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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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DonnersLag, 3. April 1902.__Zweites Blertt. _44. Iahrgang. — 77.

Erscheiiit täglich, Soniitags ausgenommen. — Preis mit Familienblätteni monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

A nzeigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimm.
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkcit übernommen. — Anschlag der Jnscrate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Auschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Kunst und Uolk.

Ein wichtigcr Zweig der Volksbildungsbestrebungeir
ist derjenige, welcher darauf ausgeht, die Kunst zum
Vott'e in Beziehung zu bringen. Jn den Jndustrie-
zentren, vor allem in Berlin, haben sich Vereinigungen
gebildet, welche auf mcmnigsache Weise das Verständnis
für die Segnungen der Kunst in Arbeiterkreisen zu wecken
sich be.mühen. Einer der letzten Versuche ist die Ver-
anstaltung volkstiimlicher Kunstausstellungen im Berliner
Gewerkschaftshause, die seit einiger Zeit von mehreren
Künstlern dergestalt organisiert werden, daß einer von
ihnen vor cinem Arbeiterpubliknm, dem für diesen Zweck
Karten von Seiten der Gewerkschaften zugestellt sind,
an einer Anzahl gutcr Originalbilder das Wesen des
Knnstwerkes erläutert und in den Beschauern das Ver-
ständnis für die künstlerischen Absichten des Malers zu
wecken versucht. Jn ähirlicher Weise sind auch gemein-
same Rundgänge in öffentlichen Kunstsammlungen vor-
genommen worden. Lichtbilder-Vorträge künstlerischen
Charakters, wie sie des öfteren von verschiedenen Seiten
von Arbeitern veranstaltet worden sind, fallen ebenfalls
rn diejes Gebiet.

Leider muß gesagt werden, daß, so viel Biühe an
diesen gut gemeinten Volksdienst gewendet wird, die
Crfolge schwerlich befriedigen können. Vor allem scheint
uns hier der große Zug zu fehlen, der der Kleinarbeit
auf dem gewaltigen Arbeitsfelde Plan und Richtung
gebrn muß.

Viel mehr ist dieser große Zug, diese Zielsicherheit der
Bewegung eigen, welche Kunstsinn und Knnstverständnis
irn Kinde bereits weckcn und ausbilden will. Vor
allem in Hambnrg ist in dieser Richtung ein glücklicher
Anfang gemacht worden. Mit Prof. Albrecht Lichtwark
an der Spitze arbeitet hier eine Anzahl, vornehmlich
Pädagogen, daran, der Kunst den Weg in die Schule zu
offncn, sei es durch künstlerische llnterstützung des An-
schauungsnnterrichtes, sei es durch eine gründliche Umge-
staltnng des Zeichenunterrichtes. Das Beispiel dieser
Hamburger Bewegung hat auch in Berlin eine Anzahl
Akänner zusammengeführt, welche unter dem Titel „Die
Kunst im Leben des Kindes", eine A u s st e 11 u n g zu
beranstalten wußten, um durch Aufzeigung der auf diesem
Cebiete bereits vorhandenen Anfänge auf weite Kreise
anregend und anspornend zu wirken. Erfrculicherweise
tst diese Ausstellung, die in ihrer Eigenart Mnstergiltiges
knthielt, konstant geblieben und im letzten Jahre in
kiner ganzen Anzahl deutscher Städte gezeigt worden.

Handelt es sich bei diesen neueren Bestrebungen
llrn die Hebung des allgemeinen Vcrständnisses für die
Aerke der bildenden Kunst, so steht neben ihnen von
tangst anerkannter segensreicher Bedeutung die Bewe-
8Ung der „Freien Volksbühnen". Vor 12 Jahren ist sie
W Berlin von Männern begründet worden, die, selbst
Künstler, in der dramatischen Kunst das geeignete Mittel
^'kanntejn ,in dem Arbeiter, dem die alltagsschwere
Plage den Geist beengt, jenen Jdealismus, jenes Höhen-
Mühl zü wecken, welches erster und letzter Ansporn aller
nUlturentwickelung ist. Jn gemeinsamer Arbeit haben
lKt länger als einem Zahrzehnt Künstler und Arbeiter

Wachsen dieses Werkes gearbeitet, mit dem Erfolg,
??ß in Berlin gegenwärtig in zwei Vereinen „Freie Volks-
buhne" und „Neue Freie Volksbühne", ca. 10 000 Mit-
Pieder vereinigt sind. Gegen einen Monatsbeitrag, je

Das Zirkuskind.

^ Roman von E m m a M e r k.

(Fortsetzung.s

Dcr Knabe schüttelte den Kopf.

„ „Nein. llnd ich möcht' so gern fort. Wciht Du was,
Jhr wicder fortzieht, dann sagst Dn^rnir's; dann laufc
M bon zu Haus davon und wcrd' auch Sciltänzer. — Jch
^lte cs nicht mchr aus."

Die Klcine sah nachdcnklich vor sich hin.

„Es wäre ganz lnstig. Aber nein. Nein. Thu's lieber
?sht. iwsor Diret'tor ist bös und seine Fran auch. Man
^cgt viel Schläge."

A, „Gewitz nicht mehr als ich, — bei mcincm Sticfoa.tcr.

meinc kleinen Brüdcr unartig sind und schreicn, schimpft
-A" hant cr mich, immcr mich. schan, wcnn ich nnr so viel
d hätte, dah ich mir ein Billet auf der Eisenbähn kaufcn
."Nnto — dann würdc ich zn meinem Vormund reisen und
olP.silles erzählen. Mein Vormund ist gut und er würde mich
^..nltz bei sich bchaktcn. Aber ich habe ja kein Gcld. Darum
"l ich mit Euch fork in dcm gelbcn Wagen."

Die Kleine schüteltc wieder das Köpfchen.
u „Viellcicht schenkt mir einmal jcmand etwas Geld," sagte
plöhlich mir einem Aufleuchten dcr grohen, schönen Ktn-
st. augen. „Die Damc heute. Jch will ihr sagen: ich will
v M Bonbonnicre, sondern Gcld. Dann gebc ich Dir's. Du
-n h nür ja auch dic Mandeln gcschenkt. Wenu Du dann bei
sssLncm Bormund bist, dann holst Du mich, nicht wahr? Jch
Hvchte auch in die Schule gehcn wic dn und spielcu mit dir.
schan, menn dn bci mir wärst, bekämst du auch nicht
u>sg zu cssen. Es ist nicht schön bei uns."
ej. äie beiden Kindcr wareu, währcnd sie plaudcrnd neben
s aandcr herschritten, bis an die Brücke gckommcn. Vor jhnen
3 die weite herbstliche Landschaft in ihrcm schwermütigen

nach dem Stand der Kassen schwankend zwischen 30—75
Pfennig, wird in den „Freien Volksbühnen" dm Mit-
gliedern, fast ausschließlich aus Arbeitern bestehend, mo-
natlich ein gutes Stück vorgeführt, von Künstlern ausge-
wählt und von Berufsschauspielern dargestellt. Der
küustlerische Ausgangspunkt der „Freien Volksbühncn"
ist das soziale Drama gewesen, der Natnralismus in
der deutschen Litteratur, zn dessen hervorragendsten Ver-
tretern Gerhart Hauptmann gehört, doch wurden Werke
der Modernen wie der Klassiker, die den Anfordernngen
nach der erhebenden und befreienden Wirkung des wah-
ren Kunstwerkes entsprechen, nach dem Beispiele Berlins
auch in Hamburg, München und Wien den Arbeitern von
den „Freien Volksbühnen" vorgeführt. Als geschlossene
Gesellschaften frei von der polizeilichen Zensur, unab-
hängig von den finanziellen Rücksichlen- des Privat-Thca-
terdirektors find es die einzigen Bühnen in Deutschland,
die frci nnd fessellos ihr Wirken nur nach künstlerischen
Gesichtspunlten ,zu gestalten vermögen.

Deutsches Reich.

— Zur Frage, wer die F ührerschaft im Z e n-
trum übernehmen werde, schreibt die „Kölnijche Zei-
tung": Jnfolge der langwierigen Krankheit Liebers hat
im Zentrnni ein gewisses Jnterregnum geherrfcht, wüh-
renddessen die eigentliche politifche Zügelführung vorwie-
gend in den Händen der Abgeordneten Bachem und
Gröber und, soweit wirtschaftliche Fragen in Betracht
kamen, wohl auch noch des Abgeordneten Müller-
Fulda geruht hat. Dieses Triumvirat dürfte wohl auch
noch für übersohbare Zeit die politifchen Geschäfte des
Zentrums vorwiegend leiten. Dr. Bachem uud GröLer
siud beide tüchtige Juristen, die allerdings beide den Feh-
ler haben, daß sie auch die staatsrechtlichen Fragen fast
ausschließlich vom Standpunkt des einseitigen Zivilrecht-
lers benrteilen. Beide sind ungefähr gleichaltrig, noch
nicht fünfzig Jahre alt und in hohem Grade radegewandt
und mit den Parlammtarischen Verhältnissen vertraut.
Beide sind aber auch in hohem Grade Fanatiker und
es wird für die übrigen Parteien vielfach nicht leicht
sein, mit ihnen eine gemeinsams Verständigung zu
erzielen. Dr. Bachem, der vor zwei Jahren sehr leidend
war und sich infolge lleberanstrengnng längere Zeit vom
parlamentarischen Leben ganz hatte zurückziehen müssen,
hat im letzten Winter von Ermüdung keine Spur gezeigt
und wiederholt den Anlaß genommen, mit seinen Politi-
schen Gegnern die Waffen zn kreuzen. Er ist im Zentrum
neben dem Abgeordneten Roeren wohl der leidenschaft-
lichste Verfechter des Polentums nnd die Bestrebungen,
die zunehmende Polonisierung des preußischen Ostens
zu vereiteln, haben an ihm stets den schärfsten Widerstand
gefunden. Bei längeren Reden verfällt er leicht dem sin-
genden Dialekt seiner rheinischen Heimat; doch tritt dabei
ein großer Unterschied mit seinem fast gleichalte-rigen
Freunde Trimborn zutage. Auch der Abgeordnete Trim-
born kann vom rheinifchen Dialekt nicht lassen. Aber
seine Sprechweise hat etwas ungemein Gemütliches und
Humorvolles,, so daß nicht selten auch die von ihm ange-
griffenen Gegner ihm mit lachendem Behagen zuhören.
Tie Svrechweise des Dr. Bachem dagegen'entbehrt voll-
ständig dieses Gemütlichcn: sie ist hart und scharfkantig,

Glanz. Die Sonne versank grotz und feierlich hinter bläulichen

Nebeln, wic ein fernes WundLr. Auf den Bergen crlosch der
Lichtschimmer; gewaltig, düster ragten sie aus der siukenden
Dämmerung. Dic Kinder hatten sich unwillkürlich bei dcn
Händen gefatzt, von cinem lcisen Bangen durchschauert. Sie
wutzten nicht, warum es ihncn so ergentümlich wohl und weh
zu Mute war; warum sie bcide heftig erschrakeu, als vom
Turm die Abendglocken crkkangen und der Knabe angstvoll ricf:
„Nun mutz ich hcim!"

Sie liefcn den Weg zurück und nicktcn einander ganz
traurig zu, als sie darm scheiden mutzten. Sie hattcn sich
so gut vcrstanden, die beiden, einsamen, verprügeltcn Kinder,
u,rd weun sie's' auch nicht klar zu sagen vermocht hättcn, sie
ahntcu, datz es lieb und schön wäre, eincn Kamcrcidcn zu
haben.

Die Gakaborstellung des Zirkus war am nächften Abcndc
gut besucht. Jn der stillcn Jahreszeii ivarcn dic jungen
Offiziere froh uber jede Unterhaltung. Auch Wikdcnau war
gckommen, obwolst er sich sonst von allcm Vergnügen fern hielt
und abends mersi cinsam über seincu Büchcru satz. Mit dem
Monokle im Auge trat Stzezanek in die Bude, Arm in Arm
mit scinem Freunbc Strützek, einem blntsungcn Lcutnairr, anf
den er, als ein aus Wren kornmender, an Erfahrung reichcr
Welt- uud Lebemanu eineu sehr grotzcn, schr gcsährlichen Zau-
bcr ausübte.

Leutuaut Strützel blickte in dem unbchaglichen uach schlecht
breuncnden Petroleumlampen rrcchendcu Ramn umher:

„JK wctte eine Flasche Sckt, Stzezanek," ricf er, „Jhre
Dame kommt nicht. Eine so cxklusivc Fran setzt k'cincir Futz rn
diesc Spelunke!"

„Frauen sind allc Zert unbcrcchenbar, mein Licber, mcrk'en
Sic srch das,"' lächelte Jan, „uud hier ist die schöuc Frau
bererts." ^

Mit sichtlickicr Verleacnheit bemcrktc Ndele, üag rhre An-
kunft Aufsehen erregte uird datz sie die Zielscheibe äller Augcn
war. Sic hatte keine Begleitung mitgenommen und dcr

schlägt bittere Wunden und neigt nicht selten zur galligen
Sprechweise Eugen Richters hin. Auch der Abgeordnete
Gröber kann sich nicht der Sprechweise seiner schwä-
bischen Hcimat entwöhnen, und es ist ein bekannter Ans-
spruch im Reichstage, daß seine Reden oft noch gröber
aussallen, als es schon ohnedies der Name des Redners
besagt. Der Abgeordnete Bachem gehört seit 1889 als
Vertreter der Stadt Krefeld dem Reichstage an, während
der Abgeordnete Grober bereits zwei Jahre vorher von
einem württembergischen Wahlkreise in den Reichstag
entsendet worden ist. Der Abgeordnete Müllejr-
Fulda, der bei den entscheidenden Verhandlungen über
die Zolltarisvorlage sür das Zentrum wohl die matz-
gebende Stimme fiihren dürfte, hat erst im vorigen
Oktober sein 50. Lebensjahr vollendet. Er ist FabrWe-
sitzer in Fulda, hat viel im Auslcmde gereist und sich
gründliche wirtschaftliche und technische Kenntnisse ange-
eignet. Er gehört dem Reichstage seit dem Jahre 1893
an. Man kann gespannt darauf sein, wie weit es diesem
Dreiblatt gelingen wird, die Geschicke des Zentrums
in der nächsten Zeit cinheitlich zu leiten.

— Graf,Panl v. Hoensbroech, der ehemalige
Jesuit, schreibt der „Täglichen Rundschan": „Gestatten
Sie, bitte, auch mir ein Wort zur Polenrede msines
Bruders, des Grafen Wilhelm von Hoensbroech, im
preußischen Herrenhanse. Daß ich sie durchaus billige,
ist selbstverständlich. Jch möchte aber einen Satz in ihr
besonders nnterftreichen, den Satz: „Die landesfeindliche
Agitation wird von polnischer Seite unter dem Deckmantel
der Konfession betrieben." Es ist bedentungsvoll, daß hier
von strcng katholischer Seitc der Nltramontanismus —-
allerdings znnächst nnr der polnische — in ganz der
gleichen Weise charakterisiert wird, wie ich den Ultramon-
tanismus im Allgemeinen schon seit Jahren charakteri-
siere: Die Betreibung Politischer Machenschaften unter
dem Deckmantel der Religion. Die Erkenntnis des Unter-
schicdes zwischen religiösem nnd politischem Katholizismus
und des Mißbrauches des ersteren durch den letzteren be-
ginnt auch in streng katholischen Kreisen heraufzudäm-
mern: das Morgenrot einer für unsere konsessionellen
Verhältmsse besscren Zeit."

— Zur Frage der etwaigen Regentschast in
R enß ä. L. schreibt die „Greizer Zeitnng" in Ergän-
znng und Richtigstellnng einer Meldung von anderer
Scitc: Es mag sein, daß die Reußische Fürftenfamilie
sich mit der ihr so naheliegenden Regentschaftsfrage be-
schäftigt hat, damit ist aber dnrchaus noch nicht gesagt,
daß der Fürst Reuß-Köstritz die Statthalterschaft führen
wird. Ter Z 8 der am 28. LNärz 1867 von dem
jetzigen rcgierenden Herrn, Fürsten Heinrich 22., er-
lassenen Verfassung lautet: „Jst der volljährigs
Landesherr aus irgend cinein Grunde dauernd verhin-
dert, die Regiernng cmzutreten,, oder die bereits ange-
tretene fortzuführen, so tritt für die Daner der Verhinde-
rnng eine Regentschaft ein. Diese gebührt zunächst dem
zur nnmittelbaren Nachfolge berechtigten volljährigen
Prinzen des fürstlichen Hauses älterer Linie. Jst ein
solcher nicht vorhanden, so kommt die Regentschaft der Ge-
mahlin des an der Regiernng verhinderten Landesherrn
oder, wenn derselbe nnvermählt, dessen Mutter und —-
wenn diese nicht mehr am Leben oder anderweit vermählt
oder sonst behindert ist, dem nächsten volljährigen und
regierimgsfähigen Agnaten des fürstlichen Gesamthauses
zn." Nnn ist der jetzige Thronerbe für den Fall des

Platz aa ihrer Scite blicb leer. Jan wutzte es so cinzurichten,

datz cr ihr gegenüber zu sitzcn kam, und sie bcgegnete beständig
seinem feurigcm Blick, dcr mit drcister Bewunderung auf ihr
ruhtc. Hochmütig senkte sie dic Lippen und ihr Gesicht hatte
einen Nusdruck abweisender Gleichgültigkeit, während fie sich
fröstclnd ihren Shwal immer fester nm die Schultern zog.

Die gelehrigen Hunde gaben ihre Vorstellung, erricten
Kartcn, znhkten, tanzten nnd machten die bekannten, mit der
Peitschc cingebläuten Mätzchcn. Dann k'am der Kraftmensch an
die Ncihe, der sich, nach verschicdenen Probelcistungen sciner
eisernen Muskelu, mit deu Zähnen ans Trcipez hing und
znm Schlutz die junge Athletin, Mitz Marh, mit seinem
nrächtigen Gcbitz in dic Luft hielt. Von den hiutcren Sitzrcihen
crscholl cm vcrgnügtes Händcklatscheu. Dcr Direktor zeigte
sich zu Pferde und ritt die hohc Schule. Ein hagerer Mcnsch im
Clowu-Nnzugc mit hohlen Augen übcr dcn rotgemalten Backcn
führtc einen abgcrichteten Esel vor, dessen Ktmst cin paarmal
vcrsagte, was im Zuschauerraum cin lautes Gelächter hervor-
rief. Dcr Direktor sah wistcnd anf dcn Clown, der die Hand an
den Mnnd pretzte und hüsteltc. Adele erinnerte sich plötzlich, datz
der krankc Mensch im Narrengewand der Vater dcs kleinen.
Mädchcns sein müsse, um dessentwillcn sie gekommen war. Ein
tiefes Mitlcid prctzte ihr das Herz zusammen, als sie dicscs ge-
schminkte Gcsicht mit den cingcstmkencn Augcn, ans denen
so hoffmmgsloses Elcnd sprach, näher bctrachtcte, und sie
erhob sich unwillkürlich, um dicscm Anblick zu entgehen.

„Gnädige Frau wollcn schon fort", ricf Leutnant Stzczanck,
dcr jcde ihrer Bewegungen bcobackstet hatte nnd nun eiligst
emporgesprungen war.

„Ich werde drautzen anf- und abgehcn, bis die kleine
Sciltänzcrin an dic Rcihe kommi." ^ ,

„Gestattcn Sie, dah ich Sic bcgleitc, gnädige Frau/ rief
Jan.

Aber Adele hattc ihrc Augen Wildenau zugewandt, der sich
cbcnsalls genähert hatte. „Jch danke," sagte sie mit kühler
 
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