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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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Mittwoch, t6. Ayril 1902

Grstes Blatt.

44. Jahrgang. — 88

Erschrint täglich, Sonntags ciusgenonimen. Preis mit Faviilienblättern nionatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition uüd den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausfchlichlich Zustellgebühr. — ---«i

Anzeigenprcis:LO Pfg. für die Ispaltige Petitzeilc oder dercn Raum. Rellamezeilc 40 Psg. Für hiesige Geschästs- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Ausnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommcn. — Anschlag der Jnserate aus den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

Zie Grmordung des russischen Minisiers des
Innern.

Petersb « rg, IS. April. H eute Mit-
tag um 1 Uhr wurde ein Attentat auf
den MinLster des Jnnern ausgeübt Der
Minifter verschied um 2 Uhr.

Wrr haben bre Nachrichl gestebn Wend hier durch
Aushang und durch Austeilen von Extrablättern be-
tannt genracht. ZnMrschen sind rroch solgende weitere
Meldungen über die ebenso uusinnige wie scheußliche
Mordthat eingegangen:

Petersburg, 15. April. Das Attentat wurde
in der Vorhalle des Reichsratsgebäudes verübt. Der
Attentäter berührte rnrt der Waffe fast die Person des
Ministers.

Petersburg, 16. April. Der ermordete Mini-
ster des Jnnern, Ssrpsä g.i.n, hatte das Reichsratsge-
bäude betreten, um sich in die Sitzung des Mrnister-
t'omitees zu begeben. Der M örde r, welcher turz.vor-
her in einer Equipage eingetroffen war, wartete auf den
Minister und übergab ihm ein L-chreiben. Als der
Alinister das Schreiben entgegennahm, fenerte der Ueber-
bringer vier Schüsse auf den Minister ab und verwundete
ihn fchwer. Der Verwundete wurde alsbald in das
nahegelegene Marimilianowski - Hospital gebracht. Er
verschied trotz ärztlicher Hilfe nach etwa einer Stunde.
Ter Mörder wurde sofort verhaftet.

Petersburg, 15. April. Der Mörder des
Minister Ssipjägin giebt an, Balschanefs zu hei-
ffen. Er behauptet, als Student der Universität
Kiew bei den vorjährigen Unruhen gematzregelt und >
dadurch zu dem Racheakt gegen den Minister bestimmt
zu sein. Bei seiner Verhaftung leistete er keinen Wider-
stand. Ssipjägin wurde aus nächster Nähe zweimal
tötlich getroffen. Der Mörder nüherte sich dem Minister '
in der Uniform.eines russischen Adjntanten mit dem Bej- ^
Nierken, er habe im Auftrage des Grotzfürsten Sergius.
ein Schriststück zu überbringen. Während der Minister
darnach griff, gcib der Mörder fünf Revolverschüsse nb.
Ssipjägin starb nachmittags 2ho Uhr.

Die Attentatte auf hohe rirssische WürLenträger habon
in letzter Zeit wieder zugenommen, man denke an die Er-
niordungbes Unterrichtsministers und an die zwei Mord-'
versuche auf den Moskauer Polizeimeister. Die Ermor- >
dungdesMnistersdesZnneriischeintmitdeiiStudentenunruheir ^
ZÜsammenMihängen, Äie zum Ernschreiteu der Staatsgc- ,
walt — also speziell.des Ministcrs des Jsmern — ge- j!
iülwt habcn.

Der Minister Dmrtri Ssergejewitsch Ssipjägiitz eniem ^
alten Moskeuer Adei^gefchlechte .entstammend, ist 49
Tahre alt geworden. Von 1888—1891 war er Gouver-
neur von Kurland, wo er sich durch sein gerechtes, allen
'Chikanen abgeneigtes Wesen viele Fieunde machte. An-
iangs November 1899 wurde er zum Minister des Jn-
'Uern ernannt, an Stelle Goremykins, ber sich duich seine
Versuche, die Hnngersnot zu vertuschen, unmöKlich ge-
jnacht hatte. Ans dem frriheren Verhalten Ssipjägins
lchlietzend, hofste man in Rußland vielfkch, daß dsr neue
Minister bes Jnnern den Verfolgungen von Protestonten,
Kätholiken imd Snktierern tsin Ende israchen würde.
-lllein es zeigte sich, daß ein Einzelncr in .Rußland micht
viel ausrichlen kann, wenn er die Bureaukratie gegeii
nch hat.

Nach Lage der Sache ist die Ermordung Ve.s Ministers
bicht nur als ein politisches Verbrechen, sondern auch
uss eine politische Dunimheit zu bezeichuen. .statt des
uingeopserten wüblgesinntcn Ministers wird eiu anderer
^nannt werdeu, der die Aufgabe crhält, die Zügek uoch
wsier anzuziehen. Wo bleibt da der Vorteil?

Die Worgänge in Mekgien.

Aus den heute früh vorliegenden Nachrichten ist zu cr-
ifhen, daß revolutionäre Ausschre itun gen in
letzten 24 Stunden in größerem oder überhanpt in
^nnenswertem Umfang nicht vorgekommen sind.

Die Führer der Ärbeiter empfehlen es, Unrnhen zu
^rmeiden und sich des Alkohols zu enthalten.
^as ist sehr vernünftig, denn der Schnaps ist es, der zu
siUsschreitungen besondcrs anreizt und das Einschreiten der
^ivaffneten Gewalt nötig macht, wobei dann gewöhnlich
Mschuldige ums Lebcn oder um ihre Gesimdhcit kommen.
g Der Kampf um das allgemeine Stimmrecht soll allem
?uschein nach nach dem Wunsch der Arbeiterführer anf
?sitschastlichem Gebiet ausgefochten werden, wo die Sozial-
^Uiokraten auf die Untcrstützung der Libcralen rechnen
s°Unen, während im Falle rcvolutionärer Ausbrüche die
x'sieralen sehr gegen ihren Wnnsch an die Seite der kleri-
°sin Regierung gedrängt werden. So hat man also den
' Mgeineinen Ansstand bcgonnen, wobci es charaktcristisch ist,
liberale Arbeitgeber ihm zustimmen nnd die Wieder-
sisiellung der Streikenden versprochen haben.

. Wird dieses System durchgeführt, dann ist es sehr
^hrscheinlich, daß die Regierung kapitulieren muß.

Deutsches Neich.

— Die Z o l l ta r i f k o mmi s s i o n beriet gestern
Position 103 Schafe 2 Mark, Lämmer 1 Mark
für das Stück, ein Satz, der abgelehnt wurde. Der soge-
nannte Konipromißantrag Gamp mrd Genossen, 18 Btark
für den DoPPelzentner lebendes Gewicht mit der Bestim-
mung, daß der Zoll vertragsmäßig nicht niehr als 20
Prozent ermäßigt werden darf, wird angenommen.
staatssekretär Dr. Graf v. Posadowsky hatte den An-
trag bekämpst. Die Zolltarifkommission bcriet ferner
Position 105: S.chweine, Doppelzentner 10 Mark,
lehnte diese Position ab und nal)in statt dessen einen von
der Regierungsseite bekämpsten Antrag Gamp an, der
sür den Doppelzentner, lebend Gewicht, 18 Mark festsetzt
mit der Bestimmung, üaß bieser Zollsatz vertragsgemäß
nicht um niehr als 20 Prozent ermäßigt werden darf.
Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky stellt sest,
Deutschland habe im letzten Jahre nur 11 000 Schweine
eingeführt: er vermisse den Nachweis, daß der Regie-
rungsvorschlag nicht auSreiche; die Minimalbindung der
Viehzölle sei unannehmbar. Der Landwirtschaftsminister
v. Podbielski weist die Nützlichkeit der Veterinärmaß-
regeln nach und bctoiit die Notwendigkeit, eine deutsche
Schweiüezucht zu erhaltan. Wsiterhin erklärt der Staats-
sekretär Dr. Graf von Posadowsky, man solle die taktische
Position der Regierung nicht durch weitergehende An-
träge fortgesetzt erschwWvn. Die Regierung wünsche in
dem Zolltarif ein Mittel zu erhalten zur Erziölnng guter
Handelsverträge. Erst nach dem Vorliegen der Handels-
verträge könne man beurteilen, ob die Regierung klug
oder unklug gehandelt habe. Um 2 Uhr wurde die Sitzung
abgebrochen.

— Der „Sunday Speziat" bespricht die V e r-
leihnng des roten Ttdlerordens erster Klasse an A d-
miral Sir E. Seyntour und desselben Ordens
zwciter Klasse an Kapitä n J e I l i e o e sehr beifällig
nnd glaubt sich in seiner Meinung nicht getäiischt zu
sehsn, wenn er glaubt, oaß Kapitän von Useao m, der
sich durch große Tapferkeit nnd Kenntnis ausgezeichnet
und bei dem Versuche des britischen Admirals, die Ge-
sandtschaften in Peking zn entsetzen, hervorragend betei-
ligt war, von König Eduar'd durch den Bath-Orden aus-
gezeichnet werden würde. Der Orden wird nur bei äußerst
seltenen Gelegenheiten an Ausländer verliehen, und
zwar erhielt ihn zuletzt Akmiral Deinhard ans Anlaß
seiner Verdienste im Jntevesse der Unterdrückimg des
Sklavenhandels, zu welchem Zwecke er in Gemeinschaft
eines englischen Geschwaders nnter dem Oberbefehle des
Sirs E. R. Freemantle an Äer ostasrikanischen Mste
längere Zeit kreuzte nnd auf die Dauhs der arabischcn
Händler sahndete.

— Das Reichsgericht verwarf die Revision des
Gerichtsreferendars Karas und steben Angeklagter, sämt-
Lich Polen, die vom Landgericht Posen am 19. Novem-
bsr 1901 wegen Geheimbündelei zu Gesängnisstrafen bis
z« vier Monaten verurteilt wordän waren.

— Das Wolfffche Telegraphenburean schreibt: Aus
Wstsbaden und Frankfurt werden in der Presse Meldun-
ge-v verbrestet, daß nach Erledigung des ersten Flottcn-
gest-tzeS dcm Äbgeordneten Dr. Lieber vom Kaiser
ein HAieres Reichsanit oder ein Oberpräsidinm angeboten
worüen sei. Wir stnd zn der Erktärnng ermächtigt, daß
ein 'derm'tigeS Anerbietkn niemals erfolgt ist.

W > l h e I m s h a Vivn , 16. April. Prinz nnd Prin-
zessin Hoinrich sind zur Grundsteintegung des Sec-
mannshanses na-chmittags 1 Uhr hier eingetroffen und
begaben sich, von der Bevotkernng tebhaft begrüßt, nach
dem Festplntz. Noch der Grundstcinlegnng, bei der Ad-
miral Thomsen dic Festrede hielt, fand im Marinekasina
ein Frühstuck statt, sn dem cmch die Spitzen der Behörden
und die Lesier der Seemcwnshansgenossenschaft tcit-
nahmen.

Deutscher Weichstag.

Verlin, 15. April. Vor Eintritt in die Tagesord-
nung begrüßt Präsident Graf Ballestrem das Haus nach
der Osterpause und gedenkt alsdann des schmerzlichen Ver-
lustes, den der Reichstag durch den Tod des Abgeordneten
Dr. Lieber erlitten habe, der mit ber größten Selbst-
losigkeit und nnter den schwersten körperlichen Schmerzen
unermüdlich für das Wohl des Vaterlandes gearbeitet habe.
Das Haus hat sich erhoben, der Präsident stellt dies fest.

Hierauf setzt das Haus die zweite Beratung der
Seemannsordnung bei Z 54 fort, der von der Ver-
pflichtung des Reeders handelt, die Kosten der Verpflegung
und Hellklckten ru tragen.

Abg. Stadthagen (Sozll bcfürwoctct cincn soziat-
demokratischen Antrag, der die Haftpflicht des Reeders bc-
deutcnd erweitert. .

Abg. Kirsch (Zenir.) tritt für cincn Antrag cm, dcr die
Haftpflicht erstreckt bis znm Ablauf von drci Monaten nach
Verlassen dcs Schiffes in dcutschen Häfen und bis scchs Monate
nacb Verlassen dcs Schiffes in fremden Häfen.

Abg. Molkenbnhr (Soz.) wünscht Aiisdehnung dcr
Krankenvcrsicherung auf die Seeschiffahrt. ,

llnterstaatssekrctär Rothe crklärt, cinen Antrag Knzch, dcr

die Wortc „mit Ausschluß dcr Häfen der Türkei, dcs Schwarzen
und dcs Asowschen Meeres" streichen will, für annehmbar,
bittet abcr, cs im übrigen bci den Kommissionsbeschlüsscn be-
lassen zu wollcn.

Nach längerer Dcbatte wcrden die Kommissionsbeschlüsse
,m Wesentlichen angenommen; dic übrigen Amräge werden ab-
gelehnt, anßer eincm Amendement Ktrsch, welches als Beginn
der Vcrpflichtnng des Reedcrs den Tcrmin nach Eintritt des
Schiffsmanncs in den Dienst oder nach dessen Ausmusterung
festsctzt/

Sodann vertagt sich das Haus auf morgen 1 Uhr.

Aadischer Landtag.

8.6. Karlsruhe, 15. April. (64. Sitzung der
zweiten Kammer). Prästdent Gönner eröffnet die Sitzuua
um VzlO Uhr.

e.« Die allgemeine Beratung über das Eisenbahn--
betriebs b ud g et wird fortoesetzt.

Abg. Lauck (Zcntr.) wünscht, datz dcr nachmittags 3 Uhr
von Karlsruhe abgchende Schnellzug in Bühl und Achern an-
hält. Jn Achern sci die Aufregung darüber so grotz, datz Zu-
stände wie in Belgien zu befürchten seien. (Grotze Heiter-
keit.) Weiter lenkt Rcdner die Aufmerksamkcir dcs Hauses
auf die Zuständc des Karlsruher Bahnhofs. Am Allerheiligen-
tag sollte man dcm Personal, so weit möglich, cinen freien
Nachmittag gebcn. Er hätte noch verschiedene Wünsche auf,
dem Herzen, er nehme aber an, datz dieselben von den 17,
Rcdnern, die noch vorgemerkt sind, vorgebracht wcrden.

Abg. Geck (Soz.) ersucht die Regicrung um Aufschlutz»
wie sie sich zur prcutzisch-hessifchen Eisenbahngemcinschaft stellt.
Zur Beruhigung der ösfentlichen Meinung sollte dcr Staats-
ministcr crklären, datz die Regierung die Aufsassung des Abg.
Goldschmtt nicht teilt. Nach den bis'herigcn Erfahrnngen habe
jcdc wichtige Tarifvcrbilligung eine Verkehrssteigerung zur
Folge gehabt; ein crheblicher Ausfall wäre daher von der Ein-
fuhrung des 2 - Pfcnnig-Tarifs nicht zu bcfürchten. Redner
unrerstüht dic Ausführungen des Abg. Eichhorn bczüglich der
Arbertszeit des Personals und wünscht günstigcrc Aufschlüsse
dcr Lokalzüge an den Durchgangsverkehr. Die Forderung
Frühauf's, datz Arbcitcr nnentgeltlich in das Arbeitsgebiet be-
fördert werden sollten, sci mit Vorstcht aufznnehmen. Jn den
meisten Fällen, namentlich aber üei Sireiks, würde nur dir
kapitalistische Gesellschast eincn Vorteil davon haben. Redner
schrldert in humoristischer Weise die Zustände auf der Privat-
bahn Furtwangen-Donaucschingen. Die Beleuchtung (dnrch
Kerzen) sei so jämmcrlich, datz Abg. Dieterle nicht etnmal un-
terschciden könnte, ob dic Geschlechtcr gctrcnnt sind oder nicht-
(Grotzc Heiterkcit.) Auf dcr Maschine seicn nicht einmal
Rescrvcteilc vorhanden. Anch der Betrieb anf der Lokalbahn
Offcnburg lasse viel zu wünschen übrig. Der Billetausgeber
sei dort zngleich Betriebslciter, so datz es schon vorgckommen
tst, datz die Passagicre sich selbst mit Fahrkartcn vcrsorgten,
wenn der Billetansgcber gcradc mit Rangieren beschäftigt war.
(Heiterkeit.) Verbandzxug fehle auf dcn Lokalzügcn gänzlich.
Jn solchcn Fällcn müssc der Staat eingreifen. Die Versuche
mit den Serpolletwagcn solltcn auch auf die Arbeiterzüge aus-
gcdehnt werden. Für das Arbeitsverhältnis sollte die Ge-
werbeordnung matzgebend sein. Redner verlangt schliehlich freie
Fahrt für sämtliche Abgeordneten während der Tagnng.

Generaldirektor Eisenlohr betont, daß sich der Lokal-
zugsverkehr den lokalen Bedürfnissen anpasscn mutz.

Staatminister von Braucr hätte nicht erwartet, daß
noch Jcmand im Hause ist, der Zwcifcl darnber hcgt, datz die
Regiernng an der Selbständigkeit unserer Bahnen nicht fest-
halten will, nachdcm cr erst in voriger Woche erklärt habe,
datz dic Regicrung die Selbständigkeit erhalten will nnd datz
dieselbe von Prentzen gar nicht bedroht wird. An dieser Er-
klärnng yalte cr fest. Er wolle nicht prophezeien, aber ex
glaubc nicht, daß der prentzisch-hessische Gemcinschaftsvertrag
für dtc andcrn Staatcn vorbildlich sein wird, wohl aber, datz
mit der Zcit gradatim von unten herauf eine immer grötzere
Einheitlichkeit der deutschen Bahnen erreicht wird. Habcn wir
cinmal völlig gleichc Personcntarife, dann ist für das reisende
Publiknm das Hanptgravamen erledigt, weil es wenig darnach
fragt, imtcr welchcr Vcrwaltung cine Bahn steht. Dann wirb
man zu gemeinsamcn Wagcngestellungsvvrschriften kommen, es
niüßtc cinc Zcntralinstanz gcbildct werdcn, welche die Vertei-
lung der Wagcn bcsorgt und die Kosten vcrrechnet. Für die
Lokomotivcn wäre eine ähnliche Behandlung anzustreben, dann
könne man schlietzlich dahin kommen, daß znr Eücheitlichkcit
des dcutschen Bahnnetzcs fast nichts fehlt, während gleichzeitig
die Sclbständigkeit der cinzelncn Bahncn gcwahrt wird. Der
hessische Vcrtrag passc nicht anf allc Verhältnissc. Hessen
konntc allcrdings nicht anders handcln, wcil es kein gcschlosse-
ncs Bahnnetz hattc; in Baden aber liegen die Verhältnisse
anders. Dcn kleinen Privatbahngcsellschaftcn könne man die
Einfllhrnng des elcktrischen Lichts nicht znmuten; Verbands-
zeug svllte dagcgcn in keincm Wagcn fehlen. Die von Lauck
vorgebrachtcn Wünsche werde er prüfen.

Abg. G r ü n i n g c r (Zcntr.) ersucht die Regicrung, den
Bahnhofsperron in Villingen asphaltiercn zu lasscn nnd die
Aussahrtsgeleise zn verlängcrn; ferncr möchte sic die Ucber-
brücknng der Schwcnninger Stratze rccht bald in Angriff
nehmen.

Abg. Edcr (Dem.) bringt Lokalwünsche ans Schwctzingen
vor, dcren Bcrücksichrigung Gcneraldirektor Eiscnlohr zusagt.

Nbg. Gietzler (Zcntr.) kömmt auf die finanzielle Lage
unseres Eisenbahnwescns zn sprcchen. Vor allem sei notwen-
dig, den Ursachen dcr Höhe dcs Betriebskoeffizientcn nächzu-
gehen, insbesonderc müsse man sich fragen, ob nicht am Personal
gespart wcrdcn könnc(I). Tie Vechäklnissc liegen durchaus
nicht so, als ob wir Gcld gcnug hättcn, nnd nnr die Kassen auf-
znmachcn branchten. Wir werden zweifellos mit einem grotzen
Defizit abschlietzcn, wcshalb in der Tariffrage die grötzte Vor-
 
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