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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Zrcitag. 1k. Mm IA>2.

Iweites VLirtt.

44. Jahrgallg. - 113.

^ rint tägIich, SouutagS auSgenomme». — Preis mit Familieubiättcrn monatlich 50 Pfg. iu's HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Poft be-
g, zogen vierteljährlich 1.35 Mk. auSschließlich Zustellgebuhr.

. ^igei, prciS: 20 Pfg. sür die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeilc 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- uud Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen ou beftimwt
^. iMchriebeneii Tagen wird keine Verantwortlichleit übcrnommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

2n immer veitere Kei§e

Kuk <isr ItLlniiliuItiustkstt, eivr »ortziältiAvn
^l^tivn uiicl 6vr nostnvllsii Ilviiviitvrstattun» ävr

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^ Ois „Uiicislbsr^or 2situnA" ist »H«!»!^««
^ svsrlrüniliAsr un<1 Lrsislilntt in tloiclsllisr». Ons
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ou llnlrsnntnis nmtliolisr 8oknnntum< stunAsn
Snor kann. Hur clis ^eituiA lirinAt nlls

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^tzituu» tür äon Htzst clioso» hloiiLts unbtzroolinet.

ver VviIrrA,

Hiat««s kl«olcsi'8ti'»sss 21.

plntokratische Kisenöahnverwal'Lung.

Von Eduard Engel.

,(Nachdruck verboten.)

dx. zunehmendem Unmut betrachten die an

^ Entwickelung unseres Eisenbahnwesens nicht als
crrschE^ sondern als Beherrschte teilnehmenden Kreise,
Kehä ^ soweit sie nicht zu den Reichen und Reichsten
^ horen, den in den letzten zehn Jahrcn immer unange-
tzis br sich geltend machenden Zug einiger festländischer

t^'^ahnverwaltungcn, obxrian der preußischen, die größ-

^rrbesserungcn des Eisenbahnwesens, besonders die
sen ° Steigerung der Geschwindigkeit, den ärmeren Klas-
die ^udsätzlich vorzuenthalten und nur die Reichen und
r,j ^eichsten daran Tcil nehmen zu lassen. So gut wie
Ivnd ^ lust man von der Einrichtung eines neuen be-
iliae« ^ beschleunigten Schnellzugs, eines sogen. Blitz-
Äak> drei Klassen j wohl aber vergeht kaum ein
iigen' ^em "icht bald auf diescr, bald auf jener wich-
erhg. Strecke des Weltverkehrs e>n neuer Luxuszug mit,
sch i!^r Geschwindigkeit eingerichtet wird, dessen Name ja
"ndeutet, daß er nur für die reichsten Klassen der
trjxh "ung bestimmt tst. Es ist nicht im mindesten über-
wenn man diese neue Richtung unseres Eisenbahn-

Aus avschüsfiger Bahn.

Roman von B. Corony.

(Fortsetzung.)

Herbert überhörte es, da cr mit Margot lachte und scherzte.
"tzerbertl" wiederholte Konstanze in scharfcm Tone.
"^u.befiehlst, Kousine?" fragte er gleichgültig.
iiiml' ,'n Plaid, bitte — mir ist kühl. Schon zum zweiteiv-
.^rsiiche ich dich darum."

.."Echnldige I Bci diesem Larm hier versteht man ja kein

^laio ^rang auf, brachte das verlangte Tuch, legte es ihr
Interi, bie Schultern und nahm dann die unterbrochene
kifii., V^"'g wieder nuf, an der sich auch Regina und' Horst
' beteiligtcn.

^rat^r'' leidend aus, mein Kindl" sagte M>elitta, be-
rjs, "we Tochter betrachtend, die das Tuch jetzt wieder herab-
lvg,. nber die Stuhllehne warf. „Was ist dir nur? Eben
Zu kühl nnd jetzt —"

ekelzÄi^ ersticke ichl Das macht dicser hätzliche Dimst, dieser
Nicht Eieruch vou Bicr imd Röstwürstchcn. Jch halte es
ivig .uuger ausl Menn der Onkel mit seinen Mösten bleib

- uusl Wemi der Onkel mit seincn Gästen bleiben

ÄZie' xg "iird er ims doch den Wagen zur Verfügung stellen.
dabiew iu gleich zurück schicken. Jch mag nicht länger

Lieber gehe ich zu Fuß, wcnn es sein muß."

'l'rau Das ließe dein Onkcl sicher nicht zu," erwiderte

den NrO" Felsing mid wandte sich an den Oberförster mit
ll>ir "Konstanze ist ermüdet. Gestattetst du, dah

bftede^ ijmhren? Der Wagen kann ja in einer halben Stunde.
ba sein."

^erth^ benke, wir brechen alle znsammen aufl" entgegnete
. „Nei "Doer bist du anderer Meimmg, Werner?"
st'Uii'vx,nein," beeiltc sich Oberst von Brachwitz Leizu-
^Niin "ganz mie die Damen wünschen. Wir sind lange
'n hwr gewesen."

wcsens als die plutokratische bezsichnet uud aufs entschie- k
denste dagegen Einspruck erhebt.

Die Entwickelung des preußischen Eisenbahnwesens in
den letzten 30 Jahren hat etwa folgende Hauptstufen auf-
zuweisen: zu Anfang der 70er Jahre, unter der Herrschaft
der Privlltbahnen, die kurzfichtigste, einseitigste Berücksichti-
gung der Wohlhabenden und Reichen, daher die Aus-
schließung der mittelbegüterten und ärmeren Klassen nahezu
von allen guten Schnellzügcn. Das war jene Zeit, als
der beste Zug nach Köln und Paris nur die erste Klasse
führte, als auf der Anhalter Bahn nach Halle und Frank-
furt in den Schnellzügen keine dritte Klasse fuhr, als so-
gar dcr einzige Schnellzug nach Pommern nur zwei Klas-
sen haite. Die Verftaallichung unter dem Minister May-
bach schuf dierin Wandel: mehr und mehr Schnellzüge
auf den großen Linien stelllen auch die diiite Klasse ein,
und man kann im allgemeinen von dem Ministerium May-
bach rühmen. daß, wenn auch die allgemeine Tarifreform
unter ihm nicht vorwärts kam, doch das preußische Eisen-
bahnwesen sozialpolitisch verständige Rücksicht auf die
weniger begüterten Klassen des Volkes nahm.

Das jetzt elsjähiige Eisenbahnregiment des Herrn von
Thielen zeigt als dritte Stufe der Entwickelung zwar eine
wesentlichs Steifterung der Schnelligkeit einiger Züge anf
dcn großen Völkerstraßen des Verkehrs, aber zugleich die
Ausschließung nicht nur der ärmsten, sondern auch schon
der mittelbegüterten Klassen aus den allerbesten, neuesten
Zügen. Was bedeuten die Luxuszüge? Daß man das
Bedürfnis erkannt hat, auf den wichtigsten Strecken Züge
sahren zu lassen, die mit dcr höchsten nach dem heutigen
Stande der Technik erreichbaren Geschwindigkeit befördert
werden. Mon erkennt also die Notwendigkeit an, die
Geschwindigkeit der Züge bis auf den höchsten Punlt zu
steigern. Wo aber steht geschrieben, daß diese Steigernng
wirlschastlich nur möglich ist zu Gunsten einiger weniger
sehr reicher Personen urid unter Ausschließung gerade der
Klassen, die nach Ausweis jeder Eisenbahnstatistik die wcit
überwiegende Mehrheit des ganzen Reiseverkehrs bilden?

- Daß die preußische Eisenbahnverwaltung mit der Aus-
schließung der mittleren und unteren Klassen der Bevölks-
rung von den neuen allerschnellsten Zügen sozialpolitisch
auf ganz falschem Wege ist, darüber kann kein Zweifel
bestehen. Der Nutzen eines Blitzzuges mit drei Klassen
für die Allgemeinheit ist weitaus größer, als der eines
Luxusznges mit hohem Zuschlag nur für die erste Klasse.
Jn cinem solchen Luxuszuge werden durchschnittlich 30
Menschen besördert; in einem Blitzzuge mit drei Klassen
könnten 3 — 400 Menschen befördert werden, und eine sehr
einfache Berechnung ergiebt, daß diese 3—400 Reisenden
der ersten, zweiten und drilten Klasse, ja sogar 3—400
Reisende nur dritter Klasse eins viel größere Einnahme
bringen würden, als die paar reichen Leute in den jetzigen
Luxuszügen.

Aber selbst abgcsehen vou der ausschließenden pluto-
kratischen Bevorzugung der wenigen Reichsten durch die
Einstellung der allerschnellsten Züge mir sür sie, herrscht

> auch sonst auf vielen preußischen Strecken eine offensichtige

> Zurücksetzung ber mitlleren und ärmeren Klassen gegenüber

Plötzlich ertönte der Knall eines Schusses uud zersplitrerr
ficl der hölzerne Adler vou der Baumspitze auf die Wiesc
herab.

„Donnerwetter, das war ein Meisterschußl" rief der Ober-
förster. „Ja, ja, schade uiii den Burschcn — schade — schadc!
Nun, wenn's gefällig ist?"

„Wir sind bereit", sagte Frau von Felsing. Die kleine
Olesellschafr üegab sich auf den Heimweg. -

AUes umdrängte Just Nciner und beglückwünschte ihn, deun
nim war cr Schützenkönig und mußte etwas zum bcsteu geben.

„Sechs Flascheii Niersteiner!" rief Förster Reiuhold.

„llnd für mich nuch noch sechsel" fügte der glückliche Gc-
winner der Wette hinzn. „Wer mithalten will, ist mir reeht
als Gast!"

Dcr waren deim plötzlich vier Tische aneindergerückt und
das Händedrücken nnd Lobpreisen nahm kein Ende.

„Daß du aber auch nicht lieber Jäger geblieben bist,
anstatt Kohlköpfe und Kartoffeln zu bauenl" begaim Petcr
Neuhaus.

„Sttll dnvonl" fuhr ihn Just an. „Jch mag uichts drübcr
reden hören."

„Jessesl Nimm's nur nicht übel, weim man den Mund
aufthut. Jeder weiß naiürlich ani besten, wo cr hingehört.
Jch red' ja auch schon keinen Ton mehr."

Gertrud kam und sctzte sich ncben ihren Mann. Sie sah
rccht abgespaimt aus imd fragte: „Gehen wir bald heim?"

„Es macht dtr wohl keinen Spaß mehr, länger hier zn
bleibcn?" fragte er unfreimdlich.

„Nein, jetzt hab' ich genugl"

„Willst auch nicht mchr tanzen?"

„Nein."

„Warum deim nicht?"

„Weil ich müde und schläfrig bin."

„Oder weil einer weg, der vorher noch da war?"

„Jch weitz nicht, wcn du meinst. Fängst woht schon
wieder mit deinen Grillen an?"

den Reichen und Reichsten. Man sehe sich die Fahrpläne
unserer Schnellzugslinien hierauf an, so wird man finden,
daß die weniger wohlhabenden Klassen überwiegend auf
die schlechten Schnellzüge oder gar die sogenannten
Bummelzüge angewiesen sind. Da ist z. B. der Fahr-
plan Berlin-Leipz g. Er ist einer der mit Schnellzügen
am geringsten ausgestattetcn: es giebt im ganzen unerhörter
Weise zwischen Berlin und Leipzig nur vicr durchgehende
Schnellzüge. Von diesen führt einer als Luxuszng nur
die erste Klasse mit Aufschlag, zwei führen nur erste nnd
zweite Klasse mit 2 Mark Zuschlag für die Platzkarte;
nnr einer, natürlich der langsamste hat drei Klassen. —
Oder man nehme den Fahiplan Berlin-Hamburg. Vvn
den sechs Schnellzügen stnd die zwei besten mit nur
3 V, Slunden oder gar weniger den beiden obersten Klassen
mit Platzgebühr vorbehalten; im Sommer giebt es oller-
dings einen sehr guten Schnellzug mit drei Klassen; von
den andern drei Schnellzügen fährt der wenigst schlechte
über 4 Stunden. die zwei andern, die in Wahrheit Bum-
melzüge stnd, gegen 5 Stunden.

Auf solchen Linien wie Berlin-Königsberg, auf denen
die zwei gewöhnlichen Schnellzüge die dritte Klaffe führen,
wird sie durch Platzkartengebühr verteuert, und selbstver-
ständlich ist der beste Schnellzug ein den Reichsten vorbe-
haltener Luxuszug.

Ganz allgemein kann man sagen: so oft man in letzter
Zeit von einem ganz neuen besonders schnellcn Zuge in
Preußen hört, ist eS ein Zug für die Reichen. Hiermit
vergleiche man das Musterland plutokratischer Eisenbahn-
wirtschaft: England. Dort kennt man den Begriff der
Luxuszüge überhaupt nicht und eigentlich auch nicht dcn
der Schnellzüge, wenigstens nicht, soweit Luxuszüge und
Schnellzüge irgend eine Verteuerung für den Reisenden be-
deuten. Jeder englische Schnellzug mit ganz vereinzelten
unwichtigen Ausnahmen, führt die 3. Klasse, keiner fordert
irgend einen Zuschlag, und die dritte Klasse ist bcquem
gepolstert. Dies Verfahren sollte uns als sozialpolitisches
Muster dienen und sobald als möglich der plutokrattschen
Entwickelung unsres Eisenbahnwcsens ein Ende machen.

Deutsches Reich.

— Aus den neuen Garnisonvo rsch riften sci
noch hervorgehoben, datz d<r Garnisonwachdienst manche
praktisäe Vereinfachung erfährt. Die Eintcilung von
Wachen und „Posten", wie die Sch ldwachen jetzt genannt
werden, in Ehren- und Sicherheitswachen u. s. w., ist als
überflüssig beseit'gt. Die Stellung der einsachen Posten
ist wesentlich beschränkt worden. Das Aufziehen nnd Ab-
ziehen der Wachen ist vereinsacht. Eine eigentliche Wacht-
parade im alien Sinne ist überhaupt nicht mehr vorgesehen.
Beim Ablösen giebt es nicht mehr „Gesreite", sondern
nur noch „Ablösende". Während der Dunkelheit tretcn
die Wachen außer zu Ehrenbezeuguligen vor dem Kaiser
nur noch auf besondcren Befehl heraus. Die Vorschriften
über Festnakme und Waffengebrauch sind auf Grnnd der
reichsgesetzlichen Bestimmungcn umgearbeilet. Die Kirchen-
paraden sind ganz fortgcfallen, die Vorschriften übcr die
militärische Kontrole der Offizicrburschen verschärft. Zu

„Anf Ihre Oäesundheit, Frau Reiuerl" rief Peter Neu-
haus.

„Danke schüiil"

Sie trank eiiien Schkuck und stellte das Gkas ivieder hin,
wvbei sie gähnte.

„Daß dir doch nus einmal so langweilig istl" murmelte
Just, sie mißirauisch auseheud und sich neuerdiiigS das Glas
Vvllgießcud.

„Trink nicht mehr, du hast genngl" sagtc sie, ihre Hand
mif seinen Arm legend.

Er schüttelte sic heftig aö. „Laß mich zufriedenl Jch
thue, waS mir beliebt. Dn machst es ja auch uicht anders."

Jetzt wurde mit dem Messer geklopft. Der Oekonom
Hesse stand auf und brachte dem Schützenköuig mit lallender
Stimme ein Hoch aus.

Wieder ertönte Gläsergeklirr, dann waren die Flaschen
leer. Reiner wollte neue herbei schnffen lasscn, aber der Förstcr
machte darauf aufmcrksam, dnß ein schweres Gewitter im
Auzug sei und man sehen müsse, schleunigsk imter Dach und
Fach zu kommen.

Schou fegte der Sturm heulend daher, rüttelte an den
leicht gebaiiten Buden, rih die Blumenguirlmiden und Tan-
nenzweige von der Thüre des Wirtshauses nnd wirbelte die
weggeworfeueu Papierhülleu,' in deneu die Lente aflerlei
Proviant mitgebracht hatte», im Kreise herum. Raüeiischwarz
sahen die rasch heranziehendcn Wolken aus, deren änßerster
Rand das Mondlicht iwch versilbcrtc. lleber den Bergen
flammte es grellrot nuf, imd der Donncr begaiin gednmpft
zu grollen. Gertrnds dimklcs Haar hing wirr um den Kopf.
Jnfolge des Ivildeii Tanzens hatte es sich teilweise gelöst, jetzt
spielte ber Wind damit und jagte cs ihr -in zerzausten Strnh-
nen nm das hübsche Gesicht.

„Wie 'ne Kgeuneri» siehst dn ausl" murrtc Rciner.
„Schnmen muß man sich vor den Leutcnl"

„Schäme dich nnr deinetwegcn selbstl" gab sie trotzig
znrück nnd knüpfte ein rotes Tnch um das widerspenstige
 
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