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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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Arrsland.

Frankreich.

Pari s, 20. März. (S e n a t.) Bei der Beratung
dss Budgets des Aeußern fragt Senator G o t-
teron: Jst es wahr, wie die „Westminster Gazette" be-
hauptet hat, daß vor drei Jahren die französische Re-
gierung Angebote abgelehnt hat, die die deutsche Regie-
rnng ihr in Bezug auf ein Einvernehinen über die portu-
giesischen Kolonien gemacht hat? (Bkinister Delcassö:
Das ist durchaus nnrichtig!) Trotz Jhrer Ableugnung,
Jhrer Ablengnung, Herr Minister, ist es schwer, anzu-
nehnren, daß nicht zwischen den beiden Regierungen ver-
handelt worden sei.

Senator d'Aunay spricht die Erwartung aus, daß
der Minister sich endlich einmal ausführlich über die
politische Lage Trankreichs verbreite.

Minister des Aenßeren Delcassö: Mit Portugal ist
ein Abkommen getrosfen ivorden, ilach welchenl die por-
tugiesische Regierung den französischen Jnhabern Portu-
giesischer Staatsschuldenscheine eine Zinserhöhung von
80 Prozent gewährt. Gotteron muß ich meine Vcrwun-
derung ausdrücken darüber, daß er mich nicht vorher
verständigt, wenn er so heikle Dingc auf die Tribüne
bringen will, die mit einer gewissen Formalität behan-
delt sein wollen. I ch b e st ä t i ge abervonneuem
und auf die förmlichste W e i s e, d a s; der
Vorschlag zu einem d e u t s ch - f r a n z ö s i-
schen Einvernehmen (entante) von dem er
gesprochen h a t, weder Herrn Honotaur
nochmirge m achtworden i st. Jm e n g l i s ch-
japanischen Vertrag ist nichts enthalten, woran
wir Anstotz nehmen könnten. Die Vertragschließenden
lvolleil die Achtung vor dem unversehrten B e-
stande Chinas sichern. Das ist auch uns seit
langem eiil fester Grundsatz. Er ist die Gnindlage nn-
serer Politik. Meine Depeschen bckunden das. llnser
Jnteresse ist an die ll n a b h ä n g i gk e i t Chinas
gcbunden: warum sollten wir uns also über eine Zli-
stimmung zn diesem Grnndsatz beunruhigen? Die An-
wendung de§ Grnndsatzes der „offenenThii r" habe
ich selbst im November 1899 verlangt. Die von Eng-
land und Japan vorausgesehene Möglichkeit drängt sich
der Voraussicht aller Mächte auf. Die Landung unserer
Truppen in Shanghai im Jahre 1900 beweist, daß wir
immer besorgt gewesen sind um alles, was unsere Jn-
teressen im Osten bedrohen könnte. Wir können über
die im englisch - japanischen Vertrage ausgesprochenen
Grundsätze nur unsere Genugthuung ausdrücken.

Zur Frage des Bnrenkrieges sagt Minister
Delcassö: Untcr den Gefangenen der Engländer giebt es
einige Franzosen, die mit den Waifsn in der Hand ge-
fangen genommen worden sind. Für die ist keine Ver-
wendung möglich. Andere waren in Aohannesburg anf
Grund einer Aufenthaltserlaubnis, nachdcm sie den Lan-
deseid geleistet. Sie sind verhaftet worden unter dem
Vorgeben, an gewissen Machenschaften beteiligt^zu sein.
Wir sind der Änsicht. daß jemand nur auf dem Schlacht-
felde zum Gefangenen gemacht werden kann. England
erkennt aber die Richtigkeit dieser Theorie nicht an.
Zwei dieser Gefangenen sind freigelassen. andere eben-
falls auf ihr Wort. Es handelt sich gegenwärtig nur
noch um einen. für dessen Fall ist einc Lösung noch
nicht zu finden. Wir werden uns aber weiter um ihn
bemühen. Ueber die K o n z e n t r a t i o n sl a g e r hat
die englische Regierung mich benachrichtigt, daß sie für
die von einem französischen Komitee erbetene Ueber-
führung von Lebensmitteln und anderen Sachen dahin
alle Erleichterungen gewähren werde.

P r o v o st d e Launay: Jch stells fest, daß der
Senat in der Billigung der verständigen Patriotischen
Worte des Ministers einig ist.

Amerika.

N e w p o r k, 20. März. Das Ackerbauanit wird so-
fort eine Liste von solchen importierten Nahrungs- nnd
Genußmitteln ausarbeiten, die Bor- oder andere Säuren
enthalten. Wasbingtoner Berichte erklären nach der
„Frankfurter Zeitung", dies sei der erste Schritt zu Re-
torsionsmaßregeln gegen die deutsche Fleischverordmmg.
Ackerbausekretär Wilson erklärt, Borsäure sei in den
bei amerikanischem Fleisch verwendeten Mengen nie für
schädlich erachtet worden, indcssen werde die amerikani-
schc Regierung handeln müssen, wenn die enropäischen
Regierungen vorgingen. Die Blätter behandeln die An-
gelegenheit durchweg ziemlich kühl, die meisten beklagen
diesen Epilog zum Prinzcnbesnch. DaS „Journal of

Zusammenhang der Dinge war, daß der Marquis jene Summe
auf die Papiere, die deu vierfachen Wert darstellten, in Gold
und Diamanten hergelieheu hatre, tveil er hoffte, durch seine
Verbindungen mit matzgebenden Persönlichkeiten ihre Hom'-
rieruug durchsetzen zu können. Mein Bruder brauchte bares
Geld — Sie wisscn ja, wozu — und war gewissenlos genug,
unser Eigentum auf diese schimpfliche Weise zu verschleudern.
Einen Teil dcs Geldes für die verpfändeten Papiere mutzte
Velez-Rubio, da er nicht im Besitze so großer Barvorräte
war, in Diamanten hergebcn, wovon sich in seiner Familie aus
früheren Tagen des Glanzes eine große Anzahl erhalten hatte.

Die Hoffnung des Marquis, eine Einlösung jener Papiere
zu erlangen, schlug fehl, weil die uns freundliche Regierung nur
eine kurze Lebensdauer hatte und dann für immer vom Schau-
platz verschwand. Der Marquis benutzte nun die Klausel, um
wieder zu seinem Gelde zu kommen."

„Jch finde, daß der Marquis nicht sehr nobel gehandelt
hat", bemerkte hier Zarnow. „Jndem er die Dokumente um
den viertcn Teil ihres Wertes ankaufte, übernahm er damit
doch eigentlich das Risiko für den möglicherweise eintretenden
Verlust. Er kounte, wenn alles gut, 400 Prozent, das heißt
in öiescm Falle dreiviertel Millionen verdienen. Solche Ge-
schäfte macht man nicht, ohne eine Gegenleistung in Ueber-
nahme eines Risikos zu geben, das um so stärker sein sollte„^je
größer der unter Umständen zu erwartende Gewinn ist. So
machte er ein Geschäft, wobei alle Vorteile auf seiner Seite
ivaren, allc Berluste auf der Jhrigen."

„Sie würden Recht habeu, wenn die Sache nicht doch
etwas anders zusammenhinge", entgegnete Dessoudre. „Der
Marquis hat ganz korrekt gehandelt. In dem Pfandschem
meines Bruders war ausdrücklich vermerkt, daß im Falle der
Wiedergewinnung der über eine Million betragenden Summe
der Marquis aützer dem von ihm vorgestreckten Kapital nur
Nnspruch auf cine Kommission von füuf Prozent des Restes
haben sollte." ......

Zarnow war noch immer nicht gmiz befriedlgt.

„Wie nun, wenn der Marquis die Summe einzog, und

Cvmmerce" sagt, das Reichsgesundheitsamt habe früher
bezüglich der Schädlichkeit der Borpräparate Erhebungen
angestellt, ohne indessen das Ergebuis zu veröffentlichen:
mithin liege die Annahme nahe, daß nichts Schädliches
gefundell^wordcn sei. Das Blatt erklärt ferner, deutsche
Weine, Spielzeug und gefärbte Zeuge ließen sich leicht
durch Retorsionsniaßregeln erreichen. Andere Blätter
weisen auf Bier hin, wofür Amerika 31/2 Millionen
Dollars an Deutschland bezahle und das gewisse Prä-
servativzusätze habe.

Aus Stadt und Lano.

El Schöffengerichtsfitzung vom 20. März. 1) Jak. Dalgauer
und Franz Feigenbutz tn Letmen erbielten wegen Gesangenen-
befretung und WideZtands je 3 Wochen Gefönkiiis uud Lctzterer
autzerdem noch 30 Mk. Gcldstrafe, während Peter Federolf von
Leimen von der gleichen Anklage freigesprrchen wurde; 2)Johann
Böttinger von Dosscrheim wurde von der Anklage wegen Jagd-
vergehens freigesprochcn; 3) Rudolf Grimminger von Leimen er-
hielt wegen Körperverletzung 10 Mk. Geldslrafe; 4) weaen Kör-
ververletzung erhielten Phil. Maier von Letmen 10 Mk. Geld-
strafe, Cbristian Volk von da 30 Mk., Heiniich Bopp und Hein-
rich Schäfer von da je 15 Mk.. Gcorg Seitz von da 10 Mk. und
Heinrtch Reidel von da 30 Mk. Geldstrafe; 5) Pcter Heinrich
Merdes von Wiedlingen wurde von der Anklage wegen Körpcr-
verletzung fieigesprochen; 6) Franz Beck von Hedtngen erhtclt
wcgen Betrugs 1 Woche Gefängnis; 7) Audreas Haaa von hier
wegen Bctrugs 3 Tage Gefängnts; 8- wegen Dicbstahls, Dieb.
stahlversuchs, Betrugs und Betrugsversuchs crhielten Thomas
Kegel, in Hoft hier, 14 Tage Gefängnis. Alo-s Aigner 7 Tagc,
Johanres Schweikert 1 Jabr und August Vogt 1 Jahr und
1 Monat Gcfängnis; 9) Marie Kalinke in Haft hier erhieit
wegen Betruas und Uedertretung des Z 360 Z. 8 R.St.G.B.
16 Tage Gefängnis; 10) Julte Htlt in Haft hier wegen Dieb-
stahls 1 WoLe Gefängnis.

bc. Pforzhcim, 19. Mirz. (O b e r r e a l s ch u l c.)
Iiach cincm Erlatz dcs Oberschulrates an dcn Stadtrat von
Pforzheim hat sich das Unterrichtsministerium cntschlossen, in
den Nachtragsetat dret weitere Professorenstellen für die Ober-
realschule einzusctzLn. Für die Pforzheimcr Oberrealschnle
ist das Entgegenkommen nm so erfreulicher, a s im vergangcmn
Herbst wegcn Mangels an Praktikantcn eine wcitcrc Klasse ntcht
errichtet werdcn konutc.

bc. Baden-Baden, 19. März. (S t ä d t i s ch e s.) Bei
der Bcratnng dcs städtischen Voranschlagcs erwiderte Ober-
vürgermeistcr ßlönncr auf einc Anfrage wcgen dcs Umbaues
des Konversationshauses, daß bcreits cin Projekt ausgcar-
beitet sei. Der Staat sci abcr zur Zcit nicht in dcr Lagc,
für das Projekt ctwas zu thun. Für das Palais Hamilton
wolle der Staat cinc weitcre Lotterie gcnehmigcn. Mit dcm
Lottericuntcrnehmer Stürmer in Stratzbnrg schwcben zur Zeit
Unterhandlungen; dersclbc wolle abcr nur noch 20 000 Mark
bezahlen. Dcr Ertrag dcr crstcn Lottcrie belänft sich auf
98 000 Mark.

bn. Frciburg, 19. März. (Siiftung.) Ein jungcr
Frankfnrter Zoologc, Dr. von Guaita, dcr in Frciburg seine
Studicn vollendet, hai der Universität 15 000 Mark ge-
ftiftct, dcren Zinserträgnisse als 'Reisestipelldicn für Deutsche
zu verwenden sind, die der Frcibnrger Hochschule angehört
habcn oder nach aiigchörcn. Jnngc Zoologen, Gcologen und
Botaniker sollcn aus dcr Stiftung mit Reiscstipendicn bcdacht
wcrdcn.

bc. Freibiirg, 19. März. (Brand.) Bcün Durchsnchen
dcr Trümmer inBrötzingen wurden menschlichc Körpertcile
gcfunden, so datz die Vermutung sich bcstätigt, datz der seit
dem Brande vermitzte Frisch dcn Tod in dcn Flammen gefundcn
hat. Ob Brandstiftung vorlicgt oder Fahrlässigkeit dic Ursache
des Fencrs war, ist zur Zeit noch nichi fcstgcstcllt.

Freiburg, 20. März. (Todcsfall.) Ju ve-flossener
Nacht starb hier Dr. Gustav Garlipp, der über 27 Jahre
lang als Professor (Nenphilologe) an der hiesigen Obcrreal-
schule wirksam war und auch knrze Zeit interimistisch die Di-
rckrion der Anstalt berschen hatte. Er crretchte cin Alter von
62 Fahren nnd war schon seit längerer Zeit leidend. Garlipp,
ein vorzüglicher Schnlmann mit reichen. Gabcn des Geistes
und des Hcrzcns, war in Rochan, Regicrungsbezirk Magde-
burg gebürtig und kam nach Baden zn ciner Zeit (in den
60er Jahren), wo man vielfach Lehrkräfte ans Preutzen bezog,
ivährend bckanntlich ietzt dcr nmgckehrte Fall vorliegt.

Konstanz, 17. März. (Max S t r v m e h e r -s.) Ein
Altcr von 72 Jahren hat der langjährigc hervorragendc Ober-
bürgermeistcr von Konstcmz Max Stromcher erreicht. Die
Stromcverpcriode gehört zn den bewcgtesten Zeiten, die die
altc Bischofsstadt im verflossencn Jahrhundert erlebte. Der
„Heg. Erzählcr" gicbt von der Person Stromcycrs und seiner
Thätigkeit solgende Schildcrung: Stromeper war eine Persön-
lichkeit von autzerordentlichcr Thatkraft nnd weitblickendcm
Unternehmungsgcist. llnter seincr Verwaltung wnrde .Konstanz
zn dem gcmacht, was es heute ist: zur vornehmsten und
sckönsten Stadt am schwäbischen Meere. Wo ehedcm Sumpf-
gelände war, schuf Stromeher den hcrrlichen Stadtgarten, die
elegantc Seestratze. Mer Geld hat's gckostet, heidenmätzig
viel Geldl Schulden gab's und der Umlagezettel von er-
schrecklichcr Schwere. Und als der Zeit des blühenden Anf-
schwnngcs der crsten 70er Iahre der wirtschaftliche Rückschlag
folgte nnd Konstanz dcm Bankerott nabe kam, da mutzte der
cnergische Mann dem Ueberflutz des Unwillens weichen. Es

Jhnen davon keine Kenntnis gab?" sagte er. „Sie hatten ja
von ihm nichts in der Hand."

„Jch nicht, aber mein Bruder. Es war nicht die Schnld
des Marquis, datz dics von ihm unterschriebene Dokument in
den Händen meines Bruders blieb und dort verloren ging. Aber
ich mutz, nm dem Spanier gerccht zu werden, noch eines bemer-
ken. Der Charakter des Geschäftes, ich meinc, sein cigentlicher
Charakter, war in den Quittungen verschleiert. Es handelte
sich gar nicht um eine Verpfändung, denn der Marquis machte
keine Geldgeschäfte. Die Sache war viclmehr dic, datz Herr
de Vclcz-Rubio dic mehr oder miudcr präkcre Stellung dcr
Regicrung durchschaute; bei cincm abermaligen Svstemwechsel
den er voranssah, war er als hervorragendes Mitglied der
revolutionären Partei allen erdeiiklichcn Verfolgungen ansge-
setzt. Darum verkaufte cr damals seine in Andalnsien liegen-
den Bergwerke mr eine englische Gesellschaft, und diesen Kauf-
preis wollte er bei uns der Sicherheit wegen deponieren. Er
übcrgab ihn und die Familiendiamanten meinem Brnder und
übernähm von ihm unsere 'spanischen Schuldforderungen als
Sicherheit für sein Depot und gleichzeitig nm unsere Ange-
legenheit zu bctreiben."

„Das giebt der Sache allerdings ein anderes Aussehen."

„Um es kurz zu machen: es blieb uns nicht anderes übrig,
als dem Marquis seine 275 000 Franks zu ersehen. Und da
gleichzeitig unsere spanischen Schuldforderungen ganz wertlos
geworden, so waren wir vollständig ruiniert. Wir behielten
keine hundert Franks übrig. Den Rest wissen Sie."

„Zarnow dachte einen Augenblick nach.

„Die Sache ist ganz einfach," sagie er da.m. „Die Hälste
des Geldes, das auf so wunderbare Weise wieder zum Vor-
schein gekommen ist, gehört Jhnen und die andere Hälfte
Jhrem Bruder. und wenn er stirbt, seiner ehelichen Tochter
Josephine."

„Und Junanita?" fragte Friedrichsen, „soll sie ganz leer
ausgehen?"

„Sie hat keine Ansprüche," erklärte Zarnow.

kam zu einem ernsten Konsltkt, die Stadr spcrrrc ihm sog^
hen Gehalt, er prozessierte dagegcn mtt Ersolg und lietz d»
Sradtkasse pfänden, Setn Wirkcn an der Spitze der Sradtvcr-
waltung ficl geradc in jene Zeit, wo die Wogen der nationalco
und der kirchlichen Bewegung hoch gingcn. Auch im politische''
Streit stand Stromeyer in der vordcrsten Reihe. Gegen den
Ultramontanismus führtc er cine scharfe Klingc, u. a.
er an Stclle der konfcssionellen Volksschulen die Simultansch»'^
Der von beiden Seiten mit grotzer LcidcnschaftUchkcit gcführte
Strcit fand scinen Höhepmikt in der Exkommunikation, du
dcr erzbischöfliche Stuhl gcgcn Stromcher aussprach, Die kow
fessionellcn und politischen Gcgensätze waren anfs Schnt'm
zngespitzt, als im Jahre 1877 Stromcher sein Nmt nicder-
legtc. Die allcs hcilcndc Zcit hat auch hier ihre mildernd
Hand aufgclegt und dic Zahl derer, dic das Gute, das a'U
Stromeyers Zeii für dic Stadt geblicben ist, schwerer wicg<"
als das anderc, ist seit Jahren im Wachsen. Seinc Schöpf»»^'
sind zum Tcil Kleinodicn dcr Stadt gewarden, dic nicht nnr da^
Herz des Konstanzers mit Stolz crfüllen, sondern auch
lährlich die Bewmiderung von tauscnd Frcmden hcrvorruftw
Was Stromchcrs impulsivc Schassenskraft in ungestümer HÄ
imd rücksichtsloscm Vorwärtsdrängen schnf, das I-abcn »aL
ihm besoiincne Männer so Vcrivaltct und ausgcvant, dav
es hente wohl kaum mehr einen Konstanzer giebt, der nimj
scme Frende daran hätte. Beigefügt sei noch, datzStromeyer cN'e
ganz autzerordentliche geistige Physische Elastizität bcnncs,
er nach Rücktritt vom Amt in eincr langwicrigen gerichtlialft
Untersnchung steckcnd: dic übrigens günstig für ihii cndcte, "
dcm Ort scincr bisherigen Thätigkcit, wo cr von allen Seiä"
auf das Leidenschaftlichste angefcindet wnrde, sich cine »c»"

Kleine Zeitung.

— Hochschulnachrichten. Breslau, 20. März. Der
Privaidozenl Professor Dr. Psannensti l nahm einen
als ordentlicher Professor und Direkior dcr Universilätk'
fraucnkliink in Gicßsn an.

— Leichcnvcrbrennuiig. Von nahezu 8000 deutschen ÄerP
tcn ist das Gcsuch unterzcichnct, durch daS der Reichstag
beten ioird, dahin zu wirkcn, daß die Verbrennung von
lcichen überall in Deutschland gcstattet wcrde. Jn der Einga^
weisen die Unterzeichner darauf hin, datz „gut angcteE
und bewirtstHaftcte" Friedhöfe eine Gcfahr für die öffcntlE
Gesmidheit zwar nicht darbieten, daß aber cine Bcrnichtu»!?
der Leichen und der in ihnen enthaltenen Krankheitserregc'
durch Feuer cine weit grötzcrc Sicherheit gewährt. Der Einga>7
ist eine Anlage beigefügt, in dcr über die Verhaudlungcn d>»
Aerztekammer für die Provinz Brandenburg wcgen Verbre'»
mmg von Pestleichcn und dcr Einrichtnng transportfähigs''
Verbrenmmgsöfcn berichtet wird. Die allgcmeincn Matzregc>»
des Gesmidheitsschutzes in dcn letztcn Jahrzehnten haben scv'
erfreuliche Ergebnisse gehabt unh fast übcrall die AnsbrcitM'Ü
bon Seuchen begrenzt. Allein im Jnteresse crncs noch wiA
samercn Schutzcs der öffeiitlichcn Gesundhcit cmpfiehlt es si»'(
nicht auf halbem Wcge stehen zu bleiben, sondern io diw^
grcifcnd wie möglich zu handeln. Von diesem Gesichtspunkte
aus wird daher das Gesuch der 3000 Acczte allgcmeiner Z'»
stimmung sicher sein.

— Eine Audienz bei der Kaiserin von China. D^

Petersburger Korrejpondeut dcS „Berlincr Lokal.-Anz-
schreibt: E'ne Dame der russtschcn Gesandtschaft in P kinß-
B—Skaja, die j?tzt nach Petersbnrg zurückgekehrt, erzäh^'
von einer Audienz, die im Januar bei der Kaiserin vo»
China stattfand, interessante Einzelheiten: Jn dem v»t
den kostbarsten Kunstgeqenständen dckorierten Saale erbli^
mau übcrall frische Aepfcl, der-n Geruch die Kaiserin
gemcin liebt, zu kleinen Pyramiden gktiirmt, auf dem Fnß^
boden. Lanosam stieg die Kaiscr-n vom Throne Herah-
Als Tsu-Hssi der Frau des amerikanischen Gejandten
tiesstes Bedauern über die »nglücklichen Ercignisse dek
letzten zwei Jahre ausdrückte, brach diese in lautcs WeincU
aus. Die Kaiserin wiederholte vecschiedene Male, datz
China allein die Schuld trage, von jetzt ab solls abe"
Freuudschast und Friede zwischen China und Europ^
walten. Daraus nahm sie eincn kostbarcn Ring, mit Perle»
geschmücki, von ihrer Hand und steckie thn der Frau dc§
amerikanischcn Gesandten an den Fingcr, dann verehrte ^
ihr zwei Armbänder. Ebenso wurden die anderell Dall»U
beschenkt; es folgten die Kleinen, die sämtlich von dek
Kaijerin nach ihrem Alter befragt wurden. Sondecbare^
weise benahnieri sich die Kinder vollkommen furchtlos. Jede^
Kind erhielt eine kleine Kette nebst Medaillon um den Hal^
Die Kaiserin ist von mittlerem Wuchs, ziemlich voll, do«
nicht dick. Jhre Züge sind schars und regelmäßig, d^
hohe Stirn zeigt den mantschurischcn Typus, dabei stnd abek
die Augen weder klein noch schiefliegend. Das Gesicht »
nicht geschminkt, wie bei den übrigen chinestschen DanieNi
es verrät außcrgewöhnliche Stcenge und Energie. FraU
B. erklärt, daß ihr ein solches Antlitz unter Chinesin»eU
soni't nie begegnet ist. Alle ihre Bewegungen sowle dck

„Erlaubcn Sie, daß ich eine Bemerkung mache, warf Deß
soudre ein. „Wenn Francois wieder zum Bewußtsein koin»,'
kann er ein Testament machen, das Juanita einen Teil sei'»j,
Habe vermacht. Wenn das aber nicht der Fall sein sollte -
wofür, meine Herren ,halten Sie denn mich? Jch wj» -
Jhnen ehrlich und offen sagen, datz ich den Wiedergewinn ei»('.
Teiles meines Vermögens als eine Sühne betrachte, die >»/,
das Schicksal schnldig ist, und die wenigen Jahre, die ich >(?-,
im Wohlstande zu verleben hoffen darf, als cinen kleinen Ersi'^
für die Jahre unsäglicher Not, die ich durchgemacht habc. j-Ä
mag selbstsüchtig sein, aber — nicht wahr? — es ist mensclsi'.,,
Ilndankbar bin ich darnm jedoch nicht, und da ich keine ander»
Verlvandten habe, so wird Juanita meine Erbin. Noch h>»'
gehe ich zum Notar und lasse mein Testament auffetzen; »»1^
kann nie wissen, wie rasch einem der Tod über den v»
kommt."

Zarnow war eifrig bemüht, Herrn Dessoudre diesen E>
schlntz auszureden, während Friedrichsen ihn ebenso cn
befürwortete. Desjoudre beharrte dabei und war sogar „
Begriff aufzubrechen, um unmittelbar aus dem Gasthof^ö»^
Notar zu fahren, als ein unerwarteter Zwischenfall dem
ein Ende machie. ,

Atemlos, verwirrt und bleich stürzte Josephine zu isi»
hinein.

„O Onkel, komm doch rasch nach Hause!" rief sie. „Jch v»^
mich so vor Papa gefürchtet — ich bin in meiner Angst dc»»
gelaufen. Kvmm rasch l" . ^

Me sprangen in äußerster Bestürzung anf,
nähere Erklärungcn abzuwarten, hinunter, riefen einen N'"
an nnd ließen sich zur Rue de la Garonne hinausfahren. U»
wegs hielten sie bei der Wohnung des Arztes an und beste
er möge sich, sobald er nach Hause komme, zu ihnen
(Forffetznng folgt.)
 
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