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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Uhde-Bernays, Hermann: Die Kunstausstellung in Mailand 1906
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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal- u. Atelier-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0461

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-^4sö> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN

sitzt jeder Italiener eine sichere Intuition für das einer allzu schwülen Sinnlichkeit der Sinn für die
Charakterisierende. Reinheit der Linie verloren gegangen ist, steht wie

Der Krebsschaden ist der Hang zum Sensatio- schon seit Jahren Mengarini an erster Stelle. Auch
nellen, zum Allegorieren und Symbolisieren. Natür- die Plastik schwankt noch zwischen dieser Sinn-
lich nur auf kolossalem Format, meist 4:5 Meter und lichkeit und lebloser Starrheit. Sonst zeigt sich ein
mehr. Da ist eine Riesenleinwand >Im Irrenhause«, vergebliches Bemühen, von dem Akademismus der
die an Panoptikumsstimmung nichts zu wünschen letzten Jahrzehnte loszukommen. So wird es wirk-
übrig läßt, da sind historische Szenen aus allen lieh einmal Zeit, mit nachdrücklichem Ernst nament-
Jahrhunderten und allen Gebieten der italienischen lieh der jungen Mannschaft Italiens ins Ohr zu
Geschichte. Das Symbolische gefällt besonders. rufen, daß ars et labor gut zusammenklingen, aber
>Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Bil- nicht ars et otium. Dr. Uhde-Bernays

der sieht, es müsse sich dabei doch auch was denken
lassen«.

Unter den einzelnen Landschaftern sind Cairati VON AUSSTELLUNGEN

— das Bild hing im Vorjahr im Glaspalast— und Fra- um im/t-h

Giacomo zu nennen. Casciaro stellt eine ganze UND SAMMLUNGEN

Wand sicher gearbeiteter Studien aus. Der tempera-
mentvolle Napolitaner hat sie mit glitzernder Technik DERLIN. Eine Ergänzung zur Deutschen Jahr-
hingemalt, und anspruchslos wie sie sind, dienen hundert-Ausstellung bildet in Ed. Schuttes Kunst-
sie ihrem Zwecke vollkommen — wie warme Sem- salon die Vorführung einer Reihe von Arbeiten
mein verkauft zu werden. Unsere Deutschen in des 1868 kaum sechsunddreißigjährig verstorbenen
Rom, Brioschi, Roeder, Knüpfer, halten sich in Mecklenburger Malers Otto Dörr, dessen Bild
allzu bescheidenen Grenzen. Bei den Aktstudien, >Bonnats Atelier« mit dem afrikanischen Aktmodell
die der Italiener nicht malen kann, da ihm über als Mittelpunkt wohl keinem Besucher der National-
galerie entgangen ist. Erweckt
schon dieses Bildchen die gün-
stigste Meinung von den Gaben
des Künstlers und seinem ge-
sunden Instinkt für das eigent-
lich Malerische, so findet man
hier auch unter seinen Porträts
ganz erstaunliche Sachen, die
in Dörr einen seiner Zeit stark
vorangeeilten Künstlererkennen
lassen. Da ist das Bildnis seiner
blondgelockten Gattin als grande
dame in ganzer Figur in einem
grauen Kostüm mit ein wenig
Korallenrot, mindestens so gut
wie das beste Porträt von Magnus
und ganz entzückend als Ge-
schmacksäußerung. Ferner das
auf ein ganz zartes Grau ge-
stimmte ovale Bildnis seines
Vaters, das sehr lebendige Por-
trät einer Frau von Stein — weiße
Toilette mit herabgesunkenem
dunkelblauen Umhang — gegen
Grau und als bewundernswer-
testes das Bildnis einer Frau
Schöps, ebenfalls in Weiß mit
schwarzem Umhang gegen eine
rote Tapete. Dieser Dörr war
nach diesen Porträts nicht nur
ein guter Zeichner und ge-
schmackvoller Maler, sondern
auch ein glänzender Charakte-
ristiker, der seine Jahre in Paris
gründlich zum Lernen benutzt
hat. Sein Bild, drei Schimmel
und ein paar französische Dra-
goner vor einer Stallwand unter
blauem Himmel läßt an Fro-
mentin denken, ist aber kräfti-
ger, leuchtender, und zeigt für
die Zeit — 1857 — als Freilicht-
darstellung eine merkwürdig
fortschrittliche Gesinnung. Vor-
züglich wirkt auch das Interieur
eines mecklenburgischen Bau-
ernhauses, und ein paar Land-
m. vuillard dekoratives Gemälde schaffen erfreuen durch ihre

Ausstellung der Berliner Sezession gesunde frische Farbengebung.

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