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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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Montag 21. Apn! 1902. Zweites Blatt. 44. Jatzrgallg. — 92.

Erscheint tüglich, Somttags ausgermmmen. — Preis mit FLmilienblütteni monatlich 5V Pfg. in's Haris gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Dnrch die Post i>e-

zogen vierteljnhrlich 1.85 Mk. ansschließlich Znstcllgebühr.

A nz eig enpr ei s: L0 Pfg. sür die Ispaltige Peiitzeile odcr deren Raum. Reklamezeilc 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Anfnahme von Anzeigen on bistimm
dorgeschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anfchlag der Jnserale anf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung nnd den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschlnß Nr. 82

in füvsKches Nogutxnav.

Prinz Leopold von I s e n b n r p - B i r st e i n geb. am 10. März 186.6, ist der ältere Brnder i
des jetzigen Fürsten Franz Joseph von Jsenburg-Birstein, zu dessen Gnnsten er seiner Zcit ans Familien-
rücksichten verzichtete. Prinz Leopold, der frühcr beim 4. Kürassier-Negiment in Mnnster stand, hat große Reisen
gemacht, leistete später Dienste beim 78. Jnfanterie-Negiment in Osnabrnck. Er ist Oberleutnaut ä lu. suits der
Armee mit der Uniform der 4. Knrassiere.

Am l. Dezember 1901 verlobte sich Prinz Leopold in Heidelberg mit Prinzessin Olga Maria
von S a ch s e n - W e i m a r, Tochter des verstorbenen Prinzen Hermann nnd seiner, drei Jahre vor ihm
verstorbenen Gemahlin Prinzessin Augusie von Württemberg. Prinzessiu Olga Marie, geb. am 8. Sept. 1869
zu Stuttgart, wo sie bis zum Tode ihrer Elteru lebte, wird ihre Hochzeit hicr iu Heidelberg, bei ihrem

Bruder, dem Prinzen Wilhclm, morgen Dicnstag, den 22. April feiern. Zu diesem Fest werden I. I. M- M.

der König und die Königin vou Wnrttemberg, S. K. H. der Großherzog von Sachsen, I. K. H. die Fnrstiu-
Witwe vou Jsenburg-Birstein, Erzherzogin von Oesterreich, Fürst und Fürstin von Jsenbnrg-Birstein, Prinz
Ernst von Sachsen-Wcimar, Koiiimandeur des 26. Dragoner-Negiments in Lndwigsbnrg, sowie alle andercu
Geschwister des Bräntigams erscheinen.

Die standesamtliche Traunng findet im Hause dcs Prinzen Wilhclm durch Se. Exzellenz Herrn

Staatsminister Rothe um lO Uhr morgens, statt. Die Trauung ist um 1!'/- Uhr in der Jesuitenkirche. Das

lunge Paar wird seincn Wohnsitz iu Darmstadt nehmen.

^ Jn Gaunerhänden.

Eine Kriminalerzühlimg nach der Wirklichkeit.

Voii A. Oskar Klausmann.

Igvrijetzung. i

Chcesmaii öffnete mit groszcr Vorsicht diese Schachtel, da
er fürchtetc, es könne dieselbe eineii Explosivstoff enthalten.
^cin Verdacht war unbegründct. Trotzdem hatte er fast einen
Ohnmachrsaiifall, als cr dcn Jnhalt dcs kleiiien KüstcheiiS er-
blickte. Er bestand in einer Frauenhand, Ivelche offciibar von
einem Körpcr abgcschnittcn und an ihrem unteren Teil mit
blutigcii Binden dcrschlosscn war, lvohl, damit das aus dcm
störpcr strömende Blut nicht den Vcrrüter spiclc. Es war
Onc linke Frauenhand, und am Ringfingcr dersclben glänzte
fin Brillantring, dcn Chcesmcm nur zu gut kanntc. Er hatte
ihn vor cincr Rcihc von Jahren scincr Frau geschenkr. Es
d>ar kcin Zwcifel: die Vcrbrcchcr hattcn den unglücklichen
Frau dic linke Hand abgeschnitwn und sie dcm unglücklichen
Äatten -zugescndet. Ein blutbcflcckter Zettel lag in dem Küst-
chen und auf dicscm standcn die lakonischcn Worte: „Ueber-
worgcn die rcchtc Hand, in weitcrcn zioci Tagen der Kopf. Die
ssöpfc der Tochtcr und dcs Schwicgcrsohnes folgcn in einigen
-bagen nach."

Als sich Cheesman von seincm lcichtcn Ohnmachtsanfall
frholt hatte, bedurfte cr eincr ganzcn Stunde, ehc er sich
iv weit aufgerafft hatte, um zu klingcln."

„Bitten Sie durch das Telephon dcn Supcrintcndcntcn
Duttoii, zu mir zu kommen," bcfahl er, fich mühsam bchcrr-
ichend. Von seinem Perfonal durftc niemand ctwas von der
iurchtbarcn Gcschichtc ahncn. Eine halbe Stundc spüter rassclte
sin Wagen vor dcm Hause vor und aus ihm sprang Dutton,
°cr unmittclbar darauf in das Privarkomptoir Cheesmans
ckat.

„Sie habcn mich rufcn lassen," sagtc cr. „Haben Sic sclbst
wgend cine Spnr gcfundcn? Dic Sache steht nicht ungünstig."

Wortlos, mit ziitcrnder Hand, reichtc ihm Checsman die

Schachtcl mit der abgeschnittcne» Frauenhand und dcn Brief.
Trotz seincr Crrcgung bcmcrkte Cheesman, wic Dntton er-
schrak. Der Brief und dicsc schrcckliche Sendung schicncn Dutton
wie cin Schlag zn trcffen. Er war so verwirrt, datz er
zucrst gar keine Antivort fand. Dann murmelte cr halblaut:
„Die Schurkcn, die Schurkcn! Das armc Weibl" Er sctztc sich
in den Sesscl nebcn deni Schrcibtisch Checsmans nicdcr wic
ein Mann, der mit scincr Kunst fertig ift.

„Nun?" fragte Checsman.

Dutton strich sich mit der Hand ncrvös übcr dic Stirn.
„Jcb wciß nicht, was ich sagcn solll" brachte cr cndlich heraus.
„Wir habcn cs hier mit cincr Räubcrbande zu thiin, dic mit
Lbcrmciischlicheii Mitteln arbcitct. Ein zwcitcr ühnlicher
Fall ist bcrcits zn meiner Kcniitnis gclangt. Es ist anzu-
iiehmcn, das; diese Rüubcrbande aus cincr der nördlichcn
Grotzstädtc herilntcrgckommcn ist und hicr systematisch cin
halbcs Dutzcnd solchcr Sachen in Szcne setzen wird."

„Und was ratcn Sie mir zu thun?" fragte Chccsman.

„Ich würde an Ihrcr Stclle warten."

„Sie mcincn, bis ich dic rechte Hand odcr dcn Kopf mciner
Frau zugcschickt crhalte?"

Es ist nicht meine schnld," sagtc Dutton, dcr dcn Vorwurf,
der in dcn Wortcn Chcesmans lag, wohl vcrstand. „Wic ge-
sagt, dic Schurkcn haben übcrmcnschlichc Mittcl zur Verfügung.
In dcr That ist cs vicllcicht am besten, Sie zahlcn, dcnn
Sie sind das erste Opfcr. Dcr zwcite und drittc Strcich dürftc
dcn Schurken nicht gclingen. Wir müssen dcn Lcutcn eine
Fallc stcllcn bei dcr Bczahlung."

„Dcn Köder für dicse Falle bildcn dic Köpfe meincr
Angchörigen, mciner Frau, mcines Schwicgcrsohnes und meiner
Tochtcr."

„Also, Sic wollen zahlen?" fragtc Duttan.

„Was blcibt mir übrig?" mcinte Chcesman. „Licbcr
opferc ich ein Drrttcl mcincs Vermögens nnd rette damit
mcinc Angchörigcn. Hoffcntlich wird mcin armes, armes

i

!

18S» c4.Avril

Kroßhcrzog Iricdrich von ZLadcn

in WorL und Hhat.

Zum fünfzigjährigen Regierungs-Jubiiaum
von

D r. R u d o 1 f Kr o u e.

(Schlutz.)

Ein NiMM, dcr selbst seiue Pfücht gethnn bnt und
tbut, in nlleu Lebenslngeu, meitz nuch nnderer Wirken
uiid Schnffen, nuderer Grötze und Erfolge zu würdigeu
uiid nuzuerteuneii. Dns ebeu innchte jn die Größe des
Zeitnlters Kniser Wilhelms I. nus, datz eine Reihe von
Pi'niliiern erhnbenen Geistes zugleich vorhnnden mar
und hnrmoiiisch zusnmmenwirkte: der alte Kniser selbst,
nu dem unser Großherzog zeitteüeus mit liebender Ehr-
furcht emporblickte, dnnu dns edte Freuudespnnr, Kron-
Priuz Friedrich nud Grotzherzog Friedrich, der große
Heerführer Moltte, der grotze Stnatsmmm Bismnrck,
„der berufen Mar, dns deutsche Reich zu grüudeu," der
große Orgnnisntor des gnnzen HeerMesens Roon und
uoch mnnche nndere, die Teil hntten nu jener herrlichen
Zeit. Als der 80. Geburtstng des Fürsteu Bismnrck
wic nn vielen Orten so nuch iu Knrlsruhe begeistert ge-
seicrt wurdc, erschienen der Grotzherzog iind Prinz Knrl
zu dem Festbnicketk in der Festhnlle, nnchdem der Fürst
schon vorher der Stndtgemeinde ein Bildnis deS ersten
Reichsknnzlers für die Rnume des Rnthnuses übersnndt
hntte. Der Großherzog wnrnte iu seiner Ausprnche vor
Versuchen, die stnntliche Ordnung zu untergrnlwu und
mnbnte, das Reich zu erhnlteu und dnrnu fortzubnuen:

„«eit über vierzig Znhren dns Steuer des Stnntes
sührend, fühle ich mich berechtigt, die Binhuuiig nuszu-
sprechen: Hüten wir uns vor den Zerstörungen vnterlnnds-
loser Gesiiinuiigeii und utopischer Trnuinereieii, die uu-
ter dem Scheine der Freiheit die Knechtschnft der Will-
kür uiid iLelbstsucht 'herbeiführeu."

Fm Fnhre 1896 fcierte mnn im Deutschen Reiche
dnS 26jährige Bestehen desselbeu, verbuudeu mit der
Erimieruug nn die weltgeschichtticheu Wnffenthateu und
Ereigiiisse des grotzen Kriegeo. Für uns Bndeuer gewnuu
dns Inhr noch eiue besoudere Bcdeuluug durch den 70.
Geburtstng des vielgeliebten GroßberzogS. Pinn gednchte
der imgaheureu Veränderungen und Fortschritte seit 28
Jnhren. Auch dns Gefühl der Sorge gegenüber so mnn-
cheu Zeiterscheiuuiigen, Uiizufriedeiiheii uud Geuutzsuchr
u. n., wurden wnch. Nm so lieber verweilte ninu rück-
blickend bei dcr machtvollen Begeisteruug und opserfreu-
digeu Einigkeit iu dem Kriege von 1870 uud 1871.

Für Baden wnr die gesamte glücktziche Entwickelung
der iiatioiinleu Krnst uud Hcrrlichkeit in der Person des
uuii 70jnbrigen Großherzogs verkörpert imd dns Volk
wurde sich desseu freudig bewußt, was es ihm dmikt, dem
edleu Piikbegrüuder des Reichcs nnd treuen Vnter seiueS
Lnudes. Nud er selbst unhm freuudlich Teil nu nll den
Eriniierungsfeiern, soweik die nie ruhende Arbeit sür
dnS Wohl des Lnndes es ihm ermöglichte, demi er wnr
stets getrngen von dem Gednnkeu, durch seineu Pcrsöu-
lichen Znfpruch, Lnndesherr uud Nuterthnnen Auge iu
Auge, Vaterlmidsliebe, Bürgertugend und Gottesfurcht
zu Pflnuzeu und zu mehren. stiicht wepiger eindrücklich.

Wciü nichr an den Folgen der schrecklichcn Vcrstümmclnng zu
Grunde gchcn. Was habe ich gcthan, um sv fürchtcrlicksi gc-
qiiält und gcpcinigt zu wcrdcn?" sagte Chccsman und scine
Encrgic brach zusammcn. Sciu Köpf sank schwcr auf die
Brust und Thränen flosscn aus dcn Augcn dcs sonst so
hartcn und gcschüftsmüßig ruhigcn Manncs. Auch Dutton
wischtc sich dic Augcn.

„ES gicbt Augenblickc, in dencn alle Mcnschciikunst vcrgcb-
lich isk," mcintc cr. „Wartcn Sic mit dcr Zahlung wcnigstcns
bis Nachmitkag. Wie wollcn Sic zahlcn?"

„Jn dcm crsten Bricf lag cin Zcttcl bci, auf dcm bcrmcrtt
stand, ich solle abcnds gcgcn acht iihr.ohnc jcdc Bcglcitung
mich in das tlcinc Gehülz bcgcbcn, wctchcs nngcführ drci
Mcilcn wcstlich von Mobile licgt. Hicr sollte ich anf cincn be-
stimmten Stcin, dcn ich dort findcn würdc, das Gcld nicdcr-
tcgen nnd cincm mitgcbrackstcn schwcrcn Gcgenstand, cincm
Bricfbcschwcrcr, dcn Bricfumschlag, in dcm das Gctd sich bc-
fand, bcdcckcn."

Dniton erhob sich. Er schicn sich immcr noch nicht von
dcm Schtag crhott zu habcn, dcn ihm dcr Bricf und dic
Scndung zugcfügt hattcn. „Wartcn Sie wcnigstcns biS Nach-
mittag," sagte cr dann und vcrlics; das Zimmcr wic cin gc-
schtagcncr Mann.

Chcesman ktiugcltc nach ststncm Kassicrcr und bcfahl
ihm dann, drcihundcrttanscnd Dollars in Banknotcn zn ciner
citigcn Zahlnng znrcchtznmachen. Chccsman vcrzichtctc natür-
lich in seincm Scclcnznstandc auf das Frühstück, das dcr Dicncr
ihm brachtc und schickte es unbcrührt wicdcr hinaus. Er
schritt unruhig in scincm Kvmptoir auf uud ab und icbntc
dic Stundc hcrbei, in dcr cr dcn Schurkcn das Geld anslicfcrn
konnte. Wcnn es ihm nnr gctang, seinc Fran vor Einbrnch
dcr Nacht wicdcr zu Hause zu habcu, damit ihr dic sorgfültigste
Pflcge zu teil würdc.

Eincr dcr Bedicnstctcn trat hcrcin nnd tcittc Chccsman
mit, datz cinc Damc ihn ,zn sprcchcn wünschc.

Bci dcr aisizcrordenttichcn gcscllschaftlichcn und soziatcn
 
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