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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Ostini, Fritz von: Toni Stadler
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0091

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-a-^> TONI STADLER <ös^

Frauenzimmer gemacht. Einer hat ihn sogar
als „frisches temperamentvolles Mädchen" ge-
rühmt. Noch unlängst begann ein Berliner
Kunstschriftsteller einen sehr warmherzigen
und verständnisvollen Artikel über diesen
Münchener Landschafter mit den Worten „Wer
ist das?" und erzählte, wie er sich mit müh-
samem Nachschlagen die Antwort auf diese
Frage verschafft hat. Und doch ist Stadler
schon recht lange dieser ausgereifte und
feine Maler und war hier in München recht
wohl als solcher geschätzt. Aber seine diskrete
Art und Weise fällt wenig auf neben dem
Gebaren, mit dem sich unsere Ausstellungs-
kunst heute meistens bemerkbar macht, es
waren weder seine Farben laut, seine For-
mate kühn, seine Stoffe sensationell genug,
um in dem allgemeinen Stimmengewirr einer
großen Ausstellung leicht zu Worte zu kom-

men. Ein besonders geriebener Regisseur
seiner selbst ist Stadler, der so viel Zeit
und Opfermut darangewendet hat, um andern
ihren Platz zu erobern, auch nie gewesen.
Er hielt sich bescheiden zurück, er, der sich
selbst so wenig wichtig nimmt, und wäre es
vielleicht auch zufrieden gewesen, wenn er
so, der Gunst der Menge fremd und nur von
Wenigen voll gewertet, in der Stille seiner
Kunst und dem Schönen im allgemeinen
weiter gelebt hätte. Aber seltsam: dennoch
hat ihn seine Zeit gefunden, die Zeit, deren
lauteste Wortführer so ziemlich das Gegen-
teil von dem aufs Panier geschrieben haben,
was seinen Wert ausmacht, die Zeit, die für
das Stille und Innige nur ganz ausnahms-
weise Augen zu haben scheint! Scheint! In
Wahrheit ist heute ein großer Hunger nach
diesem Stillen und Innigen in der Welt, und
 
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