DOI Artikel:
Michel, Wilhelm: Ludwig Hohlwein, München
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.12313#0158
INNEN-DEKORATION
seine Möbelkunst sei nicht derart, dass sie uns in
ihren Leistungen sogleich ihren geistigen Urheber
nenne. Mit anderen Worten heisst das: ihr fehlt
die Individualität. Das ist jedenfalls das einfachste
Mittel, den Schwierigkeiten der Individualisierung
aus dem Wege zu gehen. Der Künstler freilich
trägt dabei sämtliche Kosten.
Mir scheint demgegenüber, dass Hohlweins
Handschrift in seinen Schöpfungen recht deutlich
ausgeprägt ist und dass sie leicht agnosziert werden
kann. Sonst hätte der Künstler wohl kaum mit
seinen 31 Jahren bereits einen so schönen, an
Arbeit und Erfolgen reichen Weg zurückgelegt,
wie es tatsächlich der Fall ist.
Es ist wahr, Hohlwein verleugnet seine Lehr-
meister nicht. Von Wien und von England hat
er sich anregen lassen, aber diese Anregungen
sind künstlerisch verarbeitet und überwunden
worden. Was uns jetzt aus einem Hohlweinschen
Räume anspricht, ist nicht mehr Wien oder England,
es ist gute deutsche Kunst Hohlweinschen Ge-
präges. Ja, bei näherem Zusehen glaubt man sogar
die rheinische Mischung von alter Kultur und
wohltuender, ewig junger Realistik daran zu
erkennen. Denn Hohlwein ist ein Rheinländer, Wies-
badener von Geburt, und wer den Rhein kennt,
der weiss, dass bei seinen Menschen jene Mischung
von Verfeinerung und Derbheit stets anzutreffen ist.
Kein Zweifel, Hohlweins Handschrift ist deut-
lich und leicht zu lesen. Man erkennt einen Hohl-
weinschen Raum sofort an der liebenswürdigen,
und doch spröden Geste, mit der ein Sessel dem
Eintretenden die Arme seiner Lehnen entgegen-
streckt. Man erkennt ihn an der selbstgenügsamen,
stillbehäbigen Art, in der die Möbel ihr Ornament
zur Schau tragen. Man erkennt ihn an diesem
Ornamente selbst, das in solcher Weise von keinem
anderen Möbelkünstler verwandt zu werden pflegt.
Man erkennt ihn an der Behaglichkeit des Ge-
samteindruckes, der sich einen kleinen Einschlag
von der zurückhaltenden Kühle der älteren deut-
schen Bürgerwohnung bewahrt hat. Eine Reihe
J.UDWIG HOHLWKIN—MÜNCHEN, Bank für Grundbesitz—München. Schalterraum. Braun-
gebeizte Föhre, aufgemaltes Ornament. Möbelfüllungen
japanische Matten, Wandbespannung altgold, Uhr Eisen
getrieben. Ausführung: Schreinermeister Doli—München,
seine Möbelkunst sei nicht derart, dass sie uns in
ihren Leistungen sogleich ihren geistigen Urheber
nenne. Mit anderen Worten heisst das: ihr fehlt
die Individualität. Das ist jedenfalls das einfachste
Mittel, den Schwierigkeiten der Individualisierung
aus dem Wege zu gehen. Der Künstler freilich
trägt dabei sämtliche Kosten.
Mir scheint demgegenüber, dass Hohlweins
Handschrift in seinen Schöpfungen recht deutlich
ausgeprägt ist und dass sie leicht agnosziert werden
kann. Sonst hätte der Künstler wohl kaum mit
seinen 31 Jahren bereits einen so schönen, an
Arbeit und Erfolgen reichen Weg zurückgelegt,
wie es tatsächlich der Fall ist.
Es ist wahr, Hohlwein verleugnet seine Lehr-
meister nicht. Von Wien und von England hat
er sich anregen lassen, aber diese Anregungen
sind künstlerisch verarbeitet und überwunden
worden. Was uns jetzt aus einem Hohlweinschen
Räume anspricht, ist nicht mehr Wien oder England,
es ist gute deutsche Kunst Hohlweinschen Ge-
präges. Ja, bei näherem Zusehen glaubt man sogar
die rheinische Mischung von alter Kultur und
wohltuender, ewig junger Realistik daran zu
erkennen. Denn Hohlwein ist ein Rheinländer, Wies-
badener von Geburt, und wer den Rhein kennt,
der weiss, dass bei seinen Menschen jene Mischung
von Verfeinerung und Derbheit stets anzutreffen ist.
Kein Zweifel, Hohlweins Handschrift ist deut-
lich und leicht zu lesen. Man erkennt einen Hohl-
weinschen Raum sofort an der liebenswürdigen,
und doch spröden Geste, mit der ein Sessel dem
Eintretenden die Arme seiner Lehnen entgegen-
streckt. Man erkennt ihn an der selbstgenügsamen,
stillbehäbigen Art, in der die Möbel ihr Ornament
zur Schau tragen. Man erkennt ihn an diesem
Ornamente selbst, das in solcher Weise von keinem
anderen Möbelkünstler verwandt zu werden pflegt.
Man erkennt ihn an der Behaglichkeit des Ge-
samteindruckes, der sich einen kleinen Einschlag
von der zurückhaltenden Kühle der älteren deut-
schen Bürgerwohnung bewahrt hat. Eine Reihe
J.UDWIG HOHLWKIN—MÜNCHEN, Bank für Grundbesitz—München. Schalterraum. Braun-
gebeizte Föhre, aufgemaltes Ornament. Möbelfüllungen
japanische Matten, Wandbespannung altgold, Uhr Eisen
getrieben. Ausführung: Schreinermeister Doli—München,