Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 4,3): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Buchen und Adelsheim (Kreis Mosbach) — Tübingen [u.a.], 1901

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1388#0093

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
AMT BUCHEN. — SCHWEINBERG. 85



ist der Sockelstein mit der scharfen, wirkungsvoll zwischen dem beiderseitigen Bossen
vortretenden Kante, dieser findet sich genau ebenso an dem Berchfrit der Wert heim er
Burg (s. Erste Abtheilung dieses Bandes S. 214). Ein weiterer Vergleich mit diesem
wohl aus derselben Zeit (um das Jahr 1100) stammenden Thurme ergiebt für den Schwein-
berger in jeder Hinsicht bedeutendere Abmessungen und sorgfältigere Ausführung. Um
so mehr ist sein ruinöser Zustand zu bedauern, zugleich mit dem Verschwinden aller
übrigen Wehr- und Wohnbauten. Nur der erwähnte Rest eines ehem. Rundthurmes oder
Rondells im Zuge der Ringmauer vorn an der Ecke und daneben einige Spuren der
Letzteren sind noch vorhanden, alles Uebrige ist abgetragen, oder liegt unterm Rasen.
An dem Rundfhurme befindet sich auf einem Quader eine Menschenfratze mit der Jahres-
zahl \K62. (Ausgrabungen würden wohl noch die ehem. Ausdehnung ergeben, insofern
aber geringen Erfolg versprechen, als alles einigermassen brauchbare Baumaterial theils
bei dem jetzt auf der Burghöhe hinter dem Berchfrit stehenden Gutshofe, theils bei den
Gebäuden im Dorfe, sogar an der Kirche, Verwendung gefunden hat. Die Zerstörung
der Burgbauten scheint bis auf den Grund vorgenommen zu sein.)

An dem genannten Gutshofe oben auf der Burg fand der Verfasser vor einigen Doppelfenster
Jahren, und zwar auf dem Hofe an der Wand eines Schweinestalles eingemauert, eine
werthvolle Baureliquie des alten Schlosses. Es ist dies das auf Tafel V in Lichtdruck
wiedergegebene romanische Doppelfenster, ein Prachtstück mittelalterlicher Skulptur,
das auf Veranlassung des Verfassers in die Grossh. Alterthums-Sammlungen nach Karls-
ruhe gerettet worden ist. Offenbar handelt es sich um ein Palasfenster der ehemaligen
Burg, das wohl unter einem schützenden Vordach oder Erker durch seine auffällig reiche
Ausschmückung die Bedeutung des dahinter liegenden Raumes, vielleicht der Schloss-
kapelle, andeuten sollte. Dass das Fenster vom Schlosse stammt, unterliegt keinem Zweifel,
wenn auch die Fundumstände nicht mehr festzustellen sind. Die zeitliche Bestimmung fällt
nicht schwer. Das Rankenornament, das seinen Zusammenhang mit der Antike nicht
verleugnet, weist auf die Frühzeit des romanischen Stiles hin, ebenso auch die Unbe-
holfenheit im Arrangement und in der Zeichnung der kleinen Fabelthiere im obern Theile.
Es dürfte also aus der allerältesten Zeit der Burg (noch vor Mitte XII. Jhs.) stammen;
doch könnte auch die alterthümliche Formbehandlung auf mangelndes Können des Stein-
metzen zurückgeführt werden, der eine ältere Holzschneide-Vorlage, so gut es ging, in
Steinskulptur zu übertragen hatte. Ueber das XII. Jh. aufwärts dürfte dies hochbedeutende
Stück aber kaum zu setzen sein. Eine Verwandtschaft mit dem Rankenornament der
alten Wölchinger Grabplatten (s. Abth. I dieses Bandes S. 238) ist unverkennbar.

Das Fenster besteht aus fünf Stücken: dem Brüstungsstein, drei Pfeilern und dem
zweimal rundbogig ausgehöhlten Deckstein, der auf der linken Seite etwas weiter über-
greift, als auf der rechten. Dem Schnitzstil des Rankenornaments entsprechend, ist in den
Blattaugen häufige Verwendung des Bohrers zu erkennen. Eine Erklärung der Thierscene
dürfte kaum möglich sein. Wie so oft, handelt es sich lediglich um eine Konzession an
den acht mittelalterlichen Geschmack für derlei inusitatae et monstruosae formae (Dürer),
ohne dass ein bestimmter Vorgang ins Auge gefassi wurde. Auffällig ist nur, dass der
auf dem Kopfe stehende Drache, gegen den die beiden eberartigen Ungethüme ankämpfen,
nicht in der Mitte über dem Pfosten angebracht, sondern ohne sichtbaren Grund nach
links hin verschoben worden ist. Diese Gruppe wirkt fast wappenartig. Die beiden ge-
flügelten Thiere in den Ecken halten einen nicht recht erkennbaren Gegenstand im Schnabel.
 
Annotationen