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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 17.1906

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Widmer, Karl: Farbe und Raum-Stimmung
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https://doi.org/10.11588/diglit.12313#0012

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INNEN - DEKORATION

sie mehr in die Breite als in die
Höhe, stellt sie nach dem Vor-
bild der mittelalterlichen Reihen-
fenster zu geschlossenen Gruppen
zusammen und dergl. Die vor-
teilhaftere Verteilung der Licht-
quellen erlaubt es, die Fenster
kleiner zu machen. Man kann
die Wand schonen, wodurch auch
der Raum geschlossener, intimer
wird. — Die Belichtung des
Raumes ist ein vorwiegend archi-
tektonisches Problem, von der
formalen Raum- und Flächenbe-
handlung unmittelbar abhängig.
Mit der eigentlichen Farbe tritt
ein rein malerisches Problem dem
formal - architektonischen selb-
ständig an die Seite. Es fragt sich
sogar, welches von beiden Mo-
menten als künstlerischer Stim-
mungsträger das stärkere ist.
Jedenfalls ist eine schlechte Farbe
aufdringlicher als eine schlechte
Form und kann auch eine gute
Architektur verderben. Umge-
kehrt kann man mit der Farbe
manches wieder gutmachen, was
Campbell & pullich—Berlin. Entwurf eines Landhauses. in der Form verfehlt ist. Denn

in der Ruhe und Geschlossenheit

FARBE UND RAUM-STIMMUNG. der Farbe kommt das Grundgesetz der modernen

Raumstimmung erst zu seiner unmittelbaren und vollen

Auszug aus einem grosseren Artikel der »Deutschen Kunst und Dekoration«. . ~ . „. . . .

Wirkung. Nicht Buntheit, sondern Einheit der Stim-

Innerhalb der unendlichen Mannigfaltigkeit des indivi- mung verlangt der moderne Innenraum. Also das
duellen Farbengeschmacks lässt sich doch eine Grund- strikte Gegenteil von dem kaleidoskopischen Prinzip,
richtung verfolgen, nach der hin sich die modernen An- welches starke Farbflecke gleichwertig gegen einander-
schauungen abklären und ver-
tiefen. Und diese Richtung
lässt sich in einem gemeinsamen
Grundsatz fassen: es ist der
Grundsatz der Ruhe und
Geschlossenheit. Auf das
Licht angewandt, findet dieses
Prinzip in der modernen Fenster-
behandlung seinen charakte-
ristischen Ausdruck. Wir haben
hier ein interessantes Beispiel, wie
die Rücksicht auf die Raum-
stimmung der ganzen Architektur
des Hauses ihren Geist aufprägt.
Solange wir im Renaissancestil
bauten, wurde der Fassade die
Wohnlichkeit des Raums geopfert.
Um die Symmetrie der Fenster-
fassaden durchzuführen, schuf man
ein zerstreutes, unbehagliches und
unpraktisch verteiltes Licht. Zu-
gleich zerstörte man die Wand
durch übergrosse, unzweckmäßig
in die Höhe geführte Fenster-
öffnungen. Um ein konzen-
triertes, zweckmäßig verteiltes
und behagliches Licht zu bekom-
men, bringt man die Fenster jetzt

da an, wo man sie braucht, zieht campbell & pullich—Berlin. Entwurf eines Landhauses.
 
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