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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Werner, H.: Anselm Feuerbach und Karlsruhe
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0124

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St,i.il......<■ Musnon

zu Berlin

^=*g> ANSELM FEUERBACH UND KARLSRUHE <&Z~v-

Urschrift des „Vermächtnis" maßlos ge-
schmähte Schirmer hat in Wahrheit Feuer-
bachs Entwicklung mit wirklich tiefem In-
teresse und voller Anerkennung seines Ta-
lentes verfolgt und ist für ihn eingetreten,
wo er nur konnte. Für die Ablehnung des
Aretino-Ankaufes und der „Versuchung des
heiligen Antonius" kann ihm die Verant-
wortung nicht aufgebürdet werden. Durch
ihn angeregt, hat Feuerbach sich um das
Italienstipendium beworben und auf sein
empfehlendes Gutachten hin hat er es er-
halten. Und welch aufrichtige Freude spricht
aus dem nach Eintreffen der Assuntakopie
aus Venedig an die Mutter gerichteten Glück-
wunsch! Daß Schirmer damit kein unwür-
diges Komödienspiel trieb, beweist am besten
der Wortlaut seines amtlich erstatteten Be-
richtes über das Werk seines Schützlings
und sein aus freiem Antrieb gestellter Antrag
auf Erneuerung des Stipendiums.

Auch Kreidel ist keineswegs der kleinliche
Bureaukrat und schleichende Intrigant, als
der er geschildert worden ist. Er hat freilich
wohl kein tiefes Kunstverständnis besessen,
hat sich über den Horizont des korrekten
Beamten nicht zu erheben vermocht, aber der

recht ausgedehnten Inanspruchnahme seiner
Verwendung für den Künstler — durch diesen
selbst und durch die Mutter an seiner Statt —
ist er stets mit der gleichen Gefälligkeit und
Freundlichkeit begegnet. Frau Feuerbach hat
dies auch immer anerkannt. Auch in der
berüchtigten Angelegenheit der angeblich un-
vermittelt erfolgten Kündigung des Stipen-
diums für Italien treffen ihn die erhobenen
Vorwürfe mit Unrecht. Die Form seines den
Aufenthalt Feuerbachs in Venedig abschließen-
den Schreibens war allerdings ungeschickt und
rein bureaukratisch. Aber anderseits geht
doch auch aus den mitgeteilten Aktenstücken
und Briefen unzweifelhaft hervor, daß der
Künstler in seiner zwischen Ueberschweng-
lichkeit und Verzweiflung stets hin und her-
schwankenden Sinnesart sich ohne jede Be-
rechtigung in Erwartungen und Hoffnungen
hineingeredet hatte, an deren Erfüllung ein
ruhig urteilender Mensch kaum denken konnte.
Nur einer aus dem Karlsruher Hof- und
Künstlerkreis kommt auch in Oechelhäusers
unumwundener Darstellung schlecht weg, das
ist Galeriedirektor K. Fr. Lessing. Sein ver-
öffentlichtes „sachverständiges" Gutachten
über Feuerbachs Bild „Dante im Gespräch

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