Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

DOI Artikel:
Thode, Henry: Die künstlerische Wiedergeburt des Menschen aus der Landschaft, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0105

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hl<i<itlii:liü Musüün

zu Berlin

KÜNSTLER. WIEDERGEBURT DES MENSCHEN AUS DER LANDSCHAFT

TONI STADLER DORDRECHT (LITHOGRAPHIE)

im christlichen Stoff von allgemein und natür-
lich Menschlichem enthalten ist. In mytho-
logischer Weise hatte die mittelalterliche und
insonderheit die italienische Kunst das Christ-
liche, in Analogie zum griechischen Götter-
kultus, ausgestaltet. Die Kunst Hans Thomas,
den wir hierbei besonders im Auge haben,
wählt aus der Bibel mit Vorliebe die Vor-
gänge, die den innigen Zusammenhang heiligen
Wesens mit der Natur verdeutlichen, in Natur-
stimmungen ihre Symbolik finden. Ist es be-
zeichnend für sein Suchen nach dem ursprüng-
lich reinen, harmonisch aller Herrlichkeit und
Unschuld der Natur verbundenen Menschen-
tum, daß er immer wieder Adam und Eva
im Paradies schildert, so sprachen zu seiner
Phantasie alle die Momente aus des Erlösers
Leben, da dessen Wandeln und Lehren ihn
in innigen Zusammenhang zugleich mit der
Natur und mit der Menschenseele bringt: die
Predigten, die er im Freien hält, die Gleich-
nisse, die Versuchung, die Gespräche mit der
Samariterin und mit Nikodemus und die Szenen
aus der Kindheitsgeschichte, — und das Myste-

rium des Opfertodes am Kreuze wird für ihn
zu einem Weltenvorgang.

Aus diesem höheren Bereich mehr in die
schlichten Niederungen des Daseins führt uns
eine vierte Art der Darstellung des Mensch-
lichen — dies freilich nicht bei Böcklin, sondern
bei Thoma — die Schilderung des Natürlichen
in den ursprünglichsten Bedingungen der Kul-
tur des Bauernlebens, das sich in Arbeit und
Beschaulichkeit eng in den Rahmen der Natur-
vorgänge einfügt. Als letztes aber nennen
wir endlich das Gebiet, auf dem die Phan-
tasie dieser Künstler, von den inneren Seelen-
mächten befruchtet, am freiesten und erfinde-
rischsten sich betätigt, ein ganz Neues, bisher
Ungeschautes formend. Hier zeigt sich, Stim-
mungen personifizierend, die Gestaltung in
einer sinnreich spielenden und doch Geheim-
nisvolles offenbarenden Beschäftigung mit
allen den Möglichkeiten einer Darstellung nie
zu benennender, bald menschlicher bald halb-
menschlicher Wesen. Hier das, was wir als
eine neue, von älteren Bildungen unabhän-
gige Mythologie bezeichnen können, das un-

S7
 
Annotationen