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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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SMstag, 22 März 1902.

Drittes BlsZtt.

44. IavgMg. — U. 69

^rscheint täglich, Sonntags auSgenovimen. — Preis mit Familienblüttern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließltch Zustellgcbühr.

^nzeigenpreis: 20 Pfg. die Ispaltige Petitzeilc oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme don Anzeigen an bestimmt
"orgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Die Oeschenke des Süßneprinzen.

Der Sühneprinz Tschun hatte bekanntlich seinerzeit
Eine große Anzahl chinestscher Kunstgegenstände nach Berlin
Niitgebracht, die er im Namcn deS KaiserS von China
dem Kaiser und'der Kaiserin als Geschenke darzubringen
N>iinschte. Die Annahme dieser Geschenke wurde damals
nbgelehnt. Auf eine erneute Bitte, wcnigstens zu gestatten,
daß die Gegenstände den chinestschen Sammlungen > der
Diuseen zu Berlin überwiesen werden möchten, ist nunmehr
^ie kaiserliche Erlaubnis eingegangen, jedoch mit der Be-
^erkung, daß dabei auch andere in Betracht kommende
°°utsche Museen berücksichtigt werden sollen. Jn Befolgung
bicses Befehls find nunmchr verschiedenen deutschen Museen
Und gewerblichen Jnstituten kostbare Seidenstoffe u. s. w.
Uberwiesen worden. _

Ausland.

England.

— Das Dunkel, welches über dem SchicksaIdes
Drsegsschiffes „Condor" schwebt, wird voraus-
Uchtlich niemals aufgeklärt werden, aber soviel scheint jetzt
ucher, daß das Schiff mit seiner gesamten Besatzung von
chkn Flnten des Stillen Ozeans verschlungen worden ist.

„Condor" fuhr bekanntlich am 2. Dezember 1901
Uon Esquimault nach Honolulu ab und sollte sein Ziel
UM 1Z. Dezember erreicht haben. Mehrere britische und
uwerikanische Schiffe wurden ausgesandt, aber fie sanden
^Nr ein Boot und einige kleine Schisfstcile anf dem
Meere schwimmend. Infolgedessen kündigte gestern die
Adnnralitüt an, daß nnnmchr alle Hoffnung auf eine
^ettunq des „Condor" aufgegeben werden müsse.

^ — Der Eindruck, den die im Unterhause wogende
-vebatte über die A r m e e l i e f e r n n g e n aus weitere
^reise der Bevölkerung macht, ist ein für die Regierung
?Utzerst ungünsüger und nur dem Kriege hat sie es zu
Mken, daß nicht ein Sturm der Entrüstung ausbricht,
dsr den Anhang der Regicrung im Parlament zwingen
s.ürde, dem Volkswillcn Ausdruck zu geben und das Ka-
IUett zum Sturze zu bringen. Der Engländer zeigt
aber immer am größten, wenn es gilt, der Wider-
Mrt des Schicksals zn trotzen und Scharten auszuwetzen.

verleugnet diese hervorragende Charaktereigenschast
?uch in der jetzigen Krise nicht, und das ist die Rettnng
?°r Regierung, die in den Augen der Nation mit deren
?°.chentwickeltem Geschäftssinn unrettbar diskreditiert ist.
lrch Lieferungen für die Armee durch Kontrahenten be-
Worn nch ouf rund 2400 Millionen Mark. Remonten
422 Mill. Mark), Transport (861 Blill. Mark), Pro-
Ilionen und Fourage (1120 Mill. Mark), find n a ch-
?eislich um die Hälfte überbezahlt worden! Dies
O«eutet für den britischcn Stenerzahler einen Verlnst
rnnd 1200 Millionen Mark. Man hat nun fest-
daß die Regierung Anträge hatte, dcn Pferde-
^vspart mit 120 bis 180 Mark pro Stück zn iiber-
"'Oen; daß in Australien und in Südamerika britifche

Schiffe lagen, die dieses Angebot machten, daß aber die
Regierung eine Firma begünstigte, die 280 und 320
Mark berechnete und, da diese Rhederei nicht genug Schiffe
hatte, den Transport verzögerte, was verhängnisvolle
Folgen nach sich zog. Bkit dem Pferdeankaus ging eS
genau so zu. Jn Australien überließ es die Regierung,
trotz der Angebote der Kolonial-Regiernng, Herrn Bergl,
die Remonten einzukaufen. Sie wurdeu ihm mit 120
bis 160 M. im Hafen abgeliefert; er brachte sie aufs
Schiff nnd erhielt dann 320 M. per Stück. Mit dem
Fleischkontrakt ging es noch schlimmer, und welche Ge-
winne von den Lieferanten erzielt wurden, geht daraus
hervor, daß die „African Cold Storage Co." nüt einem
Kapital von 8 000 000 M. in zwölf Monaten 7 300 000
Mark an Dividende zahlte und 20 000 000 M. dem Re-
servefonds zuwies! Das sind imr einige Streiflichter,
die aber vollständig genügen, um die Entrüstung des
englischen Volkes zu erklären.

Rußland.

Petersburg, 18. März. Der „Frankf. Ztg."
wird gemeldet: Personen von verschiedcnen Berufsstellnn-
gen erhielten in den letzten Tagen per Stadtpost in ge-
schlossene Briefumschläge mit Schreibmaschinen herge-
ftellte Aufrnfs. Jch habe zwei derselben von ganz ver-
fchiedenem Wortlaute gesehen. Beide sind in fehr auf-
reizendem Ton gehalten. Jn den Aufrufen, von denen
einer „An Alle" überschrieben ist, werden rcvolutionäre
Jdeen entwickelt. Als Verfasser nennen sich „Vereiu für
den Kampf um die Freiheit der Arbeiter", ferner Studen-
tcn, so wie eine „Partei der russischen Sozialdemokraten".
Jn den Aufrufen heißt es: „Nieder mit dem Selbstherr-
schertum, wir verlangen eine Volksvertretung!"Diese Ge-
danken werden weitschweifig behandelt und znm Schlnß
ergeht an die Adressaten die Aufforderung, sich am 16.
März, 12 Uhr mittags aus dem Newski Prospekt einzu-
finden, nm den Forderungen öffentlich Ausdruck zu ge-
ben und die Unzufriedenheit zu bekunden. Die Post be-
schlagnahmte einen großen Teil derartiger Aufrufe. Am
Sonntag Mittag war eine große Menschenmenge im
Zentrum der Stadt, bei der Jsaaks-Kathedrale und auf
dem Newski versammslt, die Rnhe wurde aber nicht ge-
stört, da ein starkes Polizeiaufgebot, alle Versuche, Ruhe-
störungen zu veranlassen, sofort unterdrückte. Viele Per-
sonen wurden verhaftet. Es wurde eine rote Fahne mit
der Aufschrift: „Nieder mit dem Selbstherrschertum!"
entfaltet. Dic Agitatoren sollen nieist Studenten sein.

— Der „Times" wird ans Petersbukg gemeldet, daß
dort aus verschiedenen Teilen Rußlands fast täglich Nach-
richten über r e v o l u t i o n ä r e B e >v e g u n g e n ein-
träfen. Jn Tula hätten Soldaten sich geweigert, auf
streikende Arbeiter der Waffensabrik-zu fenern und als
der kommandierende Osfizier, um sich Gehorsam zu er-
zwingen, eincn llnteroffizier niedergeschlagen habe, hät-
ten die Soldaten gcmeutert. Eines der .Grenadierregi-
menter sei aus Moskan entfernt worden, weil man
glanbte, daß es nicht im N'otfalle auf das Volk feuern
würde. Jn Rostow am Don sei eine große Demon-
stration ruhig verlanfen, wcil die Polizei nicht stark ge-
! nng war, nm sich einznmischcn. Jn Poltawa habe vor

14 >vagen wahrend der Aufführung der „Macht der Fin-
sternis" im Theater eine Kundgebung stattgesunden, wo-
bei revolutionäre Proklamationen verteilt wurden. Es
seien viele Verhaftungen Vorgenommen worden, aber im
Gefängnis hätten sich die früheren Gefangenen nüt den
Neuangekommenen vereinigt, die Wachen überwältigt und
alle seien ausgebrochen. Was an diesen Nachrichten
Wahres ist, vermögen wir augenblicklich nicht zu sagen.

Aur öevorsteyendm Kreisversamrnlung.

v.

Bericht übcr die Landarmenpflege des Kreises,

erstattet von: Kreisausschußmitgliede Landgerichtsrat
D r. Gautier.

Jm Voranschlag für 1901 jvar für L a n d armenpflege
der durchschnittliche Jahresaufwand von 1898—1900 mit
32 000 M. in Ausgabe vorgesehen.

Dieser Durchschnittsaufwand ist im vorigen Jahre, wie
auch im Jahre 1900, nicht erreicht worden.

Es betrugen nämlich die Ausgaben im Jahre 1901 nur
31 008 M. 71 Pf., also 991 M. 29 Pf. weniger als der
Voranschlag vorgesehen hatte.

Auch hinsichtlich der Einnahmen ist das Rechnungsergebnis
von 1901 insofern ein günstiges, als statt der vorgcsehenen
1000 M. der Betrag von 1468 M. 44 Pf. vereinnahmt wurde.
, Der Kreisausschutz stellt an die Kreisversammlung den An-
trag: m dcn Vorcmschlag für das Jahr 1902

als Einnahme unter K 11 dcn Betrag von 1000 M .
als Ausgabe unter K 10d deu Betrag von 32 000 M.
einstellen zu wollen.

VI.

Brrrcht iibcr dic Bcnützung dcs Sooldades RaPPennu dnrch
arme Kranke des Krcises,

erstattet bon D r. W. N l u m.

Jm Jahre 1901 wurden vom Kreisausschutz 9 Kiuder uuter
14 Izahren und 3 Erivachscne im Alter von 14, 17 und 18
^ahren in das Kindersoolbad Rappenau eingewiesen. Von
Es"i.12 Eingewieseuen haitcn 10 den Unterstühuugswohnsitz
m Heidelberg, 2 den lluterstützungswohnsitz in Waldhilsbach.

3uschüsse der Kreiskasse zu den Kurkosten betraaen
377 55 M "'En 6S0 M; dahcr Ersparuis von

Der Kreisausschutz stellt dcn Antrag:

Die Kreisversammluug wolle für das Jahr 1902 m Aus-
gabe genehmigen:

1. als Beitrag zur Verpflcguug armer Kranker des Krei-

>es Heidclbcrg im Soolbad Rappenau 500 M

2. zur Unterstützung turbedürftiger Kindcr aus
armereu Gcmemden in der Kindersoolbadanstalt
Rappeuau, um iu gceigneteu Fällen die bezeich-
neten Gemeindcn von jeder Beitragsleistimg zu

dcn Kurkostcn zu befreien 100 M

zusammen daher 600 M.

VII.

Bcricht, den Kreisbcürag für die Arbeitcrkolonic Ankenbuck betr.^

erstattet vou D r. W. B l u m.

Nach dcm Aüszug aus dem Jahrcsbericht der Arbeiter-
kolome Ankenbuck pro 1901 beträgt die Gesamtaufnahme im
^ahP'e 1901 226 Mann, welche 11 693 Verpslegungstage in
Anspruch uahmcri; 36 Maim mehr als im Jahre 1900. Vou
diesen 226 Maim fallcn auf dcu Kreis Hcidelberg 7 Mami
mit 509 Bcrpflegungstagcn; autzerdcm wurdcii 2 am 1. Jauuar

Wlaudereien vom Schloßöerg.

(?) Heidclbcrg, 22. März.

sttziAbeud cines schoueu, wariucn Sommertagcs des
äahrcs stand dcr Landwirt A. B. vor sciuem hoch drobeu
sia» Schlotzberg am Aiifang dcs Wolfsbrunnenswcgs gc-
Eüen Hause. Nach dcr Schwüle dcs Tages wirkte der am
dv,, ° der Höhe wehcude frische Luflzug ncu belebend auf die
six! ö^r Hitze des Tages crmattctcu Glieder uud die auf Lem
Rbn? Platze vor Lem hohen Gcbäudc steheiidcii Hausbewohncr
sifs mit sichtlichcm Bchagcu die frische Berg- und Wald-

llnweit vom Hauseiugauge, auf dcr rechtcn Scite dcssclben.

1t»

»d

nn Wagen und darauf lag ein Pfuhlfatz.

sagte dcr Hausherr zu seincm Sohue, „schicbe
ft,^^agen mit dem Pfuhlfatz ctwas wciter wcg vom Hause,
Fatz verbreitct nicht gerade dcn bestcn Gcruch, auch
bir bcim Anblick eincs solchen immer an üblc Erlcbuisse
'ftstahre 1848—1849 criimertl"
ü»z^ahreud der Angeredete dem Wuusche seincs Vaters
pildete sich bei dem Hausherru cinc Gruppc Itcugieri-
ahZ'in den ältcu Maim drangcn, nün eiumal seine Erlcbisse
heiiw^aer bewegten Zeit zu erzählcn. Schlictzlich gab dcr
^chn-Eem Anscheine uach gut aufgeräumte Mäun dem
Kn nach.

auZ'TsiNal" wandte er sich an seine Tochter, „bringe mir
Is. Wohnstuüe cincu Stuhl, in mcinen J-ahren mag
^ ?lM lauge stehcnl"

sitefs. nrr gewünschtc Stuhl herbeigebracht und an passender
Phe,^htaziert war, setzte sich der bcreits im 73. Lebensjahre
-?tNiiim ^iann darauf, nahm alsdaim aus seiner birkencn
^hlest.llabaksdose eine tüchte Prise und begann daim zu er-

»asÄVAhhre 1848, in dcm ich das zwanzigste Lebcnsjahr, älso
R E voürjPbflichtige Alter, crreichtc, lag dic gewerbliche Thätig-
Arbefj. "llandig darnieder. Nirgcnds gab es Gelegciiheir zu
?pI8erdienst und so kam mir meine Einrcihung zur
E^ßere, ^??gerwehr, eincr Korporation, wie solche an alleu
^gieii,, des Laudes von der damaligcn provisorischen

etw?- gebildet wurde, gar nicht ungelegcn. Jch hatte
^bZei?^ iu treiben. Als Sold wurdcn für deu Tag sechs
vezahlt. Bei der hiesigen englischen Kirche eristierte

damals cin frcier grötzerer Platz, der von der Plöck bis zu den
Anlagen reichte, uud das war unser Ererzierplatz. llinforincn
besatzen wir kcine. Als Waffe hatteu wir nur ein im badischen
Obcrlande fabriziertcs Gcwehr, mit dcm jedoch kcine Schieh-
übuiigen vorgenommcii wurdcn, Iveil es an Pulver mangcltc.
Nach dcm täglichen Excrziercu giug jcder Einzclne abends wie-
dcr iu scine Behausuug, um dort zu csscn uud zu schlafen.

Eines Tagcs erhielten wir Ordre zum Abmarsch in die
bayerische Pfalz. Der Grund diescs Ausmarsches wurde mir
iiicht bekamit. Kroh, aus dem alltäglichen Schlendrian heraus-
zukommcn, marschierten wir fröhlichen Herzcns unserem Bc-
stimmungsorte zu und fanden jenseits des Rheins überall
freundliche und gastliche Ausnahme. An Milch, Spcck, Eiern
uud Wein war daselbst kein Mangel und die Bewohner der
Pfalz geizten damit auch uicht, wir hatteu also dic besten
Ouartiere, die man sich denkcn konnte. Leider sollte das bc-
hagliche Wohlleben iiicht lange dauern. Bald darauf traf
uus in ciner ctwa zwei Stundcii von Landau entferntcn Ort-
schaft der Befehl zum sofortigen Rückmarsch. Kurz nach zwei
llhr in der Frühe marschierten wir ab nach Neustadt, ivurden
von dort pcr Bahu nach Speyer befördert und daim ging es
im Eilmarsch in der Richiuug uach tzeilbroim der württem-
bergischen Grenze zu. Als nämlich im Landc alles durcheinau-
der ging, als dic Soldatcn in den Kascrnenhöfen als Wahr-
zeichen politischer Freiheit ihre Kamaschen verbraimten imd
aiifiiigcn, bcim Genussc von Wein, Bier und Schnaps Frei-
hcitslicdcr zu singcii, flüchteten sich mehrcre höhere Stabsoffi-
ziere dcr badischen Truppen, mit etwa zivolf Geschützen imd
wenigeii treugcbliebenen Kavalleristeii als Bcdeckung nach ver-
schiedeuen vergeblichen Exkursioncn ins Württcmbergischc. Jn
dem nahc an der Greuze auf württcmbergischen Gebicie ge-
legciicii Ortc Fürfeld glaubten die Flüchtlinge uuii ciidlich wieder
eimnal für eincii Abeud eiue sichcre Zufluchtsstätte gefuudcii
zu habcn. Dic Kommandeue dcr Aufstäiidischen waren natür-
Iich von der Flucht imd dein Aufenthaltsorte dieser Offiziere
uutcrrichtet uiid wir wurdeu mit ihrer Verfokguug beordcrt, die
auch deshalb schon umso eiliger bctrieben wurde, weil man
vcrmutetc, die Offiziere führten auher den Kanonen auch iwch
einc grötzere Menge Staatsgclder bci sich. Um Mittcrnacht
uberschritten wir die württcmbergische Grcnze imd um 1 llhr
wareu wir vor der Ortschraft eiiigctrüffcu, wo Halt gemacht
wurde. Ein in der Ortschaft bekannter Tambour schlich in das

Dorf und fand bei den in der Stratze aufgestelltcn Geschützen
nur zwei Soldatcn als Wachtposten. Wir drangen mm vou
mehrercn Seiteu in den Ort ein und die zwei wachhabenden
Soldaten warcn gleich unschädlich gcmacht. Wührcnd wir
uns der Geschützc bemächtigten, erschos; sich ein Artillerieoffi-
zier iiamens Kloßmaim in sciiicm Quartier, wic man sagt aus
Scham und Aerger darllber, datz er von deu Freischaren über-
rumpclt wurde. und nim iu deren Gefangcnschaft geraten
sollte. Der bckannte Hinkelday aber schlich sich, wie man
erzähltc, ohnc Bcinkleider uur in einen Mantel gehüllt, durch die
Hinterhüre dcs von ihm als Ouartier benützten Hauses in den
Garten besticg dort eiueii Gaul uud ritt auf uud davon, wäh-
rend ein Dragoiieroffizicr rn unsere Gefangenschaft geriet. Die
wenigcn Soldaten, welche als Bedeckuug der Offiziere im
Ortc aiiwescud warcu, giugcn ohneWiderstand zu uns übcr.Bald
daraüf marschicrten wir wieder iu der Richtimg nach Heidelberg
ab, die Geschütze als Siegestrophäe iumitten des Zuges mit
uns sühreud. Jn Hcidclberg wurden wir feicrlich empfangen
uud als Heldcii der Freiheit geprieson. Nicht lange hernach
inarschicrten wir nach Weinheim, woselbst wir in einem Kampf
gegcu die Hesseu verwickclt wurden. Dort verloreu wir neuu
Maim. Wicder zurückgekehrt, marschierteu wir nach Eberbach;
in jener Gegend, hies; es, wollteu die Mecklcnburger durch den
Odcuwald iu badisches Gcbiet eiiidriiigen, doch bald zeigte
es sich, das; cs ciu falsches Gerücht war, deuu die mecklen-
burgischen Truppen tauchten iu dcr Gegcnd von Ladeuburg
auf. Dic Maimschaften bestiegcn alsbald eiuigc Neckarschiffe
imd wurdeii in dicsem nach Ladeiiburg befördert. Währcnd
eines Gefechtes dasclbst uahmcn wir eiuen meckleiibnrgischeu
Major, dcr um das Terrain zu rekogiioszieren, eineii Kirchturm
bestiegeu hatte, gefangeu. Von Ladcnburg wurden Ivir in
die Gegend von Philippsburg bcordert und uahmeu an dcm
Gefcchte bei Waghnusel teil. Vou dort aus marschierteu wir
alsbald wicder zurück nach Hcidelberg. llnser Aufeuthalt hier
währte jedoch uicht allzulcmge. Dic preutzischeu Truppen be-
fauden sich im Änmarsch gegcn Heidelberg. Einzelne kleinere
Nbteilungen der Vorhut plänkelten bereits in dcr Nähc von
Neucnheim. Die cinzeliien Kommaudos wurden aufgelöft uud
die Mamischaften erhielteu dcu Befehl, sich eiuzeln odcr iu
kleincre Griippcn auf dcm Wege nach Neckargemünd zu ma-
chcn, nm sich dort wieder zu veremigeu. Jn Gememschaft mit
drci Soldatcu vom vierten Jiifaiitericregimcut verließ ich die
Stadt, uicht ahneiid, was mir bevorstaud. Jn Neckargemüud
 
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