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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Laban, Ferdinand: Die deutsche Jahrhundert-Ausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0295

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^=i=ö> DIE DEUTSCHE JAHRHUNDERT-AUSSTELLUNG <ö=ä^

Versuche in Berlin, Hamburg, Dresden usw. lums unter dem Hochgefühl der Hoffnungen
haben eine solche Fülle vergessener Künstler auf die neuen Bahnen einer noch unge-
von hoher Bedeutung zutage gefördert und rechtfertigteren Unterschätzung Platz gemacht,
auf scheinbar längst bekannte Meister soviel Man war in weiten Kreisen so weit ge-
neues Licht geworfen, daß eine die ge- gangen, in den deutschen Leistungen, nament-
samte deutsche Kunst der neueren Zeit zu- lieh der ersten Hälfte des genannten Jahr-
sammenfassendeAusstellungsicherdiewichtig- hunderts, mit wenigen Ausnahmen nicht viel
sten Aufschlüsse geben, ja verhältnismäßig mehr finden zu wollen, wie in der voraus-
mehr kostbares Erbgut retten würde, als die gegangenen langen Ebbezeit deutscher Kunst
seinerzeit für die französische Kunst ent- von der Mitte des 16. bis nach der Mitte des
scheidend wichtige Pariser Centenale. 18. Jahrhunderts, in welcher Periode Deutsch-

Dies ist nun ins Werk gesetzt. Durch die Huld land allerdings unter empfindlicher Abhängig-
Sr. Majestät des Kaisers konnte die hierfür keit erst von italienischer, dann von nieder-
würdigste Räumlichkeit, eben die Nationalgale- ländischer und endlich französischer Kunst
rie, als Ausstellungsraum verwendet werden, gelitten und bei fast völliger Unselbständig-
Von allen Seiten, in allen Gauen Deutsch- keit und verhältnismäßiger Armut an eigenen
lands sowie in außerdeutschen Landen, tat- Talenten hinter der Schöpferkraft der Italiener,
kräftigst unterstützt, hat der Ausstellungs- Niederländer, Spanier und Franzosen zurück-
Vorstand: Lichtwark, von Reber, von Seidlitz, geblieben war. Unsere Ausstellung wird, wie
von Tschudi, dem sichalsRegierungskommissar wir hoffen, es wieder zu vollem Bewußtsein
Geheimrat Dr. Schmidt zugesellte, in den von bringen, wie ungerecht eine solche summari-
Peter Behrens ebenso anmutig wie zurück- sehe Verurteilung des vergangenen Jahrhun-
haltend abgestimmten Sälen, Zimmern und derts auch in seiner ersten Hälfte sei. Denn
Korridoren des Stüler-Strack'schen Tempel- neben der klassizistischen und italianisieren-
baues in Gegenwart des hohen Protektors, des den Monumentalkunst, deren mehr retrospek-
deutschen Kronprinzen, am 24. Januar das tives Schaffen übrigens manches bedeutsamen
Fest der Eröffnung der Aus-
stellung feiern können. Es war
ein wirklich eindrucksvoller
Augenblick, als der Nestor der
deutschen Kunstbeamten, Ge-
heimrat von Reber,derDirektor
der K. bayerischen Staats-
galerien, in der Eröffnungs-
ansprache, mit der er sich an
den hohen Protektor wandte,
in schlichten und herzlichen
Worten allen Förderern des
Unternehmens, ganz beson-
ders aber auch seinen Kollegen
im Vorstand: von Tschudi und
Lichtwark den Dank aussprach.
Das Meritorische seiner Rede
aber gipfelte in den Worten:
„Es handelte sich um nichts
Geringeres, als die deutsche
Kunst der letztvergangenen
Epoche am Ende der Rokoko-
zeit bis zum Anfang des Im-
pressionismus, mithin rund von
1775 bis 1875, in der öffent-
lichen Meinung zu rehabili-
tieren. Nachdem um die Mitte
des vergangenen Jahrhunderts
vielleicht einige Ueberschätz-
ung der gleichzeitigen Monu-
mentalkunst geherrscht, hatte

,. °. "~ ~~ ' " J- SCHNORR V. CAROLSFELD (1794—1872) BILDNIS SEINER FRAU

diese gegen Ende des Säku- Deutsche Jahrhundert-Ausstellung Berlin 1906

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