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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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aussichte n" liefert der Brief eines in Biriningham
ansässigen britischen Soldaten, der augenblicklich in der
südafrikanischen Polizeitruppe dient. Er schreibt unterm
30. März: „Der Krieg tommt nieiner Meinung nach
bald und wirklich zu Ende und durchschnittlich begegne
ich der Ansicht, daß noch vor den Krönungsfeierlichkeiten,
d. h. noch vor dem Juni, der Friede wieder hergestellt
sein wird. Die Burenführer, die znr Besprechung der
Herbeiführung eines baldigen Endes der Feindselig-
keiten sich zusammengefunden haben, meinen es (den
Glauben teile ich nicht allein, sondern alle meine Be-
kannten) aufrichtig mit ihrem Vorhaben. Sie sind des
Ping-Pong-Spieles unter sich selbst herzlich müde und
in einigen Distrikten herrscht gegen die Führer offener
Aufrnhr. Die Ost-Transvaler ergeben sich tagtäglich in
großer Zahl. Sie sind von außerordentlich dürrer Ge-
stalt und man glaubt auf den ersten.Blick nnwillkürlich,
daß die Leute zwei oder drei indische Hungersnöte durch-
gemacht haben. Du solltest diese armen Kerle in Lum-
pen und Lappen sehen, abgemngert und reinc Skelette!
Fch glanbte früher immer, daß es uns zuweilen in frühe-
ren Tagen recht schlecht erging, wo wir nichts weiter zu
essen hatten, als schmackloses Fleisch und Bisquits, aber
diesen Leuten gegenüber sind wir denn doch die reinsten
Lords gewesen." Der Briefschreiber sagt dann recht an-
erkennend von den Buren: „Die meisten der Buren,
mit denen ich gesprochen habe, sind hochgebildet. Viele
sind untadelhafte Gentlemen und es ist zuweilen ein
wahres Vergnügen, sich mit ihnen zu unterhalten. Auf
dem Antlitze dieser feinen und stämmigen Lente Prägt
sich (man sagte mir früher allerdings das Gegenteil)
auch nicht eine Spur von Feigheit aus."

Rußland.

P e t c r s b u r g, 29. April. Jn Kreisen, die als
gut unterrichtet gelten, behauptet man, daß der Oberst-
Leutnant G r i m m wahrscheinlich mit 8 bis 10 Jahren
Festung bestraft werden wird. Grimm hat ausschließ-
lich an Oesterreich Festungspläne und dergleichen
verkauft. Dem russischen Militärbevollmächtigten in
Wien, Obersten von Roop war es schon vor längerer
Zeit aufgefallen, daß man in Wien verschiedene russische
militärische Geheimnisse zu wissen schien. Grimm sandte
das Biaterial, welches er nach Wien lieferte, durch eine
Dame, die stets über Berlin nach Wien reiste. Diese
Mittelsperson vergaß ihren Handbeutel, worin sich das
belastende Material befand, in einem russischen Eisen-
bahnwagen. Das aufgeregte Benehmen der Dame, als
sie ihren Verlust anzeigte, erweckte Verdacht und die
Beamten, welche die Handtasche gefunden hatten, öff-
neten daher dieselbe. Auf diese Weise entdsckte man,
daß Grimm Spionendienste leistete. Dies soll die einzrg
richtige Darstellung der Umstände sein, welche zur Ent-
deckung des Verbrechens führten.

Aie Krausamkeiten amerikanischer Soldaten
auf den Wtjitippinen.

Jm Kongreß zu Washington äußert sich
große Entrüstung über den amerikanischen General
Smit h, welcher die Verwüstnng der Jnsel Samar und
die Tötung aller Filipinos über 10 Jähren angeordnet
hatte. Jm Repräsentantenhause erklarten
verschiedene Abgeordnete, daß Genernl Smith die llm-
form des Laudes entehre und entlassen werden müsse.
Jm Senat sägte Senator S i m m o n s, daß sich in
der ganzeu Geschichte keine Parallele zu dem grau-
sameii Befehle sinde, den General Smith erlassen habe,
es sei denn, daß man den Befehl des Kindermordes durch
den König Herodes mit dem Befehl des Generals Smrth
vergleichen wolle. Das K r i e g s g e r i ch t in M a-
niln scheint dagegen das Derfahren des Generals
Smith milder zu bcurteilen. Wie von dort gemeldet
wird. wnrde in der Verhandlung gegen Smith zunächst
Maior Waller. der vom Morde freigesprochen war,
weil er sich auf den Besehl seines Vorges.etzten berufen
konnte, als Zeuge vernommen. Seine Aussage bestätigte
den Erlaß des Äefehls, „zu töten und zu brennen und
Samar zur heulenden Wildnis zu machen". Der Zeuge
sagte zu Gunsten des Angeklagten aus, daß die Bevöl-
kerung von Samar noch verräterischer und unversöhn-
licher sei, als diesenige des Sudans. Wenn General
Smith keine drastischen Maßnahmen verfügt haben
würde, so würde zweifellos auch heute noch in Samar
der Krieg toben. Es sei niemals Generals Snüths Ab-
sicht gewesen, daß man Arauen und Kinder töten solle.

Von den Entlastungszcugen sagte ein Korporal aus,
daß er in dem Gefechte bei Gandara 2 .Knabeu unter
12 Jahren kämpfend gesehen habe. Ein anderer Iln-
teroffizier gab zu Protokoll, daß er in dem Kampfe bei
Dapdap 2 Knaben unter 16, mit Bolo und Dolch be-
waffnet, einen Soldaten angreifen sah. Ein dritter
llnteroffizier, einer der wenigen, die die Metzelei bei
Balangiga überlebten, schilderte die Verstümmelung der
Leichen durch die Eingeborenen. Nachdem ein Soldat
noch des Näheren die Gefahren und Schwierigkeiten
des Dienstes in Samar geschildert und ein Kavallerist
die Abschlachtung Eingeborener im Dienste der Ameri-
kaner dnrch die amerikafeindliche Bevölkerung beschrieben
hatte, vertagte sich das Kriegsgericht.

Zum ILegierungsjnörtäum des Kroßherzogs.

LL. Karlsruhe, 30. April. Zur I ub i l ä u ms f e i e r
bereinigten sich gestern Abend die Offiziere des Beur-
laubtenstandes im Saale der „Eintracht". Bevor das Fest-
mahl seinen Anfang nahm, hielt Hauptmann der Landwehr
Studienrat Dr. Boesser eine zündende Festrede. Beim Mahle
brachte Oberstleutuant Knccht einen Trinkspruch auf
den Kaiser aus, um dann des Großherzogs mit packendcn Wor-
ten zu gedenken. Beide Trinksprüche wurden mit Begeisterung
aufgenommen. Hauptmann der Landwehr Oberamtsrichter
Lndwig toastetc anf den zum Obersten befördertcn ehemaligen
Bezirkskommandeur Freiherrn Röder von Diersburg. Dieser
erwiderte, indem er seiner Freudc über dcn im Offiziers-
korps des Beurlaubtenstandes herrschenden kameradschaftlichen
Geist Ansdruck gab.

Der Sängerberein „H a r m o n i e, Zürich", eincr der
größten und rühmlichst bekannten Sängervereinigungen der
Schweiz, hat durch Vermittelung der Liederhalle Karlsruhe
mit welcher der Verein seit Jahren in besondcrem Freund-
schaftsverhältnisse steht, dem Großherzog eine Glückwunsch-
adresse zum Jubiläumsfeste in Worten wärmster Verehrung
und Dankbarkeit überreichen lassen nebst einem prächtigen
Bilbe der Stadt Zürich, welches die Widmung trägt: „Seiner
Königlichen Hoheit dcm Großherzog Friedrich von Baden, dem
hochherzigen Freunde des Schweizerlandes und Schirmherrn
des deutschen Liedes zur Feicr seines 60jährigen Regierungs-
jubiläums gewidmet vom Sängerverein „Harmonie Zürich".

-c- Rohrbach, 30. Upril. (Die Feier des Regie-
r n n g s j u b i l ä n m des Großherzogs) ist hier in
wirklich schöner Weise verlaufen. Am Freitag Vormittag
wurde eine Schulfeier abgehalten, bei der von Seiten einiger
Schüler schüne Gedrchte vorgetragen wurden. Hauptlehrer
Schäfer hiclt an die Schüler einc lüngere Ansprache über
die Bcdeutüng der Feier; am Schlusse der Schulfeier mahntc
noch Pfarrer Trautwein die Schüler, die Worte des Lehrers
zu beherzigen und im Gedächtnis zu behalten. Am Samstag
hiclt der Turnverein in seinem Lokale znm „Ochsen" ein
Festbankett, wobei der 1. Turnwart, Herr Bitter, eine zün-
dende Ansprache an bie Mitglieder hielt. Auch Herr Fabrikant
Wahl gedachte in einigen Wortcn der schöncn Feier. Sonn-
tag Bormittag fand einc Kirchenparade statt, an der sich
sämtliche hiesigen Vereine beteiligten. Am Nachmittag fand
die Weihe des von der Gemeinde im Borgarten des Genesungs-
heims (Großh. Fricdrich - Jubiläumsspende) errichteten,
schönen und zierlichen Gedenksteins statt; sämtlichc Vereine
stellten sich um halb 12 Uhr auf dcr Landstraße auf und ein
schöner Festzug, voran die Kirchheimer Feuerwchrkapclle und
die Vertreter der Gemeinde, zog durch die festlich prangende
Hauptstraße nach dem Gedenkstein: daselbst hielt Bürger-
meister W i n t e r eine knrze Begrüßungsrede, worauf der
Männergcsangverein ein schönes Lied sang. Pfarrer Traut-
wciu hielt die Festredc, worin er das Lebcn, Streben und
Wirken des Jubilars und seinet: hohen Gemahlin während
einer 60jährigen gesegneten Rcgierung iu sinniger Weise zum
Ausdruck brachte; er schloß sic mit eincm begeistcrten Hoch
auf dcn Großherzog. Hierauf trng der Gesangverein „Ge-
mischter Chor Liedcrtafel" und der Männergesangverein noch
ein Lied vor. Rach diesem Akte fand im schön geschmückten
Saale des Gasthauses zum „Lamm" ein Festbankett unter
Mitwirkung der Fenerivehrkapelle statt; hierbei brachte
Pfarrer Droll einen schönen Toast anf den deutschen Kaiser
und Lehrer Heincnianii auf die Großherzogin aus. Haupt-
lehrer Büchler trug ein bon ihm eigens verfaßtes, schönes Ge-
dicht vor, der „Männergesangvcrein" und ber „Gemischte
Chor Liedertafel" wetteiferten mit ihren Gesängen. Am
Abend fand eme bengalischc Deleuchtimg des Rohrbacher
Schlosses sGenesungsheinsi statt; anch wurden daselbst ver-
schiedene Feuerwerkskörper abgebrannt; im Genesungsheim
selbst fand dic Jubiläumsfeier seitens der cmwesenden Pa-
tienten ini schön geschmückten Saale statt. Das ganze Fest
nahm einen glänzenden Verlauf nnd gab den Beweis patrio-
tischen Sinnes, der Liebe nnd Anhänglichkeit zum Fürstenpaar,
unter allen Bewohnern der Gemcinde. Es würde allerseits mit
Freuden begrüßt werden, wenn Ihre Königlichen Hoheiten den
errichteten Fubiläums-Gedenkstein in höchst eigcner Person
in Augenschein zn nehmen gernhen würden.

du es mir bist. Dann ivarte ich geduldig auf dich und mag
mein Brautstand noch so lange dauernl"

Sie hatte beide Arme um ihm geschlungen und aus
ihren nachtdunklen Augen flanimte es mit verzehrender Glut
zu ihm empor.

Obgleich sie nicht schön war, lag doch etwas Faszinie-
rendes in ihrcm jetzt von Glut und Leidenschaft durchtränkten
Wesen. Wie eine Flamme uncmfhaltsam alles ergreift, was
in ihre Nähe kommt, so riß Konstanze heitzes Empfinden auch
Herbert wie in den Wirbel eines Feuerstomes hinein. Er
sah nicht mehr das unschöne Müdchen, sondern nur das liebe-
glühende Weib mit dem berauschenden Empfinden, sah nur
shre wunderbaren, heitz leuchtenden Augen, den Strom des
entfesselten Haares, das gleich einer rabenschwarzen Gewitter-
wolke ihre Gestalt umhüllte, die purpurroteu, halbgeöffneten
Lippen, die immer wicder stammelten: „Jst es wahr, daß du
mich liebst, so wie ich dich liebe? Wenn du in jener Nacht logst,
so gestehe es jetztl Vielleicht finde ich noch die Kraft, dir
zu verzeihen und über dich nnd meine Selbsttäuschimg zn
lachen."

Während sie so sprach, ivaren ihm ihr Mund und ihre
Augen ganz nahe, und da packte ihn wieder derselbe Taumel,
wie damals im Garten.

„Du wunderbares Gcschöpf!" sagte er in leidenschaftlichem
Tone, seine Lippen auf die ihrigen presseud.

„Du schreibst mir doch, Herbert?"

„Gewißl"

Adressiere deine Briefe an Hanna lOhlsen, Dorf-
stratze 18. Das arme Weib ist mir treu ergeben. Mama iveiß,
daß ich oft hingehe, um ihr Lebensmittel und Geld zu brin-
gen. Jch erivarte bald ein paar Zeilen von dirl"

„Aber selbstverständlich, Konstanzel"

„Wenn du schreibst, bergiß auch nicht deine Ädresse —"

Sie unterbach sich rasch und schlüpfte hinter einen grotzen
Schrank, denn der alte Kutscher Ionas kam eiligst herbei-
gelcmfen und mahnte: .

„Wir müssen fort, gnädiger Herr, sonst wird's zu spät.
Die Brannen wollen auch gar nicht mehr still stehen."

„Ja, es ist hohe Zcit," gab Herbert zu. Seine Er-
xeguiig war rasch verflogen und er folgte ttefaufatmend, wie
von einer Last befreit, dem Vorausschreitenden.

Leise schlich Konstanze in ihr Zimmer zurück.

Fn der Stadt angekommen, suchte Herbert sogleich seine
cilten Freunde auf. Er sührte cin lustiges Leben und gab
viel Geld aus. Die monatliche Sendung des Vaters reichte
niemals. Es war eben ein bedeutender Ueberschuß an
Lebenskraft nnd Lebenslnst in ihm. Aber nicht Gemißsucht
allein behcrrschtc ihn: er gab mit vollen Händen und über
seine Verhältnisse hinans. Man hätte sagen können, es be-
stehe in diefer Hinsicht ein verwandtschaftlicher Zug zwischen
ihm und seiner so früh verstorbcncn Stiefmutter. Er hatte
älle kostspieligeii Pnssionen eines grotzen Herrn, hielt aber
auch das Sprichwort: „Noblesse oblige" in Ehren, denn wenn
es galt, einen Freund zu verpflichten oder einem fremden
Hilfsbedürftigen beizilsteheii, da spendete er wie einer, der aus
dem Vollcn schöpfen kann! Vielleicht kain da^ dähcr, weil
die Stiefmntter ihm schon früh die Seligkeit des Gebens
gelehrt hatte,

Herberck verlangte von niemcindem Gefälligkeiten, ivar
aber stets bcreit, solche zu crweiscn. Das geschah weniger
aus Menschenliebe und Edelmnt, als weil es ihm schmeichelte,
daß man Rat und Hilfe immer bei ihm suchte. Hätte er
über Mtllionen zu verfügen gehabt, so würde man ihn sicher
als Wohlthäter der Menschheit gepriesen und seiner Freigebig-
keit reiche Stiftungen verdankt haben.

Seine ziemlich gut versorgte Börse stand jederzeit den
Freunden znr Verfügung, die wenig darnach fragten, ob er
sich ctwa selbst in Verlegenheiten stürze. Das geschah aber
thatsächlich. Er gab oft das letzte hin und hatte dann selbst
keinen Groschen mehr zur Verfügung. Das machte ihm
freilich wenig Sorge, denn das Geld aus der Oberförsterei traf

Aus Stadt und Land.

X Badischer Blitzfahrplan. Vom Blitz-Fahrplan ist die
Sommeransgabe für 1902 soeben crschienen. (Verlag der
Druckerei und Verlags - Micngesellsck>aft vormals Dölter in
Emmendingen.) Tharsäcklich findct man in diesem Fahrplan
im Nu jede Strecke, ein Suchen giebt es einfach nicht! Dabei
kostet dieser Fahrplan nm: 20 Pfennig und ist in allen Buch-
handlungen zu habcn.

Mnnnheim, den 23. April. (H u n d e a u s st e l -
Der Vereüi der Hundefreuude, e. V., in Mannheim,
halt m der Zcct vom 6. bis 8. Iuni dicses Jahres seine zweirc
große internationale Ausstellung von Hundcn aller Rassen
ab. Die gleichzeitig stattfindende grotze landwirtschaftliche
Wanderausstellung, deren Festplatz ganz iu der Rähe der
Hundeausstellung liegt, wird zu einer sclten erreichten Besucher-
zahl beitragen. Eine große Anzahl von jetzt schon gestifteten
Ehrenpreiscii, vcrbunden mit garantierten Geldpreisen in einer
bei uns auf allgemeiiieii Hundeausstellungen noch nie erreich-
ten Höhe stehen dcm Preisrichterkollegium, das sich durchwcg
aus den hervorragendsten Kennern zusammensetzt, zur Ver-
fügung, so daß auch eine rechr zahlreichc Beschickung der Aus-
stellung zu erwarten ist. Die Programme können jetzt schon
durch A. Braun P. 1, 12, Mannheim, bezogen werden.

80. Müllheim, 30. April. (D i e d c u t s ch e K a i s e-
rin) wird am Samsrag, 3. Mai, vormittags kurz nach 11
Uhr mit Extrazug in Mullheim eintreffen und sich dann
sofort nach dem Schlotz Hausbaden begeben.

80. Offenburg, 30. April. (D i e V e r st e i g e r u n g
von Weinen ) aus den Kellereien des St. Andreas-Hospi-
talfonds ging unter dem Zeichen gegenwärtig erfreulichen Stan-
des der Reben einerseits und der immer noch andauernden
Depresfton in Handel und Jndustrie andererseirs vor sich. Es
behanpteten zwar die verkauften Weine die Taxe, gingen bei
ernzelnen Poslen auch darüber, aber der Absatz war nicht
der flotte, wie er sonst gerade bei den Versteigerungen
genannten Fonds beobachtet werden konnte. Jm' Ganzen
wnrden ca. 360 Hektoliter abgcstoßen mit einem Gesamterlöse
von 20 000 Mark. Die Einzelcrlöse beziffern sich auf 100
Mark für 1899er Klevner, 55 Mark für 1900er weißen
Bergwem, 66—68 Ndark für 1900er gemischten Berawein,
96 Mark für 1900er Weißherbst, 82—81 Mark für 1900er
Klrngelberger, 101 Mark für 1900er weißen Bordeaux, 96
Mark für 1900er Klevner, 105 Mark, bezw. 110 Mark
für 1900er Rnländer, 100—126 Mark für 1900er Rother,
48 Mark für 1901er weitzen Berqwein, 48—62 Mark 1901er
Weißherbst, 70 Mark für 1901er weißen Bordeaux, 70 Mark
für 1901er Ruländer und 70 Mark für 1901er Roter.

8O. Bühlerthal, 30. April. (Ausstand.) Am letzten
Samstag sind hier ca. 100 Säger und Holzarbeiter in "den
Ausstand getreten, weil ihre Fordcrungen: Reduzierung der
dlrbeitszeit von 14 auf 12 Stundcn, sowic eine zehnprozentige
Lohnerhöhung von den Sägebesitzern abschlägig beschieden ivnc-
den. Die Arbeiter haben alle Mittcl angeivandr, nm auf
friedlichem Wege eine Einigung zn erzielen. Der Bürger)
meister tvurde als Vermittler angerufen, doch erschrenen die
Arbeitgeber nicht. Der Großhcrzogliche Fabrikinspektor Dr.
,vuchs fuhr zweimal hierher, nm einc Verständigung zu er-
zielen, doch scheiterten auch seine Bemühungen.

Aus Baden. Der Briefträger Schwab von Durbach
üeteiligte sich am Montag Abend am Böllerschietzen für ein
Hochzcirspaar. Durch Platzen eines Böllers wnrde er dabei
schr schwer am Unterkiefer nnd an den Augen verleht. An dem
Aufkömmen des bedauernswerten jungen Mannes, der Stütze
seiner armen Mutter, wird gezweifelt. — Jn S t ü h l i n g e n
fand eine weithin bekannte Persönlichkeit ein tragisches
Ende. Wirt Anton Eggert, überall in dcr Umgegend bekanni
als der „Napoleon", der schon einige Jahre infolge eines
Schlaganfalls leidend war, wollte in der Nacht zum 30. April
um 10 Uhr noch etwas frische Luft schöpfcn. Da er zu
lange ausblieb, suchtc man nach ihm und fand ihn in der
nur etwa zwanzig Meter von der Wirtschaft vorbeifließenden
Wutach ertrunken vor. Dieses tragische Ende des braven
Mannes, der in jüngeren Jahren eine überraschende Aehn-
lichkeit mit Napoleon dcm Dritten harte, findet große Anteil-
nahme.

HeideLberger Vereinsangelegenheiterr

i. Gartcnbau-Berein. Die lehrreichen und stets viel An-
regnng bietenden Vorträge im Gartenbauverein erfuhren
dnrch den dritten diesjührigen Vortrag, den der Borsitzende,
Geh. Hofrat Pfitzer vorgestern im Gartcnsaale der „Harnro-
nie" lstelt, eine neue wertvolle Bereicherung. Das Thema
des Redners laurete: „Ueber den Feigenbauin und andere
Ficus-Arten. Er zeigte dcn zahlrcichen Zuhörern, daß unter
derr mannigsachen Kulturpflanzcri der Keigenbaum nicht in
letzter Reihe Beachtuirg verdient. Seinc prächtige^ grüne Be-
laubung, seine Früchte. die bei sorgsamer Pflege im Jahr
auch bei uns zweimal gecrntet werden könnerr, machen
ihn zu einem sehr geschähten Banm. Wie der Vortragende
eingehend ausführte, ist die Häimat des Fergeiibcmmes in den
östlicheiOGebieten des Mittelmccres zn suchen. Anzeichen den-
ten darauf, daß cr bis nach Grönland gekomnren ist, infolge
des Tcrnperatrirrückgcmgcs abcr wieder verdrängt wurde.

regelmäßig ein. Schließlich reichte es aber doch nicht mehr
hin, um alle Rückstände zu deckcn.

„Kannst du nrrr vielleicht etivas borgen?" fragte der
junge Mann eines Tages einen Bekannten, dem er schon hüufig
gefällig gewesen war.

„Wie gern thäte ich es," erwiderte dieser, „aber ich bin mo-
mentan leider vollständig auf dem Trockenen!"

„Was fange ich nur an? Du hast keinen Begriff wic klein-
lrch mein Vater sich in solchen Dingen zeigt. Um Vor-
schuß darf ich ihn nicht brtten und voir dem, was er mir
schickt, bleibt mir diesmal kein Pfennig Lber."

„Hm! Wende dich doch mal an Breuer."

„An wen?"

„An den Antiquitätenhüirdler Breuer. Unter uns gesagt:
sein Antiquiiäteirhandel ist, obgleich er ihm manche hübsche
Summe einbringt, nur der Deckmantel für ein airdestes
Geschäft!"

„Ah — rch verstehe! Hm, einem Wucherer möchte ich mich
doch nrcht in die Hände geben."

„Er ist eigentlich kein Wucherer. Er macht Geldgeschäfte,
nimmt aber mäßige Prozente. Das iverß ich aus Erfahrung."

„Ja, du kamst infolge einer Erbschaft in die glückliche
Lage, dich schnell wieder von ihm los zn machen. Deshalb
hofftc ich eben—"

„Lieber Freund, mit ivahrer Herzensfreude würde, ich
dir dienen; es wäre ja auch einfach nrerne Pflicht und Schuldig-
keit. Aber siehst du — da waren uoch so vicle ältere Berpflich-
tuugen, die gedeckt werben mußteir, rmd jeht bin ich, Gott
sei's geklagt, vollständig klamm. Aber Breuer hilft dir sicher
aus der Patsche. Sollst mal sehen, mit dem Manne lätzt
sich reden. Er beansprucht nicht mehr als sechs Prozentl"

„Sechs Prozent? Ja, das ist anständig. Da kann man
wirklich nicht von Wucherzinsen rdden. ?lbex vielleicht war
er nur bir gegenüber so koulant."

(Fortsetzrmg folgt.)
 
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