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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 17.1906

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Schaukal, Richard von: Die Miet-Wohnung, [5]: Utopien
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https://doi.org/10.11588/diglit.12313#0199

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INNEN-DEKORATION

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im Grunde kommt es ihnen ja nur auf den Zins- gesehen (wie gut ließe sichs einteilen, derzeit freilich
ertrag an, die Kapitalisierung ihrer Aufwendung, nur theoretisch, denn der Anfang aller »Praxis« würde
Die ganze Protzenschwindelbautätigkeit der letzten ja — Niederreißen der halben Stadt und mehr be-
dreißig Jahre ist ja nichts anders als wechselseitiges deuten), so bringt an der Gartenwand des Hauses
Konkurrenz- und Reklame-Uberbieten. In dem Galerien an, gleichmäßig versteht sich, uniforme
Augenblick, da alle gleich bauen müssten, entfiele Hängegänge, wie sie in den fünfziger Jahren üblich
der Zweck dieser Barbarei. Man wendet dem waren. Auf der Straßenseite sei nichts derartiges,
wehmütigen Liebhaber des alten Bürgerhauses der Wozu? Das Wohnhaus ist dem modernen Stadt-
zwanziger Jahre ja doch immer wieder ein: es menschen eine Zuflucht vor der Außenwelt. Mit der
sei alles recht schön und lobesam, aber — die Türe schließt er das Straßen- und Tagesleben hinter
Verschwendung! Die Quadratklafter kosten heute sich ab. Die Fassade soll also gar keine andere Be-
so und so viel, und da wären solche Vorgärten ziehung dazu aufrechterhalten, als die der bloßen
und derartige einstöckige Gebäude geradezu ein Kommunikation: Fenster und Türen. sci?aukal.
sündhafter Luxus. Das Argument hat sicherlich

„ . ,, , . .. . , t„ .. , "~fu den Arbeiten von Anton Huber und Richard Hirschl sind

Gewicht - kaufmannisches natürlich nur. Akzep- Erklärungen wohl nicht vonnö,en. Der erste bietet hier

tieren wir's und erwidern darauf: Gut. Es sei. wieder ein typisches Beispiel für seinen persönlichen Stil, die

Die »Kultur« falle. Das Kapital hat die Macht schlichte Ehrlichkeit des Charakters, den großen Zug der

, , , ,T • .., „ . . Formen. Hirschl, der in der Firma Heinrich Röhrs in Prag: tätig-

und also den Vortritt. Die »neue Zeit« herrsche. ^ hat das schwierige Problenl) ein modernes Kaffeehaus zu

Aber, bitte, — keine »Spezialitäten«! Baut Wohn- gestalten, soweit man aus den Abbild, ersieht, glücklich gelöst,
kästen. Nichts mehr. Ver-
legt Euch darauf, das bürger-
liche Mietwohnungsschema
zu finden, stuft es nach
Kategorien ab (Zimmerzahl,
Zimmergröße, Verhältnis
der Räume usw.), denkt an
das Euch ja immer aus dem
Munde hängende »Prinzip«
von »Luft und Licht«, seid
verschwenderisch in Sachen
der Hygiene, erratet alle
Bedürfnisse, drängt sie dem
Schüchternen sogar auf —,
die Außenseite aber gehört
der Allgemeinheit. Es ist
Euch durchaus verboten,
hier in »Schönheitssinn« zu
machen. Wir erlauben Euch
das nicht. Ihr habt keinen
Schönheitssinn. Ruhig! Ihr
habt keinen Schönheitssinn.
Ihr »versteht« davon auch
rein gar nichts, nein, gar
nichts. Ihr seid Geschäfts-
leute: bleibt es. Ihr werdet
so sicherlich auch auf Eure
Kosten kommen. Aber laßt
das Stadtbild in Ruhe. Weg
mit diesen klebrigen Hän-
den von der Fassade. Die
Fassade schreiben wir Euch
vor, wie die Baulinie. Dach,

Fenster und Türen: Schluß! richam> hirschl—prag. Ecke im Cafe Stefan—Prag. Ausgeführt

Sind kleine Gärten vor- von der Möbelfabrik Heinrich Röhrs—Prag.
 
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