„PERSONLICH"
EPILOG EINER BEKANNTSCHAFT
Von Eugen Kalkschaiidt
Oeffnet sich da eines schönen Maitags die
Tür, und herein zum Kritikus tritt der
gute Freund, mit einem Kunstprofessor in
Lebensgröße hinter sich.
„Herr Professor Niedermeier will nicht
der Kritikus seine Gäste an. Mechanisch
deutet er auf einige Sitze, mechanisch langt
er nach dem Zigarettenetui; mechanisch stam-
melter: „Aeußerstangenehm. Freutmichsehr!"
Innerlich aber flucht er ingrimmig: daß euch
verfehlen, dir auf seiner Durchreise von Flo-
renz nach Island persönlich . . ."
Der Freund betont dies „persönlich" durch
die gewisse Senkung und Dämpfung der
Stimme so ausdrucksvoll, daß auch der
Dümmste merken muß: es handelt sich da
um eine Persönlichkeit von Gewicht, Ernst,
Größe, Würde und tieferer Bedeutung.
Fassungslos, vertattert, noch halb in seinem
mit Mühe erobertenGedankengang über Lieber-
manns Einflüsse auf den jüngeren Menzel starrt
der Geier! Wie finde ich nun meinen schönen
Gedankengang wieder? Wie war's doch gleich?
Ebenso wie der alte Rembrandt den männ-
lichen Dürer zur Aetztechnik angeregt hat,
so hat auch —
„Der Herr Professor will nämlich eine Aus-
stellung machen", tönt fern, ganz von fern
irgendwo eine bekannte Stimme.
Ja so, der Herr Professor ist ja auch noch
da. Und eben sagt er ernst und schwer:
„Eine Sonderausstellung, müssen Sie wissen."
518
EPILOG EINER BEKANNTSCHAFT
Von Eugen Kalkschaiidt
Oeffnet sich da eines schönen Maitags die
Tür, und herein zum Kritikus tritt der
gute Freund, mit einem Kunstprofessor in
Lebensgröße hinter sich.
„Herr Professor Niedermeier will nicht
der Kritikus seine Gäste an. Mechanisch
deutet er auf einige Sitze, mechanisch langt
er nach dem Zigarettenetui; mechanisch stam-
melter: „Aeußerstangenehm. Freutmichsehr!"
Innerlich aber flucht er ingrimmig: daß euch
verfehlen, dir auf seiner Durchreise von Flo-
renz nach Island persönlich . . ."
Der Freund betont dies „persönlich" durch
die gewisse Senkung und Dämpfung der
Stimme so ausdrucksvoll, daß auch der
Dümmste merken muß: es handelt sich da
um eine Persönlichkeit von Gewicht, Ernst,
Größe, Würde und tieferer Bedeutung.
Fassungslos, vertattert, noch halb in seinem
mit Mühe erobertenGedankengang über Lieber-
manns Einflüsse auf den jüngeren Menzel starrt
der Geier! Wie finde ich nun meinen schönen
Gedankengang wieder? Wie war's doch gleich?
Ebenso wie der alte Rembrandt den männ-
lichen Dürer zur Aetztechnik angeregt hat,
so hat auch —
„Der Herr Professor will nämlich eine Aus-
stellung machen", tönt fern, ganz von fern
irgendwo eine bekannte Stimme.
Ja so, der Herr Professor ist ja auch noch
da. Und eben sagt er ernst und schwer:
„Eine Sonderausstellung, müssen Sie wissen."
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