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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Rosenhagen, Hans: Aus den Berliner Kunstsalons
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0082

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AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS

F\er Beginn der herbstlichen Berliner Kunstsai- Vorwurf gemacht werden. Er nahm eben, was ge-
son sieht zum Teil aus wie eine Demonstration rade erhältlich war, außerdem sind auch die minder-
gegen Meier-Gräfe. Schulte bringt eine Böcklin-, wertigen Schöpfungen Böcklins heute Kostbarkeiten,
der wieder ins Berliner Kunstleben eingreifende Der Wert der Sammlung beruht indessen nicht im
Salon Fritz Gurlitt eine Thoma-Ausstellung. So letzten Grunde darin, daß sie Werke aus den wich-
wenig diese Vorführungen die Meinungen der ernst- tigsten Schaffensperioden des Künstlers enthält,
haften Leute beeinflussen werden und können — Sie zeigt Böcklin mit 21 Werken (17 Gemälden,
für das große Publikum haben sie unter den ge- 3 Aquarellen, 1 Kohlezeichnung) aus den Jahren 1864
gebenen Umständen den immer wirksamen Reiz der bis 1888. Für die historische Betrachtung hat natür-
Aktualität. Der eigentliche Gewinn liegt freilich lieh jede einzelne Leistung ihren besonderen Wert,
darin, daß den Kunstfreunden eine Anzahl von vom künstlerischen Standpunkt aus wird man aller-
Werken gezeigt werden, die hier völlig oder doch dings stark unterscheiden müssen. Die große Künst-
so gut wie unbekannt sind. Im übrigen liefern lerschaft Böcklins äußert sich in der »Italienischen
beide Vorführungen Meier-Gräfe nicht weniger Be- Villa im Frühling« (1875-80), in dem Bilde >Am
weismaterial für seine Behauptungen als den Geg- Quell« (1879), in der >Frühlingsstimmung« (1874)
nern seiner Ansichten für ihre Entrüstung über und in dem »Sturm am Meer« (1877—79) wohl am
diese. Es läßt sich also annehmen, daß dieser sinnfälligsten. Einige Werke, wie das als Malerei
von beiden Seiten mit zu großer Voreingenommen- völlig verquälte »Selbstbildnis« (Ende der siebziger
heit geführte Streit durch die Ausstellungen nur Jahre) oder das steife hölzerne »Adagio« (1873) geben
neuen Stoff, aber keinen Abschluß erhalten wird. fast nur die Schwächen des Malers. Andere, wie die
In Ed. Schuttes Salon sind die Schätze der reich- »Idylle« (1875) mit dem zwischen zwei ruinenhaften
sten privaten Böcklinsammlung ausgestellt, nämlich Säulen stehenden, flötenden Pan, die »Hochzeits-
die Bilder aus der Galerie des Freiherrn M. von reise« (1875), »Sieh, es lacht die Au!« (1887) und
Heyl-Darmstadt. Wenn dieser auch nicht den Ruhm »Die Heimkehr« 1888) sind zwar sehr charakteri-
beanspruchen kann, als Förderer des einzigen Künst- stisch für des Künstlers Art, haben aber neben
lers genannt zu werden, so verdient doch sein großen Schönheiten auch erhebliche Mängel. Wieder
sicherer Blick für die Bedeutung des Meisters An- andere, wie die »Vestalin« und der süßliche »Liebes-
erkennung. Als Herr von Heyl diese Bilder erwarb, frühling«, den bis auf den entzückenden Putten-
gehörte noch sehr viel eigene Lieberzeugung dazu, reigen auch irgend ein englischer Publikumskünstler
sie für die Werke eines großen Künstlers zu halten. gemalt haben könnte, sagen wenig Gutes von Böcklin.
Dieser feine Instinkt für das Außerordentliche ist Die »Geburt der Venus« (1869) erreicht die bekann-
in Deutschland zu selten, als daß man Herrn von tere kleinere Fassung weder an Kraft des Ausdrucks,
Heyl nicht als leuchtendes Beispiel für alle Samm- noch an Reiz der Farbe; aber sie ist bemerkens-
ler von zeitgenössischen Kunstwerken hinstellen wert durch die für jene Zeit ungewöhnliche Heilig-
müßte. Daß sein Besitz nicht aus lauter Haupt- keit der Farbe und eine durch Lufttöne erreichte
und Meisterwerken besteht, darf ihm nicht zum Harmonie, während die 1872 enstandene, formal

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