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Schaukal, Richard von: Die Miet-Wohnung, [3]: "Neue" Einrichtung
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.12313#0133
architekt schlösser (in FIRMA heilmann & littmann). Zimmer des Chef-Redakteurs. Ausgeführt von M. Ballin.
neubau der »münchener neuesten nachrichten«.
DIE MIET-
Fortsetzung; aus dei
III. »Neue« Einrichtungen.
Vor 30 Jahren haben sich unsere Eltern »neu
eingerichtet«. Bis dahin bestand der bürger-
liche Hausrat in seinen Hauptelementen aus schlichten
rohrgeflochtenen Lehnstühlen, breiten Kommoden
mit übereinandergereihten schweren Schubladen,
dem runden Speisetisch, niedrigen steifen Fauteuils,
mit Samt oder gestreiftem Tuch bespannt und
mit handgearbeiteten Deckchen hausmütterlich-
sorgfältig geziert. Dazu ein Überfluss an
Spiegeln und grossen Familien - Photographien in
kreisrunden Rahmen, wenig Teppiche, blanke
Dielen, weisse frischgewaschene Vorhänge und —
viel Sonne in den Räumen. Die neue Einrichtung
war durchweg »politiert« (poliert). Als Prunkstück
fungierte »die Kredenz« (das Büffet), in einen mehr-
fach gestuften offenen Ober- und einen Tisch- und
Kastenunterbau gegliedert und reich bestellt mit
VOHNUNG.
Februar-Heft 1906.
Majolikakrügen und Porzellan gerät. Die Sitz- und
Lehnflächen der Sessel waren wiederum aus Rohr-
geflecht, aber das Gestell war »Renaissance«, eine
Phantasie-Renaissance der Fabriktischlerei, daran
nur die stolzen harten Knäufe, an den unpassendsten
Stellen angebracht, derb-schmerzhaft an die Realität
dieser grausamen Sitzgelegenheiten gemahnten. Der
Speisetisch war viereckig geworden, seine Platte
ragte hoch auf vielfach verknauften Beinen, und
nahm man daran Platz, stiess man unfehlbar mit
dem Schienbein sowohl als mit dem Knie und Rist
an kantige Verstrebungen. Dafür hielt das unterste
dieser Leistenkreuzgeflechte sinnvoll ein gedrehter
Zapfenknopf zusammen, an dem man, war es einem
gelungen, die Beine durch das scharfe Lattenwerk
durchzustemmen, behaglich-gefangen die geborgenen
Schuhsohlen scheuern konnte. Die weissen Spitzen-
Vorhänge hatten Portieren aus Jutte Platz machen
neubau der »münchener neuesten nachrichten«.
DIE MIET-
Fortsetzung; aus dei
III. »Neue« Einrichtungen.
Vor 30 Jahren haben sich unsere Eltern »neu
eingerichtet«. Bis dahin bestand der bürger-
liche Hausrat in seinen Hauptelementen aus schlichten
rohrgeflochtenen Lehnstühlen, breiten Kommoden
mit übereinandergereihten schweren Schubladen,
dem runden Speisetisch, niedrigen steifen Fauteuils,
mit Samt oder gestreiftem Tuch bespannt und
mit handgearbeiteten Deckchen hausmütterlich-
sorgfältig geziert. Dazu ein Überfluss an
Spiegeln und grossen Familien - Photographien in
kreisrunden Rahmen, wenig Teppiche, blanke
Dielen, weisse frischgewaschene Vorhänge und —
viel Sonne in den Räumen. Die neue Einrichtung
war durchweg »politiert« (poliert). Als Prunkstück
fungierte »die Kredenz« (das Büffet), in einen mehr-
fach gestuften offenen Ober- und einen Tisch- und
Kastenunterbau gegliedert und reich bestellt mit
VOHNUNG.
Februar-Heft 1906.
Majolikakrügen und Porzellan gerät. Die Sitz- und
Lehnflächen der Sessel waren wiederum aus Rohr-
geflecht, aber das Gestell war »Renaissance«, eine
Phantasie-Renaissance der Fabriktischlerei, daran
nur die stolzen harten Knäufe, an den unpassendsten
Stellen angebracht, derb-schmerzhaft an die Realität
dieser grausamen Sitzgelegenheiten gemahnten. Der
Speisetisch war viereckig geworden, seine Platte
ragte hoch auf vielfach verknauften Beinen, und
nahm man daran Platz, stiess man unfehlbar mit
dem Schienbein sowohl als mit dem Knie und Rist
an kantige Verstrebungen. Dafür hielt das unterste
dieser Leistenkreuzgeflechte sinnvoll ein gedrehter
Zapfenknopf zusammen, an dem man, war es einem
gelungen, die Beine durch das scharfe Lattenwerk
durchzustemmen, behaglich-gefangen die geborgenen
Schuhsohlen scheuern konnte. Die weissen Spitzen-
Vorhänge hatten Portieren aus Jutte Platz machen