«*=4sö> AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS
und Praxis die Romantiker zuweilen. Viel- Und einige pastellieite Porträts von jungen Bäue-
leicht kann man auch solche Verse als die rin"en im Schmuck.e der altertümlichen Taufhauben
...__. _ ,-, - j/^ji . r- verdienen kein geringeres Lob. weniger Eindruck
„poetische" Poesie der Gedanken- und Emp- machen Krauses Landschaften, weil die Natur ohne
findungspoesie gegenüberstellen. Schwerlich Menschen den jungen Maler offenbar nicht besonders
wird die Menschheit übereinkommen, darum lebhaft anzieht. Man kann nur wünschen und hoffen,
den überwiegend größten Teil aller Dichtung daßernichtnachläßr.sonderninRuhefortschreitetauf
c- ... i, . , .... .. . . dem eingeschlagenen Wege. Die großen Positionen
für unkunstlensch zu erklaren, weil s.e einen in der Käunst w|rden nic§, durcn|,ückiiche Zufälle
Inhalt hat. Und mit der Malerei wird es sich gewonnen — sie wollen in ernster Arbeit errungen
wohl ähnlich verhalten. sein. Weniger günstig als Krause führt sich ein
anderer Debütant, der Bildhauer Hans Harry Lieb-
mann ein, der sich Adolf Hildebrand und Volkmann
zu Führern erkoren. Seiner Bildnisbüste des Herrn
_ __. . A. kann man nachsagen, daß sie gut auf Licht- und
AUS DEN BERLINER KUNST-SALONS Schattenwirkungen hin gemacht ist. Die Reliefs und
ein Wandbrunnen >Badende« sind schwächliche und
]V4an ist in der letzten Zeit ein wenig bedenklich zum Teil süßliche Leistungen. Hans Bohrdt
geworden, von jungen unbekannten Künstlern produziert die Ergebnisse einer Island- und Nord-
ais von Talenten zu sprechen, weil die Erfahrung landreise, unter denen sich, wenn auch keine künst-
lehrt, daß den ersten, höchst gelungenen Werken lerische Großtat, so doch manches sympathische
dieser Künstler in den weitaus meisten Fällen ganz Bild findet. Das Hauptinteresse in dieser Ausstel-
schwächliche Leistungen folgen und daß das in der lung beansprucht ein großer Saal voller Zeichnungen
Regel zu früh und zu kräftig gespendete Lob der und Bilder Adolf Oberländer's. Er enthält nicht
Kritik an dieser Erscheinung viel Schuld trägt. Und viel Unbekanntes, aber eine stattliche Zahl der aller-
trotzdem: Im Künstlerhause produziert sich ein besten Schöpfungen dieses einzigen Künstlers, der
neues Talent, der Maler William Krause aus als Zeichner wie als Humorist die stärkste Be-
Dresden. Das Beste an seinen Leistungen ist wunderung verdient und seit langem erntet. Ar-
eine natürliche Frische der Anschauung und des beiten wie der >Konzertbildhauers »Contre im Ge-
malerischen Ausdrucks, verbunden mit einem ge- fängnis«, Gotiker und Renaissancier<, >Hagenbeck
sunden Können, und ein gewisser kräftiger Erd- kommt< u. a. sind in ihrer Art vollkommen klassisch
geruch. Krause sucht die Stoffe für seine und ganz gewiß bedeutender als Oberländers Bilder,
Bilder im Spreewald, wo immer noch minde- weil der Maler, wenn man vom Inhaltlichen absieht,
stens ebensoviel originelles Volkstum zu finden ungleich schwächer ist als der Zeichner. Aber es
ist wie in Dachau. Sahen frühere Maler, wie etwa gibt hier nichts zu kritisieren. Die deutsche Kunst
der Spreewald-Burger in den Wasserdörfern bei darf stolz sein auf die außerordentliche Persönlich-
Lübben nur das Ethnographische und Genrehafte, keit, die Oberländer ist, und das Künstlerhaus tat
so geht Krause mehrdem eigent-
lich Malerischen nach, ohne bei
seinen Schilderungen auf die
Vorteile zu verzichten, die eigen-
artige Trachten und Gebräuche
an sich bieten. Er läßt die Spree-
waldleute in ihren seltsamen
Kleidern beim Kirchgang, im
Hochzeitszug, bei einem Lei-
chenbegängnis und am stillen
Herd sehen, sucht ihr Wesen,
ihre Stimmungen zu schildern,
und auch die Natur, in der sie
leben. Seine Leistungen sind
nicht alle gleichwertig; aber
einige davon, wie das Interieur
Am Spinnrad« mit dem alten
Bauernpaar; die Freilichtdar-
stellung >Ich gehe dahin des
Weges, den ich nicht wieder-
kehren werde« mit denjn ihre
weißen, mantelartigen* Kopf-
tücher gehüllten Bäuerinnen,
die einem von blauberockten
Bauern getragenem Sarge fol-
gen; die an einem hellen Sonn-
tagsmorgen über eine grüne
Wiese wandelnden drei Kirch-
gängerinnen, sind Bilder, die
sich, trotz der malerischen Ab-
sichtlichkeit auf den hübschen
Akkord der bayerischen Landes-
farben in dem Begräbnisbilde,
als ehrliche, tüchtige und selbst-
ständige Leistungen sofort an-
genehm zu erkennen geben. h. von habermann dasmodell
Die Kunst für Alle XXI.
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30
und Praxis die Romantiker zuweilen. Viel- Und einige pastellieite Porträts von jungen Bäue-
leicht kann man auch solche Verse als die rin"en im Schmuck.e der altertümlichen Taufhauben
...__. _ ,-, - j/^ji . r- verdienen kein geringeres Lob. weniger Eindruck
„poetische" Poesie der Gedanken- und Emp- machen Krauses Landschaften, weil die Natur ohne
findungspoesie gegenüberstellen. Schwerlich Menschen den jungen Maler offenbar nicht besonders
wird die Menschheit übereinkommen, darum lebhaft anzieht. Man kann nur wünschen und hoffen,
den überwiegend größten Teil aller Dichtung daßernichtnachläßr.sonderninRuhefortschreitetauf
c- ... i, . , .... .. . . dem eingeschlagenen Wege. Die großen Positionen
für unkunstlensch zu erklaren, weil s.e einen in der Käunst w|rden nic§, durcn|,ückiiche Zufälle
Inhalt hat. Und mit der Malerei wird es sich gewonnen — sie wollen in ernster Arbeit errungen
wohl ähnlich verhalten. sein. Weniger günstig als Krause führt sich ein
anderer Debütant, der Bildhauer Hans Harry Lieb-
mann ein, der sich Adolf Hildebrand und Volkmann
zu Führern erkoren. Seiner Bildnisbüste des Herrn
_ __. . A. kann man nachsagen, daß sie gut auf Licht- und
AUS DEN BERLINER KUNST-SALONS Schattenwirkungen hin gemacht ist. Die Reliefs und
ein Wandbrunnen >Badende« sind schwächliche und
]V4an ist in der letzten Zeit ein wenig bedenklich zum Teil süßliche Leistungen. Hans Bohrdt
geworden, von jungen unbekannten Künstlern produziert die Ergebnisse einer Island- und Nord-
ais von Talenten zu sprechen, weil die Erfahrung landreise, unter denen sich, wenn auch keine künst-
lehrt, daß den ersten, höchst gelungenen Werken lerische Großtat, so doch manches sympathische
dieser Künstler in den weitaus meisten Fällen ganz Bild findet. Das Hauptinteresse in dieser Ausstel-
schwächliche Leistungen folgen und daß das in der lung beansprucht ein großer Saal voller Zeichnungen
Regel zu früh und zu kräftig gespendete Lob der und Bilder Adolf Oberländer's. Er enthält nicht
Kritik an dieser Erscheinung viel Schuld trägt. Und viel Unbekanntes, aber eine stattliche Zahl der aller-
trotzdem: Im Künstlerhause produziert sich ein besten Schöpfungen dieses einzigen Künstlers, der
neues Talent, der Maler William Krause aus als Zeichner wie als Humorist die stärkste Be-
Dresden. Das Beste an seinen Leistungen ist wunderung verdient und seit langem erntet. Ar-
eine natürliche Frische der Anschauung und des beiten wie der >Konzertbildhauers »Contre im Ge-
malerischen Ausdrucks, verbunden mit einem ge- fängnis«, Gotiker und Renaissancier<, >Hagenbeck
sunden Können, und ein gewisser kräftiger Erd- kommt< u. a. sind in ihrer Art vollkommen klassisch
geruch. Krause sucht die Stoffe für seine und ganz gewiß bedeutender als Oberländers Bilder,
Bilder im Spreewald, wo immer noch minde- weil der Maler, wenn man vom Inhaltlichen absieht,
stens ebensoviel originelles Volkstum zu finden ungleich schwächer ist als der Zeichner. Aber es
ist wie in Dachau. Sahen frühere Maler, wie etwa gibt hier nichts zu kritisieren. Die deutsche Kunst
der Spreewald-Burger in den Wasserdörfern bei darf stolz sein auf die außerordentliche Persönlich-
Lübben nur das Ethnographische und Genrehafte, keit, die Oberländer ist, und das Künstlerhaus tat
so geht Krause mehrdem eigent-
lich Malerischen nach, ohne bei
seinen Schilderungen auf die
Vorteile zu verzichten, die eigen-
artige Trachten und Gebräuche
an sich bieten. Er läßt die Spree-
waldleute in ihren seltsamen
Kleidern beim Kirchgang, im
Hochzeitszug, bei einem Lei-
chenbegängnis und am stillen
Herd sehen, sucht ihr Wesen,
ihre Stimmungen zu schildern,
und auch die Natur, in der sie
leben. Seine Leistungen sind
nicht alle gleichwertig; aber
einige davon, wie das Interieur
Am Spinnrad« mit dem alten
Bauernpaar; die Freilichtdar-
stellung >Ich gehe dahin des
Weges, den ich nicht wieder-
kehren werde« mit denjn ihre
weißen, mantelartigen* Kopf-
tücher gehüllten Bäuerinnen,
die einem von blauberockten
Bauern getragenem Sarge fol-
gen; die an einem hellen Sonn-
tagsmorgen über eine grüne
Wiese wandelnden drei Kirch-
gängerinnen, sind Bilder, die
sich, trotz der malerischen Ab-
sichtlichkeit auf den hübschen
Akkord der bayerischen Landes-
farben in dem Begräbnisbilde,
als ehrliche, tüchtige und selbst-
ständige Leistungen sofort an-
genehm zu erkennen geben. h. von habermann dasmodell
Die Kunst für Alle XXI.
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