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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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gewesen, um dic Einzugsstraßen wiirdig berznrichten. Bei der
Sophienstraße war ein provisorischer Ilebergang über öie im
Umbau begriffene Hauptstraße hergerichtet. Flaggenmasten säumten
die ganze Straße bis zur neuen Kirche ein nnd gaben im Verein
mit den von den Häusern webeuden Fahneu dcm Weg ein fest-
liches Ansseheu. Beim Mönchhof war eine Tafel mit folgender
Jnschrift angebracht:

Auf der einen Seite:

„Einst frommer Mönche Walten, dann emsiger Banernfleiß
Hat unser'n Mönchhof erhaltcn, bis anf öie heut'ge Zeit.

Was übrig ließen die Jahre, vom alten Baiiernstamm,

Ruft: Heil dem Fürstenpaare! Gott erhalt' es nns noch lang."
Auf der anderen Seite:

„Von Mönchen einst erbant — ein Stück ans alter Zeit,

Steht jetzt dcr Mönchhof noch, trotz Nenem weit und breit.

Er darf sich heut' noch schmllcken, zu der Kirche Weihetag,

Und rnft: Sie spende Segen noch viele hnndert Jahr."

Die Anfstellnng dcr Spalier bilöenden Schnljugend nnd der
sich an sie anschließenden Bereine aller Art mit ihren Fahnen,
einschließlich der studentischen Korvorationen vollzog sich, wie man
es hier gewöhnt ist, in voller Ordniing. Auch das Publikum,
das hinter dem Spalier stand, benahm sich mnsterbaft, sodaß^iie
berittencn Gendarmen nnd die Polizei sich auf kleine Winke und
Ermahnungen beschränken konnte. Unter dcn Vereinen fielen
insbesondere die Militärvereine nnd die Waffenvereine durch ihre
zahlreichcn mit Orden nnd Ehrenzeichcu geschmückten Mitglieder
auf, sodann die studentischen Korporationen, die das beknnnte
bunte unü jngendfrische Bild gewährten. Alle Vereine waren mit
ihren Fahnen erschienen. Das Spalier reichte bis gegen den
Mönchhof hin, dann kam eine weniger belebte Stelle. Bei der
Kirche aber staute sich die Menge. Jn fünf- und sechsfachen
Reihen stand sie da, anch hier mnstergiltige Ordnung haltend.

Die Ankunft dcr Grosthcrzoglichen Herrschaftcn.

Nach 10 Uhr traf das Großherzogliche Paar auf dem Bahnhof
hier ein.

Jhrc Königlichen Hoheiten waren begleitet von dem Flügel-
adjutanten Oberst Graf von Sponeck nnd dem Oberschloß-
hauptmann Offensandt von Berckholz, sowic von den Hofdamen
Freiin von Adelsheim und Freiin von Rotberg. Der Groß-
herzog in Dragoneruniform, die Großherzogin in
schwarzem, lilabesetztem Kleide mit perlgrauem Umhang nnd
grauem Hute sahen sehr gut aus nnd entstiegen eliistischen
Schrittes dem Salonwagen. Znm Einpfange hatten sich ein-
gefunden die Spitzen der Behördcn: Oberbürgermeister Dr.
Wilckens mit dem stadtrat und dem Stadtverordnetenvorstand,
Geh. Oberregiernngsrat Pfistcr, Prorektor Hofrat Buhl, Oberst-
leutnant Schöngarth mit seinein Ajutanten, Excellenz Knno
Fischer, sowie ein zahlreiches Pnblikum. Der Großherzogin
wurden bei der Ankunft vom Prorektor und vom Oberbürger-
meister Bonquets überreicht. Das stüdtische Orchester intonierte.
Oberbürgermeister Dr. Wilckens richtete an das hohe Paar fol-
gende Begrüßnngsansprache:

Durchlauchtigster Großherzog,

Gnädigster Fürst und Herrl
Durchlauchtigste Großherzogin,

Gnädigste Fürstin und Herrini
Eure Königlichen Hoheiten wolleu mir die gnädige
Erlaubnis erreilen, Allerhöchstdreselben Iiamens der Stadt
Heidelberg und ihrer ireuen Bürgerschaft ehrerbietigst be-
grützen zu 'dürfen. Allerhöchst Jhr Besuch reiht sich an die
Zert glänzcnder Feste, welche in üer Haupt- und Residenz-
stadt des - Landes zu Ehren des SOjährigen Regierungs-
jubilänms unseres erhabenen 'Landesfürstcn veranstaltet
worden sind. Auch wir Heidelberger haben diescs hochbe-
deutsame und hocherfreuliche Ereignis fcstlich begangen und
es möge mir gestattet sein, unsere innigsten Glückwünsche
dazu darzubringen, daß es unserem durchlauchtigsten Lan-
dcsherrn durch Gottes Gnade vcrgönnt ist, nunmehr auf
ein halbes Jahrhundert einer glücklich, reichgesegneten Re-
gicrung zurückzuschauen. Jn unwandelbarer Liebe und An-
hänglichkeit, in nie erlöschendem Dank für all die Wohltha-
tcn, die Sein weises und gercchtcs Regiment dern Lande
gebracht hat, in trcuer vaterländischer Gesinnung huldigen
wir heute unserem Großherzog aufs Neue, indem wir zu-
gleich dem herzlichen Wunsche Ausdruck geben, dah Jhn uns
dcr Himmel an der Seite Seiner edlen hochsinnigen Ge-
mahlin in Kraft und Gesundheit noch lange erhalte. Zur
Bekräftigung dreses unseres Herzenswunschcs stimmen wir
ein in den begeisterten Ruf: Jhre Königlichen Hoheiten der
Großherzog und die Großherzogin leben hoch, hoch, hoch!"
Bcgeistert stimmten die Anwesenden in den Ruf ein.

Der Großherzog dankte dem Oberbürgermeister für seine
Begrüßimgsansprache in herzlichen Worten, in denen er anf seine
Heidelberger Studienzeit znrückkam nnd versicherte, daß sich die
schönsten Erinnernngen seiner Jngendzeit anf Heidelberg
konzentrierten, die fortschreitende Entwickliiiig der Stadt rühmend
anerkannte nnd sein lebhaftes Jnteresse für Heidelberg wiedcrholt
in freundlichster Wcise an den Tag legte. Das Herrscherpaar
ließ sich hierauf sämtliche znm Empfange anwesenden Herren
vorstellen nnd zeichnete alle durch huldvolle Ansprachen aus.

Der Abschied von der altcn Kirche.

' Jnzwischen hatte in der alten Neuenheimer Kirche
ber Abschiedsgottesdicnst stattgcfunden.

Am Vorabend schon und am Festmorgen ließen die neuen
Kirchenglocken ihren ehernerr, klangschvnen Ruf erschallen.

Papst. Als der Prinz das päpstliche Gemach verließ, war
er totenbleich und zitterte am ganzen Körp er — so be-
richten wenigstens klerikale Blätter

— Schrcckenskind. Heiratskandidat (zur Frau des Hau-
ses): „Gnädigste Frau, mein Komplimentl So gut habe ich
schon kange nicht.gegessenl" — Der kleine Hans: „Wir auch
nicht!"

— Klubgespriich. Junggeselle: „Sag' mal,. glaubst du
wirklich an die Theorie, daß verheiratete Männer länger leben
als ledige?" — Ehemann: „Mag schon sein —es kommt eincm
wenigstcns langer vor."

Theater- und Aunffnachrichten.

— Konzert in der Harmonle. Demnächst findet ein Konzert
des erbltndeten Klaviervirtuosen Max Wegener statt, zu welchem
die Konzertsängerin Frau Fenten-MalmedS aus Mannheim und
Herr Konzertmeister Grau ihre solistische Mitwirkung freundltchst
zugesagt und Fräulein Anna Heber die Klavierbegleitnng der
Solis gütigst übernommen hat. Die künstlerischen Leistungen der
Mitwirkenden als bekannt voraussetzend, ersreut stch auch der
bllnde Virtuos eines guten Rufes als bedeutender Pianist. Aus-
wärtige Preßstimmen äußern sich höchst anerkennend über die
Leistungen deS blinden Künstlers, welcherhier zum crstenMale auf-
tritt. So schreibt die „Köln. Ztg." u. A.: „Daß man blind und
trotzdem etn hervorragender Pianist sein kann, davon überzeugte
dieses Konzert des Herrn Wegener. Er überraschte sein« Zuhörer
durch sein virtuoses Spiel und seine Vorträge vereinten eine
erstaunliche Sicherheit und ein hohes Maß künstlertschen Könnens."
Die Darmstädter „Neuen Hessisch. Volksblätter" schreiben u. A.:
„Sie wurden sämtlich von Herrn Wcgener mit so sicherer, pia-
nistischer Technik, abwechslungsreichster, dynamischer Schattierung,
Kraft und Weichheit des Anschlages, Poesie und Temperament
vorgetragen, daß man seinen schweren körperlichen Mangel fast
ganz vergessen konnte. Jm stürmischem Betfall gaben die Hörer
ihrer warmen Anerkennung wiederbolt Ausdruck."

Zum Abschiedsgottesdienst bersammelte sich die Gemeinde mov-
gens um halb 10 Uhr noch eiiimal in der alten, einsachen Kirchc
in der Lutherstraße. Professor R o h r h u r st hielt hier dic
lctzte Prcdigt, der Bedcutung dcs Tages iu dankbaren Worrcn
gcdenkend, die Erinnerung au dic Geschichte des Gotteshauses,
das acht Jahrhunderte lang scincm Zwecke diente, auffrischend
und auf die Ausdehnung dcr Gemeiude hinweiscnd, der längst
die Kirche schon zu klein gewordcn. Bei dieser erhebenden
Feicr waren außer dem Ortsgeistlichen Stadtpfarrer Schneider,
den Stadtpfarrern O. Hönig und Schmitthenner, Pfarrer be-
nachbarter Gemeinden, auch Kirchenrat Ruckhabcr-Maimhcim,
uud Prälat O. Helbing-Karlsruhe anwesend. Nach dem Gottes-
dieuste ging es in festlichem Aufzuge unter Vorantritt von zwci
Musikkapellen (Feuerwehr und -Orchesterverein), an der Spitze
cinige 40 weiß gekleidete Ehrciijungfrauen, die Pfarrer, die
Bauherren und der Kirchengemeinderat, durch die Ladenburgcr-
straße und Brückenstraße zu der an der Handschuhshcimer
Landstraße gelegenen neuen Johauneskirchc. Hierselbst wurde
von Fräulein Vogel der Schlüsscl an Herrn Kirchenbaurat
Behaghel abgegeben, dieser überrcichte ihn dem Prälaten Herrn
O. Helbing. Letzterer übergab ihn Herrn Stadtpfarrcr Schnei-
der, wobci er einen Psalmvers sprach. Herr Pfarrer Schneider
danktc nnd bersprach, jedcrzeit über der Kirche zu wachen,
worauf er diesclbe aufschlotz. Die Ktrche, eiu monumcntaler,
gcschmackvoller Bau frühgothischen Stils mit schlankem Turm
macht in ihrer schöncn limgebuiig von Außcn einen guten,
allgcmcin als sehr hübsch anerkannten Eindruck. Das geräu-
mige Jnnere, einfach aber gediegen ausgestattet, hochgewölbt
und mii Emporen versehen, konnte kaum die Zahl dcrer
faffen, die eine Eintrittskarte erhalten hatten. Den Altar,
rings umgeben von grünen Blattpflanzen, bedeckten kostbare
neiie Altargeräte. Die Rückwand zierten zwei von dcn Frauen
Neuenheims gestiftete Wandgemälde. Links von dcm Altar
bcfanden sich die Plätze für die Pfarrer, rechts dic Sitze
für die höchsten Herrschaften.

Die Einwcihmili dcr ncuen Kirche.

llm halb 11 Uhr verkündete den bei der Kirche Harrenden
ein immer stärker anschwellendes, und immer näher tom-
mendes Brausen, datz das geliebte Fürstenpaar auf dem Wcge
zur Kirche sei. Freundlich grüßend dankte der Grotzherzog und
die Grohherzogin längs des ganzen Weges für die ihnen von
der Bcvölkerung dargebrachten Sympathiekundgebungen.

Ein doimerndes Hnrrah ertöiue, als der Wagen sich der
stattlichen Aufstellung des „Msiitärvereinsverbandes Pfalzgau"
uäherte; der Gauvorsitzende, Herr Grohherzoglicher Landge-
richtsrat Dr. Bauer übermittelte den höchsten Herrschaften die
Glückwünsche des Gaues zum stattgefundcnen Rcgieruiigs-
jubilänm und übergab den Rapport der Aufstellrmg. Der Groß-
herzog war sichtlich erfreut, als derselbe vernahm, daß 800
Mitglieder rn Reih rmd Glied angetreten warcn, um dem ge-
giebten Landesherrn ihre Huldigrmg darzubringen. Neben
dem Gauvorsitzenden Herrn Dr. Bauer wurden arrch der Gau-
rechncr Herr Techn. Assistent Zaiß sowie der Gauschriftführer
Herr Faürikant Dr. Reis durch längere Ansprachen ausge-
zeichnct. Währenddem hatte die Großherzogin sich nach der
anderen Seite zu den dort stehenden weißgekleideten Schul-
nrädchcn gewendet, ihnen frermdlich zugewrnkt, rmd sich mit
dem Lehrer der betreffenden Klasse rmtcrhalten. Nachdem
'Jhre Könrglichen Hoheitcn wiederholt den Mitglicdcrn des
Garworstandes rhren Dank für die glänzende Aufstclliiiig des
Gaues ausgesprochen hatteu, fuhr der Wagen unter eudlosen
Hurrahs die Neihen der Militärvereine entlang der ncuen
Brücke zu.

Vor der Kirche bildeten die Neuenheimer Jungfrauen
Spalier, der Kirchengemeinderat und eiue Anzahl geladener
Gaste waren dort anwesend. Als das Großherzogliche Paar
bei der Kirche ankanr, gingen die Herren Pfarrer ^-chneider,
Kirchenrat Ruckhaber und Prälat Helbing ihm entgegen. Jri
leutseliger Weise unterhiclten sich der Grohherzog und die
Großherzogin mit demselben. Auch wurdcn den hohcn Herr-
schaften Kirchenbaurat Behaghel rmd das ülteste Kirchenvor-
standsmitglied Herr Häußer vorgestellt. Vor deni Eingang
zur Kirche wurde dcr Grohherzogin von Frln. Schröder ern
prachtvoller Blumenstrauß überreicht, welchen die hohe Frau
dankend entgegennahnr.

Um ?L11 Uhr betraten die hohen Gäste die 5lrrche rmd
nahmcn ihre Plätze ein. Dre grohe zum Gottesdiensr vereinrc
Festversammlung bot in ihrer Vielgestaltigkeit ein glänzendes
Brld. Großherzog und Großherzogin, Prinz Wrlhelrn von
Sachsen-Weimar, der mit Genrahlin erschienen war, Ober-
bürgermeister Dr. Wilckens, Bürgermeister Dr. Walz, Geh.
Oberreg.-Rat Psister, Bezirkskommandeur Schöngarth, Pro-
rcktor Buhl, die Pfarrer, die übrigen hiesigen höheren Militärs
und Staatsbeamten, Professoren, schlichte Bürger und ern
reicher Danrenflor, alle waren verernt zu der erhebenden Ein-
weihungsfeierlichkeit. Iiach einleitendem Festgrutz drirch den
Orchesterverein, gemeinsamem Gesang und Gebet, nahm Kir-
chenrat Ruckhaber die Weihe der Kirche vor. Die Be-
deutung des Gotteshauses betonend, erflehte er Gottes Segen
für dre neue Krrche rmd rhre Besucher und weihte sie auf den
Nanren „Johannes-Kirche". Dre Festpredigt hielt Stadt-
psarrer Schneider; er legte rhr die Bibelworte aus 1. Joh.
Kap. 4, 16, zu Grunde und verbreitete sich mit schöner Bered-
samkeit über dsie Allmacht der Lrebe. Bewegt dankte er allen,
bie zum Gelrngen des Kirchenbaries rmd der Kirche beigctragen
und verlreh noch besonderen Ausdruck der Freude ribcr die
Anwcscnhert des großherzoglichen Paares, die dem Feste die
rechte Weihe gegeben hätten. Ein geistliches Lied für Frarren-
chor, das bom Komponisten, Musikdirektor H. Neal, dirigiert
wurde, übte durch seinen prächtigen Gehalt, Klangreichtum und
dcn schönenVortrag eine tiefeWirkrmg cms. MusikdrrcktorSeelig
begleitete das Lied auf der Orgel rn meisterhafter Weise.
Prälat O. Helbing übermittelte der Gemeinde Neuenheim
dre Glückwünsche des Oberkirchenrates und knüpfte an dre
Bibelworte 1. Petrr 2, Vers 5, noch eine Predigt. Nach ge-
meinsamen Gesang, dcm Hauptgebet und Unser Vater durch
Prälat Helbing ließ der Chor Händels herrliches Hallelujah
erklingen. Hierber kam besonders auch die machtvolle Tonfülle
der neuen Orgel zur Geltrmg; sie ist überhaupt ein Meister-
werk der Technik. Am Schluß des nahezu zwer Stunden
währenden Festgottesdienstes wurden bier Taufen und
einc Trariung vollzogen. Die getauften Kinder gehörcn
mr: dem Kaufmamr Diesch, dem Gärtuer Dörrsam, dem
Eisenbahnschaffner M. Geiger, dcm Schreiner Bendinger, das
getrmrte Paar ist Herr Kohlmeier und Frl. U e b e r l e. Am
kommenden Sonntag wird iir der neuen Krrche die hinausge-
schobene Konfirmatron der Kinder stattfrnden.

Ueberall hin freundlich grüßend verließ das Großherzog-
liche Paar das Gotteshaus und fuhr unter dem Jubel und
den Hochrufen dcr Menge über dic Neuenheimer Landstraße
und die Alte Brücke nach dem Palais. Während die Herr-
schaften die Neuenheimer Landstraße entlang frchren, wurden
sie auf dem Neckar von den Booten des Ruderklubs und der
Rudergesellschaft begleitet, was einen sehr hübschen Anblick ge-
währte, der demGroßherzog und derGroßherzogin besonders ge-
fallen hat. Mit einem kräftigen, dreifachen HiPP, hiPP- hipp,
hurrah! brachten die Rriderer dem erlauchten Fürstenpaare
ihre Huldigung dar.

Vor der Villa von Frau Konsul Weber hielt der Grotz-
herzogliche Wagen und die Großherzogin nahm einen von Frau

Konsul Weber üüerreichten Blumenstrauß entgegen. Auch auf
der Alten Brücke wurdcn den Herrschaflcn Sträußchen über-
rercht. Während des ganzen Weges wurden häufig Blumen-
in den Wagen geworfen, das rst recht schön und als Zcichen der
Anhänglichkeit gewiß anzuerkennen, allein nicmand sollte Blu-
men entgegen der Fahrtrichtung werfen, wie das leider wieder
geschehen, sondern immer nur in der gleichen Richtung, sonst
wird aus dieser Blumenhrildigung leicht eiue Bclästigung dcr
höchstcn Herrschasten.

Auf der Alten Brücke und auf dem freien Platz am Süd-
ende derselben hatten sich große Menschcnmengen angcsam-
melt, die das leutseligc Herrscherpaar mit freudigem Zuruf
begrüßte. Nm Eingang der Steingasse prangte auf einer
Tafel folgendes Distrchon:

Friedrich, zum Jubcltag wand Dir Kränze die Liebe des

Volkes,

Blumen bracht' sie Dir, Fürstin aus Zollerns Geschlecht.

Hier in Alt-Heidclberg ältestem Stadtteil, dcr Steingaß Ge-

mcinde,

Sreht, wie die Türme so fest, treue zum Zähringer Hausl

Frühstück rind Fahrt durch den Stadtwald.

Um 1 Uhr etwa trafeir die Groffherzoglichen Herrschaften in
dem Palais ein, woselbst in derselbcn Zeit anch die Kron-
p rinz essin von Schweden anlangte. Dort wurde den Höchsten
Herrschaften und ihrer Begleitung von dem Hotel Prinz Carl
ein Frühstück zu neiin Gedecken scrviert. Der nene Besitzer des
Hotels, Herr Ehleiter, leitetc persönlich die Bediennng nnd em-
pfing von den Herrschaften volles Lob fiir die Leistnngen seiner
Küche. Auch wünschten die Höchsten Herrschaften Unn, als sie
hörten, daß er das Hotel eben erst übernommen habe, bestens
Gliick zu seinem Unternehmen. Das Frnhstück danertc dreioiertel
Stunden.

Um 3 Uhr nnternahmen die Großherzoglichen Herrschaften
und die Kronprinzessin von Schweden m!t Gefolae eine Fahrt
dnrch die städtischen Waldnngen Die Wagen stellte dazu, wie
schon vorher zur Fahrt vom Bahnhof dnrch die Stadt.Herr
Kntschereibesitzer Jakob Bentner, der dcn Wagcn der Großher-
zoglichen Herrschaften selbst lenkte. An der Fabrt nabmen noch
teil: Prülat Helbing, der Prorektor Hofrat Prof. Dr. Buhl,
Geh. Oberregiernngsrat Dr- Pfister, Landgerichtspräsident
Schember, Oberstlentnant Schöngarth, Obcrbürgermcister Dr.
Wilckens, Bürgermeister Dr. Walz und Oberförster Krntjna. Die
Fahrt ging über das Blockbans und die drei Eichcn nach dem
Ävhlhos-Hotcl. Beim Blockhans wurdcn die höchsten Herrschaften
dnrch den Vortrag eines Musikstücks Seitens eines Hornquarletts
des städtischen Orchesters überrascht. Die Musiker halten im
Gebüsch in der Nühe des Wegs Ansstelliing genommen. Bei der
Posselslnst überreichte eine Waldhütcrsfran' ein Waldbouquet.
Auf dem Kohlhof wurden Erfrischungen gereicht, und es erfolgte
dann die Rückfahrt dnrch das Kohlhofgelände über den Kransen-
stein, den Drachenhöhlenweg, den holilen Küstenbanm und den
Wolfsbrunnenweg. Die Großherzoglichen Herrschaften waren von
der Fahrt wie übcrhaupt von ihrem gestrigen Aufenthalt in
Heidelberg nngemein befriedigt, erkannten insbesondere auch die
Begrüßung durch die Stndentenschaft, die Schulen nnd Vereine,
sowie durch die gesamtc Bevölkerung ciufs dankbarste an nnd
schieden m.it den angeiiehmsten Eindrücken von nnserer Stadt-
Am Bahnhof wnrde Jhrer Königlichen Hoheit der Kroiiprinzessin
von Schweden nnd Norwcgen vor der Abfahrt vom Oberbürger-
meister noch cin Rosenstrauß überreicht

Tas Festessen in Neuenhcim.

An dem Festessen in der „Rose", wclches sich Ler Feier dec
Einweihung der Kirchc anschloß, nahmcn nahezu dreihundert
Personcn teil. Eingeleitet wurde dasselbc durch ein Gebet
von Pfarrer Schneider. Jm Verlaus des Mahles ergrifs
Professor Schäfer das Wort und rühmte die Person und
ffie hohcn Regentenverdienste des Großhcrzogs, auf welchen
cr sein Hoch ausbrachte. Professor Roes ! gcr gedachte un-
serer verehrten Lcmdesmutter, der Großhcrzogin, und hob ihr
segensreiches Wirken um das Wohl ihres Volkcs hervor. Prä-
lat v. Helbing sprach von seiner Siudcntenzeit in Heidel-
berg unb wie es in Neuenheim zu dieser Zeit aussah. Pfarrer
Schneider dankte für das Wohlwollen des Oberkirchen-
rats der Kirchcngemeinde Neuenheim gegenüber. Kirchenrat
Muckhaber fcicrte die Berdienste des Stadtpfarrers Schnei-
der und des Kirchengemeinderats. Hauptlehrer Herrigel
toastete auf Herrn Kirchenbaurat Bchaghel und den Bauführer
Hcrrn Architekt Döring. Metzgermeister Koch dcmkte Herrn
Pfarrer Schncider für die Mühe, wclche sich dieser um das
Zustandekommcn dcr Kirche gegeben. Kirchengemeindcrat
Häußer toastete auf Herrn Behaghel nnd die Geschäftsleute,
welche durch uncrmüdlichen Fleiß den Bau zu dem brachten,
was er jetzt darstellt, Bürgermeister Wielandt feierte
Heidelberg, Stadtpfarrer O. Hönig die Einigkeit der Neuen-
hcimer und Heidclbcrger. Geh. Rat S ch r ö d e r schilderte
die jetzigen Verhältnisse Neuenheims. Professor Scheret
weihte sein Glas Herrn Altbürgermeister Uebcrle, Architeki
Karch der Kirchengemeinde, Herr Ballmann, als Vor-
stand des Turnvcreins, brachte ein Gut heil auf die Vereirir
aus. Schreinermeister Laux glaubte im Sinne aller Hand-
werksmeister zu sprechen, wenn er nochmals die Verdienstr
des Herrn Kirchenbaurat Behaghel und des Architekten Dö-
ring hervorhebe, denn nur durch deren korrektes Arbeiteö
in Bezug auf Skizzen nnd Zeichnnngen habe das Werk in dieset
kurzen Zeit fcrtiggestellt werden könncn. So war cs unter die-
sen Reden 5 Uhr geworden bis das Mahl cmfgehoben wurde-

Zwischen 3 und 6 Uhr war die neue Kirche der Wall-
fahrtsort vieler Neuenheimer, Heidelbergcr und Fremden, wel-
che das neue Gotteshcms besichtigten.

Nachstehend lassen wir ein Verzeichnis der bei dem Neuba»
der evangelischen Kirche in Neuenheim beschaftigt gewesenen BaU"
unternehmer nnd Lieferanten folgen:

1. Betonarbeit der Fnndanientiernng: Portland-Cementwerk,
Heidelberg; 2. Manrerarbeiten: Baugeschäft Stephan n. Schneider,
Eppelheim; 3. Granitarbeiten: Max I. Loebel, Zwingenberg
a. d. B.; 4. Steinmetzarbeiten nebst Bildhanerarbeiten: Hoß
steinmetzmeister Gebr. Adelmann in Bettingen in Verbindung nro
Bildhauer Boppel, Heidelberg: S. Altar, Kanzel und Taufstei/
aus weißem Mainsandstein: Hofsteimnetzmeister Johannes Adev
mann in Bettingcn; 6. Modelle für die BildhauerarbeiteiO
Leopold Lange, Mannheim; 7. Terrazzoarbeiten: Gebr. Manari»-
Heidelberg; 8. Zimmeraröeiten: Zimniernreister Mich. Gnndd
Eppelheim; 9. Gipser- und Nabitzarbciten, sowie StuccatureU'
Leopold Lange, Mannheim; 10. Schreinerarbeiten: Schreiiier'
meister I. Lanx, Handschnhsheim; 11. Schlosscr- und Kunst'
schmiedearbeiten: Gebrüder Bauer, Neuenheim, Gebrüder HarteU'
stein, Heidelberg, und Fr. Schlicksupp, Neuenhcim; 12. Schmiede'
arbeiten: H. nnd L. Sieber, Neuenbeim; 13. FlaschnerarbeiteU'
Martin Roth, Heidelberg; 14. Schieferdccker- nnd Blitzableitel'
arbeiten: Alwin Müller, Heidelberg: 15. Glaserarbeitcn rim
Glasmalerei: Ferd. Müller, Quedlinburg, H. Beiler se»-'
Heidelberg, nnd G. H. Beiler jnn., Heidelberg; 16. Galvano'
broncen: Galvanoplast. Kunstanstalt, Geislingen; 17. Dekoratiotts'
malerei: Oskar Schurth, Karlsrnhe; 18. Äeußere Tüncher- N»°
Vergolderarbeiten: F. Frauenfeld, Nenenheim; 19.«WasserleituH
und Klosettinstallation: C. Maquet, Heidelberg; MiNiederdrna
Dampfheizung: Rud. Otto Moyer. Hamburg-München; 21. Em
trische Äeleuchtung: Rheinische Schuckertgesellschaft, MannbeiNl'
22. Orgcl und Harmonium: C. F. Steinmeyer u. Co., Oetting^
a. N.; 23. Geläutc und Glockenstuhl: Gebr. Bachert, DallaN
Kochendorf; 24. Silberne Kirchengeräte: Th. Krafft, HeidelberK
als Vertreter von P. Bruckmann u. Sohn, Heilbronn; 25. TepptA
und Decken: W. Röper, Leipzig, und Kunststickereischnle in Karb
 
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