Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

DOI chapter:
Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0829

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
niemals erlilten hat. Tanach ist am 6. Febnmr von
Jeba aus eine Expedition von englischen Truppen anf-
gebrochen nnd nahm den König von K'ontagaro gefan-
gen. Ter ttönig nmr im s>ebrnar 1901 gefchlagen, aber
mit dem Hanptteil seiner Streitmacht entkommen nnd
hatte in einem befestigten Lager bei 5laya, in der Nähe
von Maska, Streitkräfte in Stürke von 10 000 Mann
zusammengezogen. Als die britischen Trnppen cintrafen,
fanden sie das Lager verlassen. Der König war nach
Kano geflüchtet. Der Gegner wurde dorthin verfolgt
und nach einigem Widerstand besiegt nnd ergab sich.
Der gefangene Konig ist ein Neffe des Snltans von
Lokoto.

Rutzland.

Pete r s b nrg , 28. April. (Frankfurter Zei-
tnng) Bisher ist es, nnr gelungen, einen MitschnI -
digen des Mörders des Ministers Ssipjägin zu
verhaften, den Lkutscher >»des Wagens, in dem der Mör-
der zum Reichsratspalais gefahren ist. Der Mörder
heißt Balyschew. Dem Schneider, bei dem er die Adju-
tantenuniform bestellte, sagte er, er sei Adjutant des
Generalgouverneurs von Finland, Bobrikow. Anßer
der Adjntantenuniform bestellte Balyschew bei dem
Militärschneider noch eine andere llniform, wie er sagte,
für seinen Bruder. Man fapd bei ihm das Rezept einer
Wiborger Apotheke und finnisches Gcld. Ob er aber
in Wiborg gewesen ist, ist unsicher. Der Mörder schweigt
hartnäckig über seine Mitschuldigen.

Jtalien.

Aus Venedig, 28. April, wird dem „Berl.
Tagebl." gemeldet: Jn Venedig kain es gestern zu um
erhörten Skandalen, die leicht einen internationalen
Zwischenfall im Gesolge haben können. Jn dem elegan-
ten Cafsi Ouadri am Markusplatz gerieten zwei Offi-
ziere des in Venedig ankernden a m e r i k a n i s ch e n
Kreuzers „Chicago" in Streit und schlugen auf
einander ein. Als die Polizei erschien, stürzten sich die
beiden Offiziere und andere amerikanische Seleute auf
die Polizei und zwischen den Parteien entspann sich
eine wilde förmliche Schlacht, wobei beiderseits Verwun-
dnngen vorkamen. Erst als die benachbarte Feuerwache
und viele Bürger der Polizei zu Hilfe eilten, konnten die
betrunkenen Ämerikaner gebändigt werden. Schließlich
wurden mit großer Mühe der Kapitän, zwei Leutnants,
ein Stabsarzt und cin Soldat festgenommeir und in Ge-
wahrsam gebracht und gegen alle sofort der Prozeß in
abgekürztem Verfahren eingeleitet. Heutc wurden zwei
weitere Seeleute der „Chicago" verhaftet, die sich auf
offener Straße ungebührlich betrugen.

Kleine Zeitung.

— Londvn, 27. April. Der A u t o m o b i l s P o r t
hat bisher in England nicht solche Fortschritte gemacht,
wie man es bei der bekannten Vorliebe der Engländer
für jede Art Sport eigentlich HLtte vermuteu sollen.
Ein Automobilwagen ist noch immer eine Seltenheit
in den anßerhalb des fashionablen Westends gelegenen
Straßen, und zieht als solche die Aufmerksamkeit des
Publikums manchmal in einer für den Fahrenden lästi-
gen Weise auf sich. Hierin dürfte aber bald ein Um-
fchwuug eiutreten, denn die Popularität des Selbst-
fahrers ist iu der letzten Zeit doch merklich im Zunehmen
begriffen. Die Automobil-Ausstellnng in der Agricul-
tural Hall in London, die heute geschlossen worden ist,
hatte in den letzten Wochen einen außerordentlich starken
Besuch aufzuweisen und, was für die Aussteller noch
angenehmer isl, die Aufträge liefen in großer Menge
ein. Jm ganzen sind etwa für fünf Millionen Mark
Automobils bestellt worden, wovon der Löwenanteil,
etwa zwei Millionen Mark, der Firma Daimler u. Co.
zufällt, die zu ihren neuen Kunden den Herzog von
Santo Mauro, den Earl of Craven, Sir Thomas Lipton
und andere bekannte Perjönlichkeiten zählt. Dagegen
bestellte sich Lord Salisbury bei der Lokomobile Com-
pany einen Wagen mit Dampfbetrieb. Wie die großen
Firmen in dieser Branche mitteilen, soll das Geschäst
den Plötzlichen Aufschwung iin Handel mit Fahrrädern
vor einigen Jahren völlig in den Schatten stellen.

— Einc wackere That! Unter dieser Stichmarke be-
richtet das „Köln. Tageblatt" über das nachstehende
Bravonrstück. Am Montag Nachmittag stürzten beim
Spiel ein sechsjähriger Knabe vom Kaiser Friedrichufer
unterhalb der Trankgasse hinab in den Strom. Die

Leute liefen znsammcn nnd mehrere Männer riefen um
Hilfe, unfähig, selbst etwas zu thun, da sie des Schwim-
mens nicht knndig waren. Das Kind trieb einem
vorüberfahrendcn Schraubendampfer entgegen und schon
sah man seinen sicheren Nntergang vorans. Da hörte
ein von einer größeren Tour heimkehrender Ikjähriger
Radfahrer das Hilferufen: sofort sprang er ab, übergab
sein Rad einem der Zuschauer, zog seine Jacke aus und
sprang in die Wogen. Jnzwischen war das .Kind ganz
in die Itühe des Dampfers gelangt, und von oben rief
man dern jungen Manne zu, er möge sich selbst nicht in
Gefahr bringen, zur Rettung sei es zu spät; aber der
Wackere erreichte den Jungen dicht vor dem Dampfer,
riß ihn an sich, legte sich auf den Rücken und den Ge-
rettsten guer über seine Brust und errcichte nach gewal-
tiger Anstrengung das Ufer, wo sich ihm und dem Kinde
hilfreiche Hände entgegenstreckten. Als der Brave den
Geretteten in Sicherheit wußte, schwang er sich auf sein
Rad und fnhr davon. Der wackere Retter war Werner
Brandenberg, der Sohn des Schulrats Dr. Brandenberg
in Köln. — Bravo!

Ncwyork. lleber eine unnatürliche H i tz w e l I e,
die sich nnerwartet in Newyork eingestellt hat, wird
dem „Hann. Kour." aus Newyork gemeldet: Der 23.
April dieses Jahres war der heißeste 23. April, den die
Geschichte des meteoro-logischen Jnstituts verzeichnet.
Jn Newyork zeigte das Thermometer 90 Grad Fahren-
heit. Das sonst emsig Pulsierende Leben war förmlich
erschlafst. Die teilnahmelosen und unter der Hitze
leidenden Menschen suchten die nächste Sodaquelle auf,
und der Konsum an Eisgetränken war nngeheuer. Die
Röcke wurden ausgezogen. Die Sonnenseite der Straßen
glühte wie ein Feuerofen, und die Steine versengten
die Füße. Damen wurden ohnmächsig nnd die Männer
verrichtetsn ihre Arbeit nur schlaff. Zwei Fälle von
Hitzschlag werden gemeldet. Jn Philadelphia herrscht
ähnliche Temperatur, während der Nordwesten werter
unter Schneestürmen leidet. Jn Wisconsin werden die
Züge durch Schneewehen aufqehalten. Jn den mittleren
Weststaaten folgen Windstürme der Hitzwelle, in einigen
Teilen herrschen wirkliche Tornados, die die Dächer der
Häuser abdecken. Jn Jllinois' sind mehrere Scheuneu
umgeblasen worden, und in Hebron, Wisconsin, wurde
ein Mann durch herabfallendes Bauholz getötet, das
von einem Wirbelwind umhergetrieben worden war.

— Vielsagend. Frl. Ella: „Gestern war also dein Ge-
burtstag, Toni. was hast du denn gekriegt?" — Tom:
„Bauchtveh!" ^ ^

— Nnerwartete Antwort. Arzt: „Hat der Kranke fruher
vielleicht auch schon über Durst geklagt?" — Frau: „Nein,
da Lat er sich blos darüber gefreut!"

Eingesandt.

Heidelberg, 1. Mai. Vor einigen Jahren wurde am
Philosophenweg ein Drahtzaun errichtct, der dnrch seine Höhe
allgemeinen lliiwillen erregte. Jetzt ist einer gegenüber dem
Schlosse errichtet worden, der ca, zwei Meter Hohe mißt.
Wenn das so weiter geht, ist in absehbarer Zeit die herrliche
Aussicht vom Philosophenweg auf die Schlotzruine zerstort.
Es ist zu hoffen, im Jnteresse der landschaftlichen Schönheit,
datz die Stadt energisch gegen diesc Rücksichtslosigkeit vorgeht.
Wäre es nicht möglich, diese Angelegenheit durch ortspolizei-
liche Vorschrist zu regeln?

l>is8s Oapssln sivä nnr
ävüt mit äsm L.nkärnok

„rnmbnvnpreln" nnck äsr
Nrws Lpotüslcor k. l-killl

in Vücrdurg.

llsickelborg i. ck. /tpotkelcsn.
Lsstimmt:
llniversitiilsapotksko.

Kandel und Werkeyr.

„Nordsterii" Ledensversicherungs-Aktiengcsellschaft zn
Berlin. Jn der am 28. April cr. unter Vorsitz des Herrn
Generalkonsul Russell abgehaltenen Generalversammlung

2swli«l:»vrelil

gefüllt mil Salol 0,05, dest. bandeM 0.2. -

roa/--n ö-rrN/o/rrsrr ASAS-r L/ase-r- :
n./5Lr---r/erck6-r, rr.s.ro. ^r/-- cie-r:

Mr-s-r aöso/rrl rr-rsc^äci/rc^, -°a§c/r rr-rci:
sr'e/re-- rcr>/c6-rck. ^re/^Ese-rä/' berctt/rr^.:

vsnlrrcdrelben »ur
sllen welttellen geg. ^
ro ?kg. ports vsm
nllelnig. Fabrilrsnten

Nur ächt in r-i-n Paürien »n S

wurde die voigcschlagene Gewinnvcrteilnng genehmigt, ivor--
nach autzcr der Zahlung von M. 1800.— gleich 4 Prozent
Ziiisen auf vollbezahlte Aktien noch M. 237 900,— an die
Aktionäre gleich 166 Mark für die Mtie, Mark 1214 70
an die am Gewinn beteiligten Versicherten und Mark
21 078.45 der Gewinn-Reserve zu überweisen sind. Von dem
Anteile der Versicherten fallen M. 1 050 060.98 auf Nord-
sternpolicen und gestallen die Ausschüttung ciner Dividende
von 18 Prozent auf die vollen Tarifprämien berechnet. Der
Rest von M. 164 639,11 fällt in den Gewinnsammelfonds der
Schlesischen Gewinnvcrbände nnd ist hier bedingungsgemätz
nach 2, 3 uud 4 Jahrcn zu verteilen. Jn der sich hieran an-
schlietzenden Generalversammlung der Asiionäre der „Nord-
stern, llnfall- und Alrersversicherungsgescllschast" wnrde eben-
falls einstimmig die vorgeschlagenc, nach dem Statnt zulässige
Maximaldividende von 10 Prozent der Einzahlung gleich
Mark 90 pro Wie an die Aktionäre und die Ueberwcisung
von Mark 63 327.— zum Dividendenfonds der am Gewinn
beteiligten Versichertcn und M. 27 973,42 zum RisikoReserbe-
fonds genehmigt. Die Neuwahlen für den Anfsichtsrat wie
für die Revisionskommission waren die gleichen, wie bei dem
„Nordstern" Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft.

Verantwortlich für den redaktionellen Teil A. Ro«tua, für dcn

Jnseratenteil Tki. Verkenbusch beide in Heidelber».

Ww. vva LülliM Lllll8l8lllv».

briogt ststs ckss klsnssts ank cksm Osdists cksr klrmst!
LünrLrttHlungsn in sinlLsüsr. sovis llooiutpartsr ü.n8küüruriz

LiUixs llrelss ch: prsmpte Reälsonax.

8«KÖILA.TL SasLaus 2uui

dsi llsicksibsrg. ^oIÄ. I^ÖHVSLL.

LüLÜügso kür Osssllsodaktsn llllck Vsrsills ssbr gssigllst.
ksillg IVsills »« ckllllklss llllck bsllss Lisr.

tliiä V8.rm.tz 8psi8kll ru Hsäsr iLxssrsit.

8sbsttigsr Oartsll — Asrällmigsr 8s»I.
ksllsivll voll Llk. 3 »ll. Sllts Usckisllllllß.

ksbrgslsgsabsit vcm aack asob dlosksrstsimieb Lll sllsll LüZsa

_^olrol» Sovlrststtlsi- Vl7vv«.

kirnvr. VVillmnnn L Oiv„

8psrinlgs3vliäft kür fiötsl- unü »sugliLltungsvsssK,

1SS ULllptstr., tll llllssrsll «Sll sllsgsbslltsa ksrullSll 18S
swpksblsa k. Vsrlobllllgsv, ttoobLsitsll a. ckgl. sls pssssllcks Ossobsllk»
Tcnkslssrvlos voa cksa sillkssbstsll bis rll cksn ksmstgll.
tLslkssssrvloo svoa 6 imck 12 Issssrll ill rsiobsr Lllsvsbl

Slsr , Wsln-, Wssolr Ssrvios.

kur srstss ksbribst. — Lillixsts krsiss.

ttsltsstos kosoksft cklssor rsnoko sm plstro.

kj!ü6r6jllrAkwUllF8-6e8edM —

«Lupt8lr. 43. Hauptstr. 43.

Lpsrial ilät.

Lrösstos Nskmonlsgor Uoickolborgs; slls Lrtso llsistsn. 8snbsr
imck sobuslls llsckismms ksslls llrsiss.

^ool Lkknor,

Lilcksrsillrsbillimasgsssbslt anck 8pisgsIIszsr mit Llotorbstrisb.

Wö^kL^L LL r8vd»v«jjIsL,

12 Llsrrgssos 12.

6ll6M. ll6in«gung u. l(uN8t-^L8etl6I-6i

ktir Usmell- «. llerrea-Osrcksrobe, Hüdel- ll. veborattonootoll«

sscksr brt.

kssobs siisksrllng. — Lilligs prsiss.
- 4nsrIlLllQt tLÜsUoss 4llsküdrllllx. ———

Leeksr, Hrmptslr. 153

swpüsblt 8Uber-, Lttondoln-, Ilor«- imck Xstllrstöolco, pkottv»,
AxarronspltL«« ia Lvrosteln llnck LleersvkallM.

WorlcstLtto Hvpovotoiroi».

„Wenn sie dich mag und wenn du Förster geworden
bist, meinetwegen."

„Förster werde ich nicht, damit ist's vorbei!"

„Warum?"

„Eben weil ich die Trude heiraten Will. Herr von Werther
Zieht seine Empfehlung zurückl"

„Da sieh' mal einer an I Dem sitzt wohl der Hochmutsteufel
im Nacken, nnd alles soll nach seiner Pseife tanzen? Na ja,
auf den Herrn hat er sich immer hinaus gespielt und unser-
einen mit Füßen geireten. Der Dickschädel — der —"

„Das leid' ich nicht, datz Jhr so von dem Herrn Ober-
förster sprecht! Jn'meiner GegeMvart soll kein ungebühr-
liches Wort über ihn laut werdenl" rief Just, den Teller
zurückstotzend. „Er hat mich aufgenommen und erzogen l"

„Und ivirft dlch jetzt aus dem Hause l"

„Nein; er hat mir so liebevoll zugeredct, wie ein Vater
seinem eigenen Kinde. Und ich bin ihm mehr Dankbarkeit
schuldig, als sonst jemandem, denn ohne ihn wäre ich auf
der Stratze verkommen." ,

„Nun, dann bleib' doch in der Oberförstereil" stteh
Gertrud grollend hervor, während der Zorn ihr hübsches
Gesicht dunkelrot färbte. „Jch dränge mich keinem ans, der
sich einreden läht, datz ich zu schlecht fnr ihn bin. Meinet-
toegen —"

„Daran ist ja gar kein Gedanke," nnterbrach sie Reiner.
„Von unserem lieben Herrgott selber thät' ich mich lossagen,
wenn er mir befehlen wollte, von dir zu lassen. Du bist mir
das Liebste auf der Welt. Deswegen komme ich ja eben und
frage: Muhme Elzner, wie sit's? Gebt ihr mir die Trude?"

Die Alte schnttelte nachdenklich den Kopf. „Hast du
Aussicht, sonstwo Förster zu werden?"

„Hier in der Nähe nicht!"

„Mso anderswo?"

„Das wird auch schwer halten. Für jede frei werdende
Stelle sind immer so und so viele vorgemerkt, und wenn einer
keine Fnrsprache hat —"

„Ja, anf was hin wollt Jhr derm der heiraten?"

„Fhr habt doch schon oft darüber geklagt, datz Khr
Euer kleines Grundftück nicht allein bewirtschaften kännt!"

„Ach so — und da meinst du — nein, mein Lieber, das
schlag' dir nur ohne weiteres aus dem Sinn. Was für
zwei kaum ausreicht, reicht für drei erst recht nicht."

„So tvar's auch nicht gemeint. Jch habe vor Jahren fünf-
tausend Mark geerbt, die mir der Herr Oberförster mit fünf
Prozent verzinst hat."

Jn den Augen der Kartenlore blitzte es auf. Gsldl
Geld l Ja, das übte immer eine elektrisierende Wirkung auf
sie aus. Das hätte sie aus der Erde, aus den Gräbern herauZ
scharren mögen. Die verhältnismähig nicht grohe Summe
kam ihr wie ern unermeßlicher Schatz vor. Man konnte das
baufällige Häuschen ausbessern, noch ein paar Acker Land
kaufen, Ställe bauen und Vieh anschaffen.

„Fünftausend Mark? Bare fnnftausend Lsiark?" stam-
melte sie, sich tveit vorlehnend, wobei ihr hätzliches Gesicht einen
gierigen Ausdruck zeigte.

„Mit den Zinsen und mtt dem, tvas ich mir von meinem
Gehalt erspart habe, ist's sogar noch mehrl"

„Und du tvillst es hier 'rein stecken unb dem Gntchen auf-
helfen?"

„Ja. Muhme Lvre, wenn Jhr mir die Gertrud gebtl"

„Da du's so ehrlich meinst, hab' ich nichts dagegen.
Datz ein Mann hier auf den Hof mutz, tvar ja immer mein«
Ansicht. Die Trude ist ein fluchtiges Ding, das man stets
zur Arbeit antreiben mutz, und ich — na — ich hab' auher-
halb viel zu thun!"

„Ja, seht Jhr, Lore, Eure Beschäfttgung will mir auch
gar nicht gefälle». Das Kartenlegen und Tränkleinbrauen
mntzt Jhr aufgeben."

„Was? Aufgeben? Bildest dir wohl ein, ich betrüge die
Leute? Da frag' mal bei d«r Schneidemüllerin Frank an. der
ich die Rose besprochen, bei dem Händler Steiner, dem ich
die böse Gicht vertrieben, und bei dem Oekonomen Weidner,
dem sth seine Kuh wieder gesund gemacht habel Die schtvören
auf micht"

„Jch gebe ja zu, datz Jhr mehr versteht, als so mancher
cmdere 1m Dorfe, aber —"

„Was denn — aber?"

„Ein g>»t Teil Sures Erfolges ist doch dem g«icklich«n

Zufall zuzuschreiben und dem AberglauLen der Leute, d«
auf Euch zurückführen, was sonst auch gekommen tväre."

„Ei tvas? Du möchtest mich wohl hier in Mitzkredit
bringen und plapperst nach, tvas der Herr Oberförster sagt.
dem ich längst ein Dorn im Auge binl"

„Das seid Jhr ihm tvahrlich nicht, aber er ist ein auf-
geklärter Mann, der die Dinge sieht, tvie sie nuu eimnal
sind, und der allem unerbittlich zu Leibe geht, was sich nicht
mtt der strengsten Wahrhett verträgt I"

„Und du bildest dir am Eude auch ein, ich halte diesen
und jenen zum Narren? Du tvillst mir Steine in meinen
Garten tverfen?"

„Ja, Muhm Lore, tvenn Jhr das so nehmt —"

„Sttll!" zisthte Gertrud dem Jäger ins Ohr. „Sie willigt
niemals ein, wenn du so toeiter redest. Liegt dir tvas cm
mir oder nicht?"

Er verstummte.

„Wenri ich das „so" nehme? Wie denn?" grollte di«
Mte.

„Jhr habt mich mitzverstanden," murmelte Reiner, di«
Augen niederschlagend, denn er schämte fich seiner Schwäche.
„Jch meinte — Jhr tverdet künfttg Euer Kartenlegen und
TrLnkleinbrauen nicht mehr nöttg haben!"

„Na, ja, mein Sohn, sobald du die Sache derarttg an-
siehst' ist's was anderes. Jch treibe aber meine Wissenschafi
mehr aus Ueberzengung, als der paar Grohchen wegen. die
sie mir einbringt. Also mische dich nicht in Dinge, die mich
allein angehen."

„Gut. Reden wir nicht mehr davon, Muhme Lor«,
Nso die Trude ist meine Braut?"

„Bestelle nur getrost das Aufgebot."

„Muhme. ich will's such danken mein Leben langl!"

Vor der Thür des Häuschens ritz er das Mädchen noch
einmal in seine Arme und küht« leidenschastlich den roten,
heitzen Mund.

„Trude, um deinettvillen gebe ich alles auf, tvoS mi»
lieb und teuer istl Jch toützte nichts auf der Welt, wofLr
du eiuzutauschen wärest l"

(Forsiehung folgt.)
 
Annotationen