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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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rl' cheint tägUch. Somitags ausgenommm. — Preis mit Familienblättem monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

"^igenpreik: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Rauw. Reklamezeilc 40Pfg. Wr hiesige Geschästs- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
°°rgeschriebenen Tagen wird keinc Verantwortlichkeit überuommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Montag 26.Mai1W2.

Zweites Blatt.

44. Jahrgang. — 120.

2n immer veiiere Rreire

6sr Luk äsr RsioststrrltiAstkit, äsr sor^kältiAvii
^^tivu uuä äer sostuvllou LorioktvrstattuuA ävr

„jteiöelberger ^eiiung"

5ll pfg. monaNiok kin8ok>ie88üoli Ii-ügsi'Iolm.

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^uss vs uw rutsLwstvu uuä prasttisodstvu ist, äiv
Ivstz ^blkvi'8«i' ^u dvstvllvu uuä 211

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^ävu suodliodvu Ilrtvil.

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^lltsvei-stülläiAvr uuä Lroisdiutt iu 8viävlbvr§. Ous
^^u äer Lvituug bvvabrt ävu Lür§vr vou 8taät
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Iv'^u Hubvuutuis awtliobvr LvbauutwLobuuAvu
^^'vbvu baull. Hur äio 2vituuA briuZt allv
stitzbtzu LebauutwaobuuAvu.
äi 1- ä»ni biuLUtrvtvuäs ^bouuvutvu vrbaltvu

^eituu^ tur äeu Lvst äivsos ülouats uubvrvobuvt.

ver Verlr»^

Ilntvrs «solLLi-sti'sssv 21.

Zie Kisenindustrie im Saargeöiet.

L Iinen wenig ermuiigend und hoffnungsvoll klingenden
^^lcht über die Lage der Eisenindustrie veröffentlicht die
- ^ndelskarnmer zu Saarbrücken über das Geschäfts-
^ 1901. Es heißt dort:

h Seit den kritischen Zeiten in den siebenziger Jahren des
ch?>1°ssenen Jahrhunderts hat die deutsche Eisen- und Stahl-
. ustrjx keiri solch ungünstige s Ges chäst sjah r zu
g^'chnen gehabt wie das Berichtsjahr. War man manchen-
der Annahme geneigt, es würde nach den rapiden
H.r ^ürzen in den vergangenen Monaten zu Anfang des
ein °der mindestens mit Beginn des Frühjahrs
G.-^tillstand des Rückganges oder eine Besserung des
bg.schüftsganges eintreten, so erwies sich diese Annahme
»1s irrig. Während die Wcrke genötigt waren, die
„^»gsrnäßig abgeschlossenen Rohmaterialien abzunehmen
derarbetten, ging der Jnlandsbedarf mehr und mehr
b^ , und stockte zcitweise fast gänzlich. Um die Betriebe —
aaf. ^erfort anwachsenden Lagerbeständen — dennoch
übrj zu erhalten, blieb ihren Besitzern nichts Anderes
den weitaus größten Teil ihrer Produktion auf
^^bmnrkt zn werfen; so wurden von den Hüttenwerken

in einigen Monaten bis zu 80 Prozent dcr Gesamter-
zeugung ins Ausland exportiert und zwar, zu verlust-
bringenden Preisen. Gleichzeitig entbrannte um die Jnlands-
bestellungen ein solcher Konkurrenzkampf, daß nicht selten
die Jnlandspreise auf das Niveau der Exportpreise herab-
gedrückt wurden. Die Preise sanken von Quartal zu
Quartal stetig und erreichten im Dezember des Berichls-
jahres den tiefsten Stand. Erst in den letzten Tagen
deffelben zeigte sich eine leichte Belebung des Marktes.

Nach den schweren Erschütterungen, welche die deutsche
Eisenindustrie in den beiden letzten Jahren zu bestehen
hatte, wird dieselbe sich im Jnteresse ihrer Selbsterhaltung
nicht der Notwendigkeit überheben können, die Produktion
einer-, Jnlandsabsatz und Ausfuhrmenge anderer-
seits in richtige Bahnen zu leiten. Schon die That-
sache, daß die Roheisenproduktion Deutschlands in der
kurzen Spanne Zeit von 1895 bis 1900 stetig von etwa
b'/z auf 8'/, Millionen Tonnen gesteigert worden ist,
sollte die Erwägung nahelegen, daß mit cincr solchen Ver-
mchrung der Prodnktion Verbrauch und Absatz auf die Dauer
nicht Schritt halten können. Hierzu kommt, daß in Loth-
ringen ncuerdings Hüttenwerke mit umfangreichen Anlagen
cntstanden sind, welche die Produktion noch ganz erheblich
zu vergrößern im Stande sind. Unter solchen Umständen
liegt die Gefahr nahe, daß Ueberproduktion und Krisis
häufig wiederkehrende Erscheinungen in der Eisenindustrie
werden. Um diese dem nationalen Jnieresse sehr schädlichen
Schwankungen zu verhüten, sollten die Werke sich zu-
sammenfinden und sich eine gleichmäßige Produktion auf
zweckmäßiger Grundlage und eine zufriedene, seßhafte
Arbeiterschaft zu sichern bemüht bleiben.

Der Ausblick in die Zukunft wurde zu Anfang des
laufenden Kalenderjahres als nahezu ebenso
trostlos angesehen wie der Rückblick in die Vergangenheit.
Aber selbst wenn sich der heimische Verbranch wieder
einigermaßen heben sollte, so sind die Wcrke doch mehr
oder wcniger auf den Absatz im Auslande angewiesen,
falls sie es nicht vorziehen sollten, die Betriebe erheblich
einzuschränken. Eine wirkliche Besserung der Verhältnisse
ist für die Eisenindustrie erst zu erwarten, wenn die
Gestehungskosten der Fabrikate erheblich geringer geworden
sind. Jn erster Linie muß daher eine weitere angemessene
Herabsetzung der Kohlenpreise gefordert werden,
für welche zur Zeit noch ein nahezu doppelt so hoher Preis
wie im Jahre 1887 cntrichtet wcrden muß, während die
Preise für Eisenerzeugnisse jetzt unter den Stand dieses recht
ungünstigen Geschäftsjahrcs gerückt sind. Weiterhin wird
von einigen Werken betont, daß im Hinblick auf die Export-
möglichkeit und die an sich ungünstigere geographische Lage,
in welcher sich das Saargebiet gegenüber anderen Jndustrie-
bezirken befindet, die Eisenbahntarife ermäßigt werden
müßten. _

Ufarrer Kansjakoös Anstcht üßer die Los
von Wom-Deivegung in Hesterreich.

Der „Pfälzer Bote" teilt indrei Artikcln mit, was
Pfarrer Hansjakob sich für Gedanken über die Los


Auf abschüssigev Bayn.

Roman von B. C 0 r 0 ny.

(Fortsetzung.)

, somme nicht deshalb, Herr Braucr, sondcrn —"

sa, ich weitz schon, wcgen dcr altrömischen Urne. Lcider
"a dic q,^^>en momcntan noch keinc solche anzubietcn, aber
. "r, süolen Jhr Jnteresse erregen —

„E 7° - That —"

Acr >nsse ich sie Jhnen zu einem Spottpreis. Lachcn Sie
i^vde, ^ aber so bin ich nun einmal — alle Gegen-
Mus</„ ich gewissermatzen ausgcgraben habc, sind mir
^istol/,, ^ Herz gewachscn; so möchte ich zum Beispicl diese
^ >n den Händen cines echten Edelmanns irnsscn.

, Ünisn, Swar sehr dumm und ganz und gar nicht kauf-
- aber ich llin nun einmal so. ^->' i>i?



n L hin.

Der Preis steht hier
Der Altc öffnete sein Notizbuch und hiclt es
K,^>e sollen diese prächtigen, kunstvoll ausgestat-
^il jD Usn für pi^- Hälfte des wirklichcn Preises habcn,
d.^lsges^sshll'chc, datz sie wieder in deir Besitz eines alten
wiii-> iis kommen. Dcr Herr Kommerzienrat Arn-
,-^ien , sie mir sür eine bedeutend höhere Summe ab-
z, ^ bielleicht nach Spatzen und Tauben damit zu

ihu„ ^/>i>er das will ich nicht, darum ist es mir nicht
j. i>in weit mehr Liebhaber als Geschäftsmann —"
- " h"be ich —"

lelbs!'^ haben Sie nur das gehört; .jetzt überzeugen Sie
^^ifte d„?^-bbb- Also sind Sie geneigt, die Pistolen zu der
^^hier--" . „

notierten Preises zu erwerben?"
warum nicht? Meine Verhältnisse verbictcn mir,

^"^ein boch wenn Sie

j^/>ndxz - -uort, Herr Baron. Sic werden Jhrcn verehrtcn
^in gutem Gewissen versichern können, dah

"i und durch ehrlicher Mann bin, der einen ge-

wissen thörichten Ehrgeiz besitzt, abcr wahrhaftig teinen ge-
meinen Schachcr treibt. Sollte es Jhnen jedoch nicht belieben,
dcn Kauf abzuschlietzen, dann —"

„O doch, Hcrr Breuer. Ein so koulantes Entgegcnkom-
men wcih ich zu schätzen. Wir können die Angelegenheit sofort
in Ordnung bringen."

„Schön — das heiht, ich krediditiere Jhncn gern —"

„O das ift nicht nötig. Jch tam ja in dcr Absicht, eine
kleine Schuld zu regeln."

„Ach, wegen der Vasen? Das hätte Zcit gehabt."

„Erlauben Sie —"

„Ganz zn Befehl, Herr Baron. Doch wie gesagt, das
cilte durchaus nicht. Gcstatten Sic übrigens, dah ich Jhnen
mcinen Sohn vorstelle."

„Herr Vikar Breucr? Sehr angcuchm! Rcscrcndar von
Werther."

„Erfreut, Jhre Bekanntschaft zu machen, Herr Baron,"
crwiderte der junge Mann kühl.

„Sie scheinen ein eifriger Kunde meines Vaters zu sein?"

„Das heitzt —"

„Ja, der Herr Baron erweist mir oft dic Ehre. Erledigc
nur deine Besorgnngen, Walter. Zum Mittagessen erwartc
ich dich wiedcr hier.

Eine ctwas steife und linkische V-erneigung — daun schlotz
sich die Thüre hinter dcm jungen Mann.

„Herr Gott, Herr Gott," murmelte dcr Antiquitäten-
händler, der jctzt erschöpft in einen Lehnstuhl sank und sich
dic Stirn, auf der grohe Tropfen perlten, trocknete. „So'n
Junge, so'n Junge."

„Ja, was ist denn eigentlich geschehen? Jhr Herr Sohn
scheint von den hiesigen Verhältnissen wenig unterrichtet zu
sein," begann Herbert. „Sic gaben mir hcimlicho Zeichen,
ich beachtete dieselben, weil ich niemand ungefällig sein will,
abcr —"

„Sie kommen ja auch nicht zu Schaden dabei, Hcrr
Baron. Die Pistolen gehören Jhnen für eincn Spottpreis."

von Rom-Bewegung macht. Es wird unsere Leser
interesstercn, die Mcinung dcs kathol. Volksschriftstellers
zu hören, darum lassen wir hier den Schluß des letzten
Artikels folgen. Er lautct wie folgt:

Wir leben in einer Zeit, die, wie keine zuvor, allge-
mein der Autorität feindlich ist. „Selbst ist der Mann
und das Männlein und das Büblein", ist der Wahrspruch
unserer Tage.

Die katholische Kirche leidet unter dieser Parole am
meisten, weil ste nicht nur für ihre göttlichen Lehreu und
Gebote, sondern auch für alle ihre sonstigen Anordnungen
unbedingten Gehorsam verlangt kraft der von Gott ihr
verliehenen Autorität. Der Geist unserer Zeit aber, der
möglichst große persönliche Freiheit erstrebt, ist diesem Ber-
langen ganz entgcgen.

Ein Protestant hat die Freiheit, sich das Maß seiner
religiösen Ucberzeugung und dereu äußerliche Bethätigung
sclbst zurecht zu legen. Er wird dabei immer noch als
vollwertiges Glied seiner Kirche angesehen. Auch der
evangelische Geistliche kann einen ziemlich weiten Spielraum
in seinen religiöseu Anschauungen und deren Vertretung auf
der Karzel haben.

Jn der katholischen Kirche ist das alles anders. Ste
verlangt von einem rechten Katholiken mcht bloß Unter-
werfung für all ihre Lehren und Anordnungen, sondern auch
die Bethätigung se-nes Glaubens in Kirchenbesuch, Empfang
der Sakramenle, Beobachtung der Fastengebote u. s. w.

Drum, sage ich, ist der Zeitgeist und das Streben der
Menschen unserer Tage nach Unabhängigkeit im Leben und
Dcnken dieser Kirche feindlich und der Los von Rom-Be-
wegung günftig.

Jch fürchte deß'>alb, daß je strenger man die Zügel
der Disziplin und Autorität anziehen wollte, um so mehr
viele gegen den Stachel löcken würden.

Es „brenzelt" bereits überall, nicht bloß in Oesterreich,
sondern auch tn anderen katholischen Ländern, wie Frank-
reich und Spanien, in welch letztern namentlich unter der
Geistlichkeit merkwürdige, aber nicht unerklärliche Er-
scheinungen zu Tage treten.

Jtem die Zeichen der Zeit sind dcr römischen Kirche
nicht günstig, und es tritt an ihre berufenen Vertreter
die wichtige Frage: „Was müssen wir thun, um die
Menschen des 20. Jahrhunderts unscrer Kirche zu cr-
halten?"

Div dem 1118 vvrstorbenen Erzbischof Malachias
von Armagh zugeschriebenen, wahrscheinlich aber später
aus seinen Namvn gefälschten Prophezeiungeni über
die zutunftigen Päpste haben sich gleichwohl öfters als
ganz zutressend erwiesen.

Jhnen nach würde unter deni zweiten Nachsolger
Leos des Dreizehnten, der die Marke hat Religio ds-
populata, die Religion entvölkert werden, also eine
Los von Rom-Bewegung im großen Stile erfolgen.
Daß dieselbe! die Kir-che a-ber nicht vernichten wird,
dasür spricht die Parole des dritten Nachsolgers, denn
sie lautet: Unerschütterlicher Glaube.

So viel über die vielbesprochene Bewegung, wie
ich sie iu meiner Einfalt ausehe. Mehr will ich nicht
sagen, denn ich entwickle sonst wieder „schiefe Ansich-

„Wenn Sie das sagen, verzichte ich darauf. Die Wcrthers
haben sich uoch nie so tief erniedrigt, die Verlegenheit anderer
auszunützen. Sie boten mir üen Kauf an. Wenn die Be-
dingungen dem Wert der Sache nicht entsprechen, so trete ich
gern zurück, um so lieber, als ich keineswegs in der Absicht
kam, eincn Handel abzuschlietzen, sondern nur um mich meiner
Schuld zu cntlcdigcn. Hier sind die sünfhundert Mark samt
den Zinsen."

„Ah — das hätte ja —"

„Noch stchen blciben können? Sehr gütigl Jch ziehe
es aber doch vor, diese Bagatelle auszugleichen. Bitte um
gefällige Quittung."

Der Alte setzte sich an seinen Schreibtisch. „So — hier
— Hcrr Referendar. — Und bie Pistolen?"

„Bitte ich, dem Herrn Kommerzienrat Arnheim zn über-
lassen."

„Nein, ncin! Abgemacht ist abgemacht! Sind Sie zu einer
Eriverbung unter genannten Bedingungen bereit?"

„Nicht, sobald Jhncn dieselben als zu gering erschcinen."

„Das ist ja gär nicht der Fall. Jch mache Jhnen hiermit
noch cinmal die gleiche Offerte."

„Gut, dann nehme ich sie an. Hier!" Er legte einige Bank-
scheinc anf den Tisch.

„Hat dcnn das solche Eile?"

„Da ich sobald nicht wiedcr hieher zu kommen beab-
sichtige, ist cs besser, allcs sofort in Ordnung zu bringen."

Ein spöttischcs Lächeln glitt um den welken Mund des
Antiquitätcnhändlers, als er erwiderte: „Ganz nach Bclieben,
doch stche ich jederzeit zu Diensten, Herr Baron. Wann darf
ich Jhncn die Pistolen zusenden?"

„Jm Laufe dcs Nachmittags oder morgen oder in einigen
Tagcn. Einstwcilen wünsche ich Jhnen viel Vergnügen. Die
Anwcsenheit Jhrcs Herrn Sohnes ist wohl einc große Frcude
für Sie?"

Ein scltsames Zucken ging übcr das faltige Gesicht des
Alten. „Wie man's nimmt, Herr Referendar. — Er ist so —-
 
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