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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Laban, Ferdinand: Die deutsche Jahrhundert-Ausstellung, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0369

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A. BOECKLIN (1827-1901) FRCHLINGSABEND

Deutsche Jahrhundert-Ausstellung Berlin 1906

DIE DEUTSCHE JAHRHUNDERT-AUSSTELLUNG

Von Ferdinand Laban

Alle Schlachten der französischen Malerei
sind an einem Orte geschlagen worden,
in Paris. Der Ueberblick über die folge-
richtig sich vollziehende Entwicklung ist
daher dort einfach und klar: es ist ein zu-
sammenhängend hinrollender Donner. Die
deutsche Malerei bietet dagegen den Anblick
eines Geplänkels, das sich durch alle Gaue
erstreckt, eines Pelotonfeuers, das bald hier,
bald da zu heftigerer Aeußerung anschwillt,
vordringt, zurückweicht, und jedenfalls die
Enträtselung von Plan und Sinn des ge-
samten geschichtlichen Werdens außerordent-
lich erschwert. Vielleicht ist dabei auch viel
Pulver eindruckslos verpufft worden. Viel
kleine vertrödelte Heimatkunst, wenig stand-
haltende große nationale Kunst. Bei der über-
mäßigen Anzahl kunstpflegender Siedelungs-
punkte, die es zu einer gewissen Tradition
gebracht haben, bei der Unstetheit der Haupt-
masse der deutschen Künstler, mit der sie
selbst innerhalb dieser deutschen Kunst-
stätten fortwährend hin und her wechseln,
ganz abgesehen von dem allgemeinen Aus-
schwärmen nach Italien, Frankreich und
Belgien, — wird es noch vieler geduldiger

Einzelforschung bedürfen, um über die Zu-
sammenhänge im verflossenen deutschen
Kunstjahrhundert ins Reine zu kommen. Die
immerhin stattliche Reihe ursprünglicher
künstlerischer Persönlichkeiten nimmt sich
in dem allgemeinen Geschiebe und Getriebe
vielfach noch aus wie eine Schar zufällig
umhergestreuter erratischer Blöcke.

Wir haben bisher, ausgenommen die älteste
Periode, wo wir keine geographischen Unter-
scheidungen machten, den Norden und Süden
Deutschlands behandelt. Der Osten spielt
eine untergeordnete Rolle. Um so mehr tritt
der Westen hervor, zu dem wir uns jetzt
wenden. Zum Beschluß wollen wir dann
noch, als Gegenstück zum ungeographischen
Anfang, einige Künstler der letzten Zeiten
für sich alleine herausheben.

Ein alter Düsseldorfer ist H. Kolbe, von
dem die Ausstellung mehrere Porträts bringt,
darunter den bekannten „Goethe" mit den
aufgerissenen Augen: die nervös-pathetische
Auffassung dieses Großen befindet sich mit
der ledernen Malerei im Konflikt. Bei den
Philisterporträts desselben Malers dagegen ist
Auffassung und Behandlung in besserer Har-

Die Kunst Cur Alle XXI. 15. 1 Mai 1906.

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