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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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^Dienstag, 10. Juni 1902._AweLtes Blatt. 44. Jahrgang. — üir. 132.

schc'. nt täglich, Somitags ausgenommen. — Prcis mit Familienblättern monatlich 5V Pfg. in's HauS gebracht, bei der Expedition und dcn Zweigstellcn abgeholt 4V Pfg. Durch die Post bc-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^"zcigenpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermätzigt. — Für dic Aufnahme von Anzeigcn an bcstimmt
^geschriebenen Tagcn wird keine Berantwortlichkeit übernommm. — Anschlag der Jnferate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellcn. Fernsprech-Anfchluß Nr. 82

Stenograpyentag des Südrvestdeulfchen
Oaöetsöerger-Stenograpsten-Beröandes

vom 7.—9. Juni in Hcidclberg.

H Der Stenographentag wurde am Samsiag Abend gegen
"hr im roren Saale des ftädrischen Saalbanes dnrch eine
.. Titzung der Percinsvcrtretcr

/"sfnet. Der hiesige festgebcnde Berein hietz die Vcrtretcr
'^'zlich willkommen. Erfchicnen waren 70 Vertreter mit
«84 Stimmen. Die Erlcdigung dcr umfangrcichen Tages-
.^ouung nahm viele Stunden in Anspruch; die Verhand-
""gen dehnten fich über Mitternacht aus. Die Beratun-
bctrafen in dcr Hauptfache die Einteilung nnd Organi-
^tion dcs VerbandeF, die Berichterstattung über die Erfolge
die Anhängcrschaft des Gabelsbcrgerfchen Stenographen-
hütcins innerhalb dcs B'e^irks und Referate über beabsich-
'Kte Systcmänderungen. Von^dcn Ergebnipen mag hervor-
xhobeu werden, datz sich dcr Südwestdeutsche Stenographen-
^rband, inozu Badcn und die Pfalz gchörcn, in fünf Be-
^"e teilt. Die Statistik wcist 14 Vcreine auf, dic ncu auf-
A8omuien find, in Baden gchören 63 Vereine dcm^ Ver-
"»de Jnsgefamt zähilt der Südwestdcutsche Steno-

^stphen-Verband 114 Vcreinc mit 3656 Mitglicdern, cin
chhieulichcr Zuwachs gcgen das Vorjahr, in dem es nur 101
p^reine mit 3464 Mitgliedcrn waren. Ueber die Ausdch-
».""8 des Unterrichts gcbcn folgcnde Zahlen Aufschlutz: Im
0 richtsjahr wurde an 06 N-istalten 2441 Schülern Stcno-
lA'hse nach Gabclsbergcrschcm System gelehrt gegenübcr
-Z(9 Schülern an 87 Änstalten im vorletzten Jahrc. Ucbcr
?!>stemänderungcn crstaktetcn dann im weiteren Verlaufe der
Ä'stung die Herren Lehrcr Fcderlc, Mannheim, und Kam-
?°rstenograph° Tcske, Karlsrnhe, längere Rcferate. Es
Mrdcn bci diescr Gclcgcnhcit dic ncuesten Beschlüsse der in
Z". Pfingstragcn in Drcsdcn abgehaltcncn Versammlnng des
sshstemailSschufses mitgcteilt. ^Die Beratungen werden ihren
''Äck'Iiitz auf dcm Bcrliner Stcnographentage (1.—6. Au-
^"'t) findcn.

. Dcr Hanvttag des S t e n 0 g r a p h e n - K 0 n -
.ssesscs wnrde am Sonntag früh mit der zweiten Haupt-
ÄOlammlnng dcs Vcrcins stenographickundigcr Lchrcr Ba-
jm Badischcn Hof cingeleitct. Vormittags halb 10 Uhr
das Wcttschrciben im Grotzhcrzoglichcn Gymna-
statt. Gymnasialdirektor Dr. Böckel bcgrützte hier dcn
ÄAtausschutz. An dcm Wettschrcibcn bcteiltgtcn sich i240
H°Äoncn, darimtcr 54 Damcn. Der Zudrang war so groh,
"tz ztvci Klassen gcbildct wcrden mutztcn.
w Ucber diesc Vcranstailtungcn rückte dcr Zeitpunkt des
^S'uns der

, Dcffcnilichcii Hauptversammtung

^''an, dic kurz nach 11 Uhr im grohen, festlich geschmückten
ch^ale dcs üädtifchen Saalbaues ihren Anfang nahm. Die
»/Mtattung 'des 'Saalcs — im Vordcrgrunde war zwischen
y^"c>i Blattpflanzcn die Büstc des Altmeisters Gabelsberger
s^Mst^U, jm Htntergrnnde auf erhöhtem Postament cine
zchb'e imseres Grohherzogs, umgeben von den Landes- nnd
tz- chsfarben — machte cincn angcnehmcn Eindrnck. Dicscr
Hchm'iick wurde iu der Wirkimg noch erhöht durch dic grotze
Hllbcrsgmmlung, dic gar bald die weiten Räume bis auf
h", letzten Platz anfüllte. Als Bertreter der Stadt war
Bürgermeister Dr. Walz anweseiid. ,Die in so groher
cj tahl ,,„d fcrn crschienencn Gäste, worunter auch

tx" 'eicher Damenflor fich bcmcrkbar machte, uahmen lebhaf-
sst' ^lntcil an dcn Vcrhandlungcn. Zunächst hielt der Vor-
Äg "E dcs festgcbendcn Vereins Rechts'anwalt Dr. Kauf-
q,,? u n die Anwcsenden herzlich willkommen. Er wics dar-
hin, Lah hier in Heidelberg dcr Südwestdcutsch«: Steno-
jstj Phen-Verband vor nunmehr 28 Jahven gegründet worden
if,' erwühntc, datz die zchntc Tagung des Verbandes
iiy^'oscren Mauern stattgefnnden habe nnd verlieh der Freude
' liesondcrcn Ausdruck, von dcn fünf überlcbenden Mit-

Auf abschüssiger Vahn.

Roman von B. C 0 r 0 ny.

(Fortsetzung.)

>vi,,,^usscii Sie uur allc überflüssigcii Redcnsartcn bei Seite,
ÄAi lütten darf. Betrachten und bcsprechcn wir die Sache
i>ch 'eiii geschäftlichen Staüdpunkt ans. ltnd bccilcn Sie
cz.ur allcm gcfälligst, dcnn mcine Zeit ist gemcsscn. Wenn
> Muh, vcrkanfc ich die Diamanten. Das würde ich aber
lil» '»er bci J-Hnen thim, sondcrn ber einem Juwelier. Dann
' ^sch die Schuld."

ÄiVT'csc cncrgische Erklärung bestimmte Brcucr zu cinem
ÄüfjU Entschluh. Er lieh sich nie ein vorthcilhaftes Ge-
Dic,-ÄiUtgehen nnd erwiderte dcshalb auch jetzt: „Gcdulden
,nur zehn Minuten, mcine Gnädigste. Dann lege ich
is?.Hu Schriftstück bor nnd wcnn Sie dieses unterzcichnen,
, die Sache abgemacht."

'bid^r Alte uahm vor seincm
chundte sich dann um.

-chreibtisch Platz, kritzeltc eifrtg

Sic zu imterzeichneu gcncigt wäreu — stünde
> -^dcr Wechscl zur Vcrfügimg."

M^us hcißt ciucm dic Pistole auf die Brust sctzen",
bUrih - 'stunze, als sie gclesen hatte. „Weun also das
eincm Jahrc nicht cingelöst Ivürdc, so wärc es
.^derfullcn? Und dic Zinscn übersteigcn das Fimffache
^ üuchlichen Satzes."

^lic',', zwinge Sic ja nicht, auf meine Forderung einzu-

rcchtl Weim ich abcr daranf klagbar würdc?"
k. ihr brutal ins Gcsicht.

züc,^^ lasscn Sic bcrmutlich blcibcn, mcinc Gnädigste,
h uhs Se dixh^,, yjclc unangenchmc Folgcn nach sich. Die
^luiisc Jhnen ja aiich oollkommcn frei. Sic können
und bezahlen oder sich die Möglichkcit wahren, ein

bcgründern dcs Stenographenverbandes die Herrcn Werner-
Speyer, Glühmami-Mannhcün und Haas-Karlsruhe hicr
ats Gäsie begrühen zu kömicn, Er sprach ferner der Stadt-
verwaltung scinen Dank für das Erscheinen des Bürger-
mcisters Dr. Walz aus und äutzcrte sich im Hinblick auf die
starte Beteiligung an der Versammlung ini hoffnungssrohen
Worten mit Bezug auf die Verbreitung der Steiwgraphie.
Nach der Wahl des Vorsitzenden, eines Stellvertreters, wozu
die Herren Rechtsanwalt Dr. Kaufmcmn und Reallehrer
Grimer-Pforzheim bestimmt wurden, sowie zweier Schrift-
führcr hielt Bürgermeister Dr. Walz folgende
Bcgrüsiungsansprnche

Hochgechrte Festversammlimg I Es ist mir der ehrenvolle
Äuftrag zuteil gcworden, die 29. Versammlung des Süd-
westdeutschcn Verbandcs Gabelsbergerscher Stenographen-
vcreine in den Mauern von Heidelberg willkommen zu heitzcn
und Jhnen den Gruß der städtischen Verwaltung zu eutbie-
ten. Die Verwaltimg freut sich darübcr, dah Sie Heidelberg
wieder zum Sitz Jhrer Versammlung gewählt haben. Jst doch
wie Sic soeb'en gchört hahcn, Heidelberg die Stadt, in der
der Verband gegründet wnrde. Wir freuen uns umsomehr,
darübcr, als wir in der Verwaltung der Stadtgemcinde dcn
B'estrebungcn Jhrer Vereinigung das grötzte uud lebhaftcste
Futeresse eutgegeiibriiigen. Haudelt cs sich doch bei dcm,
ivas Jhre Kunst will, um die Erringimg einer Fähigkcit, die
dcr Mcusch heutzutage nicht mehr so lcicht entbehren 'tann uud
dic, wic Zhr Altmcister gesagt hat, das Gemeingut aller Ge-
bildeten wcrdcn soll, cine Fähigkeit, dic gerade diejenigen,
dic im ösfeiitlichen Lebeu stehen und daran teilnehmen, am
Wenigsten enrbehren können.

Die Anfänge der Kurzschrift peichen, wie Sie ja wissen,
bis in das Altertnm zurück. Damals im Beginn dcs politi-
schcn Lcbcns hat man die ersten Ansätze genommen, eiue
Kurzschrift zu erfindcn, die alsdann wiedcr verloren gmg, nls
die Verhältnisse ruhigere ivnrden imd in fcstgefahreuen Ge-
leiscu sich bcwegtcn. Wie aber am Anfang dcs neimzehnten,
Ende dcs achtzehnten Jahrhimdcrts das politischc Leben wiedcr
lcühafter zu pulsiercn anfiug und eine rege Beteiligimg der
Bürger imd aller Gebildcten im öffentlichen Lcben erheischte
und in den parlamentarischen Vcrhandlimgen, Verciiiignn-
gcn usw. anf allen Gcbicten, wo man mehr Wcrt darauf legtc,
von Mund zu Mimd, Ohr zu Ohr, Mitteiluugcii auszutauschcn,
als gcschriebcue Worte, da kam es daraus an, einc Fähigkeit
zn cutwickcln, dic gecignct war, imscre Schrift zu erhatteii und
iveiter zu bildcn und alles festzuhalteu, loas im Wechsclkampf
der Rede hiu und her gcsprocheu/wird und das ursprünglich
festzichalten, wie die Worte gefallcn sind, damit der ursprüng-
lichc Eindruck der Rede iveitcren Kreisen der Nachwclt crhal-
ten bleiben kami.

Deshalb hat auch in dieser Zeit die Stenographie mäch-
tig eingesetzt. Jhr Ältmeister bor allem war es, der ihr dcn
richtigen Weg gewiescn hat. Wie stark sie sich seitdem eut-
wickelt hat, wissen Sie ja alle, und daS bewcist, datz bcr-
schiedene Systcme auftanchten, daß verschiedene Kämpfc und
Streitigkeiten nm Prinzipien sich entfachten: das beweist
alles, welch grotzes Jnteresse man allenthalbeu dieser Kimst
eutgegeubringt.

Wir könneii nur Ivi'mschen imd hoffen, datz die Bestre-
bungen, die speziell anch Zhre Vereinigung dicser schönen
Kuiist widmet, bon Erfolg und Segen begleitet sein mögen,
vor allcm wünschcii wir Zhncn für die Beratung in Fhrcr
hcutigen Versammlung alles Gute. Jn dicscm Sinne hertze
ich Sie im Namcn der Stadtgcmeinde herzlichst willkommc».

Aber etwas anderes ivill ich noch bemerken: Sie haben
kcinen schönen Tag gewählt heute für Jhre Versammlimg
i» Heidelberg. Während heute früh die jimgen Leute in
rasendem Eilschritt arbeitcteii, ging es in langsamcn Strichcii
oom Himniel herunter und schicn imerschöpflich zu sein. Wahr-
haftig, kein schöner Begiim für den Anfang eines Kongresses
und zimial in nnserem schöpen Heidclbcrg. Aber, meine
Damen imd Herrcn, vielleicht cignct es sich für den hcurigen

altcs Erbstück Jhrer hochvcrchrteii Familie zn rcttcii. Die
Entscheidimg darübcr stcht gänzlich bci Jhncn. Jch gebe
aber den Wcchsel nur untcr dcn hicr festgesetzten Bedingungcn
hcraus."

„So nchme ich sie also a»."

Konstanze war fcst überzeugt, die Mutter zur Heraus-
zahlimg der erfordcrlichen Summc bewegcn zu köimcn. Bon
dieser Voraussetzung ausgchend, imterzeichucte sie, holtc ihre
treuc Gesährtiu ab und kehrte iu dic Obcrförsterci zurück.
Währcnd der ganzcn Heimsahrt rnhte ihre schmale Hand ivie
lobkosend auf dem schwer errungencn Papier. Wic schön,
!vie hcrrlichl Mntzte dcr tciirc Maim in dcm, ivas sie gethan
hatte, nicht dcn Bciveis einer uiicndlichcii Licbe erblicken?
Nun konnte er wicder frci aufatmen >md getrost in die Zu-
kunft schen. Die Hochzcit sollte ja bald stattfinde», so hatte
cs der Onkcl bcstimmt. llnd die achttanscnd Mark würden,
wcmi iiicht srühcr, ganz einfach von ihrer Mitgift bezahlt
werdcn. Wcr hätte ein Gleichcs für Herbcrt gewagt und
ausgeführt. Etjna Margot, dic nie mehr nls einige Groschen
in ihrem schmalen Beutelcheii bei sich trug ii»d uur ein paar
silbernc Armbänder, ciii blaues, emaillicrtes Hcrzcheu an
spinnwebdünncr Kette und eine billige Tascheimhr besah?
Ach Gott, das armc Ding, das sich keiiien Schritt zu thun
getrante, wenn cs uicht vorhcr Papa nm Erlcmbnis gc-
fragt! So stolz und selbstbeimiht ivie heute, ivar K'viistanze
uoch uie gewesen.

Als der Zug auf dcm klciiieii Bahiihos hielt, sticg sie
gar nicht so langs-am und schiverfällig wie sonst aus, sondcrn
sprang lcicht uii-d elastisch die Stufeu hiuaü, als durchzuckte
sic cin ganz neuer Lcbcnsnerb. tlüd da crblickte sie plötzlich
ein zartcs Gesicht mit grotzen, blaueii, unruhig umhcrspä-
hciidcii Augen bor sich uud fragte: „Wartcn Sic nus jcmand,
Fräuleiu von Brachwih?"

„Ja, Horst ist in der Staht. Jch wolltc ihn abholeu, er
scheint aber nicht mitgckommeu zu scin. Da mutz ich mich
nur schnell um eiu Gefährt bekümmern, den» ich bin zu

Kongrctz besser, wenn es drautzen regnerisch und trüü ist, es
ist nicht für alle Kongrcsse gut, wenn der Himmel im hell-
sten Wlauze crstrahlt. Jch will hosfen, dah nach dieser Rich-
tung hin das Ldle Wetter sür Jhre Verhaiidlungen ein gntes
Wctter bedeuten möge, yber den Wunsch möchte ich daran
knüpfen, datz die Sache nicht zu lange dauert mit den Wolken
da droben, dah die Sonne durchbricht imd datz die Herren,
die morgen noch da bleiben, eine gewisse Entschädigung dafür
bekommcn, datz sie Heidclberg ausgesucht habcn. Nochmals
herzlich willkommen. (Lebhafter Beifall.)

Der hierauf vom Vorort Mamiheim erstattete Rechen-
schaftsbericht erzählte von der Entwickelung des Süd-
ivcstdeutschcn Gabelsberger-Stenographeiwerbandcs von der
Gründung an bis in die Jetztzcit. Die Chronik enthält inter-
essante Aiigabcn übcr das stenographische jLeben während
der 29 Jahre des Bestehens des Verbandes, anf die hier ein-
zugchen, zu weit führen würde. Auch über die System-
kämpfe ist viel darin gesagt, über die Einführung der Gabels-
bergcrschcu Stenographie an üen Schulen in Bayern, Sach-
sen uud Ocsterreich uud anderes mehr. Die Statistik wies
bei der GrUudimg dcs Verbandcs drei Vereine aiif, jetzt sind
es 120 Vereiue mit 3000 Mitgliedern. Unterrichtet konnten
im Vorjahre 80 000 Schüler werden. Wie schon erwähnt, süid
dem Bcrbande vicrzehn Vereine neu bcigetreten. Das Ga-
belsbcrgcr Steliographic-Systcm zählt im Ganz;» 70 OOO
ziim Bunde gehörigcr Anhänger.

Vor Bcginn des F e st v 0 r t r a g e s, dem dieser Punkt
der Tagcsordnung voraiigcstellt wurde, beschlotz die Ver-
sammluiig noch über die Wahl des Vorortes für 1902—03
und über die Wahl dcs Ortes für den uächstjährigen Steno-
graphemäg. Als Vorort des nächsten >Stenographentages
wurde Pforzheim auserschen. Die Tagung selbst wird
in Landau stnttfindcii. Das Thema dcs Festbotrages:
Wescn und Ziel der stenographischen Bewcgung der Gegcir-
wart

bot dem Redner, Laiidtagsstenograph Tetzkc aus Karlsruhe,
Gelegcnheit zu glüuzenden Ausführungen. Mit zündender
Beredtsamkeit verbreitcte cr sich eingehend über dicscn Stoff,
crzählend von dcn bis ins graue Altertum zurückreichenden
Anfängcn der Stcnographie, ihre Aiiwendung bei Griechen
imd Römern schildernd, auf die historische Entwickelung und
die enge Verbindung der Stenographie mit dem politischen
Leben hiudcutend imd zum Schluh' ihrc hcutige Uiientbehr-
lichkeit mid Vollkommenheit hervorhebend. Anders ist das
Wesen der Stenographie !n den letzten zwei Menschenaltern
gcgen früher geworden. «ie hat Eingang gesunden in wei-
ten Kreisen, das bcweisen auch die vielen neuen Sonder-
systeme. Nicht mehr ivill die Steiwgraphie auf einzclne Be-
hörden und handclsgewerbliche Berufc bcschräutt sein, auch
auf privatem Gebiete sucht sie Heimrecht zu erivcrbcn. Aus-
schlaggcbend sür eine erfolgreiche Eiitwickelmig der Stcno-
graphie sind hier aber dic Schulen und die Cinführung eines
Einhcitssystems. Das Schlagwort von der leichten Erlern-
barkeit, Las andere Stciiographenvereiiie nicht oft gcnug für
ihr Systcm in Anwcndung bringen können, hat ivcnig für sich.
Bei dcr Stcnographie heiht es stets, das Ziel im Auge
behalten, die spätere Leiftimgsfähigkeit üerücksichtigen, den
systcmatischen Aufbau bcachten; für die Praxis ist ein solider
Unterrichtsstoff immer das jerste Erfo-rdernis. Dcrgestalt
setzten sich die Ausführniigcn des Vortragenden noch weiter
fort. Sie schlossen mit der Hoffnung, dah der Tag nicht
mchr fern sein möge, an dem die Gabelsbcrgcr Stenographie
glcich wie i» Baycrn, Sachsen und Oesterreich an allcn Schn-
lcn cingeführt werde, dah anch noch eine Zeit kommen möge»
wo dic Stenographie Gemeingut allcr Gebildcten ist,

Das (

Festcssen,

sollte programmgemätz um 1 Uhr seincn Anfang nehmen, da
aber nicht, ivie beabsichtigt, im Garten gcspeist werden kormte,
sondern »ach Schlntz der Versammlnng im Saal gedeckt wcr-
den mutzte, Ivurde es halb 3 Uhr. Es uahmcn am Essen 180

ängstUch, inn den wciteii Weg im Aüeiiddnnkel allein zurück-
zulegen."

„Unscr Wagen ist hicr, stcigen Sie doch einl Jch bitte
Sie daruml Wir kommeu ja an Gut Stcinbach vorbcil"

„Zch biu J-Hneu sehr verbunden."

„O Jhre Bezleitung ist m!r cin Verguügenl"

„To froh, wie hcute, habe ich Sie noch gar nicht gcschcil»
Fräulein Vvn Fclsing."

„Sollte cine Braut nicht froh scin?"

„Eine Braut? Sic habcu sich vertobt?"

„Gestern schon?"

„Acy, meiiieu hcrzlichsten, ivärmsten Glückwmischl Da-
von weih ich gar nichts."

„Natürlich. Die Anzcigen sin-d ja auch uoch nicht ge-
druckt. Abcr Sie, die es immer so herzlich gut mit mir
meinte und mir ihre schwesterliche Freundschast anbot —"

„Gewitz und von ganzcm Herzenl"

„Darf ich doch schon gleich zu der Vcrtrauten mcines
Glückes machcn."

„Niemand kann sich inniger darüber freuen, als ichl Wer-
dcn Sic iu miscrcr Nähc bleiben?"

„Gewitz, da Herbert demnächst in die Obcrförsterei über-
siedclt."

„Wie? Jhr — Herr — Kousiu? Sie sind —" -

„Ich bi» Herberts Braut. Onkel hat uus' gestcrn ver-
lobt."

„Ah — das — das übcrrascht und erfreut mich sehr",
stammcltc Margot, dcr es ivar, als krampfte sich ihr Herz
plötzlich bis zum Ersticken zusämmcn. Sie fühlte etwas ivie
cinen schivcrcn Schlag, unter dem ihr ganzes Wesen jüh
niedcrbrach; aber sic bezivang sich mit Anstrengung all ihrer
Kräfte uud reichte Fräulein bon Felsing die Hand. „Jch
danke Jhncn für dicse Mitteilmig. Gott mache Sie imd Herrn
von Werthcr so glücklich, wic ich cs wünschc."

Gnt Stcinbach war errcicht. Margot sticg aus mid traf
in dcm kleiiicn Salon des Erdgcschosses den Obersörster in
 
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