten
Glockenschlage aus ib^er malerischen Waldklause betend zur
Kirche wandern, Jm ganzen sind in dem Werk 46 bewegliche,
küiistlerisch geschiiitzrc Figureu zii Thätigkeit und das Musikwerk
selbst spiclt 16 Stücke. Am Anfang zum Hauptportal stelst
eiu astronomisch richtig gestelltes Tellurium, das uns die
Drehimg der Erdc um ihre cigene Achse in einem Zeitraume bon
24 Stundcn sowie die Wanderung unseres Globus um die
Soimc im Laufe eines Jahres (genau in 365 Tagen, 5 Stun-
den, 48 Miimten 47 Sekunden) zeigt, Nuch dies wird vom
Hauptwerl aus durch starke Leitungen, süinreicke Uebcrsehim-
gen in Betrieb gcseht, Der ganze Bau hat siebcn Triebwerke,
die alle vom grotzen Haupüihrwerk rcguliert werden; letzteres
arbeitct mit konstanter Kraft und zieht sich in jeder Minute
selbst auf, Dem Künstler, der in scincm stillen Schwarzwald-
orte so Prächtiges und Kunstvolles geschaffen hat, wünschen
wir auch den reellen Lohn, damit er künftighin noch mehr
solche Werke, wic das gegenwärtige, schaffe, das seincn Namen
bercits znm erstcn Kunstuhrmacher der Ietztzeit crhobcu hat,
Unsercn Lesern aber kömien wir die Besichtignng dcr Welt-
uhr nur drüigend äncmpfehlen,

Wiesloch, 17 März. (Lnndwirtscbaftlickie Minter-
schule ) Nach dem Jahrcsberickit der landwirticbastlickien Winter-
schule zu Wieslocb über den Winter 1901/1902 besuckiten von
26 Schülcrn 19 d?n ersten, 7 den zweiten Kursus; die Gesamt-
zabl, in einer Altersgrenze zwUcben 15—26 Jabren, vert ilte stck,
aus die Amtsbezirke: Miesloch m>t12 ^chülern, Heidelberg mit 13
und Sinsheim rnit 1 Schüler. Die Steigerung der Sckiilerzabl —
26 gegen 14 iw Vorjahr — zeigt das erweckte Jnterksse der land-
wirlschastlichen Bevölkeruna an den Zielen der Schule Möae
es welter wachsen z»m Heil unseres beimischen Bodsns nnd sU-er
Bebauer. Die Schlnßvrüfuna findet am Samstag 22. M8rz190S,
vorustt'ags '/zO—12 Ubr in den Räumen der landwirtschaftlichen
Kreiswintersckule Wiesloch stät, Der Winterk,>rsu8 190P1903
wird am Montag, den 3, November 1902, nachmittags 3 Uhr in
den Nänmcn der Winterschule rn Wtesloch e-öffnet werdm,

-i- Waldmichelbnch, 17, März, („B urcnbcrsa m m-
l ir ng,) Nocki niemals war hier dagcwesen, datz zu eüier
Vcrsammlung so viele Zuhörer erschieiicn, datz eine Parallel-
versammlung abgehalten ivcrdcn miitzte, wie dies gestern ge-
legentlich dcr Bureiwcrsammlimg hicr dcr Fall war, Um halb
4 Uhr sollte die Versammlmig im „Odenivald" ihreu Anfang
nehmen, Aber um 8 Uhr schon war der geräumige Saal ncbst
Nebenräumen mit mindcstciis 450—500 Pcrsoucn so über-
füllt, datz dic Schaaren, di» noch crschiencn, unmöglich mehr
Untcrknnft fandcn, Pfarrcr Berk arrcmgierie deshalb sofort
cine Parallelversammluiig im „goldenen Engcl", Auch dortcii
waren die weiten Räume alsbald angefüllt, sodatz auch da
860 Personeu gezählt wurden, Die beiden Redner, Hcrr
Geitzler bom Altdeutschen Verband mid Herr Kommcmdaiit
Jooste entledigtcn sich ihrcr Aufgabe ggnz vorzüglich, Und datz
ihre Worte nicht auf uiifruchtbaren Boden fielen, bewcist die
Thatsache, datz die ansehnliche Summc bon 320 M, den imglück-
lichcn, abcr siegesgewissen imd tapferen Buren gespcndet wurde,

Mannheim, 16, März, Hcrr Geh. Kommerzienrat Carl
Eckhard crhielt vom G r o tz hcrzog folgendes Tclegramm:

Jch crfahre socben, datz Sie beute Jhren 80, (Äcburtstag
feiern, Vvn Hcrzen beglnckwünichc ich Sic zn diesem Fest-
tagl Möge Jhnen auch fortan c'me gcsegnete Zukunft zu Tcil
ioerden,

F r i e d r i ch, Grotzherzog,

Die Frau 0) r o tz h e r z o g i n depcschicrte:

An dem heutigen Tage, an welchcm Sic Jhreii 80, Eleburts-
tag feiernd begeheu, möchte auch ich mich mit meincii auf-
riclstigen Glückwnnschcn anschlietzcn und Jhnen aussprechen,
welch herzlichen Anteil ich an diesem schönen Ehrcntag nchmc,
in Dankbarkeit der vielcn Bezichungcii gedcnkend, welche mich
seit langen Iahren mit Jhnen in mannigfache Verbüidung
gebracht nnd insbesondcrc durch Fhre stetc Fürsorge imd Mit-
wirkung bei dcr Leitung dcs, Grotzherzoglichen Jnstitutes zu
ganz besonders danküarem Rückblick veranlasscn, Auf dcm
wciten Gebiete Jhrer Thätigkeit in gcmcimiichigen und wohl-
thätigen Bestrebungen Jhre Kraft noch lange erhalten zu
sehcu, ist mcüi aufrichtiger Wimsch, den ich mit Jhren An-
gehörigcn und Freimdcn bon Herzen teile,

G r o tz h e r z o g i n,

Mannheim, 17, März, (Zur d i e s j ä h r i g e n
W a n d e r a u s st e l l ii n g dcr d e u t s ch e n Land -

eüie Jllusion, zu gcnietzen, welchen schöuen Abschlutz sie iu dem
Wiedersehen mit Juanita finden würde, Dah er nach wie
vor entschlossen ivar, die rciche Juanita nicht zu umwerben,
imd dah er sich dabei trotzdem um ihre Gegenliebe bangte, war
einer jener inneren Widersprüche, übcr die ein verliebtes Ge-
müt nicht gerne nachdenkt, Auch Zarnow schob ihu bei Seite,
wie man ein unbequemes Aktenstück bei Seite schiebt, das man
erst dann erledigt, wenn weiterer Aufschub absolut nicht mehr
thunlich ist,

So genotz er dic Schönheit des paradicsischen Go/fs von
Neapel, den unbcschreiblichen Reiz, den das ausgegrabeue
Pompeji auf den klassisch Gcbildcten ausübt, die wilde Ro-
mantik des Vesuvs und die zauberhafte Anmut Capris mit
dem ruhigen Behagen eines Mannes, dem dcr Geuutz nicht
durch das allmähliche Nähcrrücken des Augenblicks, da er vou
all biesen Herrlichkciten Abschicd nehmen muh, gctriibt wird,
Er sah der Hcimkehr nicht mit Unmut, sondern mit freudiger
Erivartung cntgegcn,

Endlich Ivar cs so weit, , Frohgcstümnt setzt sich Zarnow
in den Eiseiibahnzug, der ihn Hesperiens schönen Äucn entführen
sollte. Er fuhr beüiahe oline Ansentholt. wieder über ouiii-
chen und Frankfurt nach Hamburg zurück, Spät am Sonn-
abcnd kam er dort an, Am nächstcn Morgcn in aller Frühe
wollte er aus demselben Wege tvie vor einigen Wochen nach
Bcrgedorf hiuausgchen, um jcncn ganzen Vormittag uoch cin-
mal in der Erinncrimg zu durchlebcii,

Mit Entzücken begrützte er beim Erwachen den hellen
Soimenschein, hätte cs gcregnet, so durfte er ja nicht darauf
rechucn, Juanita im Freien zu treffen, imd sein ganzes Liebes-
orakel wäre zu Wasser geworden. Die Vorbedingung für eüi
glückliches Omen war damit gegcbcn,

Wie ihm noch alle Einzelheiten seines damaligen Pfingst-
Spazicrganges gegenwärtig warenl Hier war die Stcllc, wo
er das Blumensträiltzchen von dem hübschen Dienstmädcheu
bekommen, an jcnem Zaune hatte cr die Veilchen gepflückt,
dort dem Finken zugeschmit; es mochte wohl derselbe Vogel

w i r t s ch a s t s - G e s e l l s ch a f t), welche vom 6. bis 16.
Juni in M annheim abgehalten wird, hat der Großhcrzog
sein Erscheilien zugesagt; er wird dic Ausstellung mit eincr
Ansprache eröffiicn, Die Ausstellimg sclbst wird ein Bild von
der Leistungsfähigkeit der süddeutscheu Landwirtschaft gcöew
Ju der Tierabteilung kommen 873 Pferde, 720 Rinder, 2ll
Schafe, 803 Schweine und 200 Ziegen zur Vorführung. Pferde
uird Schweine werden also in so grotzer Auzahl, ime asts
srüheren Ausstellimgen vertreten sein, während die Rinder, dw
zum größten Teile Höhenrinder siiw, nnd ebenso auch d e
Schafe in geringerer Anzahl als früher ausgestellt iverdc».
Die Anmeldung der Ziegcn übertrifft bei weitem die früheren
Zahlen, Besonderes Jmeresse wird die Erzeugnisabteilung biu
dem ausgcdchnteii Handelsgcwächsbau in Süddeutschland hew
vorrufen, Hier ivird vor allen Dingeu Tabak, Hcmf uiw
Flachs ausgestellt werden, Ferncr wird in Mannheim, mitteu
im Weinland gelegen, eine Traubenweinkosthalle mit 120 bis
130 Proben deutscher Gewächse beschickt wcrden, Die Molkerei-
ausstellung wird sich durch reiche Beschickung von Buttcrprobcu
und Käsesorteu auszeichnen, Um die in Mannheim zur Aus-
stcllung komniettden Geräte auszunchmeli, ist ein Platz vou
81 400 Quadratmeter im Frcicn und 8580 Ouadratmcter
in Schuvpen erforderiich,

8.6, Karlsnrhe, 17. März. (Die Fördernnq dec
M ilch v er s o r g u n g der größeren Städte des Gr o ls'
h e rz o g t u ni s) ist Gegenstcnld foitwührender Anfmerksmnkcu
der bad, Eisenbahuverwoltiing. Dic Znfiihr nach den größereu
Verbrauchsvlätzen ist wesentlich crleichtcrt worden dnrch die ach
1, April 1899 in Kraft getreteiicn eiiiheitlichen Transportbe-
stilninungcil im Verkehr init den Nachbarbahncn. insbesondeie abet
durch dis auf den gleichen Zeitpmikt ciugeführte crhebliche Vcr-,
billigung der Fracht, Dadurch ist schon jctzt dcr Verkehr ast'
größere Entfernungeli onSgedehnt worden, wosnrch sich die Be-
zngsgebiete erwcitcrn konnten, Die größeren badischen Stüdte bc-
zichen zur Zeit den Milchbedarf nicht allein ans der nähcrcN
badischen Umgcbmig, sonderu nuch — zmn Teil auf belrächtlicb'!
Entfernnngcn — ans Württemberg, dcc Pfalz, Elsnß^LotliriugcN
und dcm Großherzogtmn Hesssn. Die Verkebrsznuahine hat icu
längerer Zeit schon die Einstcllmig besondercr Äilchknrswagen >>:
die Züge iiotwcndig gemacht, Ein Bcdürfnis znr Einstellnng,val>
Milchknrswagcn mit Kühlvorrichtmigeu hat sich nach den bisherigcU
ErfahrnngenÄiicht geltend gemacht, . .

Aus Vaden, Jn Menzenschwand (Amt Sk. BlasieM
beging das „Bäschen", Fiau Maria Anna Maier geb. Wt!d
ihren 100. Geburislag, Dic Greiün besitzt noch geistigc U»d
körperliche Frische; sie kann das Zimmer zwar nicht mehr ver-
lassen, liest mid stricki aber ohne Biille. Die Zulilirin hat iu
ihrem ganzen Leben noch keincn Aczt gebranhü — Jn Bonw
dorf hat eS wieder 2 Taae gcschnü', doch hu die Schnecdeckc
keinen Bestand mehr. Während dir irtz'en zwei Wochen herischw
prächliges Wetter. — Ein schwerer Unzlücksfall eceignete sich
Riege!. Als der 56 Jahre al!e Landwirt R. Vögele naw
Halterd ngm ichren wollle, scheute Las Pfcrd unL ginq durcth
Der Wogen wurde zertrümmcrt u-id dec Aiann vom Fuhrwer'
geworfen. Er ficl mit dem Kopfc so unglückdich auf e u: Treopen*
stiife. d ß der Tod ioiort eüiircu.____

Heidelberger Bereinsangelegenlzeiten.

-i- Rudergrscllschaft Heidelberg, gegriindet 1898. Dem >»

der ordeiitlichen Hauptvcrsammlung vom 15. März 1902 vorgc-
tragenen JahreSbcrichte für 1901 eiitnehmcn wir: Jm Lausc
dcs Geschäftsjahres 1901, am 4, April, wurde die Rudcr-
gesellschaft Heidelberg in das Vereinsregister des Grotzherzog(
lichcn Amtsgerichtes Heidelberg eingctragen, — Während dcs
Winters wurde das Boothaus bedeuteud vergrötzert und dcr
Aiikleideraum ncben das' Boothaus verlegt, so datz geuiigeln
Ranm vorhandcn war, den Fahrpark von 10 Booten unterzin
bringen, Ende Fcbruar wurde der Bootpark mit eiuern Re>m-
zweier o, St,, im Monat März mit einem Segelgrönländcr,
ün Monat Mai mit einem Rennvierer vergrötzert; allc Boon'
wurdcn von der Bootwerft Daichmami und Ritschie auS Hol '
land geliefert, Jm Monat März fingcn die allabendliche»
Ruderstunden an, so datz die Mannschaften am 1, Mai ins Vor-
traüiing, am 20, Mai in das strenge Training eintreten
konnten,' Der Niidcrvelricb war in diesem Jayre außerorociic-
lich grotz, die Ruderstunden, welche von dem ersten JnstruttM
Hccrn Robert Bittler und dem zweiten Jnstruktor Herrn Hei»s
rich Resi'ig geleitet wurden, waren sehr gut besucht, Z»s»
Traiuiercn stellten sich zehn Ruderer, mit dencn der Bcrei»
eincn Anfängervierer, eincn Seniorenvierer, einen Zweier
St. mid Doppelzweier besetzte, Ueber die Teilnahme der Rudci'
gesellschaft a» Renneu isl in diesem Blatte bereits bcrichtcs
worden, Die Beteiligung am Rudern war in diescm Jah»-
cine biel grötzere als im Vorjahre und es vermag heute da's
Fahrtenjournal wieder eine schöne Anzahl von Fahrten a»st
Zmveisen, Die crste Fahrt wurde am 1, Jcmuar, die lev»
am 81, Dezember gemacht, Von 48 ausübendcn Mitglicder'
wurden im ganzen 713 Rudcrfahrten gemacht, ein Mehr vps
175 Fahrten als im Vorjahre, Den angesetzten Rudcrprei--
sicherte sich wieder Herr Edy Bittler mit 211 Fahrten »>»
hat diesen vor zwci Jahren geftifteten Preis jctzt endgilnS
qewcnncn, Die Boote des Vcicins bcfüwen sich olle in rndeü
'losem und brauchbarem Zustande und bestehcn aus: 5 Vierer»-
2 Zweicru, 1 Einer mid 1 Canoe, ferner lagern noch zwv'
rivatboote: 1 Einer und 1 Zweier im Boothause, Dic Mst

P

gliedcrzahl betrug Endc Dezcmber 1901: 43 ausübende, 1H
imtcrstnüende, znsainmen 160 Mitgliedcr, Der Geselligkc»
ivurde durch dic allwöchentlichen Gescllschaftsabende im Vcr,
emslokale, durch Kegelu, grötzere Spaziergänge usw, GeiMg,

von damals sein, der jetzt hier am Boden umherhüpste u»-

cmsig Nährung snchte, er sang aber nicht mehr, dcnn er hnst'.
gewitz Familie und damit häusliche Sorgen bckommcn, üss
Äurikeln, Hyazmthen und Krokus warcn verblüht. abcr V»
ersten Nosen brachen cmf und purpurner und weitzer Flwdc
crfüllte mit seinem köstlichen Dufte die wärmer gewordc»
Atmosphärc, Die Lerchen trillerten wie damals und aus »c -
Dörfern erklang sonntäglich stimmcnd, das Glockenläuten,
Em dichtes Laubdach gewährte willkommeuen Sckjanc
dort, wo cr damals gelegen und die durch das frische Gr»'
auf den Rasen fallendcn zitternden Lichtringe beobachtet hat»'
jetzt fiel das Licht spärlicber durch und tiefer klang das mcw
dische Rauschen dcs Windes in den Baumkronen, Zariw-
warf sich niedcr, lauschtc den mannigfachcn Töncn des Wau^
und sah dnrch cine Lücke des Laubdaches zu, wie die leictM'
Streifciiwölkchen über den blauen Himmel hinzogen,

Doch lange duldcte es ihn nicht, Er zog die tlhr und w»>
dcrtc sich, datz cr hcute fast eiue bolle Stunde früher u»
ivar als an jenem'Pfiiigstsonntagc, Er mutzte mächtig a»'-.
gcschrüten scm. hattc sich wohl auch nnterwegs nicht so lau»
aufgchalten, Wenu cr jctzt nach Bcrgcdorf kam, war gew,^
Iuanita noch nicht am Orte ihres Zusammcntreffeus — am
dann konnte er ja »och cinmal nmkehren, .

Er sprang auf, wcim er nicht in Bcwegung ivar, so.>P»>Ä
er sich vor Üngeduld verzchrt habcn, Er mutztc Ivenigstl'''
gehen; nm nickit gar zu früh hinzukommcn, kehrte .

cinmal um imd wanderte cine ganzc Strecke auf dem
zurück, dcn er eben gekommen war, Als er aber w
zurückgcschrittcn war, datz er imn den Borsprung ausgegliM
zu haben glauüte, zcigte ihm seine Uhr, datz noch keinc ^
Minuten verflosscn seien, Er stand einigc Augcnblicke stw'
dann wandte er sich entschlossen um, Jhn hatte gar zu grob
Schnsucht nach der Rasenbank erfatzt, imd jeht wollte er '
Gewitzhcit über sein Schicksal nicht länger verzögern.

(Forisehung folgt.)
 
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