-s-4^> ERINNERUNGEN AN DEN MÜNCHENER ALLOTRIA-KREIS <&^=-
Die Trauerkunde flog von Atelier zu Atelier,
von Stammtisch zu Stammtisch. Münchens
Maler waren alle in Schleißheim eingetroffen,
um ihn — den Guschtav — zur ewigen Ruhe
zu begleiten. Auch der Kriegerverein, dessen
Ehrenmitglied er als Inhaber des eisernen
Kreuzes war, hatte sich eingefunden, um die
gewohnten Salven über dem Grabe abzuschies-
sen. Ebenfalls die Bewohner des Ortes und der
Umgegend; auch selbst der Bürgermeister von
Schleißheim, mit dem er wegen eines schlecht-
gemachten, natürlich unbezahlten Schuhzeuges
in ewiger Feindschaft gelegen hatte.
Es war eine Menschenanhäufung wie auf
dem Salvator oder Oktoberfest; inmitten dieser
Menge der von Veteranen getragene schwan-
kende Sarg.
Da neigt sich ein Kopf zum andern, jeder
tuschelt seinem Nächsten mit vorgehaltener
Hand etwas zu, worauf auf allen Gesichtern
ein leises Lächeln aufblitzt wie ein Licht in
tiefster Dunkelheit. Was sie einander zu-
raunten, waren die letzten Worte Guschtav
Schwabemaiers.
* «
Wir befinden uns jetzt auf dem Wege zur
Allotria. Wir biegen von dem runden Karo-
linenplatz, auf dessen Mitte der Obelisk mit
den vier Widderköpfen an den Ecken des
Sockels und der Inschrift „Auch sie starben
für das Vaterland" steht, in die Barerstraße
ein. Hier, ungefähr im sechsten Hause zur
Linken, ist die Wirtschaft „Zum goldnen
Lamm". Wenn wir durch den Flur und Hof
schreiten, ist schon aus dem Innern des Hinter-
hauses fröhliches Lärmen zu hören.
Das Vorderzimmer mit dem altdeutschen
Ofen istleer; steigen wir einige Stufen hinunter
und öffnen die Tür, so liegt vor uns ein
großer Saal, der von einem von der Decke
hängenden Lüsterweibl erleuchtet ist. (Einige
Abbildungen s. Jahrg. 1893/94 Heft 1). Wir
gewöhnen uns an die Beleuchtung: Uns gegen-
über stützen romanische Säulen eine Galerie,
an diese schließt sich eine Kanzel, von der
jeder Neuaufgenommene eine Rede halten
muß. An den weißgetünchten Wänden hängen
dunkle Bilder. Rechts von uns schiebt sich
eine Wand vor, die zu der Bühne gehört.
Ein Gewimmel von Hunden aller Sorten —
hauptsächlich Schnauzl und Dackel — wälzen
sich am Boden herum, jagen sich, kläffen
42
Die Trauerkunde flog von Atelier zu Atelier,
von Stammtisch zu Stammtisch. Münchens
Maler waren alle in Schleißheim eingetroffen,
um ihn — den Guschtav — zur ewigen Ruhe
zu begleiten. Auch der Kriegerverein, dessen
Ehrenmitglied er als Inhaber des eisernen
Kreuzes war, hatte sich eingefunden, um die
gewohnten Salven über dem Grabe abzuschies-
sen. Ebenfalls die Bewohner des Ortes und der
Umgegend; auch selbst der Bürgermeister von
Schleißheim, mit dem er wegen eines schlecht-
gemachten, natürlich unbezahlten Schuhzeuges
in ewiger Feindschaft gelegen hatte.
Es war eine Menschenanhäufung wie auf
dem Salvator oder Oktoberfest; inmitten dieser
Menge der von Veteranen getragene schwan-
kende Sarg.
Da neigt sich ein Kopf zum andern, jeder
tuschelt seinem Nächsten mit vorgehaltener
Hand etwas zu, worauf auf allen Gesichtern
ein leises Lächeln aufblitzt wie ein Licht in
tiefster Dunkelheit. Was sie einander zu-
raunten, waren die letzten Worte Guschtav
Schwabemaiers.
* «
Wir befinden uns jetzt auf dem Wege zur
Allotria. Wir biegen von dem runden Karo-
linenplatz, auf dessen Mitte der Obelisk mit
den vier Widderköpfen an den Ecken des
Sockels und der Inschrift „Auch sie starben
für das Vaterland" steht, in die Barerstraße
ein. Hier, ungefähr im sechsten Hause zur
Linken, ist die Wirtschaft „Zum goldnen
Lamm". Wenn wir durch den Flur und Hof
schreiten, ist schon aus dem Innern des Hinter-
hauses fröhliches Lärmen zu hören.
Das Vorderzimmer mit dem altdeutschen
Ofen istleer; steigen wir einige Stufen hinunter
und öffnen die Tür, so liegt vor uns ein
großer Saal, der von einem von der Decke
hängenden Lüsterweibl erleuchtet ist. (Einige
Abbildungen s. Jahrg. 1893/94 Heft 1). Wir
gewöhnen uns an die Beleuchtung: Uns gegen-
über stützen romanische Säulen eine Galerie,
an diese schließt sich eine Kanzel, von der
jeder Neuaufgenommene eine Rede halten
muß. An den weißgetünchten Wänden hängen
dunkle Bilder. Rechts von uns schiebt sich
eine Wand vor, die zu der Bühne gehört.
Ein Gewimmel von Hunden aller Sorten —
hauptsächlich Schnauzl und Dackel — wälzen
sich am Boden herum, jagen sich, kläffen
42