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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Samstaa, 10. Mai IS02. GrSes Blatt. 44. IaSraaaa. — .4-10X.

^ rscheiiit tägtich SonnlagL ausgeiiowmen. Picis init Janiilienblältern uionatlich 50 Psg. in'S Haus gebracht, bei d>r Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Psg. Durch die Post be-

_ zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

A nz ei g en pr eis: LO Pfg. sür die Ispaltige Petitzeile oder deren Ranui. Reilamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
vorgeschricbenen Tagen wird keine Perantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidclberger Zeitung und den städl. Anschlagstellen. Fernsprech-Änschluß Nr. 82

Kraf Gokuchorvski üöer die Uokitik Hcster-
reich-Ungarns.

Das Zusammentreten der österreichisch-ungarischen Dele-
gationen, die diesmol in Pest tagen, pflegt immer eine
Menge politischer Aeußerungen zu zeitigen. So
auch diesmal. Die Prästdenten der beiden Delegationen
haben gesprochen, der Kaiser hat seinc Thronrede gehalten,
Goluchowski hat seine Exposös gegeben und in der darauf
solgenden Debat-e auch noch das Ä'oit ergriffen. Einiger-
waßen aussühiliche Berichte hieiüber würden mehrere
Spalten dieses Blattes füllen. Wir wollen deshalb dem,
Was wir schon berichtet haben, nur einige Sätze nach-
tragen.

Jm Budgetausschuß der österr. Delegatiou macht Graf
Eoluchowski zunächst die schon erwaynte Aiilteilung
über die bevorstehendeErneuerung dcs Dreibnndes. Dann
wies er auf den englisch-fapanischen Vcrtrag bezüglich
Chinas und Koreas hin, dcm die russisch-französche Ver-
einbarung auf dem Fuß gefolgt, die auch von konserva-
tivcm Geist bcherrscht sei. Auch hier komme das Bestreben
Wm Ausdruck, dcn Gefahrcu vorzubeugen, die sich aus
den ostasiatischen Fragen für den allgetneincn Frieden
ergeben könnten, auch hier finde man in der Aufrecht-
erhaltung des Status quo und in der Sichernng ücr
territorialen Jntegrität der erwähnten Staaten dao wirk-
samste Mittel, um das Auftauchen weit ausgreifender
Verwickelungen zn verhindern.

Die Vorteile, suhr der SAinister sort, dieser inter-
vationalen Konslcllationen werden aber noch dadnrch
deutlichcr, daß letztere nicht im mindesten spezielle Ver-
einbarnngen zwischen den einzelnen Mächten und den
verschiedenen Grnppen ausschließen über ihre spezifischcn
Jnteressen. TaS bcweist ebenso das veirtrauensvolle
Verhältnis, welches gegenwärtig zwischen Jtalien und
Frankreich herrscht, als auch die überaus günstige Aus-
gestaltnng nnserer eigenen Beziehungen zu Rußland.'
Die seither in dcm letzten Pnnkte eingctretene Wendung
kann füglich als eine der erfreulichsten Erscheinungen
betrachtet werden, die in jüngster Zeit auf dem politischen
Gebiet wahrzunehmen waren. Von dsm Augenblick
an, wo festgestellt werden konnte, daß wedcr wir, noch
Rußland selbstsüchtige' Zwecke im nächsten Orient ver-
folgen, mußte in logischer Weisc das Mißtrauen, wodurch
das Verhältnis beider Reiche Fahre lang schwer belastet
wurde. von der Bildfläche verschwinden und einer freund-
lichen Meinung Platz machen, die wir nunmehr zu Per-
Zeichnen haben. , ^ ,

Scharf wcndet sich der Blinister gegen das Treibcn ge-
wisser Elemente in Bulgarien, Serbien und in der
Tür-ikei. Allerdings haben sowohl unsetze, als auch
Rußlands wiederholte Ermahnungen an die Balkan-
staaten, sich seder Unterstützung solcher Treibereien zu
enthalten, vielmehr dafür zu sorgen, daß dieselben in
ihrem Machtbereiche nicht zur Ausbreitung kommen, viel
dazn beigctragen. die Znspitzung einer Gefahr bisher
Wi vermeiden. während nicht minder die militärische Be-
reitschaft der Türkei in mancher Hinsicht auf die Thätig-
keit der llnrnhestifter abkühlend wirken mußte. Nichts-
destoweniger hat die Gestaltung der Dinge in dieseni ,
Punkte des Weltteils ein sehr unerfreuliches Aussehen, '
stnd sie erheischt deshalb cine konsequentc nnd überein- ^
siimmende Behandlung seitcns der heidon an den dortigen

Itaudereien vom Schkoßöerg.

(?) Hsidelb-ra, 10. Mai.

„Unscrc Heibelbcrger Räuber und Einbrccher sind Pfuscher
ihrcs Handwerksl" mcinte neulich der Schlossermeister Fcil-
weier in der gewohnten Abcndgesellschaft. „Jm Laufe der
letzten Zcit habcn die Spitzbuben nun schon zum drittenmale
dcn .Nassenräumcn der Bergbahn am Kornmarkt einen nächt-
lichen Besuch abgestattet; das lctztemal geschah dies in dcr
Aacht vom verflossenen Sonntag auf Montag, mit emem
Schürhaken und cinem losgeschraubten Schleifsteindreher haben
sie vji-r Schlöffcr aufgebrochen und, nachdem sie am Ziele
waren, nichts vorgefnnden, als eine leere Kassette und eine
Kleiderbürste. Diese beiden Sachen haben sic dcnn auch
in slncr Art von verbissencr Wut über ihre ergebnislosen
dlnstrcngungen mitgehcn heitzcn."

„Dcrtz die Spibbubcn dic Sachcn aus Wut mitgenommcn
babcn, glanbc ich üichtl" fiel chcr Maurcr Pulvermeier dem
Redcnden ins Wott. „Die Klciderbürste wnrde jedenfalls
chu dcm Zweck mitgenommen, um sic. zum Reinigeii dcr bci dcr
lkinbruchsarbcit staubig gcwordencn Klcidcr zu vcrwendcn,
l'ie lecrc Kassettc aberZoll vcrmntlich zur Aufbewahrung von
wlchem Gelde diencn. das sie in dcr Zukunft zu stchlcn im
Sinnc habcn. Die Jnhaber von Geld mögeu darmn rechk vor-
sichtig stin, sonst wandcrt es in dicsc leere Kassettel"

„Fa", mcinte der Bicrmeicr, „cmc ehrlichc Hand fmdet
^llcrhandl hcißt cs im Sprichwort. Aber im übrigcn smd
w'scrc dcutsthcn Svitzbnben glücklichcrweisc doch nicht so ge-
Mückt in dcr Ansübimg ihres dunklen Handwerks, wic ander-
wärts. Der dcutschc 'Näubcr odcr Eiubrcchcr packt ^mcistens
^ueZ Zsf plump rmd ohne Ueberleslung an. ^ Der ^ralierler
^krn Beispiel, wenn er einen Ranb oder Einbrnchsdrebstahl
.or hat, geht mit einer gewissen Romantik Werke. Bor
wgcnd cineni Kruzifix wirft cr sich auf die Knicc und bittct
wu glückliches Gcliugcn scincs Vorhabcus. Gcbt allcs gni
Vi imd ist dcr Schurlcnstrcich von Erfolg, dann ki'itzi cr das

, Vorgäirgeir zunächst interessierteir Kabinette in Wien und
Petersburg. Alle unsere Bemühungen setzen indes eine
entsprechende Gesundungsmaßregel seitens der Türkei
unbedingt voraus. Wie aber die Türkei zur gewissen-
haften Erfüllung ihrer Pflichten gehalten wrrd, so dür-
fen auch dis anderen Länder, wie zunächst Bulgarien
nichts rmterlassen, was zur Beruhigung der aufgeregken
Gemüter beitragen könnte. Es muß vor allem bemüht
sein, scrne turbulenten Elemente im Zaum zu halten,
um ja nicht durch lässige Handhabung der gebotenen Kon-
trolle in den Verdacht strafbarer Komplizität zu gera-
ten.

Auf das Expose Goluchowskis folgte eine Debatte,
die für uns Deutsche von Jnteresse ist. Der Jung-
tscheche Kramarz erklärte, der Dreibund habe be-
deutende Risfe bekommen. Die Rede Bülows, in welcher
er erklärte, der Dreibund sei nicht' mehr eine absolute
Notwendigkeit, enthalte die Argumente für die Beur-
teilung des Dreibundes, wie sie die Tschechen stets vorge-
bracht hätten. Bülow habe zngegeben, daß der Dreibund
für Prenßen nnr ein Mittel zur Sichcrung der früheren
Eroberungspolitik bedeute. Redner verlangt die Ver-
! öffcntlichung dcs Textes des Dreibundvertrages und sagt,
die österreichischen Völker wollen ein farbloses Bündnis,
s wie den Dreibnnd, nicht mit wirtschaftlichen Opfern be-
zahlen. Das Eiiiverständnis mit Rußland begrüßt
Redner freudig, wünfcht absr ein konkreteres Einver-
nehmen bezüglich des Balkans. — Sylvester (deutsche
Volksp.) wünscht, daß aus dem Dreibund und dem Zwei-
build ein Kontinentalbund entstehe, der den wirtschaft-
lichen Kampf mit den nichtkontinentalen Mächten auf-
nehmen könnte. Er bedauert, daß der Dreibnnö und
Zweibund nicht für deri ftidafrikanifchen Frieden einge-
treten seien. Der Pole Kozlowski wirft der Preu-
ßischen Regierung rechtsverletzende Maßnahmen vor, ins-
Lesondere bezüglich des Brmsgeheimnisses nnd der Mas-
senausiveisungen. Er fordert die Minister auf, für die
Gleichwertigkeit Oesterreichs und die gerechte Turch-
führnng der Verträge zn sorgen.

Graf Goluchowski erwiderte: Der Delegierte
Kramarcz hat mit Befriedigung Kenntnis genommen,
daß unser Verhältnis zu Rutzland ein enges, friedenver-
heißendes fei, aber daran die Bemerknng geknüpft, daß
man nicht nur für die Erhaltung des Status quo auf der
Balkaninsel sorgen, sondern auch weiter blicken nnd ftir
den Fall Vorkehrnngen treffen müsse, daß Verhältnisse
eintreten, welche die Erhaltung des Statns quo nicht
mehr gestatten. Allerdings kann der Status qno nicht
das Ziel einer Poliftk auf unbestimmte Zeil sein. Pfan
erhält die bestehenden Zustände, solange es geyt. isoll-
ten aber nnabhängig uon unserem Willen Ereignisse
eintreten, die eine andere Politik notwendig machen, so
wird daftir vorgesorgl werden müssen, daß die sich er-
gebenden Verhältinsse ivomöglich in friedlicher Weise ge-
regelt werden. Zch bin fest überzeugt, daß gerade das
intime Verhältnis nnd der enge Znsammenschkiß mit
Rußland es ermöglichen würde, eine den beiden Gtaa-
ten möglichst günstige Lösung zn finden. Heute
schon vorauszusehen, was geschehen wird und zn welchcn
Mitteln man wird greifen mnssen, ist allerdings nicht
möglich. Gegenüber den von dem Delegierten Kozlowski
erwähnten Ä nsweis n n g e n bemerkt Graf Goln-
chowski, daß das von demselben Vorgebrachte den that-

Kruzifix, geht die Sache aber schief oder kommt iiichts dabei
heraus, üaun schilt er das Heiligtmn, welches nach sciner
Meinung ihn im Stiche gelassen hat."

„Jn den Tageskassen dcr Stratzen- und Bergbahngescllschast
gegenwärtig nach Geld zu suchien, ist eine niwerzcihlichc
Dummheit", erklärte Feilmeier. „Der Pferdebahnbetrieb ist
üoch infolge dcr Neüherstellung der Fahrbahn in der Haupt-
stratze voilständig eingestellt nnd darunter leiden nntürlich
auch die Einnahmcn der Bergbahn. Abcr dicse nicht allein,
viele Geschäftslcute müssen wegen der Ausführung der er-
wähnten Neuerung Haare lassen. Ueber die Becndigung des
Werkes lätzt sich heute noch gar nichts voraussagen. Wic mir
scheint, wurde die Stadt von der Baufirma rücksichtlich dcr
vcrsprochenen Dauer der Ausführungszeit wicder einmal or-
dcntlich über den Löffel barbiert!"

„Was heitzt: über den Löffel barbicrt?" fuhr dcr Maurcr
Pulvermeicr auf. „Soll das etwa heitzen: übcrvorteilt odcr
angelogen oder ctwas dergleichen? Jch habe mir oft schan über
den Urspruiig dieses so oft gehörten Ausdrucks dcn Kopf zer-
brochcn, ohne bis jetzt eine mich befriedigende Erklärnng ge-
fundcn zu haben."

„O dic Herkunft und den Sinn dieses Ausdrucks kann
ich erklären", meintc dcr Windmcicr. „Bekanntlich crfährt
jede cinzelne Berufsarbeit in den verschiedenen Wclt- oder
Lcmdesgegenden eine verschicdenartige Ausführung und diese
Thatsachc triffi natürlich auch bci dem Gewerbe dcr Friscure,
Barbiere odcr !vie man dicsc Lente sonst noch heitzen mag,
zu. Auf cincr meiner vielen Reisen kam ich einmal in einc
Gegend, wo dic Barbiere solche Männer, die vielleicht infolge
ihres Alters' öder wegen Kränklichkeit ein runzliges Gcsicht
baben oder hohlwangig gewordcn sind, nach cincr ganz beson-
dcrcn Manier rasiercn. Jst ein solcher Mann cingcseift und
das Rasicrmcsser gcschnrft, dan» schiebt der Barbicr dcm' Hobl-
ivangigcn mit der einen Hand einen Löffel in den Mund nnd
drückt mittclst dcsselben die eingefallcne Wange nach antzen,
wäbrcnd cr die anderc Hand mit dcm Rnsicrmeffcr übcr dic

sächlichen Verhältnissen nicht entspreche und führt im
Weiteren aus: So ost unseren Vertretungsbehörden
Beschwerden ihrer Staatsangehörigen über Ausweisungs-
maßregeln zukommen, werden bei der deutschen Regie-
rung die nachdrücklichsten Schritte unternommen, die
auch in sehr vielen Fällen von Erfolg begleitet waren.
Von Massenansweisnngen kann nicht gesprochen werden.
Die Zeitungsmeldungen, in welchen derartiges behauptet
wird, haben sich durch die gepflogenen Erhebungcn n
derholt als Ersindung herausgestellt.

Dem Wunsch des Delegierten Pergelt nach einer
ausführlichen Auslassungen über die Frage der Handels-
verträge hält der Minister entgegen, daß sich über dieses
Thema gegenwärtig nichts sagen lasse, Solange der
österreichisch-ungarische Zolltarif nicht sestgestellt seft
könne nicht einmal eine Aussprache mit fremden Staa-
ten stattfinden. Dazu kommen gerade bezüglich des
wichtigsten Vertrages, nämlich desjenigen mit Deutsch-
land dic Schwicrigkeit, daß auch dort der Zolltarif noch
nicht pcrfekt sei. Was den deutschen Tarifentwnrf an-
lmige. diirfe man iiicht vergessen, daß derselbe ein Kampf-
tarif sci nnd es sci mit aller Bestimmtheit zu erwarten,
daß man zn eincm billigen Vergleiche kommen werde.

ISadischer Landtag.

L. 0. Karlsruhe, 9. Mai. (79. Sitzung der
Zweiten Knmmer.) Präsident Gönner eröffnet die
Sitzung um Uhr.

Eingegangen: Eine Pctition der Gemcmde Merchinge»
um Erbauung einer Sekundärbahn von Osterburken über
Merchingen durch's badische Bauland. Die Beratung über
dieGewerbl. Unterrichtsanstalten wird fortgesetzt.

Geh. Oberregierungsrat Braun erklart, datz eine sofortige
Besserstellung der Gewerbelehrer nicht möglich sei; sie müssen
sich, wie die übrigen Beamren, bis zur allgemstnen Revision
der Gehaltsordnung gedulden. Die sonstigcn Wünsche, die
in der Pctition der Gewerbeschulmänner zum Ausdruck ge-
tommcn siiid, wcrdcn wohlwollend geprüft. Cinc weitcre
Ausdehnung des Lehrplancs wäre nicht zweckmätzig.

Abg. Wittum (Natlib.) unterstützt die Wünsche des
Abgcordnetcn Fischer betreffend die Ausbildung der Gewerbe-
schnlkandidatcn und bcgrüßt die Anfordcrungen sür die Han-
deksschulen in Pforzhcim nnd Heidclberg. Dic Regierung
müssc auf die Gründung neuer Handelsschulen uud die Stär-
tung der bestchenden bedacht sein, wenn der ausgedchnte Handel
erhalten werden soll. Jn erster Linie sei aber ein tüchtiges
Lchrpersonal an den Handclsschulen crforderlich, das alle
Fächer vollkommen beherrsche. Schr zu empfehlcn wärc für
unser Lehrpersonal der Besuch der Handclshochschulen. Redner
iritt der Tendenz, die Unterrichtsstunden ganz auf den Tag
zu verlegen, entgcgcn. So sehr dcr gewerbliche Unterricht
zu schätzen sei, für den Lehrling sei der praftische Unterricht
bcim Meister doch ungleich wichtigcr. Strebsamen Leuten
könne doch der Besuch einer Gewerbcschulc am Abcnd nur eine
Erholung bicten. Eine strenge, arbeitsreiche Jugcnd hat noch
niemand geschadet. Man sollte die Jugend zu jencn stahlharten
Naturen Heraiiziehen, die sich vor keiner Arbeit scheuen, anstatt
sie vom Abendunterricht zu cntlasten! (Bravol)

Abg. Hofmann (Dcm.) ist der Ansicht, datz in dcn
Gcwcrbcschulen zu viel Zeit auf die Anfertiguug von Schau-
stücken verwendet wird. Der Abendunterricht mützte frei ge-
stellt werden, jedenfall,- ' -m ciner Vermehrung der

abendlichen Unterrichtsstunden remc Rede sein. Die Kunstge-
werbcschnle solltc mehr dcn Jnteressen des Gewerbes dienen.
Das sogcnannte Auftragburean sollte nicht zu wcit ausgedehnt
werden, sonst entsteht darans cinc unliebsame Konkurrenz für

zii rasierende Flüche der runzeligen oder eingefallenen Wange
gleiten lätzt; dadurch erleichtert sich der Barbier das Rasie-
reu und ist imstande, einc saubere gründliche Arbeit zu machen.
Diese Art des Rasierens heitzt man: über den Löffel barbie-
ren!"

Ein schallcndes Gelächtcr der Anwcsenden war die Antwort
auf diese Ausfichrungen. Alle gaben sich zufrieden, blotz der
Bicrmeier nicht, der an diesem Abend wicder, wie gewöhnlich,
„angeraucht" war. „Wer über deu Löffel barbiert wird,
loird demnach also gründlich bcdient," meintc dieser; „ich
danke für eine solchc gründliche Bediennng! Aber auch die
Bcwohner der Hauptstratze werden sich für die gründliche Be-
dicnnng durch die Stratzenbaufirma bedankcnl"

„Sie sind cben ein Unzufriedener" wandtc sich Windmcicr
gegcn den Redendcn. „Bei Jhnen trifft die Charakterisierimg
der Pfälzer zn, welche lautet:

Keen Tcig nknie Wärtbslians,

Krakehlisch bis dort n'aus —

Jwwer alles räsoniere,

Bei jedem Wort dischbediere —

„Jcd' gnte Sache will Weile Yabcn! Warten wir in Ge-
duld ab, bis die neue Fahrbahn fcrtig ist. Eine Lust und
Frendc ivird es scin, übcr den neucn Bodcnbelag dcr Haupt-
ftratzc zu fahrcn vdcr zu laufen. Das lästige Geräusch, den
das Bcfahren des Steinpflastcrs vcrnrsacht, ist vcrschwnnden
nnd Rvtz nnd Wagen wcrden lcicht nnd gcränschlos dic Haupt-
straßc passicrcii. Wir müffcn als Bcwohncr dcs Schloßbcrges
alles von cincm höheren Gesichtspunkte aus betrachten. Wikl
Hcidclücrg das werdcn, wozu cs nach dcr Natnr scincr Lage
zn strcbcn bcrufc» ist, so muß es auch für saubcre Stratzen
m!t cincm angcnchm zu passierenden Bodcnbcleg sorgcn!"

„Frcnnd, du hast rccht, sagtc dcr Maurer Pulvcrmeicr
nnd anf dicscs h!» wollcn wir noch eincn Schoppcn geneh-
migen."
 
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