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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 17.1906

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Schulze, Paul: Moderne Möbel-Stoffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.12313#0200

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INNEN-DEKORATION

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Moderne MÖbel-Stoffe aus den
Sammlungen des Vereins zur Förderung der Textü-Industrie in Krefeld.

Moderne Möbel-Stoffe.

Vergleicht man die vorliegenden modernen Möbelstoff-
muster mit dem, was vor wenigen Jahren unter dem
Einfluss eines Eckmann, van de Velde, Berlepsch und anderer
Künstler derselben Zeit gemacht worden ist, so ist ein
grosser Unterschied bemerkbar. Schmückten jene die Fläche
noch mit mehr oder weniger grossen pflanzlichen oder mit
nichtssagenden Formen, die sie auf eigene Weise um- oder
neubildeten, ohne meist den alten Grundzug der damaligen
Mustergebung ganz aus dem Auge zu verlieren, so ist heute
ein immer weiteres Zurückgehen zu kleinen, möglichst ein-
fachen Formen auffällig. Häufig nur auf geometrische Linien-
führung sich beschränkend, vermeiden diese Muster immer
mehr den Anklang an pflanzliches Ornament.

Es ist eine Einfachheit in diesem Flächenstil, die die
Frage nach einem „Warum" naheführt. Sie ist eigentlich
nur die notwendige Folge der Entwicklung, die der moderne
Wohnhaus- und Möbelstil gewonnen hat. Auch dabei strebt
alles nach Vereinfachung des äusseren und inneren Schmuckes.
Aussen grosse glatte Flächen unter möglichster Betonung
der Konstruktion, im Innern der Gebäude ein gleiches.
Glatte Decken ohne Stuck, einfach behandelte Wände und
Möbel, die mehr die Schönheit des Holzes in seiner Mase-
rung zur Geltung kommen lassen, als dass sie durch
Biegungen und Verkröpfungen dem Holze Gewalt antun.
Zu alle dem passen keine gross- und reich-ornamentierten
Möbelbezüge, Tür- und Fen9terbehänge. Vielleicht würde
mitunter ein einfarbiger Stoff zum übrigen Schmuck am
besten stimmen, jedoch sind solche Stoffe sehr empfindlich
und darum wählt man einen kleingemusterten in sanfter
Farbengebung, der trotz des leichten Formen- und Farben-
spiels einen ruhigen Eindruck macht.

Auch die kleinen Möbel, wie sie der Stil des ersten
französischen Kaiserreichs erfordert, der jetzt wieder viel
beliebt wird, gestatten für ihre kleinen Flächen nur kleine
Musterungen. Schon geht der Geschmack des Tages über
zum sogenannten Biedermeierstil, der dem des ersten Kaiser-
reichs folgte. Beide Stilarten klingen auch in den modernen
Möbelstoffen an.

Dieser einfache, fast geometrische Stil ist eine Eigen-
tümlichkeit der deutschen und österreichischen Herstellung.
Österreich ist wohl recht eigentlich das Geburtsland dieser
Art der Flächenmusterung. Namen wie Hoffmann, Kolo
Moser, Olbrich und der des Düsseldorfers Behrens rufen
sofort die Vorstellung an Dreiecke und Quadrate wach.

Die beiden genannten Länder, Deutschland und Öster-
reich, haben wohl die Haupt-Erzeugung moderner Muster
für Möbelstoffe. England, welches zuerst so frisch mit seinen
schön stilisierten Tapeten- und Dekorationsstoff-Mustern voran-
ging und eine Zeit lang dem Festlande weit voraus war,
ist vollständig stehen geblieben. Weder 1900 in Paris noch
1904 in St. Louis war auch nur etwas wirklich Neuartiges
in Möbelstoffen zu finden. Die schönen, weichen zweiseitigen
Dekorationsstoffe aus Schappseide und Baumwolle, die in
schottländischen Fabriken hergestellt werden, kommen über
den in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einge-
führten stilisierten Pflanzenstil nicht hinaus. Frankreich hat
sich in seiner Möbelstoffherstellung fast gänzlich von dem
modernen Stil ferngehalten ; es hängt fest an der Über-
lieferung und pflegt die Stile seiner Ludwige und des ersten
Kaiserreiches weiter, für welche es ja die prächtigsten
Vorbilder in seinen Schlössern, Museen und Sammlungen
hat. Manche der alten Lyoner Fabriken aus der Zeit eines
 
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