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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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MonLag, 28. April 1902.

Grstes Blatt.

44. Jahrgang. — ^

E rscheint täalich, Sonnlaas audgenovllnen. PreiL mit Familienblättern monatlich 50 Pffl. in'd Haus aebracht, bei der Expedition .und den Zwcigstcllen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr. . . . . 8Ä

Anzeigenpreis: L0 Psg. sür die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschästs- und Privatanzngen ermäßigt. — F»r die Aufnahme von Anzeigen an .bestimmt
vorgefchriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnfcrate aus den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den stadt. Anfchlagstellen. Feinsprech-Anschlutz Nr. 82

Dom Wegierungsjuvttäum des Kroßyerzogs.

LL. jiarlsruhe, 26. April. Die Jubilcrumsfeier-
lichkcitcn sind auf ihrcm Höhepunkt angekommen. Der
F r e m d e n z u st r o m wächft ins Ungehcure, so datz der
Verkehr auf den Stratzen bereits zu ftocken beginnt. Heute
waren die Bahnhofgegend und der Schlotzplatz schon in den
frühen Morgenstunden von einer festesfrohen Menschenmenge
umlagert, die fich zur Begrützung des Kaifers einen günsti-
geu Platz sichern wollte. Punkt halb 10 Uhr traf der
Sonderzug auf dem Hauptbahnhof ein; der Kaiser entstieg
elastischen Schrittes seinem Salonwagen und begrützte in
herzlicher Umarmung den Grotzherzog und dcn Grotzfürsten
Michacl, sodann durch Händedruck nach einandcr deu Erbgrotz-
herzog, die Prinzen Max und Karl, den Reichskanzler Grafen
bon Bülow, den Staatsminister von Brauer, den babischen
Gesandten am Berliner Hofc, von Jagemann, den preuhischen
Gesandten von Eisendecher, die Generäle von Bülow und Bock
von Polach, sowie die Adjutanten, welche sich zum Empfange
auf dem Perron eingefuuden hatten. Die Fürsten fuhren
»lsbald in offcnem Wagen, von einer jubelnden Volksmenge
Itürmisch begrüht, ins Schloh, wo die Grohherzogin mit der
Kronprinzessin Viktoria, dcr Erbgrotzherzogin und der Erb-
brinzessin von Anhalt dcn hohen Gast erwarteten. Gleich
barauf zogen die vereinigten Gesangvereine der Stadt, rund
500 Mann, mit 18 Bannern, voraus die Dtusik der Leib-
Srenadiere vom Rathaus zum Schloß, um dem Grotzherzog
rin Gesangsständchen darzubringen. Nachdem die Musik mit
einem altbadischen Marsch intoniert hatte, sang dcr Riesen-
shor mir prächtigcr Tonfülle und schwungvoller Empfindung
lünf Nummcrn: Krcuzers „Das ist der Tag des Herrn", Wil-
helms „Frühlingszcit", Abts „Hcimat", Jüngsts „Badnerland"
stnd „Lacombes „Ständchcn im Frühling". Schneidig diri-
Sierte Profcssor S ch e i d t, dcr Chormeister des Liederkranzes
bas populäre Programm und prächtig klangen die wohlabge-
wnten Massengesänge. Der Großherzog nahm inmitten der
Fürstlichkcitcn vom grotzen Balkon der Mittelfront die musi-
mlische Huldigung entgegen: bei der Stelle in Jüngsts Chor:
''Grüß Gott, mcin schönes Badner Landl" wintte der Kaiser
hinab zum lenzgrünen Schlotzplatz, den in weitem Rund die
-Aenge der Zuschauer säumtc. Nach dem Ständchen beschied
^er Großherzog die Vorstände der Vereine zu sich, um ihnen
herzlich zu danken. Zum Schlusse brachte Stadtrat Dr. Binz
^ls Vorstand dcr Liederhalle ein Hoch auf den Grotzhcrzog
Ms, dxm die vcrcinten Männerchörc den markigen Sänger-
Awtz solgcn lietzcn. Dankend und grützend winkte noch der
Aroßherzog vom Balkon herab, dann ging es unter klingcndem
^biel znr Stadt zurück.

^ Eine Stundc spätcr — um 12 llhr — spielte sich auf dem
tschlotzplatz ein glänzendes militärisches Schauspiel ab —

Kaiserparade der Garnison Karlsruhc, zu der
Vvch das Mannheim-Heidelberger Grenadierregiment dcs
isers gestotzen war. Auf der Ostseite standen dic Grenadier-
^Simenter 10Ü und 110, auf der Westseitc die Artillerie-
^bgimenter 14 und 60, auf der Südseite die Leibdragoner —
?Üe m Helmbüschen. Bei der Schlotzwache nahmen die dicnst-
,s?icn Offiziere, anch die des Beurlaubtenstandes, die Gencra-
>bät nnd die Kadetten Anfstellung. Zuerst kam vom Schlotz hcr

Grotzhcrzog in grotzer Generalsuniform. Gcneral von
sfvck und Polach iorderte die Truppen auf, als badische
^irideskinder dem Landesfürsten ihre Trene, Liebe und Ber-
-hrung zu bekunden. Ein schneidigcs, vicltansendstimmiges
Urrah folgte. Das wiederholte sich, als dcr Kaiser, den
^mrschallstab in der Hand erschien. Die Mannschaftcn präsen-
^rten, die Fnfanterie mit anfgepflanztem Seitengewehr, die
^iisikkorps spicltcn nnd die Trommeln wirbelten. Gencral

Bock und Polach und der Divisionskommandeur von
^veckendorff und von Hindenburg. dcr die Parade komman-
^rte, erstattcte dem Kaiser Mcldung, der dann mit dem
^otzhcrzog, gcfolgt von einer glänzenden Suite, in frischem
^wvo das Viereck dcr Truvpen abschritt. Den Parademarsch z
^s Trnppen in Zngen nahmen Kaiser nnd Arotzherzog bei der ,
Motzwackie ab, währcnd die fürstlichen Damcn vom hohen I

Balkone denselben besichtigten. Bcsonders stramm uud tadel-
los gerichtet zog das Leibgrenadierregimenr vorüber, das der
Grotzherzog dem Kaiser vorführte, während dcr Kaiser an der
Spitze seiner 110er Grenadiere am Grotzherzog vorbcimar-
schierte. Sämtliche Truppen waren zu Futz bis auf eine Bat-
terie, welche auf dem Engländerplatz den Kaisersalut abgegeben
hatte. Den Abschlutz der imposanten milirärischen Feicr machte
die Fahnenkompagnie des Leibgrenadierregiments mit Lcm
Zurückbringen der Regimentsfahnen ins Schlotz, in das sich
der Grohherzog mit seinen hohen Gästen zur Frühstückstafel
zurückzog.

Der Kaiser war in sehr frischer, aufgeräumter Stimmung.
Mit herzlicher Freude wurde allgemein bemcrkt, mit welch
heiterer Liebenswürdigkeit unser thatkräftiger Kaiser und unser
gütiger Grotzherzog sich unterhielten.

Um 3 Uhr begab sich der Grotzherzog mit dem Erbgrotz-
herzog nach dem Bahnhof, um den König von Wüttem-
berg abzuholen. Der König traf präzis 3 Uhr 0 Minuten
ein und fuhr alsbald an der rechten Seite des Grotzherzogs
in die Stadt, freundlich dankend für die Begrüßung durch
Hoch- und Hurrahrufe, die ihm als Ehrengast gewidmet wur-

Um 5 Uhr fand im Grohherzoglichet? Schlotz Paradetafel
stati, wozu über 200 Einladungen ergangen waren. Bci der
Tafel hielt der Grotzherzog folgende Ansprache:

„Gestattcn Eure Majestät in Gegenwart Meiner vielen
Gäste Meiuen innigsten und wärmsten Dank dafür auszu-
sprechen, datz Sie mir die Ehre erzeigt haben und die
Freude, am hcutigen Tage hier zu erscheinen und durch
ihr Erscheinen dcm Feste, das gefeiert wird, eine noch viel
höhere Bedeutung zu geben. Eure Majestät wissen, was
ich damit sagen will und kennen Mich genügend, um zu
glaubcn, datz es keine Worte, sondern tiefe Empfin-
dungen sind; Empfindungen des Dankes, der von alter Zeit
für "das Haus Ew. Majestät Mich bewegt und dem ich doch
auch einen kurzen Ausdruck geben dars. Denn an dieser
Stelle hier war es mir vergönnt, ebenso Allerhöchst-Jhren
Herrn Grotzvater vielfach zu begrützen, als auch Jhren
Erlauchten Vater bei verschiedcner Gelcgenheit mit der
Gesinnung zu begrützcn, wic sie sich nur durch langes Lebcn
befeftigen lätzt. Dicse Erinnerungen sind mir so wert nnd
so teuer, datz sie die Anwesenheit Eurcr Majestär noch be-
deutend erhohen. Der Rückblick auf die Vcrgangenheit cr-
füllt Mich ja überhaupt in diesen Tagcn ganz bcsonders,
und es wäre eitle Mühc, wenn Jch sagen wollte, was Mich
Allcs dabei bcwegt. Denn cs ist Geschichte geworden und
allgemeines Eigentnm. Aber das Eine bewegt Mich am
ticfstcn, sagen zu kvnncn, daß ich eine lange Zeit habe
thätiq sein dürfen nnter Gottes Schutz nnd Segcn. Fhm
dankc ich dafür. Meinc Wünsche gehen aber noch vicl weiter.
Sic zielen dahin, datz die Regierung Eurer Majestät eine
in jedcr Bezichung gesegnete bleiben mögc, datz Jhnen
Freude, Fricdc und Zufricdenheit entgegcnkommc für alle
Jhre Untcrnehmungen, für alles, was Sie zum Wobl des
Reichs und, ich darf hinzufügen, zum Wohl der Armee, im
Auge haben und durchführen wollcn. Dicser Armce anzu-
gehören, in ihr thätig scin .m iöniien, gchört zu Meiner
grötztcn Befriedigure uud c> '' ccki in Mir dic Hoffnung,
noch weiter in ihr wirkcn zu dürsen. Datz für die Zukunft
diese Möglichlci, bevorsreht, ist es auch, worauf wir Alle
hosfen und wonach ivir ANe streben mit der ganzen Kraft
unscrer Uebcrzcvgung. Mögc es mir gestattet sein, dicse
Gesinnungeii, dic mit ganz besonderer Stärke lcbendig ge-
wordcn sind, zum Rnsdruck zu bringen. Möge Eurc Majc-
stät noch lange gesegnci rcgierenl Wir geben dem Aus-
druck unserer Empfindungen Laut mit dcm Rufe: Seine
Majestät der Kaiser und König, cr lebe hochl"

.diicranf erwiderte der Kaiser mit folgcnden Worten:

„Eucre Königliche Hoheit haben die Gnadc gehabt, hier
am hcmigen Festtage auch meiner zu gedenken, und mit
ricfbcwcgtcm Hcrzen ergreife ich das Wort, um den Dank
auszusprechcn für diese auherordentlich freundlichen Wortc,

diese zu Herzen gchcndcn Wortc, dic Eucre Königliche
Hoheit soeben gesprochen habcn. Wie dicse Halle und wie
dieser Fleck, an dem ich mich entsinne, dic erhabene, Ehr-
furcht gebietendc Gestalt meines hochseligen Hcrrn Grotz-
varers und neben ihm die Lichtgestalt meines Vaters ge-
sehen zu haben, so birgt das Karlsruher Schlotz in allen
seinen Teilen für mich Erinerungen von Höchstem Herzens-
wert, und es war natürlich, datz ich den Wunsch hegte, bei
diesem so seltenen und einzig schönen Fcste, welches Gottes
Hrlld und Gnade Eurer Königlichen Hoheit mil Jhrein
Hause beschert har, auch meincn beschcidenen Anteil nehmen
zu können. Ein Vorbild selbstloser, hingebcnder Pflicht-
ersüllung in der Regierung, wie in militärischen Verhält-
nisse, ein treucr Waffcngcnosse und Förderer der Gedan-
ten meines hochseligen Gro^iaters, ein emsigcr und eif-
riger Hütcr der erworbenen Schätze und Güter unseres
deutschen Volkes, in allcn diesen Dingen ein Vorbild für
unsere jüngere Generation, so stehen Euere Königliche
Hoheit vor den Augen der Generation, die ich präsentiere»
die uiiter den Eindrücken des grotzen Jahres aufgewachsen
ist. Es kann für mich nur der höchste Ruhm sein und zu-
gleich in mir die höchste Dankbarkeit erwecken, wenn aus
dem Munde dcs Vertreters der Generation meines Herrn
Grotzvaters, aus Euerer Königlichen Hoheit Munde selbst
das Wort ausgcsprochen wrrd, datz Sie mit den Grund-
sätzen, mit denen ich zu regicren versuche, cinvcrstanden
sind. Denn es geht daraus hervor, datz dlese Grundsätze
sich in Bahnen bewegen, die mein unvergeßlichcr Grotzvater
uns vorgezeichnct hat. Wollte Gott, es hätte ihm gcfallen,
meinen herrlichen Vater noch recht lange zu erhalten. Aber
da cs nun einmal anders gekommen ist, so bin ich auch sest
entschlossen, dem schwercn Erbteil, das mir zugefallen ist,
mit Ausbietung allcr mciner Kräste gerecht zu werden. Das
geschreht bcsonders durch dic Pflege der Armcc. Jch hoffe.
datz es mir gelingen wird, durch sorgfältigc Pflege sie in
dcm Zustand zu erhalten, wie sie mein Herr Grotzvater miv
überlietz, als ein Jnstrument in seiner Hand, den Frieden
zu erhalten, im Kriege zu siegen, als eine unvergleichliche
Schule für die Erziehung unseres Volkes. Jch kann mir
aber eine solche Arbcit nur lohnend und zu gleicher Zeit er-
sprießlich denken, wenn solche Vorbilder, wie Eure König-
liche Hoheit unter den deutschen Reichsfürsten sind, mir zur
Seitc stehcn. Dcnn es ist selbstverständlich, datz eine ältere
Generation, wenn sie mit einemmale ihres würdigen Haup-
tes beraubt ist, cs schwer sinden muh, einer jüngeren Hand
zu folgen; denn dic Ansichten wechseln wie die Aufgaben
der Zeit. Wenn daher aus so berufencm Munde und von
solcher Seite mir aufmnnternde und lobende Worte aus-
gesprochen werdcn, so schöpfc ich daraus den Mut zu wei-
tercm Strebcn. Meinc Worte sollen damit schließen, datz
ich nicht allcin, sondcrn im Namen jedcs Dcutschen von
ganzem Herzeu Gottes Scgen crflehe für Euerc Königliche
Hoheit iiud Jhr Hans, auf datz Sie auch fcrncr mir als
Bcratcr zur Scite stehcn und als Vorbild mir vormistchen.
Unseren Gesinnungen gebcn wir Ausdruck, indem wir
rusen: Seine Königliche Hohcit der Grotzherzog von Baden
Hurrah, Hurrah, Hurrahl"

Das Stadtgartenkonzerr war so ftark besucht.
daß schon um 4 lihr faft kein Sitzplatz mchr zu bekommen
war. Außer den Produktionen dcr Artilleriekapellc bildete
der Luftballon des Luftschisfers Paul Spiegel von Chem-
nitz cine Anziehung. Jmmer mehr Leute strömten hinzu, meist
Fremde, und zwar viele Landleute. Mit Jntcresse sahen die
Leute üer FLllung des Ballons zu, der mit badischen und
deutschen Bändern und Fahnen verziert war. Um halb 6 Uhr
crfolgte der Aufstieg untcr dem Hurrah der Zuschauer. Spicgel
stand auf dcm Rand der Gondel, sich am Ring haltend. Lang-
sam schlug dcr Ballon die Richtung nach Südwesten ein. Jn der
Höhe lietz Spiegel einige Tauben fliegen, von denen sich die

^rozeß Krostgk.

Gumbinnen, 26. April.

y Jn der heutigen Sitzung verlas der VerteidigerHorn
?kri Brief, der ihm datiert vom 24. Apcil aus Ber-
wit der Unterschrist „Hermann Bartel, Unter-
sAizier der Landwehr" zugegangen ist. Es heißt
„Jch diente bei der 4. Eskadron. Am 10. Sep-
^bxx 1901 bin ich in Gumbinncn gewesen und beim
^taurateur Kretschmann in der Goldaperstraße vorüber-
i^ngen. Da hat K. zu mir gesagt: Was meinst Du
dazu, daß deinalter Kamerad Marten zum Lode verurteilt
ijHben ist? Bartel bemerkte darauf, er halte Marten
tz, unschuldig. Steife Mützen tragen auch noch andere
Mten als Unterosfiziere. Kretschmann erwiderte: „Alter
i^ge, Du hast Recht. Jch kann nicht genau sagen, ob
Abend des Mordes oder am solgenden Abend ge-
istEN jst, da hat eine Anzahl Dragoneroffiziere in einem
mit Damcnbedienung ein Sektgelage gehabt. Es
si?be da unter anderem gesagt: Nun, Gott sei Dank,
ist er tot; also darauf noch eine Pulle! Unter den
^uants erkannte ich die Offiziere Brandt und Weih.

könnte noch bedeutend mehr sagen, aber ich will mich
hMstlich nicht schädigen." Der Vertrcter der Anklage
vor, über den Brief zur Tagesordnnng über-
Der Verteidiger Horn bemerkt, im Jnteresse dcr
ijMere liegt ein bloßer Ucbergang zur Tagesordnung
Seien die im Briefe ausgesprochenen Ungeheuerlich-
^ unwahr, dann müsse Bestrafung wegen Bcleidigung

eintreten. Das Gericht behält sich Beschlußfassung dar-
über vor.

Der Verteidiger Burchard beantragt nochmalige Ver-
nehmung des Gefreiten Stumbries über die Bemerkung:
„Der Hund muß heute noch Farbe bekennen", die Marten
auf sein Pferd bezogen haben soll. Leutnant v. Wedel
bekundet, Rittmeister v. Krosigk habe sich Weihnachten 1900
bei der Vorstellung seiner Rekrutenabteilung sehr lobend
über Marien ausgesprochen. Wachtmeister Marten be-
kundet, v. Krosigk habe an ihn so hohe Anforderungen
gestellt, daß er ihnen nicht gewachsen war; beleidigt habe
ihn der Rittmeister- nicht. Er äußerte sich wiederholt lobend
über seinen, Martens, Sohn. Rittmcister Ackermann
sagt auS, v. Krosigk habe den Wachtmeister
sehr scharf vor versammelter Mannschaft in einer Weise
behandclt, wie cs sich eigentlich dem alten Wachtmeister
gegenüber nicht geziemte. Oberleutnant v. Pocllnitz und
Oberleutnant Johl schließen sich im allgemeinen den
Bekundungen dcr Vorzeugcn an. Ersterer teilt noch mit,
eine Schneidertn, namens Warl, die für seine Frau
arbeitete, habe gleich nach der Verurteilung Martens er-
zählt, eines abends sei ein Mann zu ihr gekommen und
habe um Nachtlager gebeten. Sie habe dem Ansuchen
entsprochen. Der Mann, der sich als ein Besttzer aus der
Gegend von Stallupönen ausgab, habe gesagt: „Martcn
ist unschuldig. Jch erschoß den Rittmetstcr. Jch habe
nun Tag und Nacht keine Ruhe." Der Mann bot ihr
eine große Summc Geld an; sie habe sie aber mit dem
Bemerken abgelehnt, er solle es zu dem Gumbinner Denk-

mal geben. Der Gerichtshof behält sich vor, die Warl als
Zeugin zu laden.

Oberleutnant Johl bekundet noch, er habe vom
Bürgermeister Schirwindt erfahrcn, der Vater Hickels sei
ein ehrenwerter Mann, treibe aber umfangreichen Schmuggel
nach Rußlund. Hickel bemerkt, sein Vatcr sei Besitzer
von 60 Morgen Land und habe niemals Schmuggel ge-
trieben. Kriminalschutzmann Schrö d er-Berlin, früher
bei der 4. Eskadron, erklärt, Marten habe, als er aus
der Telegr>iphenichule war, ihn oft besucht und ihm er-
zählt, es sei ihm zugeredet worden, bei den 2. Gardeulanen
zu kapitulieren; er könne das aber seinem Rittmeister, der
ihn frühzeitig zum Unteroffizier besörderte und ihn auf die
Telegraphmschule geschickt habe, nicht anthun. Der
nun erscheinende Feldwebel Tollkühn, Aufseher des
hiestgen Militärgefängnisses, bekundet über die Flucht Mar-
tens. Marten behauptet, Tollkühn habe ihn schlimmer als
ein Stück Vieh behandelt; Tollkühn bestreitet alles.

— Ei» Bnckfisch. „Zch bin sc> veriiebt, ach sn unendlich
glücklich, ich möchte ihn sehcn, und weitz nicht, wv, ihm schrei-
bcn, und weih nicht was, ihn tüsscn, und weitz nicht, wenl"

— Aus eincm Licbrsbricf.Jch hab' heutc vergeb-

lich eine Stnnde anf Dich, Gelicbter, gewartetl . . . Hoffent-
lich warsr dn krankl" —

— Vcrblümt. (Frci nach Sparta.) Vater: „Nlcin Sohn.
hicr schenk' ich dir ein Auromobill Komme znrück mit ihm
imd anf ihm l"

Wer kcinc Gcheimnisse weitz, dcr gilt leicht für vcrschwiegen.
 
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