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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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Diensta^ April 1902. Zweites Blatt. _44. Jahrgang. — Ar. 81.

Erscheint täglich, Sonntags anSgenoomien. — Preis uiit Faniilienbiüttern nionatlich 50 Pfg. in'S Hans gebrachr, bei der Expedition nnd den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post de-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. anSschließlich Zustellgebühr.

A nzeigenprei s: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Rauni. Reklamezcile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- nnd Pribatanzeigen ermäßigt. — Für die Anfnahnie von Anzeigen on bestimm
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernomuien. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Hie Kreueltt-aten der Australier in Siidafrika.

London, 0. April. Znr Hinrichtung drr
beidon a n st r a l i sch e n Ossiziere erliißt das eng-
lische K riegsa m t jetzt die solgende Ert'lärnng: Iin
Fuli nnd Augnst des letzten Iahres wnrde eine irregu-
iäre .itolonialstreitmacht, die „Bushveldt Earaüineers",
in Siidafrika gebildet. Sie wurde in den wildesten Tei-
ien TransvaalS, bekannt als die Spelonken, nngesähr
80 Meilen nördlich bon PieterSbnrg, beschäftigt nnd
wachte eine gewisse Anzahl von Gefangenen. Iin Oktober
kam eS znr .O'enntniS der Äkilitärbehörden, daß be-
dauernswerte llnregelmäßigkeiten anf Seiten verschiede-
^er Offiziere des Aorps während der vorhergegangenen 3
Akonate sich ereignet hatten. Von dem OberbefehlShaber
M Sndafrika wnrde'n nmfangreiche Untersuchniigen an-
gestellt, nnd am 10. Oktober eine entsprechende Kom-
Mission eingesetzt. Die llntersnchnngen waren beträcht-
lich dadnrch erschwert, daß der Trnppenteil mehreremale
ergänzt und verändert wnrde, wodnrch Verschiebnngen
der Slngehörigen nach allen Teilen des Uriegsschanplatzes
stattfanden. Ter AnSfall der llntersn'chnngen war, daß
lünf Offizier e von dem Hanpt-Ariegsgericht in
Pietersbnrg im Iannar 1902 überfiihrt wnrden, An-
ltifter oder Beteiligte an 12 Mordthaten gewcsen zu sein.
Tie Leutnants P. I. Handeock nnd H. H. Piorant wurden
des Mordes schuldig befnnden nnd znm Tode vernrteilt.
Tie llrteile wnrden bestätigt nnd vollstreckt. Dieselben
Osfiziere wnrüen anch der Ermordnng deS Geistlichen
E. A. D. Hesse am 23. Angnst 1901 überfnhrt nnd och
gleich der starke Verdacht vorlag, daß Leutnant Handcock,
angetneben von Lentnant Morant, die Tl>at verübte,
lvnrden die vorgebrachten Beweisniittel vom Uriegsgericht
doch nicht als auLreichend erachtet, nm Morant zu be-
^asten. Leutnant G. R. Witton wnrde ebensalls des
Äkordes überführt nnd zum Tode vernrteilt. Da jedoch
dieser -Offizier dem Einslnsse von anderer Seite nnter-
wgen war, wnrde er zu lebenslänglicher Jnhaftierung be-
gnadigt. Leutnant H. Picton wnrde des Totschlags
Ichnldig befnnden nnd seines Postens entsetzt. Ter
Eührer der „Bnshveldt Carabineers", Beajor R. W.
sll'nahan, wnrde wegen grober Nachlässigkeit, die darin
destand, datz er die Erstattnng cünes Berichtes nnter-
chssen hatte, was zu seiner unbedingten Pflicht gehörte,
leines Ranges enthoben nnd nach Anstralien zurückbe-
vrdert. Der znr Bfildernng des Vorfalls von den ange-
slagten Offizieren angegebene Grund, daß mehrere ihrer
Üaineraden nnter den Händen der Bnren eine schlechte
üehandlung erfahren hatten, wurde bei den Verhandlun-
3en als nicht haltbar erachtet. Die Urteile waren der-
^vtige, wie sw an jedem anderen gleicher Thaten überführ-
lln Offiziere vollstreckt worden wären."

Ueber das B e k a n n t w e r d e n der Greuelthaten
llrier anstralischen Galgenvögel wird ans London berich-
kkf: Die Nfissethaten der hingerichtäten australischen
^sfiziere wären wohl besfimmt init ihnen begraben ge-
Aieben, wenn sich die beiden Schnrken nicht anch der Er-
^ordung des dentschen Nlissionars Hesse schuldig ge-
^sacht hätten. Hesse war unter den Eingeborenen im
sjördlichen Johannesburger Bezirk anßerordentlich be-
sllbt nnd von ihnem wie ein Vater verehrt nnd geschätzt.
Dghrend des llrieges der Buren mit Nipefu (1898)
^öielte er als Vermittler eine große Rolle nnd dämpfte
^wnentlich den Anfftand, der nnter den Schwarzen

s)

Das Zirkuskind.

Roman von Emma Merk.
(Fortsetzung.)

X „O machen Sie mir den llampf nicht noch schlverer, Adele!

habe ja ohnehin die Ärafr deS Entsagens verlernt in diesen
Uvergestiichen Tagen in Jhrer Nähe, in der ganzcn Fiille
stzrer Güte. Aber dennoch — wie dürfte ein Mensch wie
ein Offizier autzer Dienst, mit einer tranken Brust
xvendrei — wie diirfte er die Nugen zu Jhnen erheben?
P»>! Neinl Dieser armselige Mensch darf Jhnen wohl noch
letztcs Mal die Hand küssen, nicht wahr, und dann —
len ^ er gehen, mit einem lctzten Dankeswort, mit einem
^en, traurigen Lebewohll"

Adcle schwieg einen Moment, kümpfend mit sich selber.

Üt Jhr Männer," sagte sie dann leise. „Euer Stolz

Euer Abgotr. Lieber wollen Sie mir nnd sich sclber grau-
weh thun, als rhm abtrünnig werden. Aus Hochmnt opfern
tz s ein Menschenglück. llnser Glück, Leo l Es gicbt ja kein
don 'ken, keinen Skrupel, keinen Zweifel mehr — da wir uns
"> beide lieb haben —"

iick, Anfschrei unterbrach sie. Dann klammertcn seine Arme
»m ihren Hals; er kützte sie in eincm Taumel, der keine
wn findet, anf die Lippen, auf die geliebten Angen. Er
in überwältigcnder Seligkeit, wie ihre zarte Gestalt

skn öü seine schmicgte, wie rhr Mund in sützer Hrngebung
Srisc ^nsse erwiderte. Von diesem Freudcnstnrm erschüttert,
xj n er plöhlich schwankend nach erner Stütze und sank in
bv^Stnhl nieder.

^ck, bin noch so schwach, niein armer Schatz, siehst Du.
wnn das Glück nicht ertragen. Es ist^auch zu viel, zu

Haben wir uns wirklich beide lieb? Sag' es noch ern-
^Pdele. Jst es denn wahr, gelrebt von dirl Geliebtl"
sew^Ochrocken von seiner Blässe, von dem ungestllmen Klopfen
^ Herzens, von seinen raschen Atemzügen, von dem ver-

ausgc'brvcheii war und bcrvits zu schliiumc'iu Blutvcr-
gießeu geführt hakte. Vou Seiteu der Biireiiregieruiig
wurde ihiu diese Imerveiiliou ansäuglich verübelt, da
die iuiiereii Zwiste die Uiiterwerfung Nipefus zu erleich-
teru versprachen; es zeigte sich aber bald, daß die Eiumisch-
uug des dentscheu MisfioiiarS wirksauier war, als die
Waffeu der Bureu, und eiueu solchen Aüfall von dem
istegerköiiig zur Folge hatteu, daß er flüchteu uud sich,
uach Uaberschreituug des Liinpopo auf Rhodesischem Ge>-
biek, uuterwerfeu mußte. Die Eruiorduug Hesses iiiuß
darum unter den Schwarzeu deS Bezirkes, die au ihm init
Leib uud Seele hingau, eiue furchtbare Aufregung uud
Erbitteruug hervorgerufeu habeu. Sie wollten ihu ge
rächt sehen und so wurdeu sie zu Auklägern, die, so schuell
als sie ihre Füße trageu koimteii, zur illichsten deutsckseu
Missioutzstation liefen, vou wo die Anzeige gleich schnell
au das kaiserliche llousulat in Pretoria gelaugte. Es
ist selbstverstäudlich, datz der dortige Generalkonsul,
uaineutlich wenu cs noch der energische Herr Biermanu
seiu sollte, eiuen solcheu Gewaltstreich, der uüt der Er-
ruorduug eiues deutscheu Reichsaugehörigeu endigke, nicht
aus sich beruhen ließ. Pfit dem Vertuschen war es
da vorüber, uud, uolens voleus, mußte Lord Kitcheuer,
eiuschreiteu. Die Iutei-Venfiou deS deutschen Geueral-
konsuls mag uubeguem geweseu seiu; sie zerrte eine Sache
ans Licht, die man am liebsten verschwiegen hätte. ES
mag dies augenblicklich eine gewisse Verstimmung her-
vorgerufeu haben. Die Ermordung des armeu deutschen
Missiouars führte aber dazu, dem Mord- uud Raubhand-
werk dieser australischeu Buschranger ein Eude zu inacheu
uud so weiteren.Schandthateu und weitereu Entehruug
der britischeu Waffeu vorzubeugen, die durch die gnaden-
lose Hinrichtung der räudigen Schafe (eigentlich Wölfe
im Schafspelze) zum großeu Teile rehabilitiert ist, waS
auch uicht gescheheu wäre, wenu der deutsche Geueral-
kousul uicht interveuiert uud so das Treibeu der Aus-
buude im Waffeurock des Königs zur Keuntnis Lord
Kitcheuers gebracht und ihm Gelegenheit geboteu hätte,
offeubar zu machen, daß Ausschreitungeu in der von
ihm befehligten Armee uicht uugestraft ausgehen.

Krofestor Aööe und seine Aröeiter.

Vou der Ka r l I e i ß - S t i f t u n g in Ieua
wird der „Vossischeu Zeitung" geschrieben: 1. Etz ist
nicht richtig, daß „eiue Deputatiou vou Arbeitern Herrn
Prof. Abbe Vürstelluugeu gemacht hat über die Bewilli-
guug von 300 000 'Mark für deu UuiverfitätS-Neubau
durch die „Karl-Zeiß-Stistuug". Im Gegeuteil wurde,
als der betreffendeu Zuweuduug im ArbeiterauSschuß
Erwähuung gefchah, Herrn Prosefsor Abbe die beson-
dere Anerkenuung der Ärbeiterschaft für diese Förderuug
kultureller Zwecke ausgesprocheu. 2. Es ist überhaupt
uicht richtig, daß „Herr Pros. Abbe zu dauerndem Nuseut-
halt nach Lugano gei'eist ist", vielmehr hat Herr Prof.
Abbe uur, wie fast in jedem Frühjahr, eineu Erholuugs-
urlaub augetreteu, deu er behufs Fertigstelluug einer
wisseuschaftlichen Arbeit diesmal läuger wie sonst anszu-
dehueu beabsichtigt._

Deutsches Reich.

-. Zur Augabe, daß dem kürzlich verstorbenen Dr.

Lieber eiu Miiiisterium baziehiliigsweise eiu Ober-

klärten Mick, mit dem er ihre Züge fvrmlich einsvg, lietz sich
Adele vor ihm nieder und drückte ihr schünes Haupt in seinen
Schvtz.

Eine zürtliche, vpferbereite Liebe regte sich in ihr, wie sie
sie nie zuvor empfunden hatte.

„Wie du üeine Kraft übersckstitzt hast, Geliebter. Glaub
mir's, das Glück erträgt sich leichter als die Trennung. Wir
würcn ja beide zugruudc gegangen an diesem Lebewohl. O,
du brauchst mich noch, wir brauchen einander. Und du wirst
sehcn, ich pflege dich gesund. Soll ich dir sagen, was ich lange
schon im stillen träumte? Eine klcine lauschigc Villa, im
Süden, am blauen Meer. Und dort — fern von allen Men-
sck>en wir beide. Ein stilles, warmes Heim, in dem ich ganz
nur für dich lebe. Ganz nur für dichl"

II.

Zwölf Jahre waren vorüber. Füc Adele zwölf Jahre
eines Glücks, so grotz, fo tief, so schattcnlos, datz sic nicht
murren durfte widcr das Geschick, das ihr so seltene Seligkeit
beschieden hatte, als das jähe Ende kam und ihr Gatte bci
einem Ritt am blauen Akeer plötzlich von eincm Herzschlag ge-
troffen vom Pferde sank. Jn stnmmer Resignation beugte
Adele das Haupt. Sie verlietz die schöne Billa an der Riviera,
in der sie an Leos Seite in einer Fülle von Sonnensichein,
von Liebe und Frieden geschwelgt hatte und kehrte nach
Dcutschland zurück. Jn einem eleganten Hause in einer
deutschen Residcnzstadt mietete sie eine grotze luftige Wohnung
und lebte hier einsam, als sei sie durch dic Kreppschleier, die
sie einhüllten, förmlich auch von der Welt der Lebcndigen
draützen abgeschlossen.

Hier sah sie eine Weile nach ihrer Ankunft jenes Mädchen

wieder, das ihr vor Jahren mit seiner grotzen .scheucn Kin-
deraugen mitleidiges Jnteresse erwcckt, das sie aus der hcrum-
ziehenden Seiltänzerbude errettet hatte, das nun zu cincm
schönen, grotzen Geschöpfe herangeblüht war. Adele hatte nicht
aufgehört, für Dahla zu sorgen, bis diese eines Tages erklärte,
datz sie nun selbständig ihren tlnterhalt zu erwerben vcrmöchte.

präsidium niigeboteu wordeu sei, schreibt die. „Köliüsche
Zeitung": „lllach miserer, wie wir glanben, zuverlässigen
KemitiüS der damaligcm Ereigiüsse halten wir diese Er-
zählung für eines jeiier zahlreichen M ä r ch e n , wie
sie mit besonderer Geschmätzigkeit in deu parlameiitanschen
Wandelgängeii verbreitet zn werden pftegen. Das Ober-
prüsidinin von Hesscm--Nassan ist erst nenn Monate nach
Erledigniig der Flottenvorlage von 1898 freigemacht wor-
den nnd zwar in erster Linie für den StaatSiiüiüster
Grafen von Zedlitz-Trützschler; der dainalige Oberpräsi-
dent Magdebnrg, wnrde ain 21. Dezeinber 1898 zum
Präsidenten der Oberrechiiiingskaniiiien' in Potsdam er-
naniit, in welcher Stellung er noch hcnite thätig ist nnd
am selben Tage wnrde Graf Zedlitz sein Nachfolger in
Kassel."

— Feldmarschall Graf Wa l d e r s e e seiert hente
seinen 70. Gebnrtstag.

B r n n S h a n s e n, 0. April. Aus dem S ch n l-
s chifs des dentschen > SchnlschiffvereinS Großherzogin
Elisabeth fand hente die Schlnßbesichtignng der «chiffs-
jiingen statt, zn der zalllreiche Gäste anS den Hanse-
städten sowie der Vorstand nnd die Mitglieder des Schul-
schiffvereins erschienen waren. Tie. nüt den Zöglingen
vorgenommene theorerische nnd Praktische Prüfnng er-
gab, daß alle sich alS Leichtmatrosen ans Handelsschiffen
aiimnstern lassen könneii. Die Fahrt von Hambnrg nach
hier hatten alle Teilnehmer anf dem der Hambnrg-Ame-
iika-Linie gehörigen Dampfer Kehnvieder ziirückgelegt.
Anf der Rückfahrt nach Hambnrg vertaS der Vorsitzende,
Proieswr Schilling-Brenien, eine Adresse an den Protek-
tor des Vereins, den Großherzog von Oldenbnrg, die
von allen Teilnehmern unterzeichnet wnrde. IIm ll Uhr
iiacknüttags fand in Hambnrg ein Feftessen der Teit-
nehmer an der Besichtignng statt.

Preuße».

Berlin, 6. April. In Betrefs der gestrigen Ver-
fügniig des KnltnsnünisterS an die Univeirsitäten über
die Z ulas s n n g znm R e ch t s st n d i n m schreibt
die „Natioiialzeitnng": Ergänznngsknrse für Realabi-
turienten im Lateinischen nnd Griechischen werden an
der Berliner Universität und veimintli-ch auch an anderen
Uiüversitäteii bereitS im bevvrstehenden Sommersemester
eingerichtet werden. Diese Kurse sind in der Weise ge-
plant, daß zur sprachlichen Einführnng in das Verständ-
nis der rönüschen Rechtsquellen ein Kllirsus stattsinden
wird, der sich über zwei Semester erstreckt, währenö der
Ansangskiirsus im Griechisckien sich anf ein Semester
beschränken wird. Beide .tlnrse sollen dreistäiidig sein
nnd nichk mehr als 2o Znhörer sollen zu ihnen zngelassen
werden, damit der Unterricht immer individiiell gestaltet
werden kann. Der Ergäiiziliigskursiis im Griechischen
ist aber nichk nur sür die Realabitnrleiiten besümmt,
die Iura stndieren, svndel'ii er soll anch zngleich dcn-
senigen auf Oberrealschnlen nnd Realgymiiasieii vorge-
lüldeten Studierenden. welche sich der Medizin oder dem
Lehramt widmen wollen, zur Ergünziiiig ihres Wissens
dienen. In dieser Weise den festgestellten Verpslichtnn-
gen über ihre wisseiischastlichen Vorkeiintnisse nachzn-
kommeii, wird den Realabitiirienten bei einigem Fleiß
leicht werdeii. Es ist niit Geiiugthniing aufziinehmen,
daß pon jeder Ergänzimgsprüfiiiig dabei Al'stand ge-
iwmmen wnrde.

Jhrem Herzen war -as ivilde Gauklerkind immer ferner ge-
rückk; anch den Erzieherinnen lvar es nicht geglückt, das kei-
denschafrliche Temperament des Mädchens 'zn zügeln, und
menn Dahla anch Talcnte nnd Fleih gezeigt, sv war sie nach
der Ansfage der Jnftitutsvorstcherin dvch ein nnvcrbesserlicher
Trotzkopf geblieben nnd eines Tages, um sich einer Srrafe zn
entziehcn, ans dem Pensivnat davvngelaufen, nm Schauspie-
leriu zu wcrdeii. Adcle hatte kein Verständnis füc dic Wider-
spcnstigkcit des jungen Gcschöpfes gehabt nnd ihr Benehrm'n
in strengen Worten verurtcilt. Anch jetzt, bei diesem erstcn
Wiedersehen, als Dahla mit ihrcm schönen, ernsten Gcsichte
mit ihrer schlanken, stvlze», hoyen Gcstalt vor iyr stand, kvnnte
sic sich für das jnnge Mädchen nicht erwärmen. Jhr eigencs
Dasein hatte immer sv im Sonnenlicht gcstanden, mar.in den
letzten Jahren ganz von Liebe und nini vo» einem grotzen
Leid erfüllt; sie begriff die klnrnhc, die leidenschaftliche Sehn-
sncht des jnngen Wesens nach Erfolg, nach Ruhm, nack, Selbst-
ständigkeit nicht. Sie vcrurteilte den Trotz, die vesickilosscne
Schen Dahlas, die dvch nnr dnrch ein einsameS, liebeloses,
clternlvses Leben in dem Mädchen groh gczogen war.

Die junge Schanspielerin vcrlietz ihrc einstige Besckiützcrin
mii einer tiefen Enträilschnng. Ach, sie fnhltc sich sv allein
in der Welt. Sie hntte gehofft, ein Herz zu fiudcn, und es
tvar ihr nur eine fremde, reiche Dame gcgenübergetreten, die
ihr Wvhlthatcn antrug, die sic zn stolz war anznnehmen.

Als sie die breite Steintreppe des Hanscs herabsckiritt,
wnrde eben im erstcn Stock die Thür geöffnet, nn der ein
großes Messingschild dcn Nnmen trug: Steilackcr n. Evmp.
Ein junger Mnnn trni hcrans nnd wnrf einen sv fvffckenden
Blick nuf sie, dah sie nnwillkührlich die Angen zu ilim nnf-
schlng.

Einen Moment betrnchteien sic sich gcgenseiiig nud cs wnr
Dahln, nls hnbe sie diescs jnngc Gesicht schon einmal ge-
sehen. Eine dnnkle, imfntzbnre Erinncrung dämmei'te vor
ihr nnf; aber sie senkte mit leiser Verlegenheit die Augen
nnd schriit an dem jnngen Maime, der sie noch immer auf-
 
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