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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Editor]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.1226#0024
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l8 KREIS HEIDELBERG

bestätigt haben, stammt dieser schöne gotische Erker vom Palas der Venningenschen
Burg Neidenstein (s. unten S. 77), wo die AbbruchsteHe in der Mauer des Saales im
Hauptgeschoß noch deutlich zu erkennen und das Gegenstück dazu noch an Ort und
Stelle dicht daneben vorhanden ist. An dem Erker sind gelegentlich der Überführung
oben im Friese eine Platte mit Spruchband, worauf die Jahreszahl 1569 steht (da
die Jahreszahl 1569 sich auch in Neidenstein am vorderen Torturm befindet [s. unten S. 71],
ist wahrscheinlich, daß diese Platte auch daher stammt) und an der Brüstung unter dem
dreigeteilten spätgotischen Fenster einVenningen-Frondsbergsches Allianz-
wappen eingelassen. Unter letzterem steht der Spruch:

IN GOTTES GNADEN HAND VND NAMEN
STEHE DISE EHLICHE ALTE STAMEN
DER WEL IN SCHVTZ VND SEGEN GEBEN
ALZEIT VND DORT DAS EWIG LEBEN. AMEN
Da dasselbe Wappen sich oberhalb des jetzigen Haupteinganges ins Erdgeschoß
eingemauert findet, und zwar mit der Jahreszahl 1510 (Näher hat 1570 gelesen, was
auch möglich ist), als Rest eines ehemaligen Torbogens, so ist damit auch die Zeit der
Entstehung dieser Tafel gegeben. Mit dem Erker haben beide nichts zu tun, da dieser
dem Wappen des Innern nach vor 1505 entstanden sein muß (s. unten S. 77). Das
Innere des Erkers, das unsere Abbildung Fig. 7 wiedergibt, zeigt am Schlußstein
des Kreuzgewölbes das Venningensche und vorn an der Stirn das Venningen-
Windeksche Allianzwappen {wie in Neidenstein). In der Wand rechts eine kleine
im Eselsrücken geschlossene Nische.

Auch sonst zeugt das Schloß von den sonderbaren Ansichten über die Bedeutung
historischer Steindenkmäler seitens des letzten Bewohners. So findet sich, außer dem
erwähnten Wappenstein über der Eingangstür, vorn am rechten Flügel im Hofe ein Teil
einer ehemaligen Brunneneinfassung in hübschen Renaissanceformen eingelassen,
mit der Jahreszahl 1596 und den von Engeln gehaltenen Wappenschilden des Franciscus
von Sickingen und dessen Ehegattin Amalia geb. von Rosenberg.

Weiterhin erblickt man an derselben Wand einen Venningenschen Wappen-
stein, der aus der ehemaligen katholischen Kapelle in Neidenstein stammen soll, über
der Kellertür eingelassen. Schließlich befindet steh im Innern, als Eingang zur jetzigen
»Plättstube«, an die der erwähnte gotische Erker angebaut erscheint, ein steinernes
Türgestell in guten Renaissanceformen vom Jahre 1569 (s. Fig. 8), dessen Herkunft
unbekannt ist. (Vielleicht stammt es auch aus Neidenstein, indem es dieselbe Jahres-
zahl aufweist, wie am Schriftband außen am Erker steht. Nach anderer Version sollen
beide Reste von der ehemaligen Kapelle stammen, die vorn links an der Brücke gestanden
und den jetzt freien Raum vor dem kurzen linken Flügel eingenommen hätte.)

Eine einschneidende Umgestaltung des Innern hat das Schloß unter dem Freiherm
Karl Philipp erfahren, der eine zeitgemäße Erneuerung im Sinne und Stile des
Barockzeitaiters vornahm. Sein Werk ist das in der Mitte des Querflügels gelegene,
vom Podest der zweiarmigen Freitreppe aus zugängliche Hauptportal, das sein Allianz-
wappen mit der Jahreszahl 1767 trägt, sowie die schöne barocke Haupttreppe im Stiegen-
haus, die in die beiden Obergeschosse führt. Besonders bemerkenswert an letzterer das
reiche, schöne Schnitzwerk sowohl am Geländer, als auch an der Untersicht der Trittstufen.
 
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