i- VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <Ö*=^-
dennoch keine üble Folie; denn gegenüber dem Nicht alles gelingt ihrem heißen Bemühen, aber
mühelosen Schaffen des Schweizer Meisters emp- einige von den Bildern der Künstlerin, wie die
findet man die Energie, mit welcher die Malerin >Homerische Landschaft', >Der Gletscher«, die knor-
ihrem an sich spröden Talent das Aeußerste ab- rig aus Klippen wachsende > Felseneiche« sind in
nötigt, doppelt stark. In Emilie Mediz' Bildern ihrer Art unübertrefflich und erwecken hohe Ach-
findet sich eine seltsame Mischung von phantasti- tung vor der Malerin und dem Ernst ihres Strebens.
scher Stimmung und starkem Wirklichkeitssinn. Das ist nicht das bei den meisten Damen übliche
Ihrer Seele wachsen vor jedem Natureindruck mäch- Spielen mit der Kunst,sondern ein ehrliches, schweres
tige Schwingen, die sie über das Zeitliche und Ringen um ein hohes Ziel. Es muß bewundert
Gegenwärtige hinaustragen möchten; aber das leidet werden, wie es Frau Mediz fertig bringt, soviel
die angeborene Gewissenhaftigkeit nicht, sondern Details zu geben, ohne den großen Gesamteindruck
zwingt die Künstlerin zur Treue gegen die Natur; ihrer Bilder zu schädigen. Der Bildhauer J. Lim-
und wenn ihre Phantasie sie zum Beispiel an- bürg läßt in der gleichen Ausstellung einige Büsten
treibt, einen schwertragenden Orangenbaum als und Statuetten sehen, die ein ansprechendes Talent
Symbol der Fruchtbarkeit zur Darstellung zu bezeugen.
bringen, so sucht Frau Mediz solche Freiheit Im Salon Keller & Reiner produziert sich wieder
sofort wieder dadurch auszugleichen, daß sie einmal Otto von Krumhaar mit einer Kollektion
den Baum in seiner Eigenschaft als Orangen- von Porträts. Nichts illustriert den schlechten Ge-
baum so intim wie möglich der Wirklichkeit nach- schmack in gewissen Gesellschaftskreisen besser
bildet. Dieses Nebeneinander von nachdenklichem als die Tatsache, daß dieser dilettantische Maler
Wesen und Respekt von der Natur hat seinen eigenen sich der Gunst hervorragender Persönlichkeiten er-
Reiz. Man spürt hinter den Naturschilderungen freut und sogar Gelegenheit fand, den Präsidenten
der Frau Mediz, die sich mit dem Hochgebirge und Roosevelt zu porträtieren. Man kann sich kaum
mit dem Mittelmeer beschäftigen, ein leidenschaft- etwas Konventionelleres denken als dieses Bildnis,
liches und treues Herz, einen besonderen Menschen. das statt des durchgearbeiteten Charakterkopfes des
ersten Mannes von Amerika ein rosiges,
glattes, leeres Gesicht zeigt und von jeder
Photographie an psychologischer Qualität
übertroffen wird. Aber es scheint, daß
das Publikum eine besondere Schwäche
für diese alle charakteristischen Eigen-
tümlichkeiten einer Physiognomie ver-
schweigende, mit einem allgemeinen braun-
rosa Ton für Gesichtsfarbe operierende Mal-
weise besitzt. Robert L. Leonard, der
Stilleben und Landschaften ausstellt, scheint
einer jener Pariser Impressionisten zu sein,
die den Rat der >Jugend< für Ernst genom-
men haben und wirklich glauben, man
fiele in Berlin auf jeden impressionisti-
schen Kitsch herein. Die von Rudolf
Markuse ausgestellten Plastiken, Porträt-
büsten, >Jüngling mit Schlange«, »Athlet«,
>Ricordo di Roma< und kleine Statuetten
lassen gute Gaben, aber auch eine bedenk-
liche Neigung für das Konventionelle und
Gefällige erkennen, die der Entwicklung
des Künstlers recht gefährlich werden
kann. Von dem vortrefflichen H. Wolff
sieht man eine reiche Kollektion von neuen
Radierungen, die aufs neue bestätigen,
daß der Künstler in seinem besonderen
Fach einer der tüchtigsten und beweg-
lichsten ist.
Eine eben begründete „Verbindung bil-
dender Künstlerinnen" veranstaltet ihre
erste Ausstellung im Salon Fritz Gurlitt.
Wer von dieser weiblichen Sezession er-
wartet hat, daß sie das festeingewurzelte
Vorurteil oder Mißtrauen gegen die malen-
den Damen siegreich überwinden würde,
wird angesichts des Gebotenen eine starke
Enttäuschung erleben. Die Ausstellung
starrt von mittelmäßigen Leistungen. Was
sie von anderen Künstlerinnen-Ausstel-
lungen unterscheidet, ist allein der Um-
stand, daß man modernere Vorbilder hinter
den einzelnen Leistungen stehen sieht
oder vielmehr modernere Lehrer. Die
Jacob, Uth, Eschke, Fehr sind ersetzt
durch Hummel, Jank, Holzel, Philipp
Philipp o. runge (1777—1810) die Eltern des künstlers Klein. Etwas wirklich Originelles hat allein
Deutsche Jahrhundert-Ausstellung Berlin 1906 sophie wolff beigesteuert, die Püppchen
282
dennoch keine üble Folie; denn gegenüber dem Nicht alles gelingt ihrem heißen Bemühen, aber
mühelosen Schaffen des Schweizer Meisters emp- einige von den Bildern der Künstlerin, wie die
findet man die Energie, mit welcher die Malerin >Homerische Landschaft', >Der Gletscher«, die knor-
ihrem an sich spröden Talent das Aeußerste ab- rig aus Klippen wachsende > Felseneiche« sind in
nötigt, doppelt stark. In Emilie Mediz' Bildern ihrer Art unübertrefflich und erwecken hohe Ach-
findet sich eine seltsame Mischung von phantasti- tung vor der Malerin und dem Ernst ihres Strebens.
scher Stimmung und starkem Wirklichkeitssinn. Das ist nicht das bei den meisten Damen übliche
Ihrer Seele wachsen vor jedem Natureindruck mäch- Spielen mit der Kunst,sondern ein ehrliches, schweres
tige Schwingen, die sie über das Zeitliche und Ringen um ein hohes Ziel. Es muß bewundert
Gegenwärtige hinaustragen möchten; aber das leidet werden, wie es Frau Mediz fertig bringt, soviel
die angeborene Gewissenhaftigkeit nicht, sondern Details zu geben, ohne den großen Gesamteindruck
zwingt die Künstlerin zur Treue gegen die Natur; ihrer Bilder zu schädigen. Der Bildhauer J. Lim-
und wenn ihre Phantasie sie zum Beispiel an- bürg läßt in der gleichen Ausstellung einige Büsten
treibt, einen schwertragenden Orangenbaum als und Statuetten sehen, die ein ansprechendes Talent
Symbol der Fruchtbarkeit zur Darstellung zu bezeugen.
bringen, so sucht Frau Mediz solche Freiheit Im Salon Keller & Reiner produziert sich wieder
sofort wieder dadurch auszugleichen, daß sie einmal Otto von Krumhaar mit einer Kollektion
den Baum in seiner Eigenschaft als Orangen- von Porträts. Nichts illustriert den schlechten Ge-
baum so intim wie möglich der Wirklichkeit nach- schmack in gewissen Gesellschaftskreisen besser
bildet. Dieses Nebeneinander von nachdenklichem als die Tatsache, daß dieser dilettantische Maler
Wesen und Respekt von der Natur hat seinen eigenen sich der Gunst hervorragender Persönlichkeiten er-
Reiz. Man spürt hinter den Naturschilderungen freut und sogar Gelegenheit fand, den Präsidenten
der Frau Mediz, die sich mit dem Hochgebirge und Roosevelt zu porträtieren. Man kann sich kaum
mit dem Mittelmeer beschäftigen, ein leidenschaft- etwas Konventionelleres denken als dieses Bildnis,
liches und treues Herz, einen besonderen Menschen. das statt des durchgearbeiteten Charakterkopfes des
ersten Mannes von Amerika ein rosiges,
glattes, leeres Gesicht zeigt und von jeder
Photographie an psychologischer Qualität
übertroffen wird. Aber es scheint, daß
das Publikum eine besondere Schwäche
für diese alle charakteristischen Eigen-
tümlichkeiten einer Physiognomie ver-
schweigende, mit einem allgemeinen braun-
rosa Ton für Gesichtsfarbe operierende Mal-
weise besitzt. Robert L. Leonard, der
Stilleben und Landschaften ausstellt, scheint
einer jener Pariser Impressionisten zu sein,
die den Rat der >Jugend< für Ernst genom-
men haben und wirklich glauben, man
fiele in Berlin auf jeden impressionisti-
schen Kitsch herein. Die von Rudolf
Markuse ausgestellten Plastiken, Porträt-
büsten, >Jüngling mit Schlange«, »Athlet«,
>Ricordo di Roma< und kleine Statuetten
lassen gute Gaben, aber auch eine bedenk-
liche Neigung für das Konventionelle und
Gefällige erkennen, die der Entwicklung
des Künstlers recht gefährlich werden
kann. Von dem vortrefflichen H. Wolff
sieht man eine reiche Kollektion von neuen
Radierungen, die aufs neue bestätigen,
daß der Künstler in seinem besonderen
Fach einer der tüchtigsten und beweg-
lichsten ist.
Eine eben begründete „Verbindung bil-
dender Künstlerinnen" veranstaltet ihre
erste Ausstellung im Salon Fritz Gurlitt.
Wer von dieser weiblichen Sezession er-
wartet hat, daß sie das festeingewurzelte
Vorurteil oder Mißtrauen gegen die malen-
den Damen siegreich überwinden würde,
wird angesichts des Gebotenen eine starke
Enttäuschung erleben. Die Ausstellung
starrt von mittelmäßigen Leistungen. Was
sie von anderen Künstlerinnen-Ausstel-
lungen unterscheidet, ist allein der Um-
stand, daß man modernere Vorbilder hinter
den einzelnen Leistungen stehen sieht
oder vielmehr modernere Lehrer. Die
Jacob, Uth, Eschke, Fehr sind ersetzt
durch Hummel, Jank, Holzel, Philipp
Philipp o. runge (1777—1810) die Eltern des künstlers Klein. Etwas wirklich Originelles hat allein
Deutsche Jahrhundert-Ausstellung Berlin 1906 sophie wolff beigesteuert, die Püppchen
282