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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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absprechen. Tie Freisinnigen stehen in allen S ch u l-
fragen anf dem ganz e n r g e g e n g e s e tz l e >i Srand-
punkt wie das Zenrrum, welches die Lehrer alS Diener der
Gcistlichen bctrachte.

Abg. Dr. Goldschmit (natl.) ist der Ansicht, datz
sich unsere Mittelschulen mir denen anderer Staateir wohl
vergleichcn lassen. Mit seinem Hinweis auf das Basser-
mann'sche Diktum irr dcr Festhalle habe Fendrich nnr be-
wiesen, datz Bassermann eine Aeutzerung gethan hat, die iir die-
ser Form besser ungesagt geblieben wäre. Er und biele sciner
Parteigenossen haben gerade diese Neutzerung fiir eine Errt-
gleisung gehalten. Die berechtigle Mitwirkung der Städre
bei der Stellenbesetzung dürfe unter keinen Umständen einge-
fchränkr wcrdcn. Die Stellenvermehrrrng fordere Presse und
Lehrcr nicht ans einseitigcm Standesirrteresse, sondern im Jn-,
tresse des Unterrichts und der Jugend. Kohlcr habe rhn nieln'
von der Unrichtigkeit seiner Ausführungen über das Frauen-
stndium überzeugr. Gcgcnüber Frühanf müssc er aufs be-
stimmteste bestreiten, datz die Uebersetzungcn für die Schüler
nützlich sind. Mit serncn Ausführungcn übcr den Unterricht
habe Fendrich nur gezeigt, dah es grrte und schlechte Lehrer
giebt; dieses Schicksal teilerr dic Lehrer mit den übrigcn Beam-
ten.. Er konne nur wünschen, dah an unseren Schnlcn Geschichre
niemals so gelehrt wird, datz Fendrich nnd seine Freunde
damit zufrieden sind. Mit seiner Rede irber den Anschluh
an die preutz. Ba'hnen habe er nicht auf den Beifall der So-
zialdemokraten gerechnct, er würde sie noch einmal halten,
auch wenn die Wahlen vor der Thür ständcn. Er wisse wohl,
daß einzelne Blätter sich in matzlosen Beschimpfungen er-
gingen; fie würden aber vielleicht anders urteilen, wenn sic
wützten, wie viele Zustimmnngsknndgebnngen ihm, zum Teil
von sehr hochstchendcn Kreisen zugegangen seien. Wenn
Fendrich weiter das liebevolle Entgegenkonimen gegen die
Schüler Humanitätsduselei »ennt, so möchte er betonen, datz
man damit weit mehr erreicht, als mit übermätziger Strenge.
(Bravol)

Abg. H e i m b u r ge r (Dem.) betont gegenüber dem Mi-
nister, daß er nur gesagt habe, dem -Oberschulrat werde nicht
das wünschenswcrte Matz von Vertrauen entgcgengebracht,
weil man ihn für Vcrhältnisse veraniwortlich macht, für die
er thatsächlich nicht verantwortlich ist. Es liege also kein
Grund vor, ihn allein als Sündenbock aüzuschlachten. Ob-
kircher hat viel schärfcre Ausdrücke gebrauchi, trotzdem ist der
Blitzschlag nicht über sein, sondern über mein Haupt niederge-
gangen. '(Heiterkeit.) Niemand könne leugnen, datz unser
Schulwesen in mancher Hinsicht gegenüber demjenigen
anderer Staaten z n r ü ck g e b l i e b e n ist. Redner wendet
sich gcgen die Ausführnngen Köhler"s und Wilckens, der in
letzter Zeit etwas viel protestiere. (Heiterkeit.) Gegen dic
Thatsache, datz unsere Kultnraufgabe Not leide, könne man
nicht einfach protestieren, ohne Beweise zu erbringen. Die
Freundschaft Köhlers für das Frauenstudium sei eine Liebe,
von der Niemand ctwas weitz. (Heiterkeit.) Sittliche Ge-
sahrcn seien von der Zulassung der Müdchen zu den Wittel-
schulen nnd vom Frauenstudium nicht zn erwarten.

Abg. Binz (natl.) verbreitet sich über die Haftpflicht
der Lehrcr nach dcm bürgerlichen Gesctzbuch, bezüglich der
unsere Lehrer beruhigt sein dürfen. Der Stand unseres
Schulwesens sci befricdigend; einen Teil des Erfolges dürfe
auch der Oberschulrat. insbesondere dessen Leiter für sich be-
anspruchen. An den Rechten der Gcmeindcn in Schulsachen
sollte in keiner Weise gerüttelt werden. Fehrenbach danke cr
sür das Kompliment. das er den 2 „guten" Abgcordneten von
Karlsrühe gemacht habe; er würde sich glücklich schätzen, wenn
diesc Acutzerung den Anfang einer politischcn Schwenknng
dcs Zentrums bcdenten würde. (Heiterkeit.) Bisher war es
unerhört, datz Nationalliberale besser sind, als Freisinnige.
Gewisse Anzeichen der letzten Zeit lassen ja allerdings die Ver-
mutung aufkommen, datz im Zentrum einc andere Anschauung
Platz gewinnt. Der Appell an Dreesbach werdc übrigens
kaum ein Echo finden. (Dreesbach: Sehr richtigl) Basser-
mann sci vielleicht in seinem Ausdruck zu weit gegangen, aber
seiner Aeuherung fehlte doch sicherlich nicht jede reale Unter-
lage. Dazu ist Bassermann cin viel zu ernster Politiker, auch
mutz man bedcnken, datz eine grotze Versammlung crnster po-
litischer Männer den Worten brausenden Beifall gespendet
hat. Es müsse demnach etwas an der Sache scin, wenn sich
die öffentliche Meinung so ausspricht und Remedur verlangt.
Dic Art der Agitation in gewissen Lehrerkreisen sci entschieden
zu mitzbilligen; hoffcntlich lasse sich die Volksvertretung da-
dnrch nicht abhalten, den Wünschen der Lehrer gerecht zn
werdcn.

Ministcrialpräsident Frhr. v. Dusch vermißt wiederum
die Begründung oes Mißtrauensvotums, das Frühauf auch
heute in optima forma dem Oberschulrat entgegengebracht
habc. Er hütte greifbare Einzelheiten gewünscht, welche der
Regicrung Gründe zum Einschreiten geboten hättcn. Ein
Plebiszit dcr Lehrcr sei nicht notwendig, man könne ja im
Haus alles vorbringen, was zu Klagen Anlatz giebt. Was
aber bis jetzt vorgcbracht wurde, genügc nicht znr Begründung
der Vorwürfe. Binz habe behanptet, der Oberschnlrat zeige
bei Differenzen zwischen Lehrer und Geistlichcn der Kirche
gegenüber ein zu grotzes Friedensbedürfnis. Leider habe
auch Binz keinc Bcweise für seine Behauptnngcn erbracht.
Bassermann habc sich allerdings keinc verlcumderischen Belei-
digung schuldig gemacht, cs bleibe aber bedauerlich, datz er
jepe ?leußerung that, ohne sie zu begründen. Mit dem „brau-

Fünftel durch "direkte Durchquerung der Pontinischen
Sümpfe erspart und auf der neuen Linie ein elektrischer
Schnellbetrieb eingefiihrt werden, der es ermöglicht,

- die Strecke in weniger als zwei Stunden zurückzulegen.
Die Bahn soll natürlich zweigeleisig ausgebaut werden
und jede Niveaukreuzung der vorhandenen Straßen ver-
meiden. Es ist eine Zugfolge von drei Stunden bei nur
kurzen Zügen, etwa für je 150 bis 200 Personen vorge-
fehen. Mit weiteren Fortschritten im elektrischen
Schnellbahnbetriebe würde sich später noch eine betrncht-
lich grötzere Zeitersparnis durchführen lassen. Bei deni
Bau der neuen Bahn werde man jedenfalls von vorne-
herein auf diese künftige Möglichkeit Rücksicht nehmen.
Die gesundheitlichen Gründe gegen eine Durchqnerung
der Sümpfe fallen nicht mehr in Betracht. Die den Ban
ausführende Elektrizitätsgesellschaft soll vom Staat sub-
ventioniert werden.

— Tcgernsee, 1. Mai. Die Bahn von Gmnnd nach
Tegernsec wnrde heute Vormittag bei regnerischem
Wetter eröffnet. Sowohl von Gmund wie von Scheft-
lach kam je ein Zug, dessen Lokomotive sehr geschmack-
voll dekoriert war. An der Feier beteiligten sich unge-
fähr 200 Personen.

— Aus der Schule. Lehrer: „Was kannst du mir vom
Bambusrohr sagen??" — Schüler: „Richt viel Gutes."

— Deutlich. Hauptmcmn: „Glauben Sie nur, Fräulein,
in meinem Alter hat man keine Jdeale mchrl" — Fräulein:
„O, ich bitte Sie, ich zum Beispiel würde an Jhrem Aller
gar keinen Anstotz nehmen."

— Falsches Matz. Doktor: „Nun, Meister, jctzt dürft
Jhr auch wieder ein Glas Bier zu Euch nehmen!" — Pa-
tient: „Herr Doktor, meinen Sie halbstündlich oder stündlich?"

scndcn Bcifall" in Wahlversammlungen sei es elgene Sache;
er wird dann besonders gernc gespendet, wenn etwas mit enl-
sprcchendem Pathos gegen die Behörde vorgebracht wird. Bis
jetzt sei kein Material beigebrachr worden, das ein Miß-
traucnsvotnm rechtfertige. Die Regierung habe volles Vcr-
trauen zum Oberschulrat.

Obcrschulratsdirektor Arnspe r ge r versichert, datz der
Oberschulrat bestrebt sci, bei Stellenbesctzungen nach allcn
Seiten hin gerecht zu handeln. Wenn gcgen dieses Prinzip
vcrstotzcn werde, so bitte er, spczielle Fälle namhaft zu machen.
Wenn Köhler frage, wo man denn günstige Erfahrungen mit
dem Mädchenstudium gemacht habc, so verweise er ihn anf die
Erfolge, die man am Pfvrzheimer Gpmnasinm erzielte (wo
Köhler als Professor wirktl — Heiterkeit.) Der Rcktor habe
ihm, nachdem die erste Abitnrientin daselbst das Examen be-
standen, versichcrt, datz die Lehrerschaft jetzt von jedem Be-
denken frci sei. (Heiterkcit.)

Um halb 12 Uhr wird die Beratung abgebrochen und aus
morgen 9 Uhr vertagt. Es sind noch 7 Redner vorgemerkt.

Zur Entlastung der Jnstizkommission, die mit Arbeiten
überhäufr ist, werden die Abg. Dr. Wilckens (natl.) nnd
Armbrnster (Zentr.) dieser Kommission beigegebcn.

Aus der Lkarlsruher Zeitung.

- Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog habcn
die Baupraktikanten Otto Linde von Calau und Max
Gros bon Karlsruhe nnter Verleihung des Titels Regie-
rungsbaiimcister zu zweiten Beamten der Hochbauverwaltung.
ernant. Regierungsbanmcister Otto Linde wurde der
Bezirksbauinspektion Baden und Regierungsbanmeister Nkax
Gros der Bezirksbauinspcktion Emmendingen zugeteilt.

Ausland.

Holland.

Schlotz L o o , 2. Mai. Die Kö n i g i n Wil -
helmina verbrachte die Nacht in ruhigem Schlafe.
Auch alle übrigen Anzeichen geben Grund zur Befrie-
digung.

England.

— Nach der letzten Schätzung des Schatzkanzlers
kostet Engl a n d der Krieg in Südafrika
222 974 000 Lstr. (4 45!) 480 000 Mark), das ist drei-
mal soviel als der Krimkrieg den Briten gekostet hat.

Kandel und Werkeyr.

Wiesloch, 2. Mai. Der heutige Schweinemarkt war
mit 56Stück Milchschweinen befahren. Preis für das Paar
35 bis 40

Heiwelberg, 3. Mai. (Marktpreise.) Heu der Zentner
bls 4.00, Korn-Stroh der Ztr. 3.20 bis 3.50, gen.

2.80 bis 3.00, gelbe Kartoffeln der Zentner 2.10 bis 2.20.
salatkartosfeln 4.20 bis 4 50. Butter in Ballen 105 b>s

1.10, in Psd. 1.10-1.20, Spargeln das Piund 60-70 ^
Zwiebeln 10-12 Knoblauch 35 F. Bohnen das Pfund
"kü 1.10—1.20, Gebund Gelbrüben 2—3 Schwarzwurzelu
45—50 Eier das Stück 5-6 das Hmwert 5.20-5.50
Blumenkohl das Stück 60 - 80 Rotkraut 20—25 Weißkraitt

20 25 Kohlrabi 15- 20 Boden-Kohlrabt 5—8 Aellerte
5-6 ^, Lauch 1—2 Reluch 8-10 Meerrettich 20-25 F.
Gurken das Stück 50-60 Rote Rüben das Stück 6-8
Kopsialat 8-10 Aepfel das Slück 4-6 daS Pfund
25-28 Gebund Peteritlie 1-2 Gebund Schnitilauw 1
bts 2 Radrsschen 2—3 Rhabarver 2—3 neue Karotte

10

Recka r.
Heidelberg, 3., 1.64, gest. 0,05m
Heilbronn, 2., 0,96, gef. 0.11m
Mannheim 2 , 4.30, gef. 0,05m

WasserstandSnachricht en

Rhein.

Lauterbnrg, 2, 4,49, nef. 0,02m
Maxau, 2., 4.64, gef 0.02m
Mannheim. 2 . 4.35. aef. 0.08m


Wrrnz Keorg von Wreußen
Berlin, 2. Mai. Prinz Georg von
Preußen ift heute Abend 7 Nhr 45 Min. g e
ft o r b e n.

Prinz Georg von Preutzen, der Seuior des Hoheuzollern-
hauses, war am 12. Februar 1826 als Sohn des
Prinzen Friedrich von Preußen und dcr Priuzessin Luise
von Anhalt-Bernburg zu Düsseldorf geboren. Der Prinz
vertrat in der Familie Hoheuzolleru die künstlerische Geistes-
richtimg. Er hat eine größere Zahl dramatischer Arbeiten
verfaßt — von denen die meisten im Druck nnter dem
Pseiidonym G. Conrad erschienen sind — und als drama-
tischcr Schriftsteller ist es ihm auch gelungen, die Aufmerk-
samkeit weiterer, litteratur- und kunstfreimdlicher Kreise auf
sich zu lenken, obgleich das Bühnenglück seinen Werkcn wenig
hold gewesen. Der Prinz ist unvermählt geblieben.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 3. Mai.

Aus dem Ttadtrat. Jn den Stadtrarssitzungen vom 28.
-und 30. v. Atts. wurden u. a. folgende Gegenstände zur
Kenntnis bezw. Erledigung gebracht:

1. Jm März wurden 424 Stück Großvieh und 2306 Stück
Kleüwieh im Schlachthause gcschlachtet, auf dem Viehhofe aber
72 Stück Grotzvieh, sowie 1856 Stück Kleinvich zum Berkauf
gebracht.

2. Das Ergebnis dcr am 26. April vorgcnommencn Ver-
steigerung von Wegarüeiten im Stadtwaldc wurde genehmigt.

3. Nachdem der Vertrag über die Gasversorgung von
Handschuhsheim mit dcm dortigen Gcmeinderat vereinbart ist,
soll die Zustimmung des hicsigcn Bürgerausschusses zu dem-
selben crwirkt werden.

4. Von den 1901er Jahresbcricht dcr Neckardampfschiff-
fahrtsgcsellschaft in Heilbronn wurde Kcnntnis genommen.

5. Auf ?lnsuchcn dcr Schneider-Jnnung und der Schuh-
macher-Innnng und im Einvcrständnis mit dcm Gewerbe-
schulrat soll cine Aenderung des Ortsstaturs der Gewerbe-
schule in der Richtung herbeigeführt werden, datz auch die
Lehrlingc bieser Gewerbc znm Besuche der Gewerbeschnle ver-
pflichtet sein follen.

Ter grösite Teil des MarktplatzeS beim Rnttzause bietet
gur Zeit beinahe das Bild einer Brandstättc. Bei einem
Bergc von Asphalt rauchcn zwecks Erhitzung dcsselben eine
kleinere Anzahl Schloie nnd verbreiten eincn nicht gerade
angenchm riechenden Dunst. Daneben boten heute früh eine
große Anzahl von Frauen Küchcngewächse aller Arr feil.
Sehr schöne Spargeln, Rcttichc, Salate und sonstiger Grün-
kram wurdc in grötzeren Mengen feilgeboten. Auch ein kleines
Quantum von in Jtalien gewachsenn Kirschen war zum Ver-
kaufe bereit gestellt. Die Zeit ist nun gekommen, wo unfere
Hausfrauen wegen der Gemiise nicht mehr so leicht in Ver-
legenhcit kommen.

K Das AushebungS.qeschnft wird in Heidelberg in der Zeit
bom 21. bis 30. Juni d. Js. stattfinden.

Pferderennen zu Mannhrim. Anlätzlich des Pferderen-
nens in Mannheim verkchrt anf der Nebenbahn Mannheim-
Heidelberg am So.nntag dcn 4. Mai cr. ein Sonderzug von
Heidclberg nach Mannheim, wclcher am Rennplatz hült. Ab-
fahrt Heidelberg Bismarkplatz 1.44 Uhr. Für dic Rückfahrt:
?lbfahrt Mannheim Rcnnplatz 6.30 Uhr, 7.30 Uhr Nächm.

V. Ankauf. Herr Künzlc, Besitzer des „Rodensteiner",
kanfte das von Herrn Kunstmaler Reinhardt gefertigte,
Seine Kgl. Hoheit den Großherzog darstellende Oelgemälde
nm dcn Preis von 600 M. Das Bild war vor Kurzem in
dcr Kunsthandlung von Koltze, Anlagc, ansgestellt und er-
regte das Jnteresse der Vorübergehenden. Es wird künftig
das Lokal zum „Rodensteiner" fchmücken.

- Polizeibericht. Vcrhaftet wurdcn zwei Arbeiter
wegen Bettelns, eine verheiratete Frauensperson wegen
Meineidsverdachts und ein Taglöhncr wegen Hausfriedens-
bruchs. Drei Personen kamen wcgen Unfugs und eine wei-
terc wegen Körperverletzung zur Zlnzeige.

Mannheim, 2. Mai. (Besnch d e s' G r o tz h e r z o g s-
paares.) Nach einem heute Mittag bei dem Präsidenten
des badischcn Rennvereins, Herrn Konful Weitz cingelaufenen
Telegramm werden sowohl der Grotzherzog wie die Grotz-
herzogin am Dienstag zum Pferderennen hier eintreffen. Sie
kehren am Abend desselbcn Tages nach Karlsruhe znrück.

8Q. Müllheim, 2. Mai. (Begnadigt.) Sattlermeister
Gnnzenhanser ist dieser Tage zn seiner Familie zu-
rückgekehrt. Derselbe wnrdc im April 1877 vom Schwurge-
rrcht Freiburg wegen Mordes zum Tode verurteilt, welche
Strafe dann in lebenslängliche Zuchthansstrafe umgewandeli
worden ist. WLgen seiner guten Führnng wurde dersclbe nun
anlätzlich des Jubiläums vom Grotzherzog begnadigt.

80. Bonndorf, 2. Mai. (Maischnee.) Jn der
Nacht auf den 1. Mai fiel dichter Schnee, so datz die ganze
Umgcgend am Morgen in eine weitze Decke gehüllt erschien.
Die lctzten Nächte waren bitter kalt.

Geschäftliches.

Zu der am 11. ds. stattfindenden Einweihung der Johannes-
kirche in Neuenheim sind tm Verlage der Papierhandlung von
Gustav Geier zweierlei Anstchtspostkarten erschienen. Die eine
ist dreiteilig und zeigt auher der neuen Kirche auch die alte, so-
wie Ansichten von Heidelberg und Neuenheim und enthält autzer-
dem die Bilder des Grobherzoglichen Paares, daS der Etn»
wethung beiwohnen wird. Die andere zeigt nur die neue Kirche.
Die Karten erhalteo den Stempel deS PfarramtS Neuenheim.
Ein Teil des Reinerttags wird der Kirchenkasse überwiesen.

Berlin, 3. Dkai. Der Tod des Prinzen Georg
von Preutzen erfolgte abends 7 Uhr 48 Minuten an
Herzlahmung. Der K a i s e r, welchcr in Potsdam weilte,
ist von dcm Tode des Prinzcn unverzüglich üenachrichtigt wor-
den, traf aber erst nm 11 Uhr 15 Min. im Palais des Prin-
zen ein, wo er cinige Zeit verweiltc. Um 11(L Uhr fuhren
die Kaiserin und dic Prinzessin Heinrrch bcim Palais vor.
Lie hohen Herrschaften verweilten daselbst cine Vicrtelstundc.
Generalsupintcndent Dr. Faber hielt gestern Abend für den
gesamten Hofstaai des Prinzen einc Trauerandacht. Ucber
die wcitcrcn Trauerfeierlichkeiten ist bisher noch keine Besrim-
mung getoffen, es ist aber anzunchmen, datz der Verstorbene
setnem Wunsche gemäh auf sciner Besitznng Schlotz Rheinstcin
beigeseht werden wird.

Neueste Nachrichten.

Berlin, 2. Mai. Die Abendblätter melden: Aufgrund
eines Vortrages des Pfarrers Anz in Windhoek machte
der Allgemeine Deutsche Sprachverein die Reichsbehörden
aufmerksam auf die Verwilderung der deutschen
Sprache in Deutsch-Südafrika durch die Vereinigung mit
Worten der holländischen, englischen, Hottentottensprache
und Kaffeinsprache. Dem Vorsitzenden des Vereius ging
ein Dankschreiben des Reichskanzlers zu, welches das
besondcre Verdienst des Pfarrers Anz anerkennt und in
d.m es ferner heißt: „Es könnte nur tief bedauert werden,
wenn unsere Sprache dort bereits tm Munde der deutschen
Einwandercr einem bildungsfeindlichen Kauderwelsch Platz
machen sollte. Jch hoffe, daß es den Bemühungen der
cinsichtsvollen Deutschen im Schutzgebiet, unterstützt durch
die immer wachsende Leilnahme der Hetmot an der Ent-
wickelung der Kolonien gelingen möge, dem drohenden
Uebel noch rechtzeitig Halt zu aebieten."

Berlin, 2. Mai. Nach einer neuen Kabi"etsordre
sind die R ei f e z e u g n i s s e der dentschen G y nr-
nasien und R e a l g y m n a s i e n, der preutzischen
-Oberrealschulen sowie der als gleichbexechtigt
anertannten Höheren Lehranstalten für den O f f i-
z i e r sberus als Nachweis des erforderlichen wissen-
schaftlichen Bildungsgrades gleichwertig. Primaner-
zeugnisse dieser Anslalten berechtigen zur Ablegnng der
F ä h n r i ch s p r ü s u n g. Oberrealschüler haben in
der Fäbnrichsprüfung die sehlende Kenntnis des La-
teinischen dnrch Mehrleistnng in anderen vorgeschriebe-
nen Prüfnngsfächern auszugleichen.

Celle, 2. Mai. Reichtagsstichwahl. Bis abends
10 Uhr wurden gezählt: sür Weh l (natlib.) 10 738, v. d.
Decken (Welfe) 10104 Stimmen. 27 Ortschaften stehen
noch aus.

C el le, 3. Mai. Jn der Reichstagsstich-
wahl erhielt Wehl (nat.) 11145, von der
Becken 1033« Stimmen.

London, 2. Mai. Heute laufen die ersten entschieden
hosfnnngsvollen Nachrichten über den Verlauf
der Besprechnngen der Burenführer mit ihren
Abteitnngen über die englischen Bedingungen der Waf-
fenstreckung ein. Recht optimisttsch klingtt was sich der
Standard" aus Pretoria berichten lätzt: Die Versamm-
kungen der Bnren wiesen bis jetzt eine dem Frieden
günstige Mehrheit auf. Es sei jedoch nicht unwahrscheirtt
lich, datz die Unoersöhnlichsten standhaft bleiben, was für'
großmütige Bedingungen au-ch immer gestelll werden
würden. So würden zuletzt einige hundert unversöhm
liche Fanattker sich nicht an der Waffenstreckung beteili-
gen. Das könne jedoch die allgemeine Beruhigung nur
um ein Paar Wochen verzögern. Von anderer Seite ver«
lautet, Louis Botha habe seinen Jungen, der ihn iw
ganzen Feldzug begle'tet habe, bereits nach Natal aus
die Schule geschickt.

Londondcrry, 2. Mai. An Bord eines Schif-
fes des in der Bucht liegenden deutschen Geschwa-
ders ist amtlich ein Fall von Scharlacherkrankung festt
gestellt worden. Der Erkrankte, Leutnant Löwe, hat i>n
Hospital Aufnahme gefunden.
 
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