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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0908

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sche Landtag beschästigte sich hente nsit den Petitionen
der w e t f i s ch e n Verein e, die dahin gehen, dasz der
Eingangssormel der Gesetze die Formel „Im Namen des
Herzogs Ernst Angnst" hinzugesiigt werde. staatsmini-
ster Otto hielt eine längere Rede, in der er die Stellung
des INinisteriums darlegte und die ivelsische Agitation
als die Landesinteressen gefahrdend schilderte. Der Land-
tag beschloß, die Petitionen unbeachtet zu lassen.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Scine Königliche Hohcit der Grotzherzog haben
dem evangelischen Pfarrer August Kecrl in Niefern das
Nittertreuz erster Klasie dcs Ordens vom Zähringer Löwen,
dcm Direkwr des Stadttheaters in Freiburg Hans Boll-
mann bas Ritrerkreuz zweiter Klasse dcs Ordens vom
Zähringcr Löwen verlichen und dem Ministerialrat Hans
Wild zum Nlitglied des Verwaltungsrates der General-
brandtasse crnannt.

Zollverwaltcr Alfred Ä e i st in Gailingcn
wurde nach Grenzachcrhorn bersetzt. Hauptamtsassistent Jul.
Glunk in Konstanz wurde nach Lahr versetzt.

Karlsruhe, 13. Mai. Der Großherzog
emsifiug heute Vormittag den Staatsminister von
Brauer zur Vortragserstattung. Gegeu halb 1 Uhr be-
gaben sich der Großherzog und die Großherzostin a» den
Bahnhos zum Emsifange der Kaiserin, wo auch die Für-
ssin zur Lippe zur Begrüßung anwesend war. Außerdem
waren der Kommaudant von Karlsruhe, Generalmajor
Freiherr von Schönau-Wehr und der Oberschloßhaupt-
mann von Osfensandt-Berckholtz daselbst erschienen. Jhre
Majestät war begleitet von der Hofdame von Gersdorf
und dem Vice-Oberzeremonienmeister Kammerherr von
dem Knesebeck. Tie Höchsten Herrschaften gaben Jhrer
Majestät das Geleite zum Großherzoglichen Schloß, wo
die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen mit dem
Hofstaat Jhre Niajestät erwartete und begrüßte. Bald
nachher sand Frühstückstafel statt, zu welcher auch der
Prinz und die Prinzessin Max erschienen. IIm 3 llhr
fuhren der Großherzog und die Großherzogin mit der
Kaiserin zur Kunstausstellung. IIm 4 Ilhr vereinigten
sich die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften bei dem
Prinzen und der Prinzessin Max zum Thee. Hieraus
geleiteten die Großherzoglichen Herrschaften die Kaiserin
Zum Bahnhof und es erfolgte nach herzlicher Verabschie-
dung die Abreise Jhrer Majestät 4 Ilhr 43 Minuten.
Später hörte der Großherzog den Vortrag des Legations-
rats Dr. Seyb. _

AuÄand,

Hollsnd.

SchIoß Loo , 13. Mai. Die Besserung im Befin-
den der Königin hält an. Dr. Rössingh gedenkt morgen
seine Thätigkeit als Direktor des Krankenhauses im Haag
wieder aufzunehmen.

England.

London, 12. Mai. Jm II nterhaus teilt der
Parlamentssekretär der Admiralität Arnold F o r st e r
mit, daß die Erneuerung des Abkommens der Admira-
lität mit der White Star-Linie nahe bevorstehe und zwar
usit einer Zusatzbestimmung, wonach diese Gesellschaft
uicht ohne Zustimmung der Admiralität irgend eines der
Schiffe, die dem Wkommen unterliegen, einer fremden
Flagge übertragen dürfe. Die Admiralität sei benach-
richtigt worden, daß nichts in dem von der Gesellschisi'
mit Morgan getroffenen Ilebereinkommen dem Rechte
der Admiralität widerspreche, die Bestimmungen ihres
Abkommens mit der Wlsite Star-Linie über die subven-
tionierten Schiffe geltend zu machen. Das Abkommen
habe eine Gültigkeitsdauer von drei Jahren.

Rußland.

Petersburg, 12. Mai. In Poltawa sind dieser
Tage zwei Studenten geh. enkt worden, weil
sie zn den Nrhebern der lehten Bauernunruhen gehörten.
Verschiedenen anderen steht noch der Prozeß bevor. Die
beiden Gehenkten sind Verfasser eines gefälschten Ilkases
des Zaren, worin die Bauern aufgefürdert wurden,
gegen die Gutsbesitzer zu revoltieren, die sich ungeseh-
mäßig große Ländereien angeeignet hätten, die eigent-
lich den Bauern gehören müßten._

Sitzung des Mrgerausschusses.

Heidelberg, 13. Mai.

Oberbürgermeister Dr. Wilckens eröffnet die Sitzung
kurz nach 4 Uhr. Es sind 92 Mitglieder anwescnd. Die Vcr-
sammlung ist daher beschlutzfähig. Vor dcm Eintritt in die
Tagesordnung widmct der Vorsitzende dem seit der letzten Sitz-
ung vcrstorbenen B.-A.-Mitglied Wegerle einen warmen Nach-
ruf. Der Aufforderung, sich von den Sitzen zu erheben, kommen
die Bürgerausschutzmitglieder nach. Ferner heitzt der Vorsitzende
die neu eingetretenen Mitglieder Herren Maler Oeldorf
und Geheimen Hofrat Schäfer willkommen. Wegen An-
wesenheit des Sachverständigen Oberbaurat Prof. Dr. B a u-
m c i st e r aus Karlsruhe und damit dieser möglichst bald wie-
der nach Karlsruhe zurückkehren kann, wird die die neue Bahn-
hofanlage in Heidelberg betreffende Vorlage zuerst auf die
Tagesordnung gesetzt.

Der Obmann des Stadtverordnetenvorstandes Leonhard
machte zunächst einige allgemeine Bemerkungen über dic vor-
liegenden verschiedenen Projekte und konstatiert, datz das in der
Vorlage erwähnte Projekt 1 a der Lage nach genau mit dem
ursprünglichen übereinstimme, datz es sich nur durch- Tief-
legung der Zufahrtsgeleise von dem ursprünglichen unter-
scheide. Ueber die Zweckmätzigkeit des neuen Projekts seien
sich sowohl die Generaldirektion in Karlsruhe, wie auch der
Stadtrat und der Stadtverordnetenvorstand in Heidelberg
einig gewesen. Jm Grunde genommen wäre es ja nur eine
Angelegcnheit des Staatcs, zuerst käme das Jnteresse des Staa-
tes in Betracht. Die Bahnverwaltung respektive der Staat
müsse die Neuanlage zahlen und die Konsequenz wäre, datz
die staatlichcn Jnteressen den Vorrang vor den städtischen
haben. Redncr kommt noch einmal darauf zurück, datz man
ja zuerst an eine Höherlegung des Bahnhofes an der jetzigen
Stelle gedacht habe, datz dieses Projekt aber dcfinitiv fallen
gelassen worden sei. Wenn nun die Stadt der Hinauslegung
des Bahnhofes zustimme, so könne sie in ihrem Jnteresse je-
doch die weitestgehende Rücksichtnahme verlangen, die die Nach-
teile für die Einwohnerschaft sehr bedeutcnde seien. Bisher
habe sich die Gcneraldirektion sehr entgcgenkommend gezeigt
nnd man sei ihr zu grotzcm Dank verpflichtet. Allen Wün-
schen habc sie Beachtung geschenkt, die verschiedenartigsten
Pläne habe sie ausgcarbeitet und jede Anfrage sei in der
liebenswürdigstcn Weise beantwortet worden, nicht minder
aüer müsse die Umsicht und die Energie des Bürgermeister-
mntes anerkannt werden, mit dem bisher Erreichten könne

mau Wohl zufrieden sein. Bei der Neuanlage komme uun
zuerst die Frage in Berracht, wie die ueue Odenwaldstrecke
am kürzestcn herzustellcn und wie besonders ein allzulanger
Tunnel vermieden wcrden künne. Es komme uun darauf au,
drei Jmeressen dcr Stadt zu wahren: erstens dürfe der Bahu-
hof nicht weiter uach Westen gcrückt werden als dringend
erforderlich ist, zweiteus müsse die Beseitigung der Beeinträchti-
guug des Rohrbacher Bauviertels durch Aufführung eines ho-
hen Dammes vermicden werden, drittens dürfe das landschaft-
liche Bild mit seiner Aussicht auf den Friedhof nicht gep
werden. Die letzten beiden Punkte seien auch für den Stadt-
rat so ausschlaggcbend gewesen, datz sich der Stadtrat
lieber zu einer Verlegung des Bahnhofes um noch 130 Meter
weiter westlich eutschiedeu haben würde, wodurch der Tunuel-
ciugang in den Gaisbcrg bedeutend wciter südlich zu liegen
gekommen wäre. Dieses Projekt hält die Generaldirektion
für unausführbar, da es zu teuer käme und der Landtag seiue
Zustimmung sicherlich verweigern würde. Jedenfalls würdeu
erst lauge Vcrhaudlungen zu einer Uebercinstimmung führeu.
Die Tiefleguug des Bahnhofes und der Zufahrtsgeleise wahre
gleichmätzig alle drci angeführten städtischeu Jnter-
essen in glücklicher Wcisc. Kleine Ucbelstände, wie die Rauch-
entwickelung auf dcn' die Geleise überjfceitenden Strahen
uud auf dem Bahnhof kämen gegcnüber der Verteuerung
des Projektes Nummer 2 und Nummer 3 nicht in Betracht.
Rcdner iveist noch auf den ewigen Aufcnthalt der elektrischen
Bahn am Bahnübergauge in der Rohrbachcr Strahc hin uud
hofft, datz diese Zustän'de bald aufhören. Sehr crfreulich

sei dic Uebereinstimmung von Staat und Stadt in dieser An-
gclegeuheit und es sei zu erwarten, dah noch eine Nachsiagforde-
ruug an den jetzt iagendcn Landtag eingebracht werden könne.
Seiner Meinung nach kämen Lbcrhaupt nnr zivei' Sätze
in Betracht. Der alte augenblickliche Zustand ist unerträg-
lich; Projekt l a.bescitigt denselben uud cutspvicht dcu städti-
schcn Jnteresscn am besten. Er empfiehlt die Vorlage zur
Annahme.

Oberbürgermeister Dr.W ilckens kommt mit wenigenWor-
ten auf die Vorlage zurück und spricht seinen Dank für die
Änerkennung der Thätigkeit der städtischen Verwaltung aus.
Seincr Ansicht nach ist die Frage nicht länger verschiebbar.
Sie ist dringend. Die Geländespekulatiouen sind nicht mehr
normal. Die Unsicherheit ist für die Entwickelung dcs Rohr-
bacher Vicrtels gefährlich. Sobald die prinzipielle Entschci-
dung seitcns der Stadt gctroffen sei, ivürde dcm gegenwärtigcn
Landtage noch eine Nachtragsfordcrung für die 'Gcläude-
erwerbung zugchen. Aer Vorsitzende tritt energisch der Auf-
fassung des Stadtverordnetenvorstandes cntgegen, datz dic
städtischen Jntcresfen in zweiter Linie in Betracht kämen. Die
Jnteressen sind seiner Meinung nach mindestens gleichwertig.
Eine Höhcrlegung des Bahnhofes an jetziger Stelle ist nicht
mehr zur'Diskussion zu ziehen, da eine Kopfstation vermieden
werden mutz. Heidclbrrg muh ciuen Durchgangsbahnhof
haben, da die Stadt aus Fremdenverkehr angewiesen, möglichst
darauf bedacht scin mntz, alle irgend möglichen Schnellzugs'-
linien über Heidelberg geleitet zu sehen. Ein Kopfbahnhof
zwingt die Züge zu groszem Aufenthalt. Sowohl der Verein der
hiesigcn stpotelbesitzer, wie die Handelskammer haben darauf
anfmerksam gcmacht, datz immcr mehr Schnellzugsverbin-
dnngen von Heidelberg abgedrängt werden. Lediglich im
städtischen Jnteresse liegt die Verlegung des Bahnhofes des-
halb, damit das Gelände des Bähnhofes frei wird und die
Stadt dadurch ein schönes Entree durch Erstellung von
Anlagen und schönen Gebäuden an dieser Stellc crhalte.
Oberbürgermeister Dr. Wilckens hat sich mit der Verlcgung
des Bahnhofes befreundet, sobald das absolut notwendige Matz
nicht Lberschritten wird. Dem Danke der Generaldirektion
gegenüber kann er sich nur anschlietzcn, betont aber, datz die
vorgesehene Hinausverlegung des Bahnhofes um 1100 Meter
ein sehr grotzes Opfcr der Stadt bedeutc. Besonders bei dcm
Bau weiterer Ncbergänge künftigcr Stratzen iiber die projek-
ticrte tiefliegende Bahnlinie müsse dic Grotzherzogliche Re-
gierung sehr weit cntgegenkommen, ebenso beim Geländeer-
werb seitens der Stadt, bei Festsetzung des Preises dürfe dis
Stadt nicht zn Schaden kommcn. Zwischen Projekt 1 a und 3
sei die Wahl nicht schwer, weil bei 3 der Bahnhof um wcitere
290 Meter hinausgeschoben werde (für Futzgänger ein Unter-
schied von 3,8 Minuten), ferner wcil eine Verlängerung der
Odenwaldbahn um 680 Meter und demzufolge wahrsthein-
lich cine Fahrpreiserhöhung eintretcn würde. Der dritte
Borteil sei die Verringerung der Kosten um einc
Million Mark, welche, wenn die Stadt auf Projekt 3
bestehen würde, an der Stadt hängen bleiben würdcn.
Die Tieflegung der Geleise würde für das Rohrbacher
Viertel keinc Störnngen verursachen, da die Rauchentwickelung
infolge Wegfalls der Steigung bei Einfahrt in den Heidel-
berger Bahnhof gcringer sein würde. Die Bahxihöfe Wieblingcn
nnd Kirchheim würden dieselbe Höhe wic der tiefliegcnde
Hcidelbergcr Bahnhof haben. Die Bahnhofsfrage bringe ja
freilich für den Bürgerausschutz die wichtigste Entscheidung,
die vielleicht je von ihm getroffen worden ist. E r halte abcr
ein weiteres Hinausschieben für unmöglich. Seitens des
Stadtrates und Stadtverordnctenvorstandes sei die Vorlage
zur Annahme einssimmig cmpfohlen warden.

Rechtsanwalt Leonhard erwähnt noch, datz auch der
Stadtvcrordnetenvorstand die jetzige Lage fürderhin einstimmig
für nnmöglich hält. Dr.U llrich wicdcrholt verschiedenes, was
die Vorredner gesagt haben, empfiehlt die Vorlage zur An-
nahme, mcint aber, datz nach seinen Jnformationen der
gegcnwärtige Landtag höchstens dic Bauflucht gcnehmigen
würde, datz eine Bewilligung von Geldern zum Beginn des
Baues noch in weiter Ferne stände: es käme zunächst doch
der Bau eines Bahnhofes in Karlsruhe und vieles andere in
Betracht, ehe an einen Beginn des Banes eines ncuen Bahn-
hofcs in Heidelberg gedacht werden könne. Seiner Meinung
nach müsse znnächst auch eine Verlegung des Güterbahn-
hofes gedacht werden. Fcrner will cr eine Verbessernng der
Uebergänge beim Balmhof Karlsthor zugleicki mit der Er-
stellung eines neuen Bähnhofes im Westen anstreben. Ober-
bnrgermeister Dr. Wilckens sctzt dem Borredner einige
Mitzberständnisse anseinander nnd weist besonders daranf hin,
datz ein Dnrchgangsbahnhof nntcr allen Umständen angcstrebt
wcrden müssc, damit nicht mehr so viele Züge vom Verkchr
abgelenkt und Heidclberg als Kopfstation vermieden werde.
Seiner Meimmg nach würdc die Durchfübrung des projcktier-
tcn Bahnhofes 6 bis 8 I-ahre in Ansprnch nehmen. Nunmehr
ergreift der Sachverständige Oberbanrat B a u m e i st e r das
Wort. weist anf das nmfassende Matcrial hin, das ibm
znr Einsichi vorgclegen hätte, von dem aber nur ein Brnch-
ieil hier vorliege. Seiner Ansiäst nach üranchi man sich

setzt noch nicht über den Bahnhof Karlsthor schlüssig zu wer-
dcn, da nach Regclung der Lage des Bahnhofes im Westen
die Lage des Bahnhofcs im Osten infolge des drei .Kilometer
langen Tunnels unabhängig von dem nenen Hmiptbahnhof
geregclt werden kann. Anch das Ueberführen der

Stratze über die Bahnkinie am Karlsthor bietet keine Schwic-
rigkciten. Von schr grotzer Wichtigkeit ist seiner Meinung
nach der Erwerb des freiwerdenden Geländes seitens dcr
Stadi. Die Stadt mutz eine Versteigerung des Geländes sci-
iens des Staates nnter allen Umständen zu verhüten suchen,
sie mutz frcie Hand haben, damit keine Geländespekulation
aufkommen kann. Es' handelt sich nm 22 Hektar, zieht man
lsiervon ein Drittel für Stratzen und Plätze ab, so bleiben
noch 12 bis 14 Hektar für Bauplätze. Den Preis des Geländes
ivird die Bahnverwaltnng nach der Rentabilität berechnen.

Der Staat wird seinerzeit ungefähr 40 bis 60 Pfennig pro
Ouadrarmeter bezahlr haben. Es küme Varauf an, eineii
möglichst niedrigen Preis zu erreichcn, wemi es der Sraar
auch nicht ganz zum Ankaufswerre l)ergebeii würde. Als
Gegenleistuug mutz die Sradr dem -staate gegenüber in die
Wagschale wcrfcii, datz die Hiiiansverlegung des' Bahnhofos
für Heidelberg einem Kapital von vier Millionen Mark gleich-
komine, Die Anlage von weiteren Uebergängeir im Siiden der
Stadt mutz vorbercitet werden, Eine Nerlegung des GLrcr-
bahnhofes ohne Neuanlage des Persoiienbahnhofes isr schwcr,
jedoch nicht immäglich. Hofrat Buhl ift über die Erklä-
rung des Sachversründigen sehr erfreul, dah eine Veränderuiig
der Uebergänge am Karlsthor so leicht zu bewertstelligeu sei.
Er birtet uoch dafür sorgen zu wollen, daß mchr Züge dcs
Durchgairgsvcrkehrcs am Bahuhof Karlsthor halten. Sckstietz-
lich tritt er uoch für die Erstellung einer Vollbahn Heidelberg-
Weinheim cin. Herr Brechter macht daranf aufmcrksam,
datz die meisteir Uiiglücksfälle am sogeuannten Weihen Ueber-
gang in Schlierbach vorkommen. Oberbürgermeister Dr.
Wrlckens antwortei Hofrat Buhl, datz die Heidclberger
Vertreter im Eiseuüahnrate unausgcsetzr bemüht seien, die
Sration Karlsrhor als Haltestelle im Fahrplan zu empschleir,
datz sie jedoch selten Erfolg gehabt hätten; wenn die Entfer-
nung vom Hauprbahnhof zum Karlsthor eine grötzere würde,
vcrsprüchen sie sich mehr Erfolg. Bei Neuanlage wird dcr
Niveauübergang in Schlierbach wahrscheinlich auch beseitigt
werden. Er wrederholt, das; er derr günstigeii Erwerb dcs
freiwerdendcn Bahnhofsgeländes einleiten werde. Hoffentlich
mache die vier Millionen-Rechnung, bei der Generaldirektion
großen Eindruck. Anf die Brtte des Stadtverordneten Böhl
um Anlage einer Haltestelle am Steigerweg erwiderr dcr Vor-
sitzende, dah die Sache noch nicht so wcit sei, und datz es
sich im günssigsten Falle doch wohl nnr um eine Haltestelle sür
Lokalzüge handeln könne. Der stcllvertrercnde Vorsitzende des
Stadtverordnctenvorstandes Klrngel bittet den Sachver-
ständigeir um Auskunft, ob im deutschen Reiche schon cin ties-
gelegener Bahnhof in der beabsichtigten Weise angelcgt sci.
Oberbaurat Baumcister crwidert, datz, soweit er im Ge-
dächtnis habe, der Bahnhof Hnrburg die meiste Aehnlichkeit
habe. Wenn dort der Bahnhof wegen der Wasserverhältnisst
auch nicht ticfer gelcgt sei, so böte die Schiencnanlage doch
dasselbc Bild. Jn Hamburg würde der neue Bahnhof in der-
selbcn W'erse ausgeführt, dort wird der alte Stadtgrabeir
als Weg fiir dic Geleise benutzt. Jn England sind mehrere
berartige Anlagen vorhanden z. B. in Edinburgh. Bürger-
meister Dr. Walz warnt noch einmal vor Ausführung des
Projektes 1. Er macht darauf aufmerksam, datz in dicsem
Falle auf eine Entfcrnung von 160 Meter vier Tunnels
zu stehen kämen. Als abschreckendes Berspiel führtc Rcdner
unsere Nachbarstadt Mannheim an. Auch er hält die Rauch-
entwickelnng sür wenig störend. Betrcffend der Störung
der elektrischen Bahn am Bahnübergang in der Rohrbacher
Stratze scitens der Bahnvcrwaltung durch den Semaphor
erlärt er, datz nach seiner Ansrcht, ergentlich der Staat zu
dieser Bestimmuug gar nicht berechtigt iväre. Das Aufhaltcn
ernes Fahrzeuges mit Semaphor könne nur bei Kleinbahnen in
Betracht kommen.

Hierauf wnrde die Diskussion geschlosscn und die Vorlage
einstimmig angenommen.

Pniikt 1, 8, 4 und 6 der Tagcsordnung: die Erwcrbung
von Grundstücken im Bergheimer Baubezirk, — die Anlage
einer Polizeistation am Wihelmsplatz, — die Erwerbung einer
Kiesgrube des Joseph Stephan, — die Beschaffung von Wald-
hüterwohnungen betreffend, werdcn ohne Diskussion einstimmig
angenornmen.

Bei Punkr 2 der Tagesordnuiig, welcher als letzter zur
Verhandlung kommt, macht Bürgcrmeister Dr. Walz darauf
aufmerffam, datz die Vorlage eine sehr wichtige rsk, datz die
Opfer, die Stadtrat Fuchs der Sradt in diesem Falle brtiige,
grotze seieu. Der Preis von zehn Mark pro Ouadratmeler
für das freiwerdende Gelände der Fuchsschen Waggonfabrit
sei gering zu nennen. Der Stadtrat habe gerade drese Bor-
lage besonders streng geprüft, da der Verkäufer ein Stadtrat
sei, und gerade dicscn rmd dcn Beamtcn der Stadt leicht Jn-
teressen vorgeworfen würden. Bürgermeister Walz bringt
bei dieser Gclegenheit einen in Nr. 104 des „Bad. Landesb."
nirtcrm 4. Mai dieses Jahres erschienencn Artikel zur
Sprache, in welchem unter der ileberschrift: „Wie man iir
Heidelberg Ortsbaupläne macht" gcgen dic städtische Nerwal-
tung und insbesondere auch gegen ihn selbst heftige Angriffe
erhobcn werden, die zum Teil einen beleidigenden Charakrer
tragen. Es handle sich daber nm die Fortsetzung der durch
das Schädlcrsche Anwesen eröffneten Scheffelstratze und urn
die bchördlrche Behandlung des an der künftigen Verlängerung
dieser Stratze rn Angrrff genommenen Neubaues von Dr. Rö-
der aus Darmstadt. Vor allem wird darüber Klage geführt,
datz die Stadt dem letztgenannten Barworhaben so cntschieden
entgegengetreten sei. Hierfür wurde allein der Vorsitzende
der Baukommission verantworilich gemacht, wobei gegen diesen
die Anklage erhoben wird, er habe nicht aus sachlichen Grün-
dcn, sondern leöiglrch aus Rücksrcht auf den beterligten Grund-
bcsitzer Herrn Geh, Kirchenrat Hausrath gehandelt, dem er
eine solche Rücksicht schuldig sei, weil er ebenfalls der Uni-
versität angchöre. Allein ihm zuliebe habe er den Röderschen
Nerrbaü stmd di!e damih bcwiirkte thatsächkiche- Erösfnuüg
der Scheffelstraße bis' zur Werrgasse hintertreiben wollcrr.
Dies beweise vor allem die Thatsache, datz man neben deM
früher aufgestellten Plane noch einen heimlichen besitze, dcr
das Hausrathsche Anwesen ganz vermeide. Der Redncr legte
hierauf rmter stetiger Bezugnahme auf die Akten den ivahreü
Sachverhalt eingehend klar, indem er nachwies, datz die Stadt-
verwalrung sich durchaus auf gesetzlichcm Boden bewegt und
datz sie ihre Pflicht der Bürgerschaft gegenüber geradezu ver-
säumt hätte, wenn sie dem Röderschen Bauvorhabcn nichi
entgegengetreten wäre, Nicht nm die Fortführung der fraglicheü
Stratzc zu erschweren, sondern nm das Hindernis zu bcsei-
tigen, welches der Rödersche Neubau vcrursacht haben würde,
sei man diesem entgegengetretcn. Allerdings habe die Stadt
sich geweigert, die Scheffelstratzc von Osten her bis zur Werr-
gasse als'bald auszuführen, da diese Matznahme bei der ab-
lehnenden Halsirng verschiedener Beteiligter ganz auheror-
dentlich hohc Kosten verursacht habcn würde. Man könne un-
möglicki die Gesamtheit so schwer bclasten, um einzelnen Spe-
kulantcn die Möglichkert zu schaffcn, aus ihren Weinbergen und
Gärten schöne Bauplätze zu gewrnnen. Datz neben dem Plan,
welcher seinerzeit dem Bezirksratd vorgelegt worden ivav,
noch andere Lösungsversuche gemacht worden seien, sei ganZ
richtig; einer dersclben suchtc allerdrngs den Aufstieg schorl
westlich des Hausrathschen Anwesens zn finden. Aber gerade
dieser Plan habe das Hansrathsche Bcsrtztum rwch mehr durch-
schnittcn. Von einem Plan, wclchen der Nrtikelschreiber ge-
sehen haben wrll, sei aus den Akten nichts zu ersehen. Auf alle
Fälle seren derartige weitere Versuche aber doch nur geeignet-
darzuthun. datz dre Stadt sich der Sache mit Ernst annehrne-
Keinesfalls könne man daraus auf eine illoyaleAbsicht schlietzen-
Was hierüber alles mit Bezug auf s c in e Person gesagt wor-
den ist, könne nur humorrstisch aufgefatzt werden. Da die An-
griffe aber zugleich auf Handlungen gehen, für weläst
dre ganze städtische Verwaltung einzutreten siabe und die zuvl
Teil in seiner Abwesenheit ohne seine Mitwirkung erfolgt sestn-
so halte er sich der Bürgerschast gegenüber zu dieser KlarlegunS
dcs Sachbcrhaltes für verpflichtet.

Oberbüirgermeister Dr. Wi'chckens betont, datz anä'
nach seiner Ansrcht die erhobenen Angriffe sachlich diirchau^
 
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