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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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DonnersW, 17. ApriL 1902.

Zweites Blatt.

44. Jadr^nq. — Hr. 89.

18SL ^4. April 1S4VS

HroWrzog Kriedrich von Aaden

in Wort und HHat.

Zum fHnfzigjährigen Regierungs-Zubiläuin
von

D r. R u d o I f K r o u e.

(Fortsetzung.)

Eiu Hauptgegenstand sorgfältiger Beachtnng war in
Baden unter Friedrichs Regierung die Pflege des Unter-
richts auf allen Stufen. Die Volksschule nahm insonder-
heit seit 1860 einen mächtigeii^Aufschwung. Ats ihre
beste und notwendigste Grundlage sah der Grotzherzog
die Gottesfurcht an, „mit Gott beginnen und mit Gott
schlietzen!"

Mit den Volksschulen erfreuten sich auch die Mittel-
schulen weiterer der Zeit angemessener^Entfaltung. Am
5. Oktober 1877 wurde die Friedrichs-Schule gegründet,
in welcher der Erbgrotzherzog und später Prinz Ludwig
mit einer Heineren Anzahl vonAItersgenossen dieVorzüge
einer öffentlichen Gymnasialbildung empsingen, ohne den
Nachteilen der Ueberfüllung bestehender Ghmnasialklassen
ausgesetzt zu sein. Welch ein tiefes Erfassen der Zeit-
sordernngen, welch eine Ehrung des Volkes liegt darin,
datz der Erbe des Thrones in gleicher Reihe mit Söhnen
aus den verschiedeustcn Lebenskreisen uud nach dcm glei-
chen Lehrplan wie alle Gymnasiasten seine Ausbildung
erhält!

Me weisen Erziehungsgrundsätze legte der Grotzherzog
zugleich nüt oäterlich mahnenden Worten bei
dem feierlichen Schlußakt der Abiturientenprüfung des
Prinzen Ludwia und seiner acht Altersgenossen dar.

Je länger, je mehr hat sich im Deutscheu Reiche die
solgenreiche Erkenntnis durchgerungen, datz wir aus den
derschiedensten Gründen wie andere Großmächte der
Kolonien nicht entraten können. Der sortschreitende Aus-
bau unserer Floite, das Wachstum unserer überseeischen
Handelsbeziehungen, das Bedürfnis ueuer Absatzgebiete
sür die heimische Jndustrie, Ausfuhr und Einsuhr, der
üotwendige Schutz der Deutfchen im Auslande, der Ueber-
schuß unserer Bevölkerungszunahme, überhaupt unsere
Weltmachtstellung weitet den Blick. Selbstverständlich
war dem scharfen Auge unseres Großherzogs dieses wich-
üge Gebiet nicht entgangen uud schon im Jahre 1886
bekundete er sein Einverständnis und sein Jnteresse durch
bersöuliche Teilnahme an der dritten Generalversamm-
lung des deutschen Kolonialvereins, die am 30. April
l 886 in Karlsruhe tagte. Diese einsichtsvolle Anerkennung
der nationalen Ziele des Vereines von Seiten unseres
Landesfürsten läßt aus seine eingehende Beschäftigung
wit kolonialen Fragen und Gedanken schließen. Ein be-
deutuugsvolles Zusammentreffen war es, daß an dem
Bage der genannten Versammlung unser jetziger Kaiser
Kuu Besuche nach Karlsruhe kam, was unserem Groß-
berzog in ebenso feinsinniger wie weitsichtiger Weise die
Bestrebungen des Kolonialvereines zu der Person des
Kl erwartenden hohen Gastes in Beziehung zu bringen
Gelegenheit gab. Nach wcnigen Iahren schon gewannen l
die damaligen Worte des Großherzogs Friedrich eine !
slanz eigenartige Bedeutnng, als Kaiser Wilhelm II.
Üuuch: „Deutschlands Zukunft liegt auf dem Wasser."

Der Großherzog vermochte, wegen desBefuchs desPrin-
zen Wilhelm von Preußen, der Sitzung nicht lange an-
zuwohnen, unterlietz es jedoch nicht, auf die Begrüßung
durch den Präsidenten des Vereines, Fürst zu HohenlohS-
Langenburg, mit einer Ansprache zu erwidern^ nachdem
er einen Teil der Verhandlungen angehört.

Der Wissenschaft zollte der Fürst wie schon im Jahre
1867 beim Freiburger Universitätsjubiläum seine hohe
Anerkennung, als er bei dem 600jährigen Jubiläum der
ältesten deutschen Hochschule Heidelberg im Jahre 1886,
welches seiner Bedeutung entsprechend in Anwesenheit
des Kronprinzen als Vertreters des Kaisers und überaus
zahlreicher Abgesandter deutscher und ausländischer Uni-
versitäten und Anstalten für Kunst und Wisfenschast
großartig gefeiert wurde, durch vier wichtige Reden,
worin er je na-ch der vorliegenden Veranlassung die
Hochschule, dis Wissenschaft und die akademische Jugend
ehrte.

Am zweiten Festtag, 4. August, beim Festessen im
Museum, hielt der Großherzog die Tafelrede, worauf
der Krouprinz seinen Schwager und Freund mit be-
wegten Worten feierte. Später, nach dem Trinkspruch
des Grafen von Berlichingen auf die Grotzherzogin und
das ganze Großherzogliche Haus, sprach de.r Großherzog
noch einmal:

„Daß die halbtausendjährige Jubelfeier der Uni-
versität Heidelberg noch in die Zeit sällt, da mir die
göttliche Gnade zuteil wird, das Grotzherzogtum zu re-
giereu, schätze ich dankbar als einen besonderen Vorzug.

Jch erhebe niich aber mit um so bewegterem Herzen
zum Trinkspruch auf die ehrwürdige Hochschule, weil
ich ihr vor 43 Jahren angehörte und au derselben in un-
vergetzlicher Gemeinschaft mit einem hochbegabten Bruder
vieUacheu Studien oblag.

Was unsere Iubeluniversilät iu den sünf Jahrhun-
derteu geleistet hat, davon wurde heute vou berufenster
Seite in meisterhaster Darstellung Zeuguis gegebeu.

Jch beschränke mich nun, aus der Erinueruug au meine
eigenen Erlebnisse zu schöpfen und dabei den Eiufluß
hervorzuheben, welchen diese Pflanzstätte der Wissen-
schaftsn auf unsere nationale Entwickelung ausgeübt hat.
Viele Anregungen gingen aus den stillen Werkstätten
der bedeutendsten Lehrer dieser Hochschule hervor und
fauden dann eine fruchtbare Anwendung in Staat und
Gesellschaft. ^— Die wirksamsten Anregungen wurden
der Jugend zuteil durch Erweckuug eines lebhafteu vater-
ländischen Geistes, der sich in der Folge durch treue
Hiugebung uud selbstloser Aufopferung bewährte.

llnsere Jübeluniversität hat an den Entwickelungs-
stufen der Gestaltung des Deutschen Reiches einen vorbe-
reitenden Anteil genommen, der als eine hohe patriotische
Leistung dankbar anerkannt werden darf. Heute ist der
llniversität die sreudige Genugthuung beschieden, die
thatsächliche Bekundung der Einheit der Wissenschasteu
erleben zu dürfen, da eine ungewöhnlich reiche Beteili-
gung vou Vertretern derselben aus allen Staaten Euro-
pas und aus anderen Weltteilen zu unserer großen Freude
sich ereignet hat.

Diese lebendige Darstellung der llniversitas bildet
ein festes Band, das alle Nationen in dem Strebcu uach
Erkenntnis der Wahrheit umschließt. — Möge heute
ein Buud bleibender Freundschaft geschlossen werden
für gemeinsame Wirksamkeit zum Wohle der Völker,
welche bei diesem Feste vertretcn sind.

15)

Das Zirkuskind.

Roimui von E iii ui a Mer k.
(Schluß.)

. Abcr wic ich dich dann so ties im Elend wiedcrfmrd, auf
Nr Anklagebank deine verzweifelten Worte hörte, da traf
l^des mein Herz wie ein furchtbcrrer Vorwurf, mit Qualen
ur Reue. Jch war ja überzeugt, von deiner Unfchuld, und
die Schuld, deren ich dich zieh, ward von dir gcnommen vor
Asinen Augen. Du warst rein, rein, aber nur um so unglück-
miger, wie mit einer Dornenkrone auf der Stirne. Jch
Bgte mir, datz dir ein llnrecht' widcrfahren, das die
^elt nicht mehr gut zu machen vermag, datz du Schmach

wid Schmerzen erduldet, dic nicht gesühnt werden können. Aber

w- .... _ , . - , —..

Aß cs mich doch versuchen, mein armes Mädchen. Viclleicht
^fiist du allmählich doch wieder an das Leben glauben. Jch
, ül dich lieb habenl Jch will mein Herzblut dran setzen, um dich
^'gessen zu machen, was man dir Böses gethan."

.Sie zog heftig ihre Hände, die er ergriffen hatte, aus den
'ülen.

„Der Bräutigam einer anderen hat kein Recht, mich zu
'cben, fo zu mir zu sprechen", rief fie bitter, und zum
Otenmalc glühte wieder das alte Feuer in ihren Augen auf.

„Jch> habe keine Braut, Dahla, noch wurdc kein bindendes
Zf.vet zwischcn uns gesagt. Aber ich werdc mich auch von dem
'Bande, das mich an jenes Mädchen knüpft, zu bcfreien
°vsen, ich werde ihr sagen, datz ich dir gut bin —"
r „Ciner armcn Schauspielerin, die eben aus dcm Gcfängnis
, Fnitl O sie wird lachen, deine wohlerzogene Braut. Lachen
deine ganze Umgebung. Nur dein Adoptivvater, der
jcncs stolzen Hauses, er wird die Stirne runzeln und
d>, "üt jener Heimatlosen, jencr Abenteurerin kommst

hsichir nicht über meine Schwellel Dein Mitkeid mit mir
"wirrt dir den Blick, Hans," sügte sic leiscr hinzu.

„Sieh, Dahla, ich möchte fast wünschen, es stünde mir
wie ehedem noch ein starrer Wille, noch ein schweres Hinder-
nis im Wege, nur damit ich dir beweisen könnte, datz ich
jetzt nach allem, was geschehen, nach diesen folternden Wochen
ber Tobesangst nm dich zu jedcm Opfer bercit wäre. Aber
ich bin ein freier, einsamer Mann geworden. Mein Adoptiv-
vater hat dic guten Augen geschlossen, denen ich so ungern weh
gethan hättc. Jch habe niemand mehr in der Welt, der

mcinem Handeln die Richtschnur geben dürfte, niemand mehr,
dessen Gebot ich mich zu fügen hätte. Der ungerechten Meinung
der Welt aber biete ich Trotz, denn ich glaube an dichl"

Er lag noch immer vor ihr auf dcm Moosgrund und blickte
zu ihr auf mit seiuem heiß erregten, treuherzigen, jungen Ge-
sicht.

. Fhre Augen füllten sich langsam wieder mit Thrünen, die
ihr über die Wangen herab liesen.

„O, vor wenig Monaten, wenn dn so zu mir gesprochen
häitest, Hans, ich glaube, vor Jubel hätte mir das Herz

zerspringen müssen. Nnn ist alles so tot in mir, so hoffnungsleer I
Jch komme mir so besudelt vor, so mit Schmach bedeckt, als
könnte nichts mehr jenen Zuchthaushauch, der mich gestreift,
von mir nehmcn. Jch fürchte mich vor den Augen der Welt,
ich möchtc mich vergraben tief nnier die. Erde. Sterbcn will
ich, Hans, sterbenl"

Er aber schlang die Arme um ihren Leib imd drückte sie

immer fester, immer leidenschaftlicher an sich. Cr küßte

ihr die Thränen von dcn Angen, er kützte ihr mit wildcr Zärt-
lichkeit das stille, blasse Gesicht.

„An meinem Herzen sollst du dich bergen vor den Blicken
der Menschen, in mcinen Armen sollst du vergessen, gesund wer-
denl Und leben nnd eine Heimat haben. Wir sind ja jung,
Gcliebtc, so jung! Und es ist Mai. Mach nur die Augen auf
und sich, wic schön sie ist, diese Welt, dic du vcrlasseu willst.
Wir reisen, Schatz, weit, wcit fort in die Fremde. Jch lasse
dich nichtl Jch lass' dich nicht! Du bist mein!"

Erst blieb sie ganz regungslos unter seinen Küssen, imter

Zch erstiche die hohe Versammlung, in dieseni Geiste
der Rupcrto-Carola und deren fernerem Gedeihen, Wach-
sen und Erblühen ein dreifaches Hoch darzubringen."

Jnnerhalb der Großherzoglichen Familie wechselte
wie das nach Gottes Rat sür alle Menschen besümmt ist,
Glück und Leid miteinander ab. Am 20. September
1881, deni 25. Hochzeitstage des Fürstenpaares, vermählte
sich unter herzlicher und freudiger Teilnahm« des Volkes
an dem Doppelfeste die liebliche Prinzessin Viktoria mit
dem Kronprinzen Oskar von Schweden. Gleich darauf
folgte die schon berührte Erkranküng des Großherzogs.
Die Vermähtung des Erbgroßherzogs mit der Prinzessin
Hilda^ am Familienhochzeitstage des badischen Hauses,
20. September 1885, brachte in reichen Festlichkeiten zu
Ehren des jungen Paares die Liebe und' Freude des
Landes zum Ausdruck. Aber auch auf dieses Freuden-
sest folgte eine Trübsalszeit durch ernstliche Erkrankung
des Erbgroßherzogs, dessen teures Leben durch Gottes
Güte erhalten blieb, wie auch 15 Jahr.e später bei der
Krankheit im Jahre 1901.

Die schwersten Prüfungstage aber drachte das Jahr
1888; eine Freude seiner Eltern und Angehörigen, eine
schöne Hossnung für die Zukunft, wie ihn sein kaiserlicher
Großvater nannte, Prinz Ludwig Wilhelm von Baden
starb nm 23. Februar, Katser Wilhelm I., der
ruhmgekrönte Vater uuserer Großherzogin, entschlum-
merte am 9. März zur ewigen Seligkeif, und am 15.
Juni der herrliche Bruder der Fürstin, und geliebte
Freund des Fürsten, Kaiser Fricdrich m. Der
Tod hatte fuychtbare Ernte gehalten. Mittrauerte aus
tief ergrifsenem Herzen das badische Volk. Es ist nicht
verwundertich, daß seit sener Zeit ein Schleier von stiller
Wehmut und tiefem Ernst aus allen Reden und Ansprachen
des Großherzogs liegt. Die Wunden waren auch gar
zu schmerzlich und rasch aufeinander gesolgt. Aber sei.n
Gottvertrauen, seine christliche Ergebung ließen das traü-
ernde Fürstenpaar die Wahrheit jenes biblischen Wortes
ermessen und empfinden und daraus Trost schöpfen: De-
nen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten die-
ncn.

Zehn Tage nach dem letzten schweren Schlag, am 25.
Juui 1888, stellte sich in alter und neuer Pflichttreue
unentwegt bei dcr Eröffnung des Reichstages anlätzlich
der Thronbefteigung Kaiser Wilhelms n. dür
badische Großherzog in die Reihe der delitschcn Fürsten,
die den Thron des üritten deutschen .Kaisers zum Zeichen
sestgesügter Einheit glänzend nmgaben.

Oesters ergriff der Großherzog die Gelegenheit bei
deni Fest eines Dfilitärvereins, dem er beiwohnte, an
die Aufgaben und Tugendcn zu erinnern, die nicht bloß
ein braver Soldat, sondern auch der rschte Bürger
haben soll. Könnte es einen eindrucksvolleren Redner
geben, als ihn, der mit herzgewinnender Beredtsamkeit
ohne Phrasen in^schlichtem eindringendem Ton Selbst-
ersahrenes und Selbsterprobtes seinen Unterthanen zur
Beherzigung so natürlich und cinfach anpreist! Selbstlos
und treu wie er ist, hat er ein hehres Recht, vom selbst-
losen Dienen zu reden, wie er es so manchesmal, insbeson-
dere aber bei dem Verbandtstage des Militärvereinsver-
bandes BreiSgau in Emmendingen am 24. Mai 1891
that.

(Fortsetznng fotgt.)

seineni leiscn, heitzen Geflüster. Dann aber kam's plötzlich
auch übcr sie wie wonnige Trnnkenheit. All ihre Schmerzen
verstummten in einer sützcn, mächtigen Betänbung. Fcster,
zärtlicher, drückte sre ihren Mund auf den seinen rmd über
ihnen wiegten sich in den jungen Buchenkroncn die zwitschernden
Vögel. Dunkler, schärfer wurden dic Sonnenlichter, der Wald
duftcte: das Lebcn hatte gcsiegt, die Liebe.

Während Hans und Dahla als Neuvermählte in der
crsten Wonnc des Besitzes schwelgten, fand in der neuen
Schwiirgerichtsperiode die Verhandlung gegen Jan Stzezanek
statt. Ein vom juristischen Standpunkt aus höchst interessanter
Prozeß, denn obwohl der Angeklagte mit Hartnäckigkeit und
schlagfertigcr Zunge leugnete, ftellte fich durch das in der Bor-
untersuchung angehäufte Material scine Schuld so klar und
offenkunüig heraus, datz der Verteidigung kaum cin Wort des
Cinwands übrig blieb und keinem Menschen im Saale ein
Zweifel möglich war, datz Jan Stzezanek alias Simons den
Mord an Frau von Wildcnan verübt habe.

Stzezanek hatte in Amerika Geld erworben und verbraucht;
seine Stellung war aber imnrer eine fo schwankende geblieben,
datz der Wunsch, durch eine reiche Heirat mit einemmale zu
cincm grötzeren Besihe zu gelangen, ihn noch immer nicht ver-
lasscn hatte. Das etwas excentrische, Schmeicheleien sehr
zugänglichc Wesen Fräulein Edith Wildenaus war ihm schon
längere Zcit als vielversprechend für seinc Pläne erschienen.
Als mm die junge Dame die Rcisc über deu Ozcau autrat,
wollte er sich die Gelegcnhcit, sich ihr auf dem Schisie zu
uähern, nicht entgehcn lasscn, so ungern er auch nach Curopa
zurückkchrte. Es war ihm ein Leichtes, in der Langeweile
der weiten Fahrt bei dcr jungen Dame als aufmcrksamer und
unterhaltendcr Gcscllschaftcr Eindruck zn machen, um so mehr,
als er sich troh seiner abentcnerlichen Existenz noch ein
jugcndlich-hübsches Aussehen erhalten hattc. Er triumphierte,
als ihm das Mädchen von Tag zu Tag gcneigter zu werden
schicn, und cs war nun sein heiscstcs Bestreben, sie zu einer
sofortigen Trauung in England, wo sie Verwandie hatte, zu
 
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