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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#1202

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SllNstng, 28. Jlttli 1902

Gvftes Blatt

44. Jührgllng

^ 148.

Erfcheinttäglich Sonntags ausgenommen. Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bci dcr Expedition und den Zweigstellcn abgeholt 40 Psg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

AnzeigeupreisrLO Pfg. für die Ispaltige Petitzcile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Ausnahme vcu Anzeigen an bestimmt
vorgeschriebcncn Tagen wird keine Perantwortlichkeit übcrnommen. — Anschlag ber Znserate aus den Plakattafeln der Hcidclbcrger Zeitung und den städt. Anschlagstcllen. Fernsprcch-Anschluß Nr. 82

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Das ISestnden des Königs von Kngkand.

London, 27. Juni. Der König ist bemüht, seine
Leiden mit Standhaftigkeit zu iragen und seine Familie
durch hoffnungsvolle Stimmunz zu ermutigen. Es steht
jetzt fest, daß er schon geraumc Z-it vor der Krörung cr>
hebliche Schmerzcn ausgestauden hat und entschloffcn war,
selbst unler körperlicher Qual und Gefahr die Zeremonie
durchzumachen, um das Publikum nicht zu enttäuschen.
Bereits bei sciner Erkrankung in Aldershot am 14. Juni
hatte man alle für eine eventuelle Operation nötigen
Jnstrumcnte dorthin gebracht. Ter dem Absceß entzogene
taulige Eiter betrug ein und ein Drittel Pfund.

Der Heute um 10'/^ Uhr vormittags crschienene
Krankheitsbericht lautet: Der König verbrachte cine gute
Nacht bei etwas natürlichem Schlaf. Der Appctit wird
beffer. Die Wunde ist bedentend in d.r Heilung vorge-
lchritten. Ter Gesamtzustand des Königs flößt weniger
Besorgnis ein.

London, 27. Juni. Der Krankheitsbcricht von heutc
Nachmittag 2 Uhr besagt: Der König verbrachte den
Bormittag gut. ALe Symptome sind bis zur Stunde
Sufriedenstkllend. Die Tempcratur ist normal. Künftig
^ird das Bulletin Angaben öber die Temperatnr nur bei
dedeutenden Schwankungcn bringen.

Wie privatim vcrlautct, befand flch der König gestern
üc einer durchaus günstigen Stimmung. Er litt
un keinerlei Organstörungen, sah scinc Kinder und verlangte
Zeitungen und die Tclegramme zu schen. Er genoß haupt-
sächlich Fleischbrühe uud Milch und durfte rauchen.

Deutsches Reich

- Eiuen Versuch uüt o b l i g a t o r i s ch e r Ar -

he i t s l o s c u v e r siche r u u g macht der „Verein der
Braiiereicu Bcrlins uud limgcgeud". Das von ihm auf-
stestcllte Statut crklärt zu Mitgliedern der Kasse alle in
zuin Verc'in drr Braiierrien Berlius und Ilnigegeud
gehöreudeu Uiiternehiuiingen gegen Gehalt oder Lohu
hsschäftigten Brauer uud Böttcher. In der Begründrmg
hiorzu heißt es: „Tie Eiusührung des Versicherungs-
3wangs, des Prinzips unserer moderuen Arbeiter-
hersjcherimgeu, war geboteu, weun anders nicht die Le-
beus- und Entwicklungssähigkeit der Kasse von vornherein
!!' Frage gestellt werden sollte. Der Mangel des Ver-
üchernngszwanges ist auch zweisellos die Ursache sür das
Blißglückeu der bisherigcii Versuche gewesen." Die
^chtvierigkeit, die dcr Mangel einer öffentlich-rechtlichen
Bssugnis zur Einsührnng dcs Zwanges zur Zeit bietet,
wird dadurch bcseitigt, daß der Beitritt zur Kasse zum
^standteil des Arbeitsvertrages der kartellierten
^sanereien geinacht wird. Der privatrechtliche Zwang
Kloht also deu ösfcnUich-rechtlichen. Die Frage der Ue-
^rnahnie passeuder Arbeit regelt sich vermöge der engen
rskrbindung mit dem Arbeitsnachweis anf daS einfachste.
^-vs aber deu Hauptpunkt, die Verschuldungsfrage, an- !
"stgt, so ließ sich hierfür eine allgemeinc Definition mcht z
'ckstellen, sondern nur Regeln für die crtrcmen Fälle, l
'flche allerdiugs die Hauptinasse lülden. Jm Uebrigen '
^stdeine Entscheidung im korrekten Einzelfall nicht zu

umgehen sein. Hierfür hat aber der Verein ei» treffliches
Organ irn Kuratorium seincs Arbeitsnachweises. Tenn
dieses ist eine Paritätisch zusanimeiigesehte Behörde mit
einem unparteiischen Vorsitzcnden. Möge dieseS Beispicl
Nacheiferung finden und die neugeschaffene Versiche-
rungskasse alle Hoffnungen erfüllen, die ihre Begründer
für sie hegen!

— Die Zolltarifkommission des Reichstags
beriet gestern Pos. 452 bis 457 — Gewebe, die nicht
unter die früheren Pofitionen fallen. Nach längerer Debatte
wurde Pos. 452 nach dem Antrag Müller-Fulda in folgen-
der Fassung angenommeu: „Rohe Gewebe, 80 Gramm
oder mehr auf den Quadratcentimeter wiegend bis 35
Fäden In Kette und Schuß auf 5 Quadratmillimeter 40 Mk.,
von 35 bis 45 Fäden 60 Mark, über 45 Fäden 80 Mk."
— Pos. 454 — rohe Gewebe, 40 bis 80 Gramm
auf den Quadratcentimeter wiegend, in gleichen Etnzel-
abteilungen — wird uach dem Antrag Müllcr-Fulda aus
90, 120 und 150 Mark ermäßigt. — Desgleichen wird
Pos. 454 — rohe Gewebe unter 40 Gramm wiegend auf
120, 150, 170 Mk. ermätzigt. — Pos. 455 — gebleichte
Gewebe — wird uach der Vorlage angenommen. — Dic
Pos. 456 und 457 werden gemäß dem Antrag Müller-
Fulda mitetnander verschmolzen, indem gefärbte und ge-
druckte Gewebe ohne Rücksicht auf die Zahl der verwandlen
Fäden 50 Mk. Zoll zahlen. — Pos. 458 — Wirkstoffe
u id Netzstoffe 100 Mk. wird nach der Vorlage erledigt. —
Pos. 459 — Handschuhe, Haarnetze — werden gemäß
Antrag Förster von 180 auf 160 Mk. ermäßigt. Des-
glcichen Pos. 460 Strümpfe auf 100 bezw. 120 Mk.
herabgesetzt. Zu den Pos. 461 Fischernetze wird ein Antrag
Müller-Meiningen angenommen, es bei dem bisherigen
Zollsatz von 3 Mk. zu belassen. Beratung der Pos. 462
wird ausgesetzt. — Pos. 463 — geschnittcne Wirk- und
Nctzstoffe — wird nach der Vorlage mit 100 Mk. angc-
vvmmen. Nächste Sihung Dienstag.

Baden.

— Der Großherzog hat einer Anzahl Bayerischcr Hof-
und Staatsbeamten, Offiziere und Unterosfizierc, sowie
sonstigen Personen aus Bayern Auszeichiumgcn verliehen.

-— Der „Volksfr," bestreitet die Nachricht des „Ldsb.",
daß die s o z i a l d e m o k r a t i s ch e Fraktion beschlos-
sen habe, gegen das Budget zu stimmen; die Fraktion
habe noch keinen Beschluß gefatzt. Unser Vorbehalt:
„wenn es sich bestätigt", war daher berechtigt.

—- Der „u n f r e i w i l I i g e R e g i e r n n g s -
k o m in issä r, als welcher kürzlich der Abgeordnete sür
Osfenburg-Land, Herr Hcrg t, bezeichnet wurde, ist
Lem Osfenburger Zentrumsblntt zum Verhängnis ge-
worden. Die Redaktion dieses Blattes dirnckte ohne
Einschränkung einen Artikel aus dcm „Ldsb." ab, in
welchem der Zcntrumsabgeordnete Oberingenieur Hergt
als Fachinann in Gänsefüßchen, als „nieversagender srei-
williger Regierungs-Kommissar" charakterisiert wird.
Der „Ort. Bote", der neuerdings viel mit der schwarzen
Offenburgerin herumstreitct, amüsiert sich natürlich köst-
lich über diese Leistung unfreiwilliger Komik. Herr
Hergt nnd seine Frcunde werden natürlich wenig erbaut
sein von dem Geniestreich, der auch uns ein hciteres
Viertetstüiidchen bereitet hat. Jn ihrer neuesten Num-

iner entschuldigt die schwarze Ossenbnrgerin das Ber-
sehen mit der dnrch Krantheit hervorgernsenen inehr-
tägigen Äbwesenheit des Redaktenrs.

Karlsruhe, 27. Juni. Ueber den Antrag der
Abgg. Heimbii r g und Genossen, die Berechtignngen
der R e a I m i t t e l s ch n l e u betrefsend, hat sich die
Koinmission der Zweiten .Kanimer eingehend beschäftigt.
Zuni Berichterstakter ist Abg. Heimburger sel'bst ernannt
worden. Der Antrag der Kommission geht dahin: Das
Haus wolle dem Antrag in dem Sinne scine Zustiniinnng
erteilen, daß n) den Abitiirienten des Realgymnasiums
zn den bereits vorhandenen Berechtigiingen anch jene
zimi Studiuni der Rechtswissenschaft und des höheren
Lehrfachs ohne Einschränknng gewährt werde, U) den
Abiturienten der Obcrrealschnle die gleichcn Berechti-
gnngen verliehcn werdcn, iedoch mit der Bcaßgabe, daß
dic Zulassnng zuin Rechtsstndinm an den vorher zn er-
bringenden Nachweis hinreichender Keimtnisse im Latei-
nischen geknüpft sein soll.

Madischer Landtag.

Tie E r st e K a ni m e r hat am Tonnerstag noch
eine Nachinittagssitzung abgehalten.

Jn dieser Sitzung trat das Haus in die Einzelberatung des
Eiscnbahnbaubudgets cin. Geh. Rat EugIer bedauert»
datz in der Karlsruher Bahnhofsrage die Würfel
schon gcfalleu siud. Man hätte znm mindesten noch weitere
Gutachten von Sachvcrständigeu crheben solleu. Er habs den
Eiudruck gewonneu, als ob es an dcm uötigeu Mut dazu
gefchlt habc. Mit Baumeister halte er die Höherlegung sehr
wohl für möglich. Seltsamerweise habe iu der Zweitcn
Kammer der Äbgeordnete (Dr. Goldschmit!), der dic beste
Rede für die Höherlegung gehaltcn, sür die Verleguug ge-
stimmt, wie überhaupt unter den Vertretern Karlsruhes eine
weuig erfreuliche llneinigkeit geherrscht habe. Auch die Stadt-
verwaltung habe es au der nötigen Energie febleu lassen.
Wenn cr trotz alledem für das Budget stimmtc, so möchte cr
ausdrücklich erklärcn, daß cr uicht für die Positiou 38 sei.
Weiter hegt cr Bedenken gegen das rasche Tcmpo im Autzcn-
bahnban.

Staatsminister v. B rauc r bctont, datz sclteu einc Posi-
twu so grüudlich geprüft worden sei, wic die Karlsruhcr Bahn-
hoffrage. Auch in anderen Städteu, wie Fraukfurt, Düssel-
dorf, Lübcck, habe man deu Bahnhof verlcgt, ohue datz eine
Cntwcrtung der alten Stadtteile eingetrcten wäre.

Freiherr v. Neubronu erinncrt dcu Staatsmiuister
daran, datz er seinerzeit gesagt habc, Mr Karlsruher Bahuhof
könne aufs Vierfache erweitert wevden. Dcr wahre Grund
der Verlegung sei in dcn Mitzständen zu sucheu, wclche die
Ucbergänge mit sich briugcu. Diese hätte man durch llcber-
führung beseitigen sollen. Wäre dcr Eisenbahumimstcr bei
seincm ersten Projekte dcr Ueberführuug gebliebeir, daun
wäre niemaud geschädigt worden. Schuld an der Verlegenheit
sei cinzig der Autagonismus zwischeu Stadtrat uud Eisen-
bahnverwaltung. Weil keiner von beideu leidcn wolltc, datz
der andere siegt, habe man eiu neues Projekt ausgedacht, die
Verlegung. Der Redner hält die Ueberführuug oder auch
dic Höherlegung für das einfachste, billigstc und gerechteste
Projekt. Weun der Bahnhof hinter den Lautcrberg komme,
werde der Stadtgarteu.uumöglich seiu. Ob dcnn die Eisen-
bahuverwaltuug dazu da sei, das einzig Schöne, was Karls-
ruhe uoch hat, auch noch zu nehmen? Man habc cincn Städt-
tcil nach dem anderen verwüstet; wenn es so weitcrgehe, wcrds
Karlsruhe in wenigen Jahrcn eine Stadt des Windes, des
Staubes und der Hitzc sein, wo der Erholungsbcdürftige kcin
grünes Fleckchen mehr findet. Jhm persöulich köune es zwar
gleichgiltig sein, da cr hoffe, uoch vor der Jnbctriebuahme dcs

Kleine Aeitung.

^ Die neuen badische» Schnellzugslokomotivcn. Schon
'"-ch ihr ungewöhnliches Aeutzcre werdcn die neucn Fahr-
"6e, welchc dcmnächst in dcn Dienst gestellt werden sollcn,
^ w zw Blickc dcs Laicn auf sich lenkcn und wegen ihres
^ächtigen, ja fast ungcheuerlichen Aussehens das allgemeine
^ siunen erregen, das noch dadurch erhoben wird, datz zur leich-
Aeberwindung des Luftwiderstandes die Vorderwände
E 'sührerhauses schiffsförmig zugespitzt siud, und die Rauch-
K; ^orthür nach vorn kegelförmig verlängert ist, so datz diese
^B'chine wie cin gcwaltiges Geschotz aussicht. Allerdings in
auf gefälligcs Aussehen wird das Gesamtbild kaum be-
^ ">gen. Durch die außerordentlich hohe Kesselanlagc, die
sit^^'sächlich durch die 2,10 Meter hoheu Treibräder bedingt
'"erden die nach obcn gerichteten Teile des Kessels, wie
H-"'^stcin, Dampfdom uud Sandbüchse, derartig in ihren
ki^^'"uatzen beschränkt, daß z. B. dcr Schornstein nur ein
dj„- ^^"'8 mehr als 60 Centimeter hoch werdcn kann. Jn
iihx'" üishj-x in Deutschland unbekannten Form der äußeren Er-
erinnert diesc Lokomorive sehr an amerikanische Vor-
'vorin wir uoch bestärkt wcrdcn, wcnn wir dcn Umlauf
sassen, der ebenfalls in auhergewöhnlicher Höhe um
angebracht ist. Wir gehen jedoch wohl uicht fehl,
behaupten, daß dicse moderne Konstruktion ein Ver-
d'ix ^"gcbnis zwischen deu ncuesten Typen darstellt, wie sie
Wcltausstcllung im Jahrc 1900 gezeigt hat, wo
Ecilj^^'che Lokomotivbau iu solch hervorragendem Matze be-
Ehyj' '""v. Gerade durch die Vorführung von Bcispiclen
"" stch hervor, Beispiele, dic nach ncuesteu konstruktiven

und wissenschaftlichen Gesichtspunkten das Beste und Hervor-
ragendste brachtcn, was dicse Ausstelluug so bemcrkeuswert
und lehrrcich machte.

— Müuchen, 27. Juni. Der Direktor der Kammer
des Jnnern bei der kgl. Regierung in Speyer, Friedrich
Hübsch, welcher zur Heilung eines Nervenleidcns hierher-
gekommen war, sprang in cinem Anfall dieses Leidens hier
in die Jsar und ertrank.

— Kalbc a. S., 23. Jnni. (D er Unvc r st a n d
c i n e s Knab e n) hat einen Altersgenossen schwer ge-
schädigt. Der Schulknabe K. von hier rief einem andern
Knaben zu: „Komm, ich will dich einmal inipfen!" Er
nahm darauf eine Stahlfeder, tauchte dieselbe in ein
Tintenfaß nnd brachte dem .Knaben mit der vollen Feder
einen langen Einschnitt in den Oberarm bei. Nach kur-
zer Zeit stellte sich Blutvergiftung ein, der Arm schwoll
bedenklich an und nun wurdc schlennigst zuin Arzt ge-
schickt, welcher einech operativen Eingriss nnternahm,
nm vielleicht den Arm noch zu retten, ob dies gelingen
wird, ist eine andere Frage.

— Einc Massenmördcrin. Es wnrde bcreits be-
richtet, daß das Schwurgericht in Barnstable, Massachu-
setts, die Massenmörderin Iane Topp a n für i r r-
sinnig erklärt und daß dieselbe sür Lebenszcit ciner
Jrrenanstalt überwiesen worden sei. Janc Troppan
war Krankenpflegerin und hatte als solche viele der ihr
anvertrauten Personen vergiftet. Nachdem das Ilrteil
gesprochen war, so wird dem „Daily TelegraPH" aus
Newyork telegraphiert, gestand Jane Troppan lächelnd,
daß sie 31 P e r s o n c n getötet habe; 9 ihrer Pa-
tienten tötete sie im Zeitranm von 51 Tagen. Eines

ihrer Opfer war die Frau ihres Wohlthäters, der sie
erzogen hatte, nnd der anfangs die Anklage nicht gtau-
ben wollte. Alle Wett ist entsetzt über die Verbrechen,
nur sie ist gleichmütig. Sie ist eine wenig anziehende
Fran in inittlerem Atter. Tie Erzählnngen von Lucrezia
Borgia nnd anderen historischen Gistnüschern sind Kin-
derspiel im Vergleich zu den Enthüllungen, die Toppan
inachte, während sie ihre Opfer an den Fingern auf-
zählte. Sie vergiftete sie mit Morphin, so daß sie lang-
sam einschtiefen. War der Tod eingetreten, so fühlte
sich Miß ToPPan wohl. Es war ein Paroxismns, der sie
trieb. Häufig versuchte ste init Hilse von Aerzten nnd
anderen Pflegerinnen die Vergifteten wieder zum Be-
wußtsein zn bringen. ^ie brauchte zn ihren Mordeir
vegetabilische Gifte, weil diese sich schlccht feststellen ließen.
Als der Richter misrief: „Miß Tappan, Sie miissen ver-
rückt sein!" antwortete sie: „Verrückt, Ivie kann ich ve»
rückt sein? Jch wußte ganz genau, daß ich Unrecht that,
wenn ich diese Lente tötete. Fch wußte stets, was ich-
that. Jch habe keine Gewisscnsbisse. Es that mir auch
nicht leid, meine besten Frennde zn töten. Fch weiß,
daß ich gefährlich bin, denn man kann nie wissen, wann
der Paroxismus über mich tonimt. Dann kenne ich mich
selbst nicht mehr. Schicken Sie mich in eine Frrenanstalt,
wo ich kein Unheil mehr anrichten tann."

Hheater- nnd Kunknachrichen.

— Wie dcn Neuesten Nachrichten iu München mitgeteilt
wird, sci für die leider schwer erkranktc Fran Professor Schrö»
der-Hanfstängl die k. k. österreichische und badischc Kammcr-
sängcrin Frau Bianca Bianchi (chedcm in Karlsruhe) alK
Lehrerin für Sologesang in der k. Akademic gewonncn wordcn.
 
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