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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Rosenhagen, Hans: Die Schwarz-Weiss-Kunst auf der Berliner und Münchener Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0068

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^=ft^> UBER SCHWARZ-WEISS-KUNST AUF AUSSTELLUNGEN 1905 <^=^-

aufallen Gebieten dergraphischen Künste voll- tivität ist dabei mehr und mehr um alles An-
zogen, und es ist gar nicht abzusehen, welche sehen gekommen und die akademische Kor-
Ueberraschungen den kommenden Generatio- rektheit direkt in Verruf. Der saubere Kontur
nen noch aufgespart sind. Als nächstes Ergeb- hat dem nervösen Strich Platz gemacht und
nis dieser Bewegung läßt sich eine Emanzipa- ein Schattieren in Strichlagen wagt schon nie-
tion der zeichnenden Künste konstatieren, wie mand mehr, außer etwa der Radierer. Dagegen
sie noch nie da war. Die Zeichnung, die in sind alle Errungenschaften der Malerei auf die
früheren Jahrhunderten nur als Vorstufe Zeichnung projiziert worden, von der Wieder-
für wichtigere Arbeiten galt und hauptsächlich gäbe luminaristischer und atmosphärischer Er-
als Studie oder Notiz diente, ist Selbstzweck scheinungen und Vorgänge bis zum Neo-Im-
geworden. Während Maler und Radierer ehe- pressionismus. Der Stift des Zeichners nimmt
mals nur zeichneten, um einen Eindruck oder es an Zartheit oder Breite mit dem Pinsel des
einen Einfall festzuhalten oder um die Wir- Malers auf. Enorme Fortschritte sind nach der
kungen von Kompositionen zu versuchen, und Seite der Vereinfachung gemacht worden. Man
das Produkt dieser Tätigkeit als Dokument ihrer wünscht vor allem, suggestiv zu wirken,
künstlerischen Persönlichkeit kaum wichtig Die erstaunlichsten Ergebnisse dieser Ver-
nahmen, ist der moderne Künstler bewußt be- einfachungsbestrebungen finden sich freilich
strebt, in der Zeichnung ein für sich lebens- in den verschiedenen graphischen Techniken,
fähiges Stück Kunst und einen Ausdruck seines Es haben sich besondere Stilformen aus den
Wesens zu geben. In seiner Arbeit soll sein natürlichen Bedingungen des Materials ergeben.
Können, sein Empfinden, seine besondere Art, So beim Holzschnitt und bei der Lithographie,
sich den Dingen zu nähern und sie anzupacken, Diese will nicht mehr dem Gemälde, jener
vollkommen zu erkennen sein. Die Objek- nicht mehr der Radierung Konkurrenz machen.

WILHELM JAKOB HERTLING ABEND IN FRANKEN (KREIDEZEICHNUNG)

IX- Internationale Kunstausstellung München 1905

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