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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Werner, H.: Anselm Feuerbach und Karlsruhe
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ANSELM FEUERBACH UND KARLSRUHE

Von H. Werner

I

m ersten Oktoberheft des XIX. Jahrganges Nun werden meine kurz zusammengefaßten
der „Kunst für Alle" habe ich noch vor Behauptungen in einer neuen Schrift von
dem Erscheinen der Neuauflage des Allgeyer- A. von Oechelhäuser, „Aus Anselm Feuer-
schen Werkes über Anselm Feuerbach von bachsJugendjahren"*) nachdrücklich bestätigt,
dem Ergebnis einer Vergleichung der be- Der Verfasser behandelt die Beziehungen
kannten Buchausgabe des „Vermächtnis" mit Feuerbachs zu Karlsruhe, also ein ganz be-
den von der Berliner Nationalgalerie aufbe- sonders wichtiges, und nach der Darstellung
wahrten Originalaufzeichnungen und -Briefen des „Vermächtnis" und der Allgeyerschen
berichten dürfen. Der kleine Aufsatz hat in Biographie besonders trauriges Kapitel.
Kürze nachgewiesen, inwiefern die bekannte Die Absicht, das Verhalten des badischen
sogenannte Selbstbiographie Feuerbachs nicht Hofes und der in Kunstfragen maßgebenden
sein, sondern der Mutter Werk genannt Persönlichkeiten, vor allem des Kunstschul-
werden kann. Im übrigen hat er das Mar- direktors Schirmer und des Hoffinanzrates
tyrium der Künstlerlaufbahn des Meisters Kreidel, gegen Feuerbach zu verteidigen, leitet
bestätigt, aber — im Gegensatz zu Allgeyei ihn. Man mag durch die Erkenntnis dieser
und der populären Auffassung—sein trauriges deutlich hervortretenden Tendenz noch so
Lebensschicksal, die Vereinsamung und die skeptisch gegen seine Ausführungen gestimmt
Verdüsterung seines Sinnes aus der Unglück- sein, es ist unmöglich, sich dem Eindruck
liehen Eigenart seinerPersönlichkeit und seines seiner Veröffentlichungen aus dem Brief- und
krankhaft nervösen Temperamentes erklärt. Urkundenmaterial der Generalintendanz der

großherzoglichen Zivilliste zu ent-
ziehen.

Darnach ist allerdings die allgemein
verbreitete Auffassung und Darstellung
des Verhaltens der in Betracht kom-
menden Karlsruher Kreise - - die Per-
sönlichkeit K. Fr. Lessings ausgenom-
men — ganz falsch. Allgeyer war ein-
mal aus Unkenntnis der von Oechel-
häuser zum ersten Male benutzten und
gedruckten Briefe nicht in der Lage,
den wahren Sachverhalt zu schildern,
dann hat ihn aber auch seine Erbitte-
rung gegen alles, was mit Karlsruhe in
Verbindung stand, in falsche Bahnen
gedrängt. Er ist in der zweiten Auflage
seines Buches über den bewunderten
Freund in vieler Hinsicht mehr dessen
fanatischer Apostel als sachlich prüfen-
der und darstellender Historiker. Es
ist schmerzlich, aus Oechelhäusers
Nachweisen zu erkennen, wie einseitig
und willkürlich er in einzelnen Fällen
mit den Feuerbach-Manuskripten der
Nationalgalerie und mit ihrem Druck
in seinem Werk verfahren ist, wenn
deren Inhalt und Wortlaut sich nicht
seiner Absicht fügten.

Für zwei Männer bedeutet das neue
Buch geradezu eine Ehrenrettung ge-
genüber den erhobenen Anklagen, für
Schirmer und Kreidel. Der in der

emil orlik des künstlers mutter *) Leipzig 1905 (E. A. Seemann).

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