Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1226#0197
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
170 KREIS HEIDELBERG

ohne Kunstwert. Eine ebendort aufgestellte kleine reizende Figur, einen Mann im
Schlitzwams darstellend, soll von der ehemaligen Kanzel stammen.

Auf dem Platze bei der Kirche liegen im Freien innerhalb eines modernen Gitters
zwei große Grabsteine, deren Inschriften zurzeit kaum zu entziffern sind. Es handelt
sich um die:

i. große Grabplatte (w. S.) des 1501 verstorbenen Junker Eberhardt von
Gemmingen, der auf einem Schriftzettel oberhalb des die Mitte des Steines
zierenden Wappens als Stifter differ capeilen bezeichnet ist [wahrscheinlich
bezieht sich diese Angabe auf die Begräbniskapelle der Familie, die ähnlich
wie in Adelsheim bei der Jakobskirche (s. Abt. III Bd. IV S. 161) an der Nord-
seite der Kirche angebaut war und wahrscheinlich die meisten von den Grab-
steinen enthielt, die jetzt im Schloßhof und Garten stehen (s. unten S. 17 7 ff.)], und
2. große spätgotische Grabplatte (w. S.) eines Herrn von Gemmingen und
seines Sohnes Eberhardt, der als armiger bezeichnet ist. Die Jahreszahlen
sind nicht mehr leserlich infolge des Moosüberzuges, mit dem die ungeschützt
liegenden Steine bedeckt sind.
Von den drei Schlössern oder Burgen, die der Ort einst in sich schloß, ist nur
die untere Burg als Herrensitz erhalten, das jetzige Schloß. Die ehemalige obere
Burg, jetzt als Ökonomie hergerichtet, enthält nur noch das eine alte Gebäude: die
Kelter, und Reste der ehemaligen Umwehrung. Die ehemalige mittlere Burg, das
jetzige Rentamt, zeigt keine Spuren der alten Anlage mehr.

Das ehemalige Mittelschloß, jetziges Rentamt, war (nach Stock er) das älteste
und eigentliche Stammhaus derer von Gemmingen und ist vom Stammvater des ganzen
Geschlechtes, Hans von Gemmingen, von 1235 an bewohnt gewesen. Weder
vom »steinernen« noch vom »hölzernen« Hause, den beiden Hauptgebäuden der alten
Wasserburg, sind Reste erhalten. Das Rentamt, ein stattliches, aber schmuckloses massives
Gebäude, stammt der Jahreszahl über dem Kellerportal zufolge aus dem Jahre 1618.
Dieser Eingang Hegt auf der Giebelseite, ist schön profiliert und am Schlußstein mit dem
Allianzwappen Dietrichs von Gemmingen und seiner ersten Frau, einer geb.
von Reischach, verziert. [Nach Stocker (S. 70) ist dieser Dietrich Besitzer des
unteren Schlosses gewesen.]

Der sich unter dem ganzen Gebäude hinziehende Keller ist mit einem aus Sand-
steinquadern hergestellten, großartigen Tonnengewölbe überspannt. Links vom Eingange
befindet sich ein kleiner, etwas höher liegender Kellerraum, der wie der Rest eines
älteren Bauwerkes aussieht, mit einem später eingesetzten spätgotischen Fenster.

Das Portal an der I^ängsseite, in wenig schönen Barockformen gehalten, trägt die
Jahreszahl 1717. Schöner schmiedeeiserner Klopfer und Schlüsselschild an der gleich-
zeitigen Holztür. Am Giebel einer benachbarten älteren Scheuer finden sich zwei an-
scheinend barocke Fratzenköpfe (ehemalige Brunnenspeierr) eingemauert; darüber ein
dritter Kopf innerhalb einer fensterartigen Umrahmung.

Der Umfang der vermutlich von Dieter von Gemmingen um das Jahr 1274 er-
bauten ehemaligen oberen Burg läßt sich ungefähr noch verfolgen, da ein Teil der Um-
fassungsmauer nach Süden zu in einem Keltergarten noch vorhanden ist. Die sogenannte
„Kelterscheuer" an der nördlichen Grenze des Grundstückes enthält einen ebenso schön
gewölbten und großen Keller, wie das Rentamt, ist aber ein Menschenalter früher
 
Annotationen