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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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bie Großherzoglichen Herrschaftcn, begleitet von dem Erb-
großherzoglichen Paar, dem Prinzen Gustav von Schweden,
dem Erbprinzen und der Erbprinzessin von Anhalr, dem
Grotzfürsten Michael Nikolajcwitsch von Rutztand, den Prinzen
Karl und Max mir Gemahlinnen, der Fürstin zur Lippe und
den Hofstaat ein und wurdeir am Portal vom Zentralkomitee
empfangen und dann von eiuer Anzahl Ehrenjungfrauen, dic
in griechische Gewänder gehüllt waren und Blumen streuten,
in die Rotunde geleiret.

Ein Choral der Leibgreuadierkapelle lcitete den Festakt
ein. Dann nahm der Vorsitzende des Komitees, Professor
Dill, das Wort zu einer Ansprache, in welcher er ausführte,
daß öie Saat, die der Großherzog seit vielen Jahren ausge-
ftreut und im Verein mit der kunstliebenden Landcsfürstin
gepflegt habe, reichlrche Früchte getragen, denn hier, wo der
Großhcrzog vor fast einem halben Jahrhunderte den Grund-
siein legte zu einer Kunstschule, da dürfe man heute eiue Kunft-
ausstelluug eröffneu, von der man hoffe, daß sie die Augeu
der gebildeten Welt auf fich lenken werde.

Nachdem der Erbgrotzherzog den Großyerzog ge-
beten, die Ausstellung zu eröfnen, führtc der Großherzog
etwa Folgcndcs aus:

„Jch danke für die freundliche Begrützung, die Sie
uns bei dieser festlichen Gelegenhe.it haben zu Teil werdeu
lassen, die es möglich gemacht hat, an dieser Stelle eine
Ausstellung zu Stande zu bringen, die, wie ich hoffe, auch
fiir die Zukunft für die Kunst bedeutungsvoll sein wird.
Es ist Jhnen und die mit Jhnen gewirkt, gelungen, die
Ausstellung zu einer internalionalen zu gestglten, es ist
dies ein großes Verdienst und ich kann nicht genug danken,
daß Sie dieselbe mit so vielem Eifer durchgeführt Haben.
Sie haben mit Recht ausgefühkt, daß die erste Aussaat
vor langen Jahren durch zwei Künstler zu Stande kam,
durch Lessing und Schirmer, denen wir unendlich viel ver-
banken. Lange Jahre sind vergangen, bevor die Kunst-
schule zur Akademie geworden, aber in diesen Jahren ist eine
Thätigkeit vollführt worden, welche dazu beigetragen, die
heutige Ausstellung zu ermöglichen. Mit herzlichem Danke
ersuche ich Sie, dip Ausstellung für eröffnet zu erklären."
Es folgte nun eln Rundgang durch die Ausstellung,
während dessen Maler Hein und Architckt Bayer dem
Grotzherzog Abressen namens des Künstlerbunds und der
Kunstgenossenschaft überreichten.

Der erste Eindruck wirkt überwältigend. Durch einen mas-
sigen Thorbau gelangt man an das reich geschmückte Portal,
zu dessen Seiien die Reliefs zweier kolossalen MLnner stehen.
Sie halten über den Thürbogen Kränze mit den Jahreszahlen
ll882 und 1902 in einem dritten verschlungen, der das
Künstlerivappen umrahmt. Jm Jnnern wechseln große, viel-
gestaltige Säle mit kleinen, lauschigen Kabinetten ab. Durch
Einbauten ist an Platz gewonnen, prächtige Thorbogen mir
verschiedenen Stilarten, Friese, Gesimse, Fontänen und der-
gleichen unterbrechcn die eintönige Flucht der Wandflächcn und
Sälc. Das allgemcine Urteil geht dahin, datz der Baumeister
Professor Ratzel seine Aufgabe vorlrcfflich gelöst hat.

Die Ausstellung darf sich mit ihrem erlesenen Gemülde-
schatz gctrost allen derartigen Unternehmungen an die Seite
stellen. Mit besondercr Befriedigung können wir heute schon
seststellen, daß die badische Künstlerwelt, voran das glänzcnde
Dreigestirn Thoma, Trübner und Keller, ganz her-
vorragend bertreten ist; abcr auch das Ausland, namcntlich
Frankreich, England, und Belgien weisen Prachtstücke ersten
Ranges auf, die bisher noch auf keiner Ausstellung zu sehen
tvaren.

Nach dem Rundgange, der etwa eine Stunde danerte, be-
gaben sich die höchsten Herrschaften zu Fuß in die gegenüber-
liegendc Ausstellungshalle zur Eröffnung der Gartenbau-
Ausstellung. Auf die Bcgrützungsansprache des Bor-
sitzenden des Hauptausschusses, Stadtrat Glaser, erwiderte
der Großherzog etwa Folgendes:

„Jch danke Jhnen von ganzem Herzen zunächst für alle
freundlichen Aeutzerungen und Gesinnungen, die Sic mir in
Jhrer Ansprache kundgegeben haben. Jch schließe mich
gern an die Ausdrücke an, die Sie gebrauchten, um darzu-
stellen, wie nahe Kunst und Natur fich begegnen und er-
gänzen und wie wertvoll es ist, ivenn man sich der Kultur
des Pflanzenbaues mit ganzen Kräften widmet. Daß Sie
das unternommen haben, datz Sie das in einer schönen Aus-
stellung darstellen wollen, ist ein hohes Verdicnst und ich
glaubtz, es wird allenthalben und besonders da, ivo man
fich tagtäglich mit der Pflege der Blumen und der Natur
beschäftigt, dankbar anerkannt werden. Dafür müssen ivir
ja alle sorgen, datz dieser schöne Beruf mehr und mehr nnter-
stützt, gepflegt und entwickelt wird. Das scheint in der
i heutigcn Ausstellung in hohem Matze zur Geltung gekom-
men zu sein. Daß Sie mir das zum Jubiläum darbringen,
verbindet mich zu ganz besonderer Dankbarkeit und ich
wünsche von ganzem Herzen, datz Sie alle, hauptsächlich
alle diejenigen, die sich an der Ausstellung beteiligt haben,
reichc Befriebigung erleben möchteu, nnd dadurch wicder
neuen Mut erlang'en, um sich der schönen Aufgabe zu wid-
men. Jch folge sehr gern der Aufforderung, die Ausstel-
lung als eröffnet zu erklären."

Das wundervolle Arrangement der Ausstellung, die 828
Nummern von 394 Ausstellern aufweist, fand allgemeine An-
erkennung.

Beim Festessen der Künstler toastete Professor
Dill auf den Grotzherzog, Professor Tho m a auf den Erb-
großherzog, Ministerialrat Böhm auf Professor Dill,
Professor Volz auf den (durch Crkrankung am Crscheinen
verhinderten) Staatsminister a. D. Nokk, Professor Dill
auf die fremdländischen Delegierten und Gäste, Vautier
(Brüssel) in deutscher Sprache auf die „allgemeine und gren-

von den vier Brödchen, die für uns zwei bestimmt waren,
habe ich ein halbes, Hcms aber drei und ein halbes verzehrt."

Da kam Windmciers kleine Helene in die Stube und
sagte halblaut: „Hans hat gerauchtl"

Windmeier warf einen Blick auf das Schreibzeug und als
er sah, daß dic Cigarre verschwunden war, brach er in ein
helles Gelächter aus. Die Fraü Windmeier aber schrie: „So,
so, geraucht hat dcr Schlingell und das kommt dem Herrn
Gemahl so lustig vor, daß er hellauf lacht, anstatt den Stock
zu nehmcn und seine Vaterpflichten zu erfüllen! So seid
ihr eben, ihr Männerl"

„So, vorhin sollte ich den Doktor holen und jetzt soll ich
den Hans dur'chprügclnl" versetzte Windmcier in spitzigem
Tone. „Der arme Kerl ist für seinen Vorwitz gestraft ge-
nug und wird so schnell nicht wieder rcmchen. Aber so seid
ihr cben, ihr Weiber!"

Jm Laufe des Tages kam noch einmal das Gespräch auf
diese Affaire und nun klärte Windmeier seine Frau über den
Zusammenhang der ganzen Sache auf.

„Das hätte ich aber nicht geglaubt", meinte scine Frau,
„daß der Herr, der dir die Cigarren geschenkt hat, ein so
schlechtes Kraut raucht."

„Ja, von der gleichen Sorte raucht dieser Herr auch keine",
meinte dieser: „wahrscheinlich kauft er sich so ein Kistchen
von der billigen schlechten Ware, um sie gelegentlich für er-
wiescne Gefälligkeiten zu verschenken."

„Nun denn", meinte die Frau Windmeier, „wenn du den
Herrn wieder triffst, so sage ihm, Cigarren, die er selbst nicht
rauchen mag, soll er cm Andere auch nicht verschenken!"

zenlose" Kunst, Professor Widmer auf die Presse, Miuiste-
rialrat Nicolai auf den Zweiteu Präsidcnten von Bayer
und die Geschäftsführer und Chefredakteur v. Eckhardt
auf das Komitee.

An Sratsminister Nokk wurde folgendes Telegramm ab-
geschickt: „Dem genialen Schöpfer der Jdee einer inrernaiiona-
lcn Kunstausstellung, dem Verwirklicher eines langjährigen
Traumes der Karlsruher Künstlerschaft bringen die im INu-
seum versammelten Kün'stler und Kunstfreunde in tiefster
Dankbarkeit ein begeistertes Hoch!"

Zur Galavorstellung im Hoftheater hatte.
sich die Elite der Gesellschaft eingefunden. Das Parkett war
für die Offiziere und Bcamten, der erstc Rang für die Hof-
staaten, der zweite für die Damen der Hofgesellschaft und der
dritte und vierte Rang für die Unteroffizierc der Garnison
reserviert. Das Theater war festlich beleuchtet und mit Blu-
mcn reich und geschmackvoll dekoriert. Als die Grotzherzoglichen
Herrschaften in der Hofloge erschienen, brachte Rat Rnppert
ein Hoch aus den Großherzog aus, das brausenden Wiederhall
fand. Zur Aufführung kam die Oper „Lohengrin" von Wag-
ner, die mit Kammersänger Kraus - Berlin in der Titel-
rolle unter Mottls Leitung eine vollendete Wiedergabe er-
fuhr.

Nach dem ersten Akt begaben sich der Großherzog mit
dem Erbgroßherzog, dcn Prinzen Karl und Max und dem
Grafen Rhena zum Festbankett in die Festhalle, wo er
mit begeisterten Hochrufen begrüßt wurde. Der grotze Saal
ivar schon lange vor der festgesetztcn Zeit von einer gewählten
Gesellschaft bcsetzt. An einer Quertafel vor der bekränzten
Büste des Jubilars saßen die Ehrengäste, an sieben LLngs-
tafeln die ribrigen Teilnehmer. Die Gallerie schmückte ein
blühender Damenflor.

Zwei kraftvolle Männerchöre, von dem „Liedcrkranz" mit
großer Verve vorgetragen, leiteten das Bankett ein. Alsdcmn
bestieg Professor Oechelhäuser von ber Technischen Hoch-
schule das Podium und entwarf cin glänzenbes Bild von der
Regierungsthätigkeit des Großherzogs. Alsbald erhob sich der
Grotzherzog und führte nach einigen Dcmkesworten an
den Festredner und die Versammlung etwa Folgendes aus:

„Jch will nur weniges erwidern, um die Empfindungen
darzulegen, die mich bei diesem Anlaß bewegen. Wenn es
möglich war, für Karlsruhe manches zu thun, um es zu
stärken und zu entwickeln, so gestehe ich, daß ich gern dazu
beigetragen habe; aber das genügte nicht, wenn nicht dic,
welche es auszuführen haiten, den guten Willen dazu
gehabt hätten. Wir Aelteren wissen noch genau, in welch
kleinem Maßstab gcarbeitet werdcn mutzte, um das Slller-
notwendigste zu erreichen, aber wir wollen uns am Rcsultat
freucn: dicKraft und Energie derStadt hat das erreicht.Jhr
Vorgänger, Herr Oberbürgermcister, und Sie selbst empfin-
den es mit mir, was geleistet wurde. Bald kann man sagen:
Karlsruhe will eine Grotzstadt werden. Das lautet wohl
zu viel, aber es ist nähe daran, besonders gcwachsen ist
der Großhandel und das ist eine Kraft, die nicht hdch genug
geschätzt werden kann. Möge die Weitcrentwickelung der
Stadt auch in Zukunft ebene Wege gehcn und dencn, die
nach uns kommen, diejenige Bcfricdigung gewähren, die nö-
tig ist, weun man sich glücklich fühlen will. Daran schlietze
ich noch meinen besonderen Dank, daß mir von jeher so werte,
treue Gesinnung enlgegengebracht wordcn ist, die manchmal
den Mut in trüben Tagen stärkte. Jch kann nur sagen: be-
wahren Sie mii diese treue und licbcvolle Gesinnung urch
helfen Sie mir, solange mir Gott das Leben schenkt, die
Stadt Karlsrubc mit der Liebe zu unterstützcn, die ich mciner
teuren Baterstadt naturgcmätz entgegenbringe. Jn dieser
Gestnnung möchte ich Jhncn zurufen ein Hoch auf die
Stadt Karlsrühe, ein dreifaches Hochl"

Jubelnde Hxchrufe durchklangcn den weiten Saal nnd
wiederholten s.ich! als Oberbürgermeister S ch n e tz l c r, bevor
der Großherzog (um halb 11 Uhr) den Saal verlietz, die Ver-
sammlung aufforderte, „unsercm lieben Grotzherzog für seine
ivahrhaft freundlichen, gütigen und herzcnswarmcn Worte
durch ein dreifaches Hoch zu dcmkenl"

Den Abend beschlossen prächtige Chöre des Liederkranzes
und Musikvorträge der Leibgrenadierkapelle.

Stt. KarlSruhe, 25. April. Um 3 Uhr cmpfing der
Großherzog in Gegenwart dcs Erbgrotzherzogs und der
Herren vom persönlichen Dienst im roten Saale einc Abord-
nung des Bundesrates, bestehcnd aus dcm Reichskauzler,
bayerischen Gesandten, Grafen Lerchenfeld, Dr. v. Neidhardt
und Geh. Leg.-Rat Dr. Paulßen. Der Reichskanzler
hielt eine Ansprache, auf welche der Großherzog erwiderte
und unterhielt sich daun mit jedem einzelnen der Herren. Die
Antwort des Großherzogs auf die Bülow-Rede bei Em-
psang des Bundesrates lautete:

Sehr dankbar bin ich sür die Gefühle, die Sie vcranlatzt
haben, im Namen des Bundesrates zu Mir zu kommen. Jch
hm tief gerührt von der Absicht sowohl, als von dem so
werten Ausdruck, die Sie diesen Gefühleu gcgeben haben.
Alles, was Sie eben hervorgehoben haben, als einen Be-
weis dafür, daß Jch den nationalen Aufgaben pflichttreu
entgegengekommen bin, das darf ich wohl sagen, ist nichts
anderes gewesen, als eine Pflicht, eine-sehr werte' Pflicht,
die allerdings' auf tiefer Ueberzeugung und auch auf innigem
Wünsche beruhte. Daß es aber zu Stande kommen konnte,
daß wir uns in Deutschland eiuigten, da blicken wir doch
zu allererst nach oben, zu dem, der uns geholfen hat zum
Siege zu gelangen.Denn derSieg derWaffcn nur war es, der
es uns ermöglichte, uns politisch zu einigen und diese .Kraft,
die möge uns erhalten bleiben, denn darauf beruht in der
That alles das, was wir noch wünschen und hoffen wollen.
Daß uns diese Kraft des Heeres so viel geleistet hat, das ha-
ben Sie freilich borher auch hervorgehoben, indem Sie den
Namen Kaiser Wilhelms des Ersten nannten. Und da ist
noch ein Punkt, das ist die Selbstlosigkeit, mit der Kaiser
Wilhelm der Erste alles unternommen hat, was zum Wohle
des Reiches, damals nur des Vaterlandes und des Bundes
unternommen wurde. Diese Selbstlosigkeit hat es ihm
ermöglicht, hohe Ziele zu errcichen, die sich verwirklichen
in dem Kaisertum. Denn nur mit dieser Eigenschaft war es
möglich, den Uebergang zu schaffen, der ja nicht leicht war,
jaber durch seine Kraft, durch seinen Willen erleichtert wurde.
Daß Sie nun diese Gelegenheit ergriffen haben, meine Her-
ren, den Bundesrat hier bei mir zu vertreten, kann ich nicht
dankbar genug anerkennen, denn auch mein Streben wird es
sein, immer die einheitlichen, ich darf wohl sagen, freund-
schaftlichen Beziehungen unter den Bundesregierungen zu
erhalten und dadurch unsere gemeinsamen Arbeiten zu för-
dern. Jch darf wohl annehmcn, daß diese wahre Freund-
sichast Jhnen allen entspricht. Jch lege den größten Wert
darauf, und mein ganzer Wunsch geht dahin: Gott erhalte
uns, was unter seinem Schutz geschaffen wurde. Mit die-
sem Gedanken begrütze ich Sie von ganzem Herzen und
danke Jhnen, datz Sie hier erschienen sind, um mir so liebe-
volle Gefühle auszusprechen.

Es folgte der Cmpfang der hier eingetroffenen Spezial-
gesandten, nämlich des italienischen Botschafters Grafen
Lanza, der Abgesandten des Grotzherzogs von Hefsen, Fürsten
zu Lippe, Fürsten Reuh, Grohherzogs von Luxemburg, Grotz-
herzogs von Oldenburg, Landgrafen von Hessen, der Hansa-
städte, die hier wohnenden Gesandten von Preutzen und Rutz-
land, ferner derjenigen von Belgien, Württemberg, Bayern,

Sachsen, Oesterreich-llngarn, Schwcden-Norwegen, Portugal,
Grotzbritannicn.

Um 5 Uhr fand im Schlotz ein Galadiner statt, an
welchem die zahlreichen hier eingerroffenen Fürstlichkeiien,
die Würdenträgcr, der Reichskanzler usw. teilnahmen. Nach
dem Diner Hielr das Grotzherzogspaar Cercle.

Heidelberg, 26. April. Die gestriqe Un iversität sfeie r
verlief in dem üblichen akademischen Rahmen unter zahlreicher
Beteiligung in sehr würdiger Weise. Der Prorektor Hofrat
Buhl hielt die Festrede und gab darin eine Uebersicht über die
Entwickelung der Uupsrto-Oarola unter des Großherzogs Friedrich
Regiernng. Musikstücke eröffneten uno schlossen die Feier.

Dic Feicr der Höheren M ä d ch e u s ch u l e fand
gestern Vormitrag 11 Uhr in der Turnhalle srarr. Trotzdcin
schon am Donuerstag den unteren Klassen der Schule Gelegen-
heit gegeben wurde, die Aufführung zu hören, faßte dcr zu
Üeine Raum Schülerinnen und Gäste nichl. Deshalb soll sie
am Montag, mirtags 3 Uhr wiederholt werden. Die Hymne
von Mozart „Preis der Gottheir" eröffnere die Feier. Jn
einer turzen, aber um so herzlicheren, warmeu Ansprache gab
Herr Professor Ehrhardt eine Uebersicht über die Regie-
rungszeir des Großherzogs, über rhre großen Ereignisse, ihre
Fortschritte auf allen Gebieten. Wcbers Jubelouvcrtürc leirete
dann das Fesrspiel von Professor Lamcy ein. Mädchen in dc»
verschiedenen Trachten unseres Badnerlande- von der Fischerin
am Bodensee bis zur Pfälzer Marktfrau brachten in ihrcn
Mundcrrten dem Gefeiertcn Glückwünsche rmd Geschenke dar.
Klio unb Badenia schlossen feierlich den bunten Kreis ein-
Unter dem Jubel der Volkshymne legte Badenia den Lorbeer-
kranz auf des Großherzogs Haupt, und malerisch ordnetcn
sich die Trachtenmädchen um seine Büste, nmwogt von einein
Wald von Tannen. Darauf trug der Chor der mittleren
Klasscii frisch und munter ein Maienfestspiel mit Deklamation
vor. Zum Schlusse dankte der Direkrör, Herr Geh. Rat
Thorbecke, im Namen der Schule und der SchülerinncN
der Stadtgemeinde für die schöne Spende in Wort und Bild,
die er den Schülerinnen überreichen ließ. Er forderte die
Anwcsenden auf, mit ihm die Frau Großherzogin zu bitten,
ihrem hohen Gemahl die Glückwünsche und den Dank dcr
Schnle zu vermitteln. Jn das Hoch auf das verehrte Fürsten-
paar stimmte alles, Grotz und Klein, jubelnd ein.

Das gestrige Festbankett im Städtischen Saal-
bau wies einen so großen Besuch auf, datz die SpärertöM-
menden kein Plätzchen mehr fanden. Der weiie Saal war bis
in die Ausgünge hinein völl besetzt. Auf der Gallerie hatte
ein reicher Damenflor sich eingefunden. Eine würdige Aus-
schmückung zierte den Saal. Jm Hintcrgrnnde zwischen
Palmen und grünen Blattpflanzen in Ueberlebensgröße vost
Herrn Kerzinger herrührend, die Büste des Grotzhcrzogs, dar-
über aus Glühlampen zusammengesetzt in dcn badischen Lan-
desfarben die Fürstenkrone, umschlungen von Lorbeerzweigest-
eingerichtet von Herrn Kunst. Festliches Tanncngrün und
Epheugeranke schlangen sich von Säule zu Säule, auf hohest
Masten prangten Feststandarten und vereinigten sich mii de»
überall angebcachlen badischen Landcsfahnen zu cinem schöne»
Ganzen. Dazu wics das Festbcmkett eme glänzeude Versanstw
lung auf. Militärs, das gesamte Offizierskorps der Garni-
son, die Spitzen der Behörden und zahlreiche Vertreter dei'
Universität harten sich neben den zahlreichen anderen Gäste»
hier eingefnnden. Das städtische Orchester leitete die erhe-
bende, glänzende Feier mit der Jubelouvertüre von WebK
ein. Prorektor Hofrat Professor Buhl ürachte hierauf de»
ersten Trinkspruch auf den deutschen 5kaiser und das ReÄ
aus. Es folgte das allgememe Lied „Heil dir im Sieger-
krauz. Bürgermeister Dr. Walz hieli dann die Festrede-
Jn beredten Worten gab er den freudigen Gefühlen Ausdrstck'
die das ganze Badener Volk bei der seltenen Feier des 50-
jahrigen Regierungsjubiläums semes FLrsten ergreife. Das
Glück, so führte er aus, das während dieser Daner der segens-
reichen Regierung des Großherzogs, der als weiser und milP"
Rcgent waltet, in das badische Land eingezogen ist, vereinig'
es heute zu einer großen Festgemeindc. Und Grund ist bollcst»
vorhanden, dankbar zu sein d?m Fürsten, der nicht müde
wurde, trotz aller Schwicrigkeiten, stets auf das Wohl seiiie^
Landes im engeren wie weiteren Sinne bedacht zu sein. Uus^
Heimatland lag darnieder, schwer leidend unter dem Drucki'
der auf ihm lastete, das' Volk verstimmt und erbittert. U>^
die Sehnsucht des gesamten deutschen Volkes, das groh»'
einige Deutschland, es hing hoch in den Woltcn, nur de>»
Dichter und Sänger erreichbar. Mit schwercr Sorgs mutz^
der 26jährige Fürst an seine Aufgabe herantreten. Aber
hatte sich der junge Fürst sein Ziel gesteckt und er behielt ^
unentwegt im Auge: die Wunden, die dem öffentlichen Lebe"
geschlagen worden, wieder auszuheilen imd von neuem enP''
Staat aufzubauen, wic sein Ahnherr und sein Vater A'
erstrebt, der beruhen soll auf der freien Mitarbeit der KrE
des Volkes und geleitet werden von dem Grundsatze: Fn"(
und Volk gehören zusammcn. Nicht zur Bethätigung fstir.
licher Macht sah er sein Amt sich übertragen, sondern wic ^
es selbst so oft ausgesprochen: zum Dienen fühle er sich »si
rufen nach den Worten des Apostels: Ein jeglicher diene sei»O
Nüchsten nach den Gaben, die er cmpfangen. Kaum ein Ja^,
zehnt nach jenen trüben Tagen that er jenen Schritt aus Pö
alten Staatswesen, in dem troh freier Verfassung noch 1"-,
schroffe Gegensätze zwischen Dolk und Staatsgewalt, zwischsi
Bürger und Beamten bestanden, hinübcr zu einem stP"p
Staatswesen, das freihcitlich ausgestaltet dem freien SP>^
der Kräfte, soweit solches berechtigt, frcie Bahn ließ und Q
Einrichtungen schuf, welche die Mitarbeit des Volkes an
Leben desStaates ermöglichen. DieEingangsworte zu derOst^,,
proklamation gaben dem Gruudgedanken jener einschneiöcn»^
Aendcrungen ergreifendeu Ausdruck. Es war uur eine k»^.
Spanne Zeit verflossen, seitdem der i» gleicher Richtung u»^>,
uommeue Wunsch seines Vaters Schiffbruch erlitten, trotz^.,
hat Grotzherzog Friedrich es von neucm gewagt, und der
folg hat ihm Recht gegebcn. Bürgertum und Beamtenstastd st„,
zufammengewachsen, Fürst und Volk haben sich gcfurwA
ohnc daß die Staatsautorität Not gclitten hätte. Redner Ol.
dann in gedrängten Sätzen cinen Ucbcrblick über die
positive Arbeit, die in der Regierungszeit des Großhc>E,,
und unter seinen Augeu geleistet wordcu ist, dabei auÄ
Ausbau der Verfassuug der Städtc als naheliegend für
Zuhörer berührend. Dann wies er auf dic deutsche P"U,
des Großherzogs hin, kurz die Ereignisse von 1859,

1866 bis 1870—71 berührend. Dann erinnerte Redner > z,
ran, daß der Großherzog in eben diesem Saale schon rnehrsP,K
bei lvichiigen Anlässen seine Stimmc erhoben habe. Er
ihn als Vorbild dienender Treue, gab den Gefühlen §es
und der herzlichsten, innigsten Wünsche für das Wohlergc>Le
des erlauchten Landesherrn Ausdruck. Er schloß seine "f^,>
mit dem Hinweis auf den alten Spruch des Grotzherzog>>"§»
Hauses, der in Verona zu lesen ist: pro summa tiäs — sst»>

nmor (für die größte Treue die Lrötzte Liebc).


Brausend hallte nach Schluß der Rede die badische
durch den Saal. Den Trinkspruch auf Jhre Königliche
die Grotzherzogin brachte Oberamtmann Dr. Holde^,
aus. Er pries sie als Landesmutter, ihr Glück als GeMffv^,
und als Mritter uud schilderte ihre hohen weiblichen Tug"»
ihre Gottergebenheit, ihre Anteilnahme an dem Los
Armen und ihreErziehungsfürsorge. SeinHoch galt einer t»
 
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