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zu Berlin
-*=4sg> ÜBER SCHWARZ-WEISS-KUNST AUF AUSSTELLUNGEN 1905 <§^~
LUDWIG WILLROIDER LANDSCHAFT (ZEICHNUNG)
IX. Internationale Kunstausstellung München 1905
bildmäßigen Anlage, auch im Sinne der gra- Das gilt bedingungsweise auch für Oskar
phischen Kunst eine vortreffliche Leistung ist. Graf-Freiburg's „Gebet vor der Schlacht"
Vielleicht darf man überhaupt keine feste (Abb. S. 60). Der Künstler leistet im Tech-
Grenze zwischen Schwarz-Weiß-Kunst und nischen meist Vorzügliches; aber in der Ab-
Malerei ziehen. Die Holberg-Illustrationen sieht, seinen Schöpfungen einen tieferen see-
des Dänen H. Tegner (Abb. S. 63) wirken so lischen Inhalt zu geben, gerät er fast immer
farbig, daß sie Gemälde sein könnten und be- in eine üble Theaterei, die seine in der An-
friedigen doch durch die Qualitäten der Zeich- läge in der Regel künstlerischen Arbeiten
nung, was besonders für die hier wiederge- schließlich doch um ihren künstlerischen Wert
gebene kleine Schlußvignette gilt. Der ver- bringt. Denn, wenn das Inhaltliche prätenziös
mutlich durch Zahrtmann vermittelte Einfluß auftritt, bildet es selbstverständlich auch einen
Menzels auf den Künstler ist übrigens unver- wesentlichen Faktor für die Beurteilung,
kennbar. Im letzten Grunde ein Bild ist Die neuen Ausdrucksformen, welche die
auch Maximilian Dasio's Lithographie „Die moderne Graphik sich erobert hat, sind natür-
Sünde" (Abb. S. 66), aber zu unruhig und lieh kein Grund, die älteren Ausdrucksformen
unsicher in der Verteilung von Hell und gering zu schätzen. Wenn man bei Pieter
Dunkel und in der Linienführung, um als Dupont's „Arbeitspferden" (Abb. S. 58) auch
graphische Leistung Anerkennung zu ver- sofort an Dürer erinnert wird — man empfindet
dienen. Die Idee allein macht es eben nicht, darum nicht geringere Hochachtung vor einem
Den Forderungen der Graphik gerecht werden Künstler, der die Technik so gut beherrscht
trotz ihrer ebenfalls mehr malerischen Haltung wie irgend einer der alten großen Stecher und
auch der strickende Alte von Hedwig Hauck seine Modernität dabei durch die schärfste
(Abb. S. 70), die Dachauer Landschaft von Beobachtung der Natur beweist. Das ist doch
Anna Paschen (Abb. S. 72) und der Kegel- Ewigkeitskunst im Gegensatz zu der amüsan-
junge „Alle neun!" (Abb. S. 54) von Paul ten und leichten Gegenwartskunst, die etwa
Leuteritz. Allerdings ohne sonst rühmens- Knut Hansen produziert. Und wenn anderer-
werte Qualitäten oder Eigenart aufzuweisen, seits auch Hans Meyer im Sinne der klassi-
Die Kunst für Alle XXI.
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zu Berlin
-*=4sg> ÜBER SCHWARZ-WEISS-KUNST AUF AUSSTELLUNGEN 1905 <§^~
LUDWIG WILLROIDER LANDSCHAFT (ZEICHNUNG)
IX. Internationale Kunstausstellung München 1905
bildmäßigen Anlage, auch im Sinne der gra- Das gilt bedingungsweise auch für Oskar
phischen Kunst eine vortreffliche Leistung ist. Graf-Freiburg's „Gebet vor der Schlacht"
Vielleicht darf man überhaupt keine feste (Abb. S. 60). Der Künstler leistet im Tech-
Grenze zwischen Schwarz-Weiß-Kunst und nischen meist Vorzügliches; aber in der Ab-
Malerei ziehen. Die Holberg-Illustrationen sieht, seinen Schöpfungen einen tieferen see-
des Dänen H. Tegner (Abb. S. 63) wirken so lischen Inhalt zu geben, gerät er fast immer
farbig, daß sie Gemälde sein könnten und be- in eine üble Theaterei, die seine in der An-
friedigen doch durch die Qualitäten der Zeich- läge in der Regel künstlerischen Arbeiten
nung, was besonders für die hier wiederge- schließlich doch um ihren künstlerischen Wert
gebene kleine Schlußvignette gilt. Der ver- bringt. Denn, wenn das Inhaltliche prätenziös
mutlich durch Zahrtmann vermittelte Einfluß auftritt, bildet es selbstverständlich auch einen
Menzels auf den Künstler ist übrigens unver- wesentlichen Faktor für die Beurteilung,
kennbar. Im letzten Grunde ein Bild ist Die neuen Ausdrucksformen, welche die
auch Maximilian Dasio's Lithographie „Die moderne Graphik sich erobert hat, sind natür-
Sünde" (Abb. S. 66), aber zu unruhig und lieh kein Grund, die älteren Ausdrucksformen
unsicher in der Verteilung von Hell und gering zu schätzen. Wenn man bei Pieter
Dunkel und in der Linienführung, um als Dupont's „Arbeitspferden" (Abb. S. 58) auch
graphische Leistung Anerkennung zu ver- sofort an Dürer erinnert wird — man empfindet
dienen. Die Idee allein macht es eben nicht, darum nicht geringere Hochachtung vor einem
Den Forderungen der Graphik gerecht werden Künstler, der die Technik so gut beherrscht
trotz ihrer ebenfalls mehr malerischen Haltung wie irgend einer der alten großen Stecher und
auch der strickende Alte von Hedwig Hauck seine Modernität dabei durch die schärfste
(Abb. S. 70), die Dachauer Landschaft von Beobachtung der Natur beweist. Das ist doch
Anna Paschen (Abb. S. 72) und der Kegel- Ewigkeitskunst im Gegensatz zu der amüsan-
junge „Alle neun!" (Abb. S. 54) von Paul ten und leichten Gegenwartskunst, die etwa
Leuteritz. Allerdings ohne sonst rühmens- Knut Hansen produziert. Und wenn anderer-
werte Qualitäten oder Eigenart aufzuweisen, seits auch Hans Meyer im Sinne der klassi-
Die Kunst für Alle XXI.
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