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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 17.1906

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Schaukal, Richard von: Die Miet-Wohnung, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12313#0262

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DIE MIET-WOHNUNG.

(Schluss aus dem August-Heft 1906.)

Während man im altererbten Heim, auf
Schlössern wie in bürgerlichen Häusern, fast
ausnahmlos gediegenen Hausrat, solide Möbelstücke
antrifft, trägt die Mieteinrichtung durchaus den
Charakter des Surrogats. Die Gründe für diese
betrübliche Erscheinung liegen an der Oberfläche:
der Mieter wandert und erneuert sein Mobiliar.
Er ist nur zu sehr geneigt, alles Ungefüge abzu-
stoßen, sich mit leicht transportabler Rüstung zu
versehen. Und wer ist heute Mieter? Der Ent-
wurzelte und der neue Ankömmling. Jener hat
das lastende Erbe verschleudert, dieser bringt seine
neue, seine schlimme Zeit mit. Beiden dient der
umgängliche Händler, dient ihrem untiefen Be-
dürfnis nach »Fahrhabe«.

Manchmal entdeckt man noch in der Behausung
des >Adaptierten« ein wertvolles altes Stück: es

verstaubt in der Einsamkeit des Dachbodenexils,
kauert im Dunkel der Leutekammern. Ungläubig
hört der unwürdige Besitzer die Lobrede auf den
braven Verbannten. Er vergleicht mit dem schweren
glatten »altmodischen« Kasten den neuen gezierten,
der ihm einzig vornehm dünkt. In seinen Zimmern
wimmelts von Knäufen und Zacken, gestickte
Brockatdecken wallen von Tischen, der Klavier-
deckel — wie sinnreich! — ist ein Bazarstand von
Nippes, vor den Fenstern, in den Ecken staut sich ein
Heer von Posamenten mit Töpfen und Köpfen. Da
»paßt ihm ja der alte Schrägen« nicht hinein; nicht
zu den (falschen) Ebenholzrahmen mit »schwerer«
Vergoldung (ein gefeuchteter Finger verwischt
leichtlich die Verbrämung), nicht zu den Linea-
menten-Orgien seiner kostbaren Tapeten. Freilich,
er paßt nicht. Aber sein Schätzer sähe am liebsten
 
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