Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

DOI Artikel:
Gensel, Otto Walther: Fünfundsiebzig Jahre Belgischer Malerei, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0202

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
--=4=ö> FÜNFUNDSIEBZIG JAHRE BELGISCHER MALEREI -Q^r

meisten Nachfolger gefunden. Viele von
ihnen, wie Willaert und Tremerie, stellen seit
langem in den Pariser Salons aus, weniger
bekannt war mir Middeleer, von dem wir
einen sehrstimmungsvollen Sommernachmittag
im Beguinenstift abbilden.

GEDANKEN ÜBER KUNST

Für den kleinen, eingebildeten und gezierten
Maler haben wir, wenn er sein enges Wissen und
seine geringe Geschicklichkeit entfaltet, nur das eine
Wort: Geh beiseite, stehe nicht zwischen dieser
Natur und mir. Aber zu dem großen Maler mit
der schöpferischen Einbildungskraft, — der in jeder
Fähigkeit seiner Seele millionenmal größer ist als
wir, — mögen wir wohl sagen: Komm' zwischen
diese Natur und mich, — diese Natur, die für mich
zu groß und wunderbar ist: Mildere sie für mich,
deute sie mir, laß mich mit deinen Augen sehen,
mit deinen Ohren hören, und Hilfe und Stärke von
deinem großen Geist empfangen. Alle edelsten Ge-
mälde haben diesen Charakter. Ruskin
m

Ich kann nicht ohne Modelle arbeiten. Ich drehe
emile sacke bildnis des kupfer- wohl der Natur kühn einmal den Rücken zu, aber

Stechers danse11« i t kh habe eine furchtbare Angst davor, die Richtig-
keit der Form zu verlieren. Vielleicht später einmal,
nach zehn Jahren Studium — aber wahr und wahr-
die Feuchtigkeit aufzusaugen, und alles wie haftig, ich habe eine so brennende Neugier nach
in einen leichten Dampf gehüllt ist. Das dem Möglichen und Wirklichen, daß ich weder den
Duftige, Flimmernde dieser Stimmungen ist Wunsch noch den Mut habe, ein Ideal zu suchen,
„ , f., , - . n .. das aus meinen abstrakten Studien entstehen konnte.

auf der Photographie seines großen, aus grünen Andere mögm für abstrakte Studien begabter sein>

und silbernen Tönen gewirkten Bildes leider vielleicht gehöre auch ich einmal dazu, wenn ich alt
nicht herausgekommen. Baertsoen ist der bin, inzwischen füttere ich mich durch die Natur.
Maler der alten flämischen Städte mit ihren Ich übertreibe wohl mal oder ändere am Motiv, aber
... _ , r,,.. ., T, ... ich erfinde nie das ganze Bild, im Gegenteil, ich

stillen Gassen und Platzen, ihren Kanälen, ftnde Jes sogar fertig vor und brauche es nur aus der
ihren Beguinenhöfen mit den freundlichen Natur herauszuschälen. Vincent van CoSh

Giebelhäuschen und
den von großen, alten
Bäumen beschatteten
Rasenplätzen. Ein
schwermütiger, aber
keineswegs sentimen-
taler Ernst liegt über
diesen kraftvoll ge-
malten Bildern. Oft
sind es Morgen- und
Spätnachmittagsstim-
mungen, bei denen die
obere Hälfte der far-
bigen, mit roten Zie-
geln gedeckten Häus-
chen in goldigem
Glänze gebadet ist.
Dann aber finden wir
wieder ganz düstere,
fast tragische Winter-
bilder. Baertsoen hat

von den dreien die jean baptiste madou (1796-i877) der zerbrochene krug

178
 
Annotationen