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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Abg. Hofmann (Tem.) bringt Wünsche der Zollver-
walter vor.

Abg. Blümmel (Zentr.) bemerkt gegenüber dem Abg.
Kisc, daß die Gewerbeireibenden in Waldshut mit dem zoll-
freien Grcnzvertehr nicht allgcmcin zufrieden find; einc Auf-
hebung wünsche er auch nicht.

Abg. K i st (Natlib.) erwidert, daß in Konstanz nur die
Müller eine kleine Einschränkung wünschen.

Finanzminister Buchenberger ist mit der Art der Er-
ledigung der Peririonen einverstanden. Es sei zu hoffen, datz die
betreffenden Wünsche in absehbarer Zeit Berücksichtigung finden
ckönnen. Die Ausführungen Musers in Bezug auf die Gehalts-
zulagen waren sachlich nicht zutreffend. Wo Verfehlungen
vorlicgen, könne man, ohne mir dem Gesetz in Widerspruch
zu geraten, keine Zulagen bewilligen. Denn diese können nicht
ersessen werden, sondern dienen zur Erhohung des Pflichtge-
fühls. Rcdner kann nicht zugeben, datz die Lage der Grenz-
aufseher eine besonders prekäre ist. Die grotze Mehrzahl re-
krutiere sich aus Leuten, welche die Volksschule bcsucht und
zwei Jahre beim Militär gedient haben. Die Wartelisten seien
ftets überfüllt, cin Beweis, datz der Dienst sehr begehrenswert
tst. Es sei darum sehr angezeigt, Wünschc und Beschwerden ein-
zelner Beamtenkategorien etwas kritischer zu betrachten. Die
Katastrierungsarbeiten wurden in den letzten Monaten noch
weiicr gefördert. Sämtliche daran beteiligten Pcrsonen sind
bemüht, der wenig dankbaren Aufgabe nach Kräften gerecht
zu werden. Er hoffe, datz die Regierung schon dem nächsten
Landtag die wcsentlichen Ergebnisse vorlegen und das rcstliche
Gesetzgebungswerk in Angriff nehmen kann, so datz schon
1906—1907 mit der ncuen Steuer zu rechnen wäre. Redner
legt sodann die Grundzüge des Gesetzentwurfes betreffcnd die
Warenhäuser dar und betont, datz er sich von einer steuerlichen
Matznahme wenig versprcche. Die sächsische Regierung habe
die Erfahrung gemacht, datz die Warenhaussteuer völlig ver-
sagte, weil die Warenhäuser die Steuer auf die Konsumenien
beziehungsweise Fabrikanten abgewälzt haben. Bezüglich des
Zolltarifs werde die Regierung auf ihrer seitherigen Haltung
bestehen.

Steuerdirektor Glockner macht Mitteilungen über den
Fortgang der Einschätzungen, die jeht schon zu eincm guten
Teil'süber ZL) erledigt sind. Am meisten zurück ist die Ein-
schähung der Gebäude. Die umfangreichen Vorarbeiten,
namcntlich die Vorprüfungen, haben die Fertigstellung der
Operate sehr verzögert. Die Ansicht, datz die Steuerverwal-
tung allzu grotzes Gewicht auf die Kaufpreise lege, sei irrig.
Nach dem Gesetz mutz der laufende Wert zur Zeit der Veran-
lagung der Schätzung zu Grund gelegt werden. Die Regierung
beabsichtige durchaus nicht, fiskalisch vorzugehen, denn sie wolle
leineswegs mehr Steuern erzielen, sondern eine gerechtere
Verteilung der Lasten herbeiführen. Redner geht sodann auf
die in den Petitionen geäutzerten Wünsche ein.

Zolldirektor Seubert legt die Grundsätze dar, die für
das'Dorrücken der Grenzaufscher in die Stellen der Revisions-
beamten matzgebend sind und betont, datz die Aufnahme in die
Vormcrkliste niemals einen Anspruch auf das Vorrücken gegeben
hat. Redner äutzert sich sodann eingchend zu den Petitionen
der Zollbeamten.

Nach einem Schlutzwort dcs Berichterstatters und ciner
pcrsönlickien Bemcrkung des Abgeordneten Wilckens tritt
das Haus in die Spezialberatung ein.

Abg. Geitz (Soz.) erklärt sich namens der sozialdemo-
kratischen Fraktion gegen die indirekten Steuern, welche indessen
mit allen Stimmcn gegen drci sozialistische genehmigt werden.
Alle Lbrigen Positioncn dcs Budgets werden einstimmig ange-
nommen.

Schlutz der Sitzung halb 9 Uhr. Morgen: Gesctz betreffend
Abänderung des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes.

8.6. Karlsruhe, 22. Mai. Die Justizkommission
der Zweiten Kammer beantragt, den Gesetzentwurf betr.
hie Bezirke der Grundbuchämter mit unwesentlichen
Aenderungen anzunehmen.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den Landgerichtsrat Dr. Friedrich Flad in Karlsruhe zum
Untersuchungsrichter beim Landgericht Karlsruhe ernannt.

Karlsruhe, 22. Mai. Der Großherzog begab
sich heute Vormittag 10 Uhr zum Rathaus, um daselbst
der ersten Hauptversammlung des Verbandes deutscher Ge-
werbeschulmänner anzuwohnen. Um halb 12 Uhr verab-
schiedete sich der Großherzog und fuhr nach der Festhalle
zur Eröffnung der dort stattfindenden Ausstellung badischer
gewerblicher Unterrichtsanstalten. Wegen vorgerückter Zeit
mußte um 2 Uhr die Besichtigung unterbrochen werden.
Die Fortsctzung derselben ist für morgen Vormittag in
Aussicht genommen. Hcute Nachmittag 4 Uhr nahm der
Großherzog den Vortrag des Generalleutnants und General-
adjutanten von Müller entgegen und hörte dann die Vor-
träge des Geheimerats Dr. Frhrn. von Babo und des
Legationsrats Dr. Seyb.

Ausland.

Serbien.

— Ueber die Frage der Thronfolge in Serbien
erklärte König Alexander selbst einem Mitarbeiter des
„Neuen Wiener Tagbl." Folgendes: „Die Feinde der Kö-
nigin, deren sie unverdienterweise so manche und leider auch
in Wien hat, nähren die Hoffnung, daß die Frage der
Thronfolge in Serbien zu einem Zerwürfnisse in unserer
Ehe führen könne. Das stnd — erklären Sie dies unter
Berusung auf mich — ganz aussichtslose Spekulationen.
Es gibt vorläufig keine Frage der Thronfolge füc Serbien,
denn ich habe die Hoffnung, daß der Himmel unsere Ehe
rnit Nachkommeu segnen werde, nicht aufgegeben. Man
male sich die Situation aus, wenn jetzt ein Thronfolger
eingesetzt würde, und wenn später unserer Ehe ein Kind
beschieden wäre. Vor acht bis zehn Jahren wird sich
darüber ein abschließendes Wort nicht sprechen lassen.
Sollten wir kinderlos bleiben, so werden wir dem Bei-
spiele anderer kinderlosen Ehepaare folgen und ein Kind
«doptieren, wohl verstanden, ein Kind, keinen ganz oder
balb erwachsenen Menschen. Wir wollen, daß unser even-
tuelles Adoptivkind für uns als Eltern noch kindliche Ge-
fühle fassen und daß auch wir in ihm das Wahlkind lieben
können, also ein im zarten Alter zwischen zwei und vier
Jahren stehendes Menschenkind! Nun rechnen Sie: in acht
bis zehn Jahren ein zwei- bis vierjähriges Kind! Sie
sehen also, daß derjenige, den ich einst in gesetzlichem Wege
uls Thronsolger vorzuschlagen gedenke und den wir selbst
zum guten Serben und für seine hohe Bestimmung erziehen
wollen, vorläufig noch nicht geboren ist. Es könnte nichts

Versrühteres geben, als das Problem der Thronfolge in
Serbien jctzt aufzuwerfen."

Rußland.

Petersburg, 22. Mai. Präsident Loubet fuhr
vom Warschauer Bahnhof unter Eskorte einer Schwadron
Uralkosaken, begleitet vom Generaladjutanten Baron Frede-
ricks, nach der Kirche der Peter Paul-Festung. Jn
der die Festung entlang führenden Allee bildeten Soldaten
Reihen. Um Uhr traf der Präsident in der Festungs-
kirche ein, verrichtete am Grabe Alexanders III. eine
Andacht und legte am Grabe ein Schwert mit elfen-
beinernem Griff nieder mit der Jnschrift „Le l'smxsrsur
L.isxauärs III. Dmils 8vubst, prssiäsut äs 1a rs-
pubiicsus 8rautzaiss 22. Llai 1902'ß Um das künst-
lerisch ausgeführte Schwert ist ein Myrtenkranz geschlungen.
Der Präsident besichtigte sodann die Gräber der anderen
Mitglieder der kaiserlichen Familie und fuhr hierauf zum
Häuschen Peters des Großen. Darauf begab sich der
Präsidenl nach dem Asyl des französischen Wohlthätigkeit s-
vereins. Alsdann fuhr der Präsident von der zahlreichen
Menschenmenge mit jubelnden Zurufen begrüßt zum Mar-
morpalais, wo er dem Großfürsten Konstantin Kon-
stantinowitsch einen Besuch abftattete, und begab sich
kierauf nach der französischen Botschaft; dort wurden ihm
fravzösische Jndustrielle vorgestellt. Dann fand in der
Botschaft ein Frühstück statt, welches der Präsident zu
Ehren der russischen Würdenträger gab. Zu Ehren der
sranzösischen Journalisten sand gestern ein Bankett zu
400 Gedecken in einem Restaurant ftatt, welches die hiesige
Tagespresse veranstaltete, dem Bankette gingen Aufführungen
vorher.

11. Iahresversammkung des deutschen
Kymnastakvereins.

Boun, 21. Mai.

Nachdem gestern Abend die Begrützung dcr auswärtigen
Gästc in der Kaiserhalle stattgefunden hatte, eröfsnete in der
Aula des Königlichen Gymnasiums heute Vormittag halb 10
Uhr Geheimrat O. Jäger die Versammlung mit einem
Vortrag über die Stellung des Ghmnasial -
lehrers in Staat und Gesellschaft. Redner
wies auf die grotzc Verändernng seit der Krisis von 1848
bis 18S1 hin, in deren Folge, namentlich seitdem die Dämonen
allgemeinen Stimmrechtes entfesselt seien, auch der Gym-
nasiallehrer in Politik und Parteileben sich nicht mehr neu-
tral und gleichgiltig bei Seite stellen dürfe. Er habe die
Mission, in dieses Parteilebcn Mätzigung und Momente der
Verständigung zu tragen, insbesondere auch beim Streit und
Wettbewerb der Konfessionen. Er rügte mit scharfen Worten
den da und dort auftauchenden Unfug der geistlichen Spionage,
betonte, datz der Ghmnasiallehrer sein Mandat ausschlietzlich
vom Staate habe, und darauf seine Kraft und seine Verant-
wortung als Diener des Staates beruhe. Uebergehend auf die
Stellung des Standes in der Gesellschaft gcdachte er der Ver-
dienste der Vereine akademisch gebildeter Lehrer um die He-
bung des Standes und billigte nachdrücklich das Festhalten
an der Forderung der Gleichstellung mit dcn Richtern. Eine
vornehme Lebenshaltung, wie man manchmal sage, wünsche
er dem Stande nicht, der viclmehr gediegene Einsachheit und
Sinn für wirkliche, nicht für Luxuskünste auch in seinem
Hause bewähren müsse; es gebe andere und bcssere Mittcl
für den Gymnasiallehrer, sich in der Gescllschaft geltend zu
machen. Der Redner ncnnt als solche Wissenschaft und öffent-
liche Rede, also Vorträge, verständig bemesscne Teilnahme
an Vereinen und schriftstellerische Thätigkeit. Er kommt noch
auf das Gebiet de's privaten Verkehrs, hebt hervor, dah, wenn
der Gymnasiallehrer es in äutzeren Ehren nicht sehr hoch brin-
gen könne, er dafür auch srei sein könne von der Eitelkeit
der Titel und Dekorationen; datz es ihm wohl anstehe, in die
konventioncllen Formen, denen er sich wie alle Welt be-
queme, wieder mehr Wahrheit und Höflichkeit des Herzens
zu legen. Nur eines blcibe noch in vollerem Matze zu er-
ringen, als es bis jetzt gelungen: Die Anerkennung unserer
Autorität auf dcm Gebiete der Jugenderziehung, wie sie dem
Arzt, dem Juristen, dcm Techniker auf ihren Gebieten von
selbst zugestanden sei; dann werde jeder Stand, der lange
Zeit als der vorzugsweise gedrückte erschienen sei, vielmehr
der sreieste sein.

Hierauf ergriff Gymnasialdircktor C a u e r - Düsseldorf
das Wort zu ciner Begründung seiner Thesen „Ueber die
Stellung des g c o g r a p h i s ch c n Un t e r r i ch t s am
Gymnasium, besonders sein Verhältnis zum geschicht-
lichcn". Dem Drängen der geographischen Fachwiffenschaft
nach einem wirksamen Anteil an der Bildung des jungen Ge-
scklechtes könne nur im Rahmen der gegebenen Verhältnisse
und der Eigenart der drei verschicdenen Schularten entsprochen
werden. Wenn der Geographie im Lehrplane der realgerich-
teten Anstalten eine grötzere Stundenzahl gewährt sei als
auf dem Gymnasium, so sei dies der äutzere Ausdruck eines
inneren Untcrschicdes, der noch vicl energischer durchgeführt
zu werden verdiene. Die Oberrealschule, die das
Prinzip der Geistesbildnng durch mo-
derne und realistische Stoffe am rein-
sten darstelle, könne in der Geographie
geradezu etwas Aehnliches crhalten,wie
es das Gymnasium im klassischen Alter-
tum habe und das Realgymnasium in der Kulturwelt der
beiden grotzen modernen Völker immcr mchr gewinne. Die
Geographie könne das Zentrum bildcn, die Sammelstelle, in
der Natur- und Gcisteswisscnschaften sich vereinigen und durch-
bringen, indcm dic Grundlage hier das naturwissenschaftliche
Element bilde, wie dort am Gymnasium das historische. Auf
dem Gymnasium müsse sich die Geographie mit einer nur hel-
senden, sekundären Rolle begnügen; auf den oberen Gymnasial-
klassen seien nicht in besonderen Repetitionsstunden neue geo-
graphische Kenntnisse zur Aneigung zu bringen, es seien diese
Repetitionen vielmchr organisch in dcn historischen Unterricht
einzufügcn, als geschichtliche Wiederholungcn nach gcographi-
schcn Gesichtspunkten. Mer als Grundlage für das Verständ-
nis der Beziehungen zwischen Mensch und Erde bedürfe es auf
dem Gvmnasium einer eingehenden Behandlung der alten
Geographie von Griechenland und Italien, auch aus diesem
Grunde sei die Rückgabe des zweiten Jahres alter Geschichte an
das Gymnasium erforderlich. Dadurch würde zugleich ein
wichtiqer Beitrag zur Durchführung des im Kicler Erlatz vom
26. Novcmber 1900 ausgesprochenen Grundjsatzes gegeben
werden, datz jede Schule sich in ihrer Eigenart ausbilden solle.

Die von Geh. Hofrat Uhlig - Heidelberg der Versamm-
lung vorgelegten Thesen betreffen die Frage, in welcher Weise
das humanistische Gymnasium seine Cigenart
zu wahren und auszugestaltcn habe. Die erste bezeichnet
den Zweck, den das Gvmnasium nach wie vor konsequent
zu verfolgen hat: seine Schüler zur Erfassung der auf Uni-
versitäten gelehrten Wissenschaften zu befähigen, und bemerkte,
daß es sich von dcren Verfolgung auch nicht durch die Rücksicht

auf d i c Schülcr ablenken lassen dürfe, die kcin Universitäts-
studium zu ergreisen beabsichtigcn. Die zweiie weist darauf
hin, datz der dem Gymnasium zufallenden Aufgabe ein Unrer-
richtsplan entspreche, der ein Gcüict von unten auf zum Haupi-
arbeitsgebici mache und zlvar eines, dessen Bewältigung ener-
gische Anspannung der Kräfte crfordere. Die drittc Thcse
giebt die Gründe an, warum dic humanistischen Gymnasieu
als das Gebict, auf dem ihre Schülcr vorzugsweise arbeiten
sollcn, das der klassischen Sprachcn fcsthält, spricht aber zugleiäi
von den wichtigsten Ergänznngen, die zu dem hier Gcleisteten
andere Lehrfächer bicten mütztcn. Der vierte Satz wendet
sich gegen dcn dilettantisierenden Bctrieb des klaffischen Unter-
richts^ und fordert als Bedingung für das Verständnis dcr
Schriftsteller ein Einleben in dic antiken Sprachcn. Die fünfrc
betont die Unersetzlichkeit des griechischen Unterrichts im Gym-
nasiallehrplan. Jn der sechstcn bis zwölsten These wcrden dic
Punkte gcnauer bezeichnct, in denen die griechischcn Kenntnissc
dcr Schüler zur Fürderung des sonstigen Unterrichts verwandt
werden müssen.

Da aber dic lebhaftc und mannigfache Fragen erörterndc
Diskussion der geographischen Thcscn die Zeit erschöpft haite,
mutzten die Begründung und die Besprechung der Uhligschen
Thcsen auf die nächstjätzrrge Versammlung verschoben werdeu,
die anschlietzend an dic Philologenversammlunq dcs nüchsten
Jahrcs in Halle statffindcn soll.

Jn dcn Vorstand wcrden Direktor Dr. Aly-Marburq und
Dr. Brandt-Bonn gewählt.

Ein fröhliches Mahl in dcr Lese vereinigte am Nachmittag
eine grotze Zahl der Tcilnehmcr mit ihren Damen. U.

Aus Stadt und Lanü.

Heidclberg, 23. Mm.

st- Thcosophische Gesellschaft. Jm Anschlutz an den Vor-
trag ües Herrn Edwin Böhme aus Leipzig wird nächstcn Sams-
tag, üen 24. Mai Herr Rudvlf Schneider aus Ludwigshafcn
ini Lleinen Harmoniesaale übcr „Theosophie und üie rheoso-
phischen Bestrcbungen" sprechen. Am Schlutz des Vortrages soll
die Gründung einer Zweiggesellschaft Heidelberg erfolgen.
Damcn und Herren, die sich für die theosophische Bewegung
intercssicren, empfiehlt es sich, den Vortrag zu vesuchen.

Vo. Von der Messc. War der Besuch üer Meffe bishcr
immcr nvch gering, so vrachtc das gestrige erwas besscre Wetter
eine Mcnge Schaulustiger nach dem neucn Metzplätz, welchc
sich wieder einmal einige Stunden vergnügen unü chrc Neu-
gierde in den Schaubuden befriedigen wollten. Wenn auch
dresmal nicht so viel Abwechslung gcboten ist, wie in andereN
Iahren, so sinö doch einige Sehenswürdigkeiten vorhandcn,
welchcn man ungekeiltes Lob entgegen bringen mutz. Als dic
belehrendste Schaustellung ist Winklers anatomischcs
Museum zu bezeichnen, in welcksem der ganze Organismns
des Menschen tlar gclegt wird. Auherdem sind in demselben
allerlei Krankheiten des Menschen an Präparaten deutlich ge-
mackfi, cbenso Verwundungen manchcrlei Art und ihre Behand-
tung. Sehr unterhaltend ist das altbekannte Theater S ch ichrl-
Es bietet eine Fülle von Abwechslungcn. Das Programm weist
als erste Nummer ein Miniaturtheater auf, an welchem niN'
Gelenkpuppen usw. mitwirkcn. Hieran schließt sich einc
Zauberpantomime, „Archimedes" genannt, die sehr hübsch und
exakt gegeben wird. Sodann folgl ein von prachtvollen Liäst-
effekten begleiteter Tanz a la Serpentine, den Frl. Egarfii
ausführt und der alle Anerkennung findet. Den Schlnl)
bildet die Vorführung lebendcr Bilder. Waren die lebendell
Bilder im Theater Schichtl schon gut, so bilden dieselben in
Bläsers Biograph deffen Spezialitüt. Es werden doll
nur lebende Bilder vorgeführt nnd sind selbstverstäridlich dock
die ncuesten Ereignisse zu sehen, znm Beispiel dic vielbesprochcnc
Reise des Prinzen Heinrich nach Amerika, Taufe der KaiseV
lichcn Jacht Mereor durch Mitz Rooscvelt und mehrere andere-
welche auf die Amerika-Reise Bezug haben. Jm grotzen
zen ist die Leistung von Bläsers Biograph eine vorzügliäst
und der Besuch sehr zu empfehlen. Von den sonstigen Scha^
buden sind noch zu erwähnen Neumanns Museum und
Zirkustheater Wallenda. Auch dieses sindet reiche ÄN(
erkennung und hat einen regen Bcsuch zu verzeichnen. ÄN>
der Verkaufsmesse sieht es nicht sonderlich gut astS'
der Absatz der Waren geht sehr langsam vorwärts imd
man allgemein Klagen.

I Eine Zwangstnnung haben die hicsigen Bäcker mitst'
gegen 18 Stimmen einzuführen beschlossen. 17 Stimmbercchtim
enthielten sich der Abstimmung. .

Zirkus Lobe, eincr der bedeutendsten reisenden Zirkusm
kommt Ende Mai oder Anfang Juni hierher und wird auf dcst
Platze Handschuhsheimer Laiidstraße-Ecke Kuno Fischerstruh
Vorstellungen geben.

(K Schöffeugerichtsfitzung vom 22. Mai. 1) Friederike
geb. Daub von Heidelberg erhielt wegen VergehenS gegen 8 ,
des Nahrungsmittel-Ges. 30 Mk. Geldstrafe. während 2) KatE
Bauer geb. Vetter von Dühren und 3) Katharina Karrer
Beiermeister von Zuzenhausen von der gleichen Anklage freigg
sprochen wurdc; 4) Johann Roth vom Pleikartsförsterhof erw''.
wegen Körperverletzung 1 Monat Gefängnis; b) Josefine
von Heidelberg wegen Körperverletzung 10 Mk. Geldstcafe stu
Emil Wittmann von da 14 Tage Gefängnis; 6) Lydia Mü^
von Sandhausen wegen Körperverletzung 15 Mk. Geldstrafe tm,
Philippine Müller von da 10 Mk. Geldstrafe; 7) Barbara H^,
mann von Michelbach erbielt wegen Diebstahls 14 Tage GefA
nts; 8) Luise Jost geb. Ehmann von Handschuhsheim wegen
ververletzung 10 Mk. Geldstrafe; 9) Gustav Bender von
heim wurde von der Anklage wegen Brtrugs freigesprovV
10) wegen Hausfriedensbruchs rc. echielt Julius Hirfch von Hetv^
berg S Wochen und Chrtstian Klingmann von Kirchheim 2Wo»j,
Gesängnis; 11) Konrad Kaiser hier erhielt wegen Sachbesch"^,
gung 5 Tage Haft; 12) Hetnr. Bruckner in Haft hier,

Rückert und Ludwig Kohler hier erhielten wegen Körperverlctz^
je 15 Mk. Geldstrafe und Johann Sohn von Wicblingen
ves glcichcn Vergehens 4 Wochen Gefängnis. ^

Polizeibericht. Verhaftet wurde ein Maurer wc^,,
Vergehens im Sinne des Paragraph 176, Z. 3, R.-St.-G-^
ferner ein Kaufmann und ein Zimmermann wegen Körst^,
verletzung. Wegen Unfugs lamen vier Personen zur
zeige. .,

Mannhcim, 22. Mai. (Besuch des Grohhst^
zogspaaresin Mannyeim.) An die Bewohner c>
ger Straßen hiesiger Stadt ist vom Bürgermeisteramt cin
ruf versandt worden, worin dieselben um möglichft reiche
einheitliche Ausschmückung ihrer Häuser im Benehmen >sts? ,,r>>
sonderen, für jede Straße gebildeten Ausführnngskommiss^ gA
ersucht werden. Wie der „Gen.-Anz." erfährt, handelt es
dabei nm diejenigen Strahen, welche die Großherzogst^r
Herrschaften nach den bisherigen Dispositionen währerid >
hiesigen Anwesenheit in besonderer festlicher Rundfahrt >
aussichtlich paffieren werden. Selbstverständlich wird
in allen übrigen Stratzen der Stadt für die bevorstehcst.^
Festtage (voraussichtlich 5. bis 8. Juni) ausgiebige Ec>>
gnng und recht vielgestaltiger sonstiger Häuser- und Strvst^si
schmuck dringend erwünscht sein und eine entsprechende
fordernng des Stadtrates an die Cinwohnerschaft wohl " -rs
nächst ergehen. Weiter ist das Blatt zur Mitteilung
Lage, daß eine allgemeine Jllumination der ^
nicht in Aussicht genommen ist. Nur der Friedrist)^^'
mit Wasserturm soll festlich beleuchtet, die Leuchffontai»»
selbst in Thätigkeit gesetzt und die Stratzenbeleuchtnng
 
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