DOI Artikel:
Schaukal, Richard von: Die Miet-Wohnung, [6]
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.12313#0236
228
INNEN-DEKORATION
HOF-MÖBELFABRIK A. BEMBE—MAINZ. Schlaf-Zimmer im englischen Geschmack.
DIE MIET-
(Fortsetzung aus
Das Material sei gediegen. Vor allem ordent-
liche feste Wände, breite Fenster (die »Höhe«
ist schon nicht mehr so einleuchtend), tüchtige Tür-
und Fensterstücke, und die Wände alle glatt ge-
strichen. Es ist Sache des Mieters, sie, wenn er
mag, mit Tapeten oder Stoffen zu behängen. Nicht
die Spur von »Schmuck«. Aber doch wohl eine
kleine Supraporte? Nein!! Nicht einmal eine mit dem
Lineal gezogene Borte, die den Ofenplatz umsäumt!
Nichts. Nüchternheit. Nur Räume, Licht, Luft,
und natürlich alles Mechanische, also Wasserleitungen
und Lichtleitungen,Telephon,Telegraph, Aufzug usw.
Freilich auch dies alles unbedingt Schema. Keine
schmiedeeisernen Aufzugkäfige (es kommen ja doch
19/20 — gußeiserne nach), keine Badewannen auf
vergoldeten Löwenklauen, keine »Renaissance«-
Spülgriffe. Sondern: alles materialecht und an-
gemessen. Das Badezimmer, der wichtigste Raum
des modernen Menschen (er sollte es wenigstens
sein, das ist ja, um des Himmels willen, unser
WOHNUNG.
dem Juli-Heft 1906.)
einziger wirklicher Vorzug vor dem Bewohner des
lieben alten Bürgerhauses, daß wir hygienische
Grundregeln eingetrichtert erhalten haben oder —
hätten erhalten können!), hell, also entweder weiß
lackiert oder mit weißen Kacheln ausgelegt (je
nach der »Schicht«, die hier wohnen soll), des-
gleichen das Klosett. Im Schlafzimmer die Bett-
wand mit den Fenstern in das richtige Verhältnis
gebracht und die Fenster selbst dort durchgebrochen,
wo sie ihren Schlafzimmerzweck: Luft, Luft, Luft
am besten erfüllen können, jedenfalls eher — unter
der Decke als in Kniehöhe.
Die anderen Zimmer je nach »Kategorie« der
Behausung verteilt. Genügend Zugänge. Das Vor-
zimmer keine licht- und luftlose Höhle, sondern ein
mit vielen Fenstern versehener Korridor, der etwa an
dem Hauptgang der Rückseite entlang führt. Die
Treppe praktisch; sie sei Euch kein Prunkanlaß zu
Kandelabern und Nischenpostamenten (mit zer-
brochenen Gipsfloren), sondern nichts als ein gestufter,
INNEN-DEKORATION
HOF-MÖBELFABRIK A. BEMBE—MAINZ. Schlaf-Zimmer im englischen Geschmack.
DIE MIET-
(Fortsetzung aus
Das Material sei gediegen. Vor allem ordent-
liche feste Wände, breite Fenster (die »Höhe«
ist schon nicht mehr so einleuchtend), tüchtige Tür-
und Fensterstücke, und die Wände alle glatt ge-
strichen. Es ist Sache des Mieters, sie, wenn er
mag, mit Tapeten oder Stoffen zu behängen. Nicht
die Spur von »Schmuck«. Aber doch wohl eine
kleine Supraporte? Nein!! Nicht einmal eine mit dem
Lineal gezogene Borte, die den Ofenplatz umsäumt!
Nichts. Nüchternheit. Nur Räume, Licht, Luft,
und natürlich alles Mechanische, also Wasserleitungen
und Lichtleitungen,Telephon,Telegraph, Aufzug usw.
Freilich auch dies alles unbedingt Schema. Keine
schmiedeeisernen Aufzugkäfige (es kommen ja doch
19/20 — gußeiserne nach), keine Badewannen auf
vergoldeten Löwenklauen, keine »Renaissance«-
Spülgriffe. Sondern: alles materialecht und an-
gemessen. Das Badezimmer, der wichtigste Raum
des modernen Menschen (er sollte es wenigstens
sein, das ist ja, um des Himmels willen, unser
WOHNUNG.
dem Juli-Heft 1906.)
einziger wirklicher Vorzug vor dem Bewohner des
lieben alten Bürgerhauses, daß wir hygienische
Grundregeln eingetrichtert erhalten haben oder —
hätten erhalten können!), hell, also entweder weiß
lackiert oder mit weißen Kacheln ausgelegt (je
nach der »Schicht«, die hier wohnen soll), des-
gleichen das Klosett. Im Schlafzimmer die Bett-
wand mit den Fenstern in das richtige Verhältnis
gebracht und die Fenster selbst dort durchgebrochen,
wo sie ihren Schlafzimmerzweck: Luft, Luft, Luft
am besten erfüllen können, jedenfalls eher — unter
der Decke als in Kniehöhe.
Die anderen Zimmer je nach »Kategorie« der
Behausung verteilt. Genügend Zugänge. Das Vor-
zimmer keine licht- und luftlose Höhle, sondern ein
mit vielen Fenstern versehener Korridor, der etwa an
dem Hauptgang der Rückseite entlang führt. Die
Treppe praktisch; sie sei Euch kein Prunkanlaß zu
Kandelabern und Nischenpostamenten (mit zer-
brochenen Gipsfloren), sondern nichts als ein gestufter,